Hausdurchsuchung im Wendland: Updates

mobil imc 11.08.2005 22:24 Themen: Atom Repression
Heute (Donnerstag 11.8.) wurden die Redaktionsräume der Zeitung anti-atom-aktuell in Tollendorf/Wendland durchsucht. Vorwand war ein angeblicher Aufruf zu Straftaten auf der Webseite des gerade stattfindendenPrekär-Camps. Ganz offensichtlich geht es der Staatsanwaltschaft nicht "nur" darum, das Prekär-Camp zu kriminalisieren, sondern auch die Arbeit der Zeitung zu beeinträchtigen und damit die Anti-Atom-Bewegung zu schwächen.
Inzwischen gibt es dazu mehr Informationen und eine Stellungnahme der anti-atom-aktuell:

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Stellungnahme der Redaktion der "anti-atom aktuell"
(Tollendorf 9 D - 29473 Göhrde
Kontakt: Redaktion@anti-atom-aktuell.de)

Hausdurchsuchung in den Räumen der "Anti Atom Aktuell" wegen Prekär Camp-Website

Heute morgen (Donnerstag 11.8) fand in den Redaktionsräumen der Zeitschrift "anti atom aktuell" in Tollendorf/Wendland eine Hausdurchsuchung wegen angeblichem Aufruf zu Straftaten statt; im Durchsuchungsbeschluß wird ein Zusammenhang mit der Internetseite www.prekaer-camp.org hergestellt, die für das Prekär Camp wirbt. Seit dem letzten Wochenende campen etwa 100 AktivistInnen prekär in Reddebeitz bei Lüchow.

Die Polizei erschien morgens gegen 8 Uhr auf dem Prekär Camp und teilte zwei AktivistInnen mit, dass in ihrem Haus gerade eine Hausdurchsuchung stattfinde.

Der Vorwurf richtet sich gegen den Anmelder des Domainnamen der Website, dem dieStaatsanwaltschaft vorwirft, auf der Webseite unter Verwendung des Begriffs "Yomango" (ein spanischer umgangssprachlicher Ausdruck für "Ich klaue") zu Straftaten aufgerufen zu haben. Sie bezieht sich dabei auf Veranstaltungen auf dem Prekär Camp, auf denen über die Realität eines Lebens in Armut diskutiert wurde.

Wörtlich heisst es in dem Durchsuchungsbefehl:

"Die Beschuldigte steht im Verdacht, öffentlich und durch Verbreiten von Schriften (11 Abs.3) zu einer rechtswidrigen Tat aufgefordert zu haben, indem sie auf der Internetseite zum Prekär Camp eine 'Yomango-Aktion' am 10. August 2005 angekündigte. 'Yomango' steht in der spanischen Umgangssprache für: 'Ich stehle'. Unter der Kategorie 'Plakat und Aufruf' wird für die Teilnahme am Prekär Camp vom 5.-15. August geworben. Unter der Überschrift 'Es gibt was zu tun' wird das vorläufige Veranstaltungsprogramm mitgeteilt, in dem für den 10.August 2005 eine 'Yomango-Aktion' angekündigt wird. Domain-Inhaber der Webseite ist der Beschuldigte. Insoweit besteht der Tatverdacht, dass dieser die Aufforderung auf der Hompage öffentlich verbreitet."

Die Polizei erschien mit etwa 40 BeamtInnen vor Ort und beschlagnahmte alle Computer und mehrere Kisten mit Materialien. Durch die Beschlagnahme der Computer und weiterenMaterials ist der weiteren Redaktionsarbeit der Zeitschrift "anti atom aktuell" zunächst die Arbeitsgrundlage entzogen worden.

"Auch wenn der Staatsschutz hier erneut den offensichtlichen Versuch unternimmt, eines unserer Medien kaputt zu machen, wollen wir mit der nächsten Ausabe den Beweis antreten, daß sich soziale Bewegung nicht diktieren läßt, wann und worüber sie die Debatte führen will." sagen die Leute von der Redaktion und fordern: "Bitte schaut Euch die Begründung an (siehe oben), klickt zum Vergleich auf www.prekaer-camp.org/programm und schreibt an Richter Stärk, was Ihr von seinem Durchsuchungsbeschluß haltet!

Amtsgericht Dannenberg
Thomas Stärk RaAG
Amtsberg 2
29445 Dannenberg

Ebenso wichtig erscheinen uns Briefe, mails oder Anrufe bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg, auf deren Betreiben dieser Angriff stattgefunden hat:

Staatsanwaltschaft Lüneburg
Burmeisterstraße 6
21335 Lüneburg

Dort stehen die beschlagnahmten Arbeitsgeräte, und dort wird in den nächsten Tagen darüber entschieden, ob die Computerfredies anfangen, in Bilder, Texten, Briefen und Adresslisten herumzuschnüffeln.

