Prozession zu Ehren des St. Prekarius in Köln

Prekarius-Pilger 21.08.2005 23:23 Themen: Kultur Soziale Kämpfe
Nicht nur Papst Benedikt XVI. war in dieser Woche in Köln zu Gast. 200 Anhängerinnen und Anhänger des Sankt Prekarius nahmen am 19.08. an einer abendlichen Prozession zu Ehren des Schutzheiligen aller Entrechteten teil. Dabei wurde bereits zu Beginn deutlich:

1. Petrus und Prekarius sind leider keine dicken Freunde.
2. Die Brüder und Schwestern in Grün vom Orden der Deutschen Polizei begegnen dem Ansinnen des Sankt Prekarius mit Argwohn und wollen hier nix dem Zufall überlassen.
3. Die Pilgerinnen und Pilger haben trotzdem eine Menge Spaß bei ihrer Prozession
Die Pozession startete am Kölner Rudolfplatz und ging in einem Rundweg durch das angrenzende Viertel. Leider sorgte ein wahrhaft biblischer Regen nach einigen Minuten für eine völlige Durchnässung der Pilger. Und auch die Botschaften von Prekarius stießen nicht bei allen auf Begeisterung. Einige Polizisten versuchten sogar, sich der Prozession in den Weg zu stellen. Doch abermals vollbrachte St. Prekarius ein Wunder und die bekehrten Polizisten reihten sich in die Prozession ein. Vielleicht hoffte der eine oder die andere selber auch auf ein kleines soziales Wunder, vielleicht die Verdopplung der Urlaubtage im nächsten Jahr oder zukünftig zwei Sonntage in einer Woche frei. Nun, schauen wir ob Prekarius auch diese Wünsche erfüllen kann.

Der Marsch, der den Spuren des Unrechts in der Stadt Köln folgte, konnte jedenfalls beginnen. Zugegeben, das Pilgern in einem Wanderkessel ist manchmal etwas hinderlich, doch ihre gute Laune ließen sich die Anhängerinnen und Anhänger des Prekarius nicht vermiesen. Mit Bildern, riesigen Statuen und lebhafter Andacht verbreiteten sie den Geist des Heiligen Prekarius. Es wurde reichlich gesungen und den sozialen Wundern von Prekarius gehuldigt. Da es auch so manchen gab, der Prekarius und sein Schaffen nicht in der Gänze kannte, wurden Anwesende und herumstreunende Besucher des Weltjugendtages hier aufgeklärt. Für alle anderen hier noch mal ein kleiner Exkurs in die Geschichte:

Sankt Prekarius - der Schutzheilige der Armen und Entrechteten

Pedro Lentini wurde um 1496 als Kind bäuerlicher Eltern in einen Dorf nahe Rom geboren. Noch bevor er das zwölfte Lebensjahr vollendete, starben seine Eltern. Eines Sonntags als er in die Kirche kam, hörte der kleine Pedro aus dem Evangelium die Botschaft: "Siehe, dass der Eine mit Mitteln reichlich gesegnet ist, während der andere im Schweisse seines Angesichts sein Dasein fristen muss, ist nicht von Gott gegeben" (Joh.6,36). Pedro fühlte, daß die Botschaft an ihn gerichtet war und gehorchte dem Wort Gottes. Von nun an widmete er sein Leben der Gerechtigkeit. Er predigte was ihm von Gott aufgetragen, und schnell fanden sich Anhänger um ihn ein, die ihn auf seinem Weg begleiteten. Sie nahmen von den Reichen und gaben es den Armen. Schnell verbreitete sich so die Kunde von den Taten Lentinis und seiner Anhänger.
Bald wurden die Reichen unruhig. Manch uneinsichtiger Wohlhabender trachtete danach das Handeln des Pedro Lentini zu unterbinden. Ihrer Ansicht nach, sollte ein jeder in harter Arbeit sein Leben fristen und sich verdingen müssen.

