Münster: Kurzbericht vom Agenturschluss

Besser kämpfen! 03.01.2005 11:49 Themen: Soziale Kämpfe
Als Teil der bundesweiten Agenturschluss Aktionen, fand heute morgen auch in Münster eine Kundgebung statt. Trotz früher Stunde erschienen etwa 80 AktivistInnen vor der Arbeitsagentur in der Wolbecker Strasse.
"Was stinkt den hier so?" Das fragten sich wohl nicht nur die DemonstrantInnen vor der Agentur, sondern auch so manche Angestellte und die reichlich vorhandenen Zivilbullen. Denn scheinbar liessen morgens einige Leute eine gehörige Stinkbombe in den Bereichen des ehemaligen Arbeitsamtes hoch. Ansonsten war die Kundgebung eher unspektakulär, es gab zwar mehrere Redebeiträge, Musik, einen Sektempfang für die ALG-EmpfängerInnen, sowie zapatistischen Kaffee und selbstgebackene Plätzchen, an einem gemeinsam artikulierten "Wutausbruch", spektakulären Aktionen oder irgendwas sonstwie Militanten fehlte die Bereitschaft, Planung und Stimmung.
An Polizei waren zudem nur 2 Bullis vorhanden, zuzüglich der bereits erwähnten Zivis. Das hätte mensch eigentlich "ausnutzen" können.
Dennoch ist es erfreulich das sich in der Studi-Stadt Münster bereits um 9 Uhr etwa 80 Leute einfinden und diverse "Technix" umgesetzt haben. Als Abschlusssatz könnte ich hinzufügen: "Das läßt hoffen!" Aber irgendwie ging der schon sooft über die Lippen....
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Ergänzungen

Montagsmahnwache vorm Rathaus

harry 03.01.2005 - 15:17
Eine wirklich gelungene Aktion.
Leider fehlte der größte Teil der 17 000 Hartzbetroffenen.
Die werden es wohl erst wieder merken wenn es zu spät ist.
Mal sehn wie viele heute noch zur Mahnwache kommen.
Morgen ist der "Tag der Wahrheit", die Veröffentlichung der Dezemberzahlen, mit steigender Tendenz?
lever dot as slav
harry

Indy-Meldungen zu Agenturschluß Münster

syndikalist 04.01.2005 - 16:43
Bilder zum Agenturschluß in Münster:
 http://www.de.indymedia.org/2005/01/103040.shtml

Weitere Bilder und Redebeitrag aus Münster:
 http://www.de.indymedia.org/2005/01/103033.shtml

Die Pressemitteilung des Bündnis: Besser Leben!
 http://www.de.indymedia.org/2005/01/102970.shtml

Super Aktion! Toll militant!

radikale Kritik statt punktuelle Militanz 04.01.2005 - 17:04
Was reitet eineN eigentlich, eine Stinkbombe genau da loszulassen, wo bekannterweise am nächsten Tag eine Kundgebung stattfindet? Die WN hatte in ihrem Artikel ganz recht, wenn sie darauf hinwies, dass es auch den DemonstrantInnen gestunken hat. Ganz abgesehen mal von denen, die reingegangen sind, um mit Angestellten und Betroffenen zu reden.

Aber selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre: Der Agenturschluss war nie so geplant, dass die ALG II-EmpfängerInnen es in der Arbeitsagentur noch ungemütlicher haben als sonst. Ein Erfolg wäre ja gewesen, wenn statt der 300 Leute, die kein Geld bekommen haben, bundesweit 130.000 ALG II-EmpfängerInnen ohne Kohle auf der Matte gestanden hätten. Wenn in der Agentur Diskussionen, Vollversammlungen etc. stattgefunden hätten. Und so weiter. Lauter Sachen, die mensch nicht in einem Gebäude machen möchte, das dermaßen stinkt.

Selbst wenn jemand auf diese hochgelobte Militanz so sehr besteht, hätte es doch andere Möglichkeiten gegeben: Farbeier, meinetwegen gar kaputte Fenster in den Büros. Vermittelt hätte das allerdings gar nix, im Gegensatz zur Kundgebung und den Aktivitäten in der Agentur.

Jemand sagte mal vor kurzem sinnigerweise: Eine radikale Linke wird dem System dann gefährlich, wenn sie in der sozialen Bewegung schwimmt. Das war in Münster teilweise während der Montagsdemos und auch bei anderen Anti-Hartz-Protesten der Fall und hat tendenziell auch am 03.01. geklappt. Die Buttersäure-Menschen haben sich sicherlich kaum mit den Inhalten und Folgen von Hartz IV auseinandergesetzt, sie werden wohl auch in Zukunft nicht mit den Betroffenen oder den Angestellten reden, um z.B.
- Beistand zu leisten,
- die Angestellten aufzufordern, im Sinne ihrer Klientel zu handeln,
- Rechtsberatung zu vermitteln,
- materielle Unterstützung zu bieten,
- Rechtshilfe zu vermitteln,
- einen sozialen Protest der Betroffenen zu motivieren und zu unterstützen.

Buttersäure in der Agentur ist so erfolgversprechend wie ein Bettelbrief an Gerhard Schröder. Wenn es noch irgendeinen Weg gibt, die Folgen der Agenda 2010 zu verhindern, dann ist es die massive Unterwanderung durch die Betroffenen und die Angestellten. dahin ist auch zu vermitteln, daß Hartz IV die Konsequenz des Kapitalismus ist und neben den Rückzugskämpfen gegen Hartz der Aufbau von Alternativen stehen muß. Das geht nicht mit Buttersäure, sondern durch die Vermittlung radikaler Kritik mit inhaltlichen Konsequenzen im Alltag.

"Spektakulär" ist für den/die BerichtendeN wohl nur eine militante Blockade. es hätte wohl eine Hundertschaft uniformierter Polizisten gebraucht und kapuzenbepullite Autonome, die sich gegen den rausschmiß aus der Agentur körperlich wehren, um diesem gerecht zu werden. Aber: Zum Glück ist Münster nicht Berlin.

Jawohl, "