Das Erbe des afrikanischen Amigos

Birgit Gärtner 17.02.2005 02:31 Themen: Antirassismus
Nach dem Tod von Diktator Eyadema, zu dessen Lebzeiten Duz-Freund von Franz-Josef Strauß, führt Eyademas Sohn Faure die Terrorherrschaft weiter.
Am vergangenen Montag protestierten in Hamburg etwa 250 Menschen, der überwiegende Teil afrikanischer Herkunft, gegen den Staatsstreich in Togo. Sie forderten den Rücktritt Faure Eyademas sowie demokratische Wahlen. Außerdem forderten sie die Bundesregierung auf, jegliche Beziehungen zu dem Terrorregime abzubrechen, die Botschaft in Lomé zu schließen und einen Abschiebestopp zu erlassen.
Am 5. Februar ´05 verstarb mit dem togoischen Präsidenten Gnassingbé Eyadema der dienstälteste Diktator der Welt. Doch das bedeutet keineswegs das Ende der Terrorherrschaft, denn statt wie in der Verfassung für diesen Fall vorgesehen Neuwahlen einzuberufen, wurde ein Staatstreich durchgeführt. Der amtierende Parlamentspräsident Fanbare Outtara, der Eyademas Amt kommissarisch übernehmen und Neuwahlen hätte einleiten müssen, befand sich zu dem Zeitpunkt außer Landes. Seine Wiedereinreise wurde verhindert und Eyademas Sohn Faure, bis dahin Minister für Bergbau und Telekommunikation, als Präsident eingesetzt. Faure Eyadema erbt das Imperium seines Vaters und dessen Vermögen. Ein Journalist, der Eyadema einmal als „reichsten Mann des Landes“ bezeichnete, ließ Gnassingbé umgehend verhaften. Faure würde vermutlich dasselbe tun.
Anfangs hieß es, binnen der vorgeschriebenen Frist von sechs Wochen sollten Parlamentswahlen durchgeführt werden - von der Neuwahl des Präsidenten war indes nicht die Rede. Faure Eyadema gab bekannt, dass er die Amtszeit seines Vaters bis 2008 zu Ende führen werde. Das Parlament in Togo änderte unterdessen die Verfassung, so dass es auch keine Parlamentswahlen geben wird. Durch Repression und militärische Härte wird jeglicher Widerstand in Togo unterbunden, Medienberichten zufolge gab es in den letzten Tagen bei Demonstrationen Tote und Verletzte.
Für den 15. November 1884 rief der damalige Reichskanzler Fürst von Bismarck die Afrika-Konferenz ein. Die europäischen Großmächte teilten auf dem Treffen den Kontinent wie einen Kuchen untereinander auf. Dem Kaiserreich wurde u.a. Togo zugesprochen. Gustav Nachtigal, ein Militärarzt reiste daraufhin nach Togo, um entsprechende Verträge abzuschließen. Bis 1919 war Togo dann deutsche Kolonie, danach unterstand es dem Völkerbund, später war es unter französischer Herrschaft. Nach Erlangung der Unabhängigkeit 1960 wurde Sylvanus Olympio zum Staatspräsidenten gewählt. Eyadema, zu der Zeit Oberst in der Armee, brachte die Regierung 1963 mit einem Militärputsch zu Fall, wenige Monate später wurde Olympio ermordet. Dem ersten Putsch folgte 1967 ein zweiter, kurz darauf wurde Eyadema zum Staatspräsidenten ernannt. Damit führte Eyadema diese Art des politischen Machtwechsels auf dem afrikanischen Kontinent ein. Bis zuletzt sicherte Eyadema seine Herrschaft mit Terror gegen die Bevölkerung und ließ Proteste vom Militär gewaltsam niederschlagen. Nun schickt sein Sohn Faure sich an, diese unselige Familientradition fortzusetzen.
1969 erließ Eyadema ein Gesetz, dem zufolge nur die Regierungspartei Rassemblement du Peuple Togolais (RPT), die Versammlung des Togoischen Volkes, legal sei. Das Einpartiensystem musste 1991 indes aufgrund internationalen Drucks aufgegeben werden. Daraufhin kam es zu einer kurzen Phase der Demokratisierung, in gewohnter Manier reagierte Eyadema jedoch mit Terror und Militärgewalt, im November 1991 startet er einen weiteren Putschversuch. Dieser misslang, doch bereits im Juni 1992 wurde er von der Nationalversammlung wieder „mit allen Rechten ausgestattet“.
Am 1. Juni 2003 wurde Eyadema zuletzt zum Präsidenten gewählt. Der Diktator hatte kurzerhand die Verfassung ändern und seinen Widersacher, Gilchrist Olympio, Sylvanus Olympios Sohn, von den Wahlen ausschließen lassen, um eine weitere Periode im Amt bleiben zu können. Viele Oppositionelle in Europa setzen große Hoffnung auf Olympio. Der Geschäftsmann und ehemalige Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds (IWF) lebt im Exil. Seine Geschäfte wickelt er vornehmlich über Banken und Filialen in Großbritannien und den USA ab. Kein Wunder, dass die französische Regierung ihn nicht unbedingt unterstützt.
Viele europäische Länder unterhielten - und unterhalten - gute Beziehungen zu Eyadema. Allen voran Frankreich, das in Togo einen wichtigen Rohstoff entdeckte: Phosphor. Phosphate werden in der Produktion von Bomben und Waffenmunition eingesetzt, sie entzünden immer wieder neu und sind deshalb schwer zu löschen. Zunächst wurde das Phosphor in Togo abgebaut und zur Verarbeitung nach Frankreich gebracht. Gravierende Gesundheits- und Umweltschäden führten jedoch dazu, dass die Verarbeitung nach Togo verlegt wurde – ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt dort.
