Lohrer Nazitreff zu: trotzdem Hess-Infostand

Bakunin 11.08.2005 17:42 Themen: Antifa
Das Lohrer Schlosscafé, das in der Vergangenheit als Treffpunkt der unterfränkischen Neonaziszene fungierte, schloss gegen Ende Juni seine Pforten. Gegen die Wirtin des Nazitreffs, die ihre Koffer packte und Lohr verließ, wird in zwei Fällen ermittelt.
Obwohl die Polizei und die Stadt Lohr von einer deutlichen Verminderung der rechtsradikalen Szene spricht, veranstalten NPD und die kameradschaftsähnliche Vereinigung "White Rebells" (sic!) am 17.08 einen Infostand zum Rudolf-Hess-Gedenkmarsch in der Lohrer Innenstadt.
Die rechtsradikalen "White Rebells" haben ihren Treffpunkt verloren. Das ist die gute Nachricht, die uns aus diesen Tagen aus Lohr erreicht.

Die Wirtin des Schlosscafés, die ihre Symphatie zur rechten Szene nie verheimlichte, gab wohl dem öffentlichen Druck nach und machte sich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus dem Staub.

Derweil laufen im Moment zwei Ermittlungsverfahren gegen sie. Zum einen, da sie in ihrer Fluchtaktion Inventar mittgenommen habe, das ihr nicht gehöre. Zum anderen, da sie nicht-deutsche Kinder mit den Worten "Wenn das nochmal passiert, blas ich euch die Rübe weg - verdammtes Ausländerpack." beschimpft habe, nachdem sie beim Fußballspielen ihren Ball auf den Hof des Schlosscafés geschossen hatten.

Die Polizei indes hofft, dass die Neonaziszene zerstreut werde. Überhaupt sprechen Polizei und Stadt seit der Wahrnehmung des Naziproblems in den Medien von einer schrumpfenden rechtsradikalen Szene in Unterfranken und Lohr. Viele StadtratsmitliederInnen, aller voran Bürgermeister Siegfried Selinger, waren erzürnt über den Fernsehbericht im BR über die Situation in Lohr und waren besorgt über den Ruf einer sicheren Touristenstadt. Anscheinend sind viele LohrerInnen daran interessiert, das Thema unter den Teppich zu kehren, wie sie es zum brutalen Naziübergriff auf ein Punkkonzert im März dieses Jahres auch getan haben.


Die schlechte Nachricht ist, dass sich die Situation in Lohr und Umgebung nicht zu beruhigen scheint. Die "White Rebells" sind kein Lohrer Phänomen mehr, vielmehr fühlten sich einige NationalistInnen im Raum Würzburg wohl von deren radikalen Kameradschaftsimage angezogen. Anders ist die neuerliche Präsenz der "White Rebells" im Würzburger Raum wohl nicht zu erklären. Im westlichen Unterfranken hingegen, in der Kreisstadt Aschaffenburg, bildet sich im Moment ein wohl neuer Nazistreff Namens "Der Wikinger". Vielleicht haben die Nazis ja dadurch einen neuen Anlaufpunkt in Unterfranken gefunden!? Nach der Schließung des Schlosscafés möchten sich die Lohrer FaschistInnen nicht geschlagen geben. Deshalb möchte die NPD, wohl in enger Zusammenarbeit mit den "White Rebells", eine Infoveranstaltung zum Rudolf-Hess-Gedenkmarsch in Wunsiedel abhalten. Sie soll in der Lohrer Innenstadt am 17.08 stattfinden. Gespannt darf man sein, inwieweit die BürgerInnen von Lohr nach der Mediendiskussion über die Nazis in Lohr wirklich sensibilisiert sind und wie sie die Rechte Propaganda gefallen lassen.

Fest steht: es bringt nichts, die FaschistInnen einfach zu ignorieren und ihnen wieder einmal die Straße zu überlassen, bis es zum nächten Knall in Unterfranken kommt.

Es bleibt zu hoffen, dass AntifaschistInnen und BürgerInnen am 17.08 ihren Protest lautstark und entschlossen kundtun...
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Ergänzungen

Schulhof-CD

jetzt 12.08.2005 - 18:21
auch schon in Marktheidenfeld aufgetaucht. Am Dienstag Abend wurde in der Sparkasse in Marktheidenfeld CD´s ausgelegt. Es handelt sich bei der CD um die verbotene CD der freien Kameradschaften mit dem Titel "Anpassung ist Feigheit - Lieder aus dem Untergrund". Unterstützer dieser CD ist auch M. Diener aus Erlenbach mit seinem Label The Voice Records.

nochmal scheller

xxxxxxxxxxx 16.08.2005 - 17:44
verschrieben, er kommt nicht wie oben behauptet aus lohr sondern aus langenprozelten, sorry

ergänzung

xxxxxxxxxxx 16.08.2005 - 23:55
habe gerade in erfahrung gebracht, dass stefan scheller bereits vor 2 monaten nach nürnberg umgezogen ist.

Tageszeitung

Leser 17.08.2005 - 11:18
Beide Artikel aus der Main Post vom 17.08.05

Rechte informieren in Lohr über Heß

LOHr (WDE) Am Abend des heutigen Mittwoch will der Rechtsextremist Matthias Bauerfeind in Lohr über "Leben, Wirken und Tod" des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess informieren. Die Polizei will "mit ausreichend Kräften vertreten" sein, um mögliche Straftaten zu verhindern.