Im Jahre 1525 traf Lentini in Mühlhausen auf Thomas Münzer. Erzählungen zufolge ermutigten die Berichte über die Taten seiner Anhänger in südlicheren Regionen die Bauern dazu, gegen ihr bisheriges Leben zu rebellieren. Auch in anderen Teilen Europas folgten immer mehr Arme dem Beispiel des Pedro Lentini. Sie fassten Mut als sie sahen, dass ihr unsicheres und ärmliches Dasein nicht von Gott gegeben, sondern der ungerechten Verteilung der Mittel geschuldet war. Das Erstarken von Lentinis Anhängerschar und seiner Taten missfiel einigen mächtigen Fürsten zunehmend, so dass einer von ihnen schließlich einen Meuchelmörder anheuerte. Dieser machte dem Leben des Pedro Lentini in einer dunklen Nacht des Jahres 1529 ein Ende.
Seither wird er von seinen Anhängern als St. Prekarius verehrt. Dennoch ist eine offizielle Heiligsprechung durch den Papst ist bis heute ausgeblieben. Es gibt jedoch Gerüchte, die besagen, dass diese kurz bevorsteht.

St. Prekarius wird von allen Menschen verehrt, die fest an ein anderes Dasein auf Erden glauben. Immer wieder zeigt sich St. Prekarius den Menschen, die für ein Ende der Leiden auf Erden eintreten. Wieder und wieder legte er seine schützende Hand über die Menschen, die für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen, für billigen Wohnraum und Bleiberecht stritten.
So berichtete ein Augenzeuge:

"...Am 6. November 2004 hat die erste landesweite Wallfahrt stattgefunden, zu der sich mehrere tausend Pilger in Rom zusammenfanden. Dabei ereignete sich das erste Prekarius-Wunder: Keiner der aus allen Landesteilen per Bahn angereisten Frommen brauchte einen Fahrausweis - zähneknirschend hat TrenItalia ihre Bußgelddrohung gegen die organisierten Freifahrer zurückgezogen. In Rom kam es auf Geheiß des Heiligen zu Gratiseinkäufen..."

Die regelmäßigen Leserinnen und Leser von „indymedia“ wissen natürlich auch das Prekarius auch in Deutschland viele Wundertaten vollbracht hat. Da lies er in Kassel bei dem letzten BUKO Kleidung aus einem Warenhaus einfach so in der Fußgängerzone verteilen. In Berlin erklärte er die teuren Eintrittspreise der städtischen Schwimmbäder an einem heißen Sommertag für null und nichtig. Und in Hamburg öffnete er im Mai die Pforten eines Luxusrestaurant für hungrige Menschen zum Gratisessen. Und in einigen anderen Städten legte er dem Treiben von allzu eifrigen Bahnkontrolleuren Steine in den Weg. Um nur einige Beispiele zu nennen.

Der Pilgermarsch des Prekarius in Köln führt so auch an diesem Tag auf seinem Weg durch die Kölner Strassen bis in die dunkelsten Ecken des Supermarktes Lidl. Der zufällig am Rande der Strecke erschien. Den Verfehlungen des Lidl-Eigentümers Herrn Schwarz, den Überstunden und täglichen Schikanen begegneten die Pilger mit Blumen für die Beschäftigten und dem Gesang "Lidl zur Hölle, wir ins Paradies!" Auf einen weitergehenden Besuch innerhalb des Supermarktes musste leider verzichtet werden, die Brüder und Schwestern in Grün hatten offenbar von den Untaten der Geschäftsführung noch nicht genug gehört oder aber trauten sich nicht ihre Abscheu gegen das unsoziale Gebaren offen zu zeigen. Bis in den späten Abend bewachten sie deshalb mit einer Hundertschaft diese Filiale, aus Angst der Prekarius könnte noch mal spontan erscheinen und seinen Protest gegen die miesen Arbeitsbedingungen praktisch zeigen. Aber zum Glück ist Sankt Prekarius ja nicht an Zeit- und Dienstpläne der Polizei gebunden. So wird es wohl ein Wiedersehen an einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit geben.
Die Polizei hatte im Folgenden irgendwie die Lust an der Prozession verloren. Ein weiterer Marsch in die Innenstadt wurde verboten und nach das Treiben der Pilgerinnen und Pilger auf dem Kölner Ring, einer der Hauptverkehrsstrassen, zehrte etwas an den Nerven der ebenfalls durchnässten Beamten. Doch noch stand die Heiligsprechung aus:


Wir sind gemeinsam durch die Stadt gezogen, um die Botschaft des Heiligen Prekarius zu verkünden. Wir alle wissen, dass Prekarius der Schutz der Menschen vor den Zumutungen des Kapitalismus besonders am Herzen liegt. In den letzten Jahren erschien Prekarius in Italien, in Spanien, in England und natürlich auch hier in Deutschland und vollbrachte viel soziale Wunder. Mehr noch, er hat der Ausbeutung der Menschen und ihrem ungesicherten, rechte- und würdelose Leben den Kampf angesagt. Deshalb nennen wir Prekarius auch den Heiligen Prekarius.

Seine Wunder sind inzwischen vielfach verbürgt. Seine Geschichte geht dabei zurück auf das 16. Jahrhundert. Unter dem Namen Pedro Ventini lebte und wirkte Prekarius in Italien. Doch seine konsequente Unterstützung für die armen Bauern in der Region, sein lauter Ruf nach Gerechtigkeit und sein Widerstand gegen die unmenschliche Ausbeutung war den Reichen ein Dorn im Auge. Sie ließen Pedro Ventini umbringen und verfolgten seine Anhänger erbarmungslos. Seit dieser Zeit wird er besonders von all den Menschen verehrt, die fest an ein anderes Dasein auf Erden glauben. Denn immer wieder erscheint Prekarius und legt seine schützende Hand über alle, die für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen kämpfen, für billigen Wohnraum und für Bleiberechte.
Besonders in letzter Zeit wurde Prekarius auch in vielen Orten hier in Deutschland aktiv. Er verteilte spontan Kleidung aus Kaufhäusern an Bedürftige. Er verschaffte Hungrigen Zugang zu eigentlich unbezahlbaren Luxusrestaurants, öffnete die Tore von überteuerten städtischen Schwimmbädern und sorgte dafür, dass Kontrolleure in Bussen und Bahnen nicht zu übereifrig wurden. Den streikenden Arbeitern am Londoner Flughafen sprach der Heilige Prekarius Mut zu und scheinbar sozialen Unternehmen, die sich hemmungslos an Ein-Euro-Jobber bereichern, wie etwa die Caritas hier Köln, geißelt er für ihr schändliches Tun. Wo er nur kann, legt er diesem Treiben Steine in den Weg. Das ist mutig und für uns ein großes Vorbild. Er ist ein Wegweiser, wenn wir mal wieder nicht wissen, wie wir die Miete, den Einkauf oder etwa auch den Kinobesuch bezahlen sollen.

Leider ist es so, dass wir zwar alle wissen, dass Prekarius ein wahrer Heiliger ist, doch zur obersten Spitze der katholischen Amtskirche ist dies noch nicht ganz durchgedrungen. Vielleicht fürchtet sich auch so manch hoher Herr vor der offiziellen Anerkennung des vorbildhaften Lebens und den idealistischen Ideen vom Heiligen Prekarius. Weil die Not in diesen neoliberalen Zeiten aber so drückend ist, wollen wir das offizielle Prozedere ein wenig abkürzen. Wir alle zusammen sprechen deshalb an dieser Stelle Prekarius heilig. Die Statue verbleibt hier als ein Denkmal an diese visionäre Gestalt und als Zeugnis für einen wahren Heiligen.

Heiliger Prekarius, wir danken Dir für Dein Schaffen und werden Dich als Vorbild für weitere Taten nehmen.

Nach der Heiligsprechung löste sich die Prozession an dieser Stelle zunächst auf. Doch wenigstens eine Station hatte der Heilige Prekarius noch auf seiner Dringlichkeitsliste. Am späteren Abend führte er die Pilgerinnen und Pilger noch einmal in die Kölner Südstadt. Dort ging es u.a. am Kölner Hauptgebäude der Caritas vorbei. Diesen Scheinheiligen der Kirche, die Barmherzigkeit predigt und zugleich die Entrechteten für 1 Euro pro Stunde schuften lässt. Die Türen ließ dieses teuflischen Ortes ließ Prekarius spontan verriegeln und an den Wänden hinterließ er Botschaften seines Unmutes. Damit ging ein weiterer Tag im umtriebigen Leben von Sankt Prekarius und seinen Pilgerinnen und Pilgern zu Ende.

Noch steht den großen Übeln dieser Welt nur eine kleine Zahl Anhänger des Sankt Prekarius entgegen. Doch wenn am Sonntag 400.000 Pilger Köln wieder verlassen und in ihre Heimatstädte zurückkehren, werden nicht wenige von ihnen den Geist des Heiligen Prekarius in ihren Herzen tragen.