Die Schweiz engagiert sich im Naturschutz, genauer gesagt, die Eidgenossen machen sich um die Rettung der Elefanten verdient: Die Fondation Franz Weber aus Montreux betreut den Nationalpark Fazao.
Am 13. Januar ´01 erhielt Eyadema den schwedischen Orden „Militaire et Hospitalaire Saint Lazare de Jerusalem“. Er wurde für sein „Engagement für den Frieden in Afrika“ mit dem Großen Verdinestkreuz ausgezeichnet, das ihm ein schwedischer Prinz persönlich überreichte.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) verlegte sein 36. Gipfeltreffen nach Lomé, zum ersten Mal fand die Tagung außerhalb Europas statt. Doch damit der Ehre nicht genug: Eyadema wurde auch noch mit dem Verdienstkreuz des IOC ausgezeichnet – für sein „Engagement für den Sport und die Förderung der Olympischen Spiele“.
Laut Auskunft des Auswärtigen Amtes ist die BRD Togos Handelspartnerin Nr. 2 hinter Frankreich. Innerhalb von 30 Jahren - von 1960 bis 1990 – erhielt Togo ca. 300 Mio. € Entwicklungshilfe aus der BRD, plus knapp 100 Mio. € Schuldenerlass. 1993 wurde die Entwicklungshilfe allerdings wegen der Menschenrechtsverletzungen eingefroren.
Der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke täuschte 1966 bei seinem Staatsbesuch in Togo eine Verletzung vor und ließ sich den Arm in Gips legen, damit er Eyadema nicht die Hand schütteln müsse. Ob Lübke die Seele des Diktators oder dessen Hautfarbe zu dunkel war, ist nicht überliefert. Im Mai ´68 kam Eyadema das erste Mal in die BRD, weitere Besuche folgten ´77, ´82, ´85 und 2000 bei der Expo in Hannover, wo er von Bundespräsident Johannes Rau und Außenminister Joseph Fischer (Bündnis 90/die Grünen) empfangen wurde. Hunderte togoische Flüchtlinge protestierten dagegen. Ihnen allen drohte Eyadema Rache an, sollte er sie „jemals in die Hände bekommen“. Daraufhin wurden alle – freiwillig oder zwangsweise -zurückkehrenden Flüchtlinge aus Westeuropa dem Generalverdacht des Widerstandes ausgesetzt und misshandelt, einige Personen verschwanden nach ihrer Einreise in Togo. Leider sind diese Fälle nicht dokumentiert, da es in Togo kaum noch arbeitende Menschenrechtsgruppen gibt. NGO´s haben das Land längst verlassen, einheimische Gruppen sind der staatlichen Repression ausgesetzt. Die wenigen Personen oder Organisationen, die sich noch öffentlich mit Menschenrechtsfragen beschäftigen, haben mit der Situation im Land genug zu tun und keine Kapazitäten, sich um das Schicksal der aus Europa abgeschobenen Landsleute zu kümmern.
In Franz-Josef Strauß fand Eyadema seinerzeit einen treuen Freund. Gemeinsam mit dem Münchner Amigo gründete er 1977 die Bayrisch-Togoische Gesellschaft (BTG). Deren Anschrift war identisch mit der der Landeszentrale der CSU in München, bis die Strauß-Partei umzog. Ziel der BTG bestand in der Förderung des Gesundheitswesens und des Mittelstandes in Togo. Gemeinsam gingen die beiden jagen oder gönnten sich einen Drink im Restaurant „Alt München“ in Lomé.
Durch ein Unterstützungsprogramm, dass Eyademas Duz-Freund Franz-Josef 1977 aus der Taufe hob, wurden bis 1995 an der Verwaltungsschule in der Landeshauptstadt Lomé Beamte qualifiziert. Doch nicht nur die korrupten Beamten wurden unter deutscher Anleitung ausgebildet, sondern auch die Militärs. Bereits Mitte der 60er Jahre erhielt Togo einige Exemplare des ersten im Nachkriegsdeutschland serienmäßig hergestellten Militärflugzeugs, der DO 27 der bayrischen Rüstungsfirma Dornier. Heute gilt Togo als Umschlagplatz für Waffen in alle Krisenregionen Afrikas.
Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch ist Togo die Drehscheibe für Kinderhandel auf dem Kontinent. Die kids werden demzufolge ihren Eltern abgeschwatzt, in dem diesen wunderbare Zukunftsperspektiven für ihren Nachwuchs in Aussicht gestellt werden. Oder sie werden einfach gekidnappt und verschleppt. Dann werden sie als Sklaven in andere Regionen des Landes oder nach Mali, Benin, Nigeria oder andere afrikanische Staaten verkauft. Dort müssen sie 13 Stunden pro Tag Feld- oder Hausarbeit leisten, werden geprügelt und vergewaltigt. Viele Mädchen werden in die Prostitution gezwungen.
Im April 2004 vereinbarte die EU als Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe einen 22-Punkte-Plan. Das nahm die rot-grüne Bundesregierung zum Anlass, verstärkt togoische Flüchtlinge auszuweisen. Das am 5. Februar ´05 in Kraft getretene Aus- und Einreiseverbot gilt scheinbar nicht für jeden: Angaben der Karawane für die Rechte von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten zufolge gelang es den deutschen Behörden in der vergangenen Woche, trotz dessen nach Togo abzuschieben.

