Feldbefreiung in Frankreich, Widerstand lebt

Faucheuse Volontaire 23.06.2005 16:29 Themen: Biopolitik Weltweit Ökologie
Der Widerstand gegen gentechnisch manipulierten Pflanzen (GMO) ist weiterhin lebendig in Frankreich. Am 16. Juni war's internationaler Tag gegen GMO, zahlreiche Versammlungen fanden in Frankreich statt.. Angefangen hat alles in der 90er, als kleine Gruppen Felder nachts zu mähen anfingen. 2003 folgte dann ein großer Aufruf zu ziviler Ungehorsam, der von rund 4000 Personen unterzeichnet wurde.
Das „Bündnis der freiwilligen MähenrInnen“ wurde gegründet. Zahlreiche Felder wurden im Sommer 2004 befreit (etwa die Hälfte). Siehe:  http://germany.indymedia.org/2004/08/90345.shtml
Der Staat kündigte starke Repression an. Aktionen wurden gewaltsam verhindert, so dass „Befreiungsaktionen“ mit offenem Gesicht beinahe unmöglich geworden sind und meistens nachts durchgeführt werden (Indy berrichtete:  http://germany.indymedia.org/2004/09/93829.shtml und  http://germany.indymedia.org/2004/09/94889.shtml ).
Gerichtsverfahren wegen gemeinschaftliche Zerstörung wurden gegen die „Köpfe“ der Bewegung eingeleitet und laufen ein Jahr später noch.

Der 16. Juni 2005

Am weltweiten Aktionstag gegen Genfood nahmen viele Leute teil. Dezentrale Versammlungen wurden organisiert. Es handelte sich meistens um Infoveranstaltungen: in Paris, Lyon, Clermont Ferrand, ...
In der Nähe von Toulouse wollten die AktivistInnen einen Feld befreien, indem die BIO-Saatgut aussäen (Symbol für Alternativ!). Eine ähnliche Aktion wurde in der Nähe von Clermont-Ferrand vor ein paar Wochen durchgeführt. In der Region Midi-Pyrénée (Hauptstadt Toulouse) wurden dieses Jahr zahlreiche „Experimente“ genehmigt.
Nach einem gemeinsamen Picknick in Mondonville fuhren die rund 200 AktivistInnen (die Zivil-Bullen dazu!) erstmals zum Sitzt der Firma Biogemma. Die Firma führt Experimente auf dem eigenem Grundstück durch. Es wurden Transpis aufgehängt und Nahrungsmittel (mit Genfood drin)der Firma zurückgebracht. All das von einem starken Polizeiaufgebot beobachtet und bewahrt. Der OB von Mondonville hat versucht, die Versammlung in der Kommune zu verhindern. Er hatte Angst, dass die AktivistInnen kommen und den Volksfest im Dorf behindern... Die V-Männer haben nämlich ein paar Tage vor dem 16. den OB angerufen und gesagt, sie wussten über eine Versammlung von gewaltbereiten AktivistInnen. Erst nach einer Diskussion verstand der OB, dass es nicht der Fall war... Das Nächste mal wollen die AktivistInnen intensiver mit der örtlichen Bevölkerung reden, damit der Staat nicht mit Desinformation eingreift, und damit die Leute mitmachen.

Die Gruppe setzte sich kurz darauf in Bewegung Richtung Menville. In Menville liegen mehrere Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Die AktivistInnen konnten sich aber nicht vom Feld nähern. Mehrere Polizeisperre standen auf dem Weg. Die erste Sperre wurde schnell überwindet und die AktivistInnen liefen noch ein paar hundert Meter weiter. Überall standen Bereitschaftspolizisten in kompletter Kampfausrüstung. Rund um dem Feld waren Absperrgitter aufgebaut worden. Die AktivistInnen hatten noch die gewaltsame Auseinandersetzung und die durch Angriffsgranaten zahlreichen Verletzen vom letzen Mal im Kopf. Es wurde beschlossen nicht weiter zu gehen, um einen Angriff der Polizei zu verhindern. Mit 200 Leute hätte eine Auseinandersetzung nichts gebracht. Die Strasse wurde bemalt, so dass jeder weiß wo das Feld liegt. Es ist wahrscheinlich, das das Feld in den kommenden Wochen zerstört wird... Es wurde bei der Abschlusskundgebung angekündigt, dass eben ein Feld vor wenigen Tagen in der Gegend abgemäht worden war... Die Felder müssen rund um die Uhr bewahrt werden, den sie sonst nachts befreit werden... Wird schön teuer! Die AktivistInnen versuchen die Felder aufzulisten, damit informelle Gruppen nachts handeln können. Solche Aktionen sind aber nicht ohne Risiko. Das Motto heißt „nicht erwischt werden“. Nachts schlagen die Bullen noch stärker, denn keine Presse oder keine Zeuge vor Ort sind. Und es ist mit besonders starker Repression vor Gericht zu rechnen.
Der Tag endete mit einer gemeinsamen Diskussion über Perspektiven (wie sollen Aktionen des zivilen Ungehorsam organisiert werden, wie kann man trotzt Repression erfolgreich werden -d.h. Felder Befreien!...) und den aktuellen Stand bei den Verfahren vor Gericht. Viele Fragen bleiben offen und werden beim nächsten bundesweiten Treffen am 14. Juli diskutiert.