"Am 17. 08. 2005 findet in Lohr am Main eine Veranstaltung (Infotisch) der Kameradschaft White Rebells Main-Spessart/Würzburg und der NPD statt." So steht es auf der Homepage von "ainfos", einem nach eigener Aussage "unabhängigen, antifaschistischen Informationsportal".

Matthias Bauerfeind (Karlstadt), der sich selbst als Rechtsextremist bezeichnet, bestätigte auf Anfrage, dass er heute Abend - die genaue Uhrzeit könne er noch nicht sagen - einen Infostand in Lohr plane. Dabei gehe es ausschließlich um "Leben, Wirken und Tod" von Rudolf Heß (siehe Stichwort). Laut Bauerfeind ist die Veranstaltung bei der Stadt Lohr angemeldet.

Seitens der Stadt war darüber am gestrigen Dienstag nichts in Erfahrung zu bringen. Er wisse nichts über eine geplante Veranstaltung der Rechten über Rudolf Heß oder Veranstaltungen anderer Gruppierungen am heutigen Mittwoch, sagte der städtische Hauptamtsleiter und Pressesprecher Josef Harth auf Nachfrage, versprach sich aber "schlau" zu machen. Später, kurz vor Dienstschluss, ließ er über sein Sekretariat mitteilen, dass er den zuständigen Mann im Rathaus, Bau- und Rechtsamtsleiter Hans-Joachim Hüftlein, nicht habe erreichen können.

So bleibt der Heß-Stand amtlich genauso unbestätigt, wie ein Info-Stand gegen Rechts, den der Kreisverband Würzburg der Linkspartei PDS für heute um 14 Uhr vor der Castell-Bank in Lohr angekündigt hat.

Die Polizei wisse von der geplanten Aktion und werde "mit ausreichend Kräften vertreten", sein sagte auf Anfrage Marion Merz, Pressesprecherin der Polizeidirektion Würzburg. Sollte es zu "Störungen" kommen, werde die Polizei "konsequent einschreiten" und versuchen, Straftaten zu verhindern.

Dies gelte nicht nur für die Rechten, sondern auch für möglicherweise anwesende Vertreter anderer politischer Richtungen. Für die Polizei spiele der politische Hintergrund keine Rolle. "Jeder darf seine Meinung kundtun", so Merz, "das ist legitim. Unsere Aufgabe ist es, für Ruhe und Ordnung zu sorgen." Rechnet die Polizei mit Störungen? "Wir gehen davon aus, dass alle, die einen Info-Stand betreiben, friedliche Absichten haben", sagte Merz dazu




Die Linke zeigt Flagge gegen Rechts


Lohr (nig) Parallel zum Stand der NPD, stellt die "Linkspartei.PDS (Die Linke)" am Todestag von Rudolf Heß (Mittwoch, 17. August) ab 14 Uhr in der Turmstraße bei der Castellbank in Lohr einen Infostand zum Thema Rechtsradikalismus auf.

"Wir beobachten die Situation in Lohr schon länger und wollten etwas zur Aufklärung gegen rechtes Gedankengut unternehmen. Da bot sich dieser Tag und der Stand der NPD als passender Anlass", erklärte Georg Kehrer, Wahlorganisator des Kreisverbandes Würzburg der "Linkspartei.PDS (Die Linke)" auf Nachfrage der MAIN-POST. "Wir wollen Flagge gegen Rechts zeigen."

Rechtsradikalismus bevorzuge Andersdenkende oder anders Aussehende als Opfer, so Kehrer in der schriftlichen Ankündigung zum Infostand. "Mit Angst und Gewalt versuchen rechte Gruppen die Straße zu erobern. Für normale Bürger, die nicht eingreifen, scheinen die jungen Leute mit den rechtsradikalen Ansichten noch keine Gefahr darzustellen."

Die Demonstrationen gegen Rechts wie jene in Würzburg zum Jahrestag der Bombardierung oder jene in Lohr zum 60. Jahrestag der Erschießung des Lohrer Arztes Dr. Karl Brand Anfang April seien eindrucksvoll gewesen, sagte Kehrer.

Dennoch sei das Problem nach wie vor brisant. Wie solle es auch verschwinden, solange die Ursachen dafür nicht beseitigt werden, fragt Kehrer. "Auch die Jugendarbeit unterliegt dem allgemeinen Spardiktat. Die Perspektivlosigkeit für Jugendliche ist noch größer geworden."

Gleichzeitig habe sich die Politik der großen Parteien immer mehr Positionen, die ursprünglich rechts besetzt waren, angenähert und sie damit salonfähig gemacht, sagt Kehrer. Im Europawahlkampf plakatierte die SPD "Deutschland Friedensmacht", die Grünen warben mit dem "Euro-Fighter" Cohn-Bendit und die Union propagierte gar eine "deutsche Leitkultur".

Auch zum Thema "Deutschland - ein Einwanderungsland?" nimmt Kehrer Stellung. "Probleme bei der Integration von Migranten bestehen. Sie zu leugnen bringt uns einer Lösung keinen Schritt näher. Mit der Problematik muss man konstruktiv und verantwortungsvoll umgehen."

Ebenso wichtig sei Kehrer die Bildung der gesamten Gesellschaft. Die Auswirkungen auf die Jugendlichen, zig Tausende ohne Lehrstelle und ohne Perspektive, seien verheerend.