Copyright Birgit Gärtner

Übrigens: Die Fotos sind wie sie sind, weil sie sein sollen, wie sie sind.
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Ergänzungen

Reaktion der CEDEAO

sandankoro 17.02.2005 - 08:29
Wohl zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat sich die CEDAO dazu durchgerungen einen durch Putsch durchgeführten "Regierungswechsel" nicht anzuerkennen.

So ging auch eine klare diplomatische Note an Frankreich:

>

Offensichtlich ist die CEDAO nach den Erfahrungen in Liberia und Sierra Leone sowie zuletzt in der Cote d'Ivoire nicht mehr bereit weitere destabilisierungen in West-Afrika einfach hinzunehmen, auch oder gerade wenn diese von Frankreich unterstützt werden.

Während sich einige Länder (vom Rest der Welt fast unbemerkt) in Richtung Demokratie entwickenten (Mali, Senegal, Sierra Leone) drohen andere in Diktatur und Bürgerkrieg zu versinken.

Recht habt ihr

aber... 17.02.2005 - 08:39
Ein sehr guter und informativer Artikel! Allerdings hieß unser Außenminister schon 2000 JOSCHKA und nicht Joseph Fischer!

Joschka=Josef

Buergerschreck Anarcho 17.02.2005 - 10:05
Der Aussenminister heisst mit buergerlichem Namen Joseph, Joschka ist nur ein Spitzname, der sich die Jahre ueber gehalten hat.

Kosenamen für Kriegsverbrecher ?

alias 17.02.2005 - 13:50
Wie kann es sein, dass wir einerseits immer wieder feststellen, dass diese Bundesregierung aus KriegsverbrecherInnen besteht, aber andererseits benutzen wir gleichzeitig den Kosenamen "Joschka"?
Ich fordere Distanz und Konsequenz ein.
Nur weil ARD, ZDF und all die anderen die unkritischen Leute ständig um "Joschka" herumschwänzeln, sollten wir uns diesem Schwachsinn nicht aussetzen.
Die Regierung besteht nicht aus unseren GenossInnen, also kann es auch keine Kosenamen für diese VerbrecherInnen geben.

mehr zu Togo

Lotti 18.02.2005 - 00:12
..im Togo-Feature im April '04:  http://de.indymedia.org//2004/04/80900.shtml

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