Gerichtsverfahren und Repression:

2004 wurden Felder befreit. 1500 Personen beteiligten sich an der ersten Aktion in der Nähe von Verdun sur Garonne. Kurz darauf wurden 9 Leute angeklagt. Angeklagt werden wenige, aber gemeint sind wir alle. Das ist der Grund warum 400 AktivistInnen sich in September freiwillig bei der Staatsanwaltschaft gemeldet haben (wobei nur etwa 200 sich rechtzeitig bei den Anwälten rechtzeitig meldeten), um selber mitangeklagt zu werden. In November beschloss das Gericht, dass diese Leute im Verfahren miteinbeziehen werden müssen. Es geht ja um „gemeinschaftliches handeln“, die Staatsanwaltschaft hat diese Tatsache erkannt. Aber sie hat gegen diesen Beschluss geklagt. Und das Berufungsgericht entschied darüber am 14 April: 9 Leute werden angeklagt, nicht 200. UND... Das Berufungsgericht wird die Sache selber verarbeiten. Das heißt, die Angeklagten werden direkt vor dem Berufungsgericht stehen und dürfen dann nicht... in Berufung gehen! Das Prozess wird am 20. September statt finden. Weitere Verfahren gegen GenfoodmäherInnen - in Bezug zu ähnlichen Aktionen mit jeweils etwa 400 TeilnehmerInnen - in Orléans oder Riom laufen gerade genauso.
Die Genfoodlobby ärgert sich, weil die Verfahren sich in die Länge ziehen. Die Regierung auch. Der ehemalige Justizminister Perben schrieb eine „Circulaire“ (ein Rundschreiben) an die Staatsanwälten am 30. Mai (am Tag nach dem Referendum über die EU-Verfassung und vor der Regierungswechsel – ist aber kein richtiger Wechsel, die Rechte bleibt an der Macht). Nach diesem Rundschrteiben sollen die AktivistInnen möglichst schnell verurteilt werden (das heißt Schnellverfahren). Die Staatsanwaltschaft soll freiwillige Massen-erscheinungen nicht akzeptieren. Die Verfahren sind gezielt gegen die Bewegungsführer (Führer laut Verfassungsschutz Behauptungen!) einzuleiten. Harte Strafe (vor allem Geldstrafe um die 75000 Euros) sollen verlangt werden. Etc...

Zum Schluss... Die Autorin dieses Beitrags wünscht alles Gute an die AktivistInnen für die Aktion Feldbefreiung am 31. Juli. Siehe:  http://www.gendreck-weg.de/

Unsere Erfahrung kann behilflich sein... Der Kampf gegen Genfood soll überall statt finden. Solidarität aus Frankreich!
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Ergänzungen

Feldbefreiung in Deutschland

Jörg 24.06.2005 - 17:21
auch in deutschland sind ähnliche aktionen von der kampagne "gendreck weg!" geplant. siehe link und zitat:


"Liebe Leute, ich möchte euch auf eine Aktion des zivilen Ungehorsams gegen den großflächigen Anbau gentechnisch manipulierter Pflanzen aufmerksam machen, der seit der Aufhebung des EU-Moratoriums auch in Deutschland möglich geworden ist. Ziel dieser Aktion ist es, öffentlichkeitswirksam eine oder mehrere Anbauflächen abzuernten, auf denen gentechnisch veränderte Organismen angebaut werden, um damit ein eindeutiges Zeichen zu setzen gegen die Propaganda vom angeblichen gesellschaftlichen Nutzen der Gentechnik. Diese dient nach wie vor in erster Linie den Profitinteressen großer Konzerne, gefährdet die wirtschaftliche Existenz vieler Bauern und birgt erhebliche ökologische und gesundheitliche Risiken.

Es werden möglichst viele Menschen gesucht, die sich im Vorfeld mit dieser Aktion des zivilen Ungehorsams solidarisch erklären, durch Absichtserklärungen ihre Teilnahme an der Aktion ankündigen und durch Spenden und Bürgschaften dazu beitragen, die finanzielle Last möglicher Bußgeld- und Strafverfahren auf viele Schultern zu verteilen.

Ausführliche Informationen findet Ihr unter der Internetadresse:
www.gendreck-weg.de

Mit der Bitte um Weiterleitung und rege Beteiligung."

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streng genommen... — horst