Weitere Infos unter: www.sanktprekarius.tk

Die Pilgerinnen und Pilger des Sankt Prekarius
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Ergänzungen

Woher ist dieser text noch mal?

Sid Vicious 21.08.2005 - 23:59
"Es rettet uns kein hö´hres Wesen, kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun.
Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun!
Leeres Wort: des Armen Rechte! Leeres Wort: des Reichen Pflicht!
Unmündig nennt man uns und Knechte, duldet die Schmach nun länger nicht!"

die

internationale 22.08.2005 - 01:38
die internationale

am rande

aquella 22.08.2005 - 04:07
schön fand ich auch zu sehen, dass die grünen menschen aus niedersachsen(?!) sich voll und ganz ihrem beruf hingeben. der eine schien mit seiner uniform (oder dem barett) geradezu verschmolzen zu sein (zumindest nahmen die haare gerade die farbe der kopfbedeckung an) und eine seiner kolleginnen hatte doch echt einen schlüsselanhänger-schlagstock... nicht schlecht... (:

CARITAS ist ausbeuterverein

christ 22.08.2005 - 12:10
ich hab mal in einer firma gearbeitet, die per erbschaft der CARITAS vermacht wurde. ab da hatte irgendso ein mönchs-heini von der cariotas die oberaufsicht über den betrieb. der hat sich nur und ausschliesslich um gewinnmaximierung für seinen ach so christlichen konzern bemüht, niemals mit den arbeitern gesprochen und den geschäftsführer zu immer fieseren arbeiterschickanen und ausbeutereien motiviert. das ganze endete nicht mal, als ein abteilungsleiter einen herzinfarkt hatte - den ausbeuter und menschenschinder von der CARITAS hat das null gejuckt. ich hasse die caritas. ernsthaft.

Bella Italia

egal 22.08.2005 - 17:43
In Italien wird eine ganze Reihe von sozialrevolutionären Helden verehrt. Ein weiterer war Angelo Duca, ein sizilianischer Bauer, der 1780 beschloß aus dem feudalistischen Ausbeutungssystem auszusteigen und als Räuber in die Berge zu gehen. Er organisierte eine riesige Bande und brachte es fertig, daß weite Regionen staatsfrei wurden. Jeder Versuch, ihm mit Truppen beizukommen, scheiterte im Fiasko an der militärischen Überlegenheit seiner Guerilla-Taktik. Um Sicherheit und Ordnung in den von ihm kontrollierten Gebieten sicher zu stellen, reiste er mit seiner Truppe umher und bot in den Dörfern an, Streitigkeiten zu schlichten. Es gibt haufenweise Anekdoten über seine Gutmenschenheit, die jedoch im Gegensatz zu seinen Taten und seinem Lebenslauf nicht historisch belegbar sind, aber wahrscheinlich. Am Ende konnte er nur durch eine Kompromiß-Taktik und einen anschliesenden Mord aus dem Wege geräumt werden (soweit ich aus dem Deutsch-Unterricht noch weiß).
Angelo Duca war und ist in Italien so berühmt, wie es Robin Hood in England nie war. Bereits Ende des Jahrhunderts war er Vorlage von Vulpius Roman "Rinaldo Rinaldini", der in etliche Sprachen übersetzt wurde und in Europa ein solch überschlagender Erfolg wurde, daß seine Auflagen die der bekannten Ausgaben der Bibel sogar noch übertrafen. Vulpius selbst schrieb eilig noch einige Fortsetzungen, etliche andere Autoren übernahmen jedoch die Gestalt und publizierten eigene Versionen auf niedrigem, volkstümlich gehaltenem Niveau, die reissenden Absatz fanden. Die Figur "Rinaldo Rinaldini" gehört somit zu den Meilensteinen des damals immer bedeutender werdenden Buchdrucks und begründete auch das Genre des "Groschenromans". Ein jeder kennt "Sturm und Drang" als Ausdruck der höheren Literatur, die die oberen Zehntausend beschäftigte - die Auswirkungen der sozialkritischen Groschenromane auf die politischen Vorgänge in der Aufklärung lassen sich kaum abschätzen.

Es gibt in der Geschichte etliche solchermaßen vom Volk selbst gewählte "Heilige", denen ich sogar ernsthaft gedenken würde.

Das Prekarius-Wunder von Köln

HP 23.08.2005 - 00:40

Anlässlich des Weltjugentages in Köln hatten auch die Anhänger des Heiligen, Sankt Prekarius zu einer Prozession aufgerufen. Dem Ruf folgten rund 200 Pilger, die sich unter Bildern, Bannern und seiner Figur auf dem Rudolfplatz versammelten. Auch die Polizei wollte nicht abseits stehen und verfolgte die Ansammlung der Prekarianer höchst aufmerksam. Der illustre Haufen erschien sogar derart interessant, dass die Polizei die Videokamera zückte, um sich einen Erinnerungsfilm anzulegen. Als die Anhänger des Prekarius Lieder, Gebete und Fürbitten anstimmten, war plötzlich die Stimme des Herrn zu vernehmen. Allerdings die eines Herrn aus einem Polizeifahrzeug, der die Versammelten dazu aufrief, diese "nichtangemeldete Demonstration", wie er es nannte, aufzulösen. Doch der Glauben an den Heiligen Sankt Prekarius vereinte die Pilger und sie wichen nicht. Plötzlich setzte sich die Sänfte mit der Figur des Prekarius in Richtung Ampel in Bewegung, wartete bis diese grün zeigte und die Ringe Richtung Aachener Str. gefahrlos überquert werden konnten. Die Anhänger folgten ihrem Heiligen, auch als dieser den viel zu engen Bürgersteig verließ, um seine Prozession über die Aachener Str. zu führen. Flankiert wurde der Tross nun von polizeilichen Einsatzkräften im Dauerlauf. Zunächst schien es, als ob auch sie dem Abbild des Heiligen möglichst nahe sein wollten, doch nein. sie bildeten eine Kette quer über die Straße und hinderten die Prozession an deren Vorankommen. Gleichzeitig riegelten Fahrzeuge der irdischen Einsatzkräfte den Weg zurück über die Ringe ab. Weitere Kräfte der irdischen Heerscharen bauten sich links und rechts der Prozession auf und umringten so die Gläubigen. An einem Fortführen des Pilgerweges war zunächst nicht zu denken, weshalb unmittelbar der Heilige angerufne wurde. Mit fröhlichen Gesängen,tanzen und hüpfen feierten ihn seine Anhänger und rückten in der Not immer enger zusammen. Die Gebete wurden erhöht, denn der Himmel schickte in Form eines kräftigen Gewitters Wasserwerfer gegen die in grüngekleideten Heiden. Da Prekarius, nicht über chirurgische taktische Waffen verfügt, traf dies zwar auch seine Anhänger, doch fühlten jene sich hierdurch gesegnet und kommentierte jeden vom Himmel gesschickten Blitz mit einem lauten "Hallelujah". Dreißig Minuten stiller Andacht und lauter Lobpreisungen vergingen so, bis auch die der letzte bekehrt war. Die Prozession durfte ihren Weg fortsetzen und gelangte schließlich zu einer Filiale des Lidl. Dort wurde Passanten, Angestellten und Kunden deutlich gemacht, wie sich diese Handelskette an der Prekarisierung des Lebens beteiligt. Nach einer Reihe kritischer Worte und Vorführungen, wollten die Gläubigen den Ausgebeuteten der Firma Blumen überreichen, um ihnen zu zeigen, dass Prekarius auch mit ihnen ist. Leider wurde das sowohl von der Geschäftsleitung als auch von der Polizei nicht geduldet. So zog die Prozession weiter über die Moltkestr., Richard-Wagner-Str, Ringe zurück zum Rudolfplatz wo die Abschlussfeier stattfand, bis sie aufgelöst werden musste. Als Resümee kann gezogen werden, dass der Heilige wieder ein Wunder tat, denn obwohl die Polizei die Prozession als "nicht angemeldete Demonstration" wertete und die Stadt zur Zeit in einer Art Belagerungszustand ist, konnten die Prekarianer ihre Prozession, wenn auch nicht im geplanten Umfang durchsetzen.

Ein weiteres Wunder geschah einige Zeit später bei der Caritas in der Südstadt, wo Anhänger des Heiligen Sankt Prekarius, wie aus dem Nichts auftauchten, die Tür mit Klebeband versiegelten ("Caritas sofort stilllegen") und ein großes Banner aufhängten, auf welchem eine Losung gegen deren unchristliche Ausbeutung der Ein-Euro-Jobber prangte.

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