Vor allem: Laßt Euch was einfallen, wie Ihr dazu beitragen könnt, daß das nächste Heft wie vorgesehen erscheint!Schreibt! Schreibt! Schreibt!"

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siehe auch:
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Ergänzungen

Kampagne gegen kritische Berichterstattung

Pessimesit 11.08.2005 - 22:43
Derzeit läuft von den Innenbehörden eine Repressionswelle gegen kritische Medien. So wurde unter genau demselben Vorwand vor einigen Wochen eine Razzia mit Rechnerbeschlagnahme bei Labournet durchgeführt. Auch wenn die Vorwürfe nicht haltbar waren (und die Rechner wieder zurückgegeben wurden), sind die Daten nun bei Polizei und Geheimdiensten. Davor waren Puk und mehrmals linkeseite.de dran.
Diese Kampagne dürfte nicht nur eine Privatidee von "Stasi-Otto" sein, da sie EU-weit läuft. Siehe zum Beispiel den Fall Autistici/Inventati ( http://de.indymedia.org/2005/06/121230.shtml) oder die illegale Beschlagnahme der Indymediaserver ( http://de.indymedia.org/2005/08/124324.shtml)...
Tja, der Faschismus kommt und die Linke debattiert lieber über Fleischverzehr und Nahost.

Faxnummern

BullenerschießerInnen 11.08.2005 - 22:57
Amtsgericht Dannenberg: 05861/954-333
Staatsanwaltschaft Lüneburg: 04131/202 474

Datensicherung

anounymous 12.08.2005 - 00:08
Dann kann man nur hoffen (oder spätestens jetzt für die Zukunft lernen), dass das A&O im Netz 1. ein vernünftiges backup ist (extern!), und das 2. sämtliche Daten, _erstrecht_ aber Adress-Datenbanken u.ä. wie auch die _gesamte_ Kommunikation vernünftig verschlüsselt gehören! Das sind Daten, die so ohne weiteres nicht in die Hände der Staatsmacht gehören; dafür zu sorgen ist die Verantwortung einer Redaktion. Viel Glück, und berichtet bitte weiter!

enough is enough

Autonom@ntifA 12.08.2005 - 05:10
Solange die Schutzhaft noch nicht wieder eingeführt ist, sind Hausdurchsuchungen eine der stärksten Waffen der Exekutive. Es sei hier nur an vier Tage der Repression in jüngster Zeit erinnert. Doch es gab noch viele mehr...

Hausdurchsuchungen am 30.11.2004:
* Infoladen Stuttgart
* Poltischer Provider P.U.K. in Göttingen
( http://www.antifa-freiburg.de/spip/antifa.php3?id_breve=191&design=3)

Hausdurchsuchungen am 08.12.2004:
* Infoladen München
* Politischer GNN-Verlag München
* Politischen Stiftung Kurt-Eisner-Verein e.V. München
( http://www.antifa-freiburg.de/spip/antifa.php3?id_breve=209&design=3)
* AntifaschistInnen in Freiburg
( http://www.antifa-freiburg.de/spip/antifa.php3?id_breve=203&design=3)

Hausdurchsuchungen am 16.03.2005:
* Linke in Hamburg
( http://www.antifa-freiburg.de/spip/antifa.php3?id_breve=406&design=3)

Hausdurchsuchungen am 20.04.2005:
* Antifaschistin in Landau
* Verein zur Förderung alternativer Medien Erlangen
( http://www.antifa-freiburg.de/spip/antifa.php3?id_breve=523&design=3)
Nicht zu vergessen die schrecklichen Konsequenzen einer
Hausdurchsuchung am 22.04.2005
* Atomwaffengegner in Heidelberg
( http://www.antifa-freiburg.de/spip/antifa.php3?id_breve=661&design=3)

enough is enough

Autonom@ntifA 12.08.2005 - 18:15
Erinnung an eine weitere Hausdurchsuchung 2001 bei einem Domain-Inhaber (www.libertad.de), der kürzlich wegen Aufruf zu Straftaten (Online-Demo gegen Lufthansa) vor Gericht stand. Vier Jahre nach der Hausdurchsuchung sind immernoch einige Festplatten im Besitz der Frankfurter Polizei.

 http://www.libertad.de/inhalt/projekte/depclass/verfahren/razzia171001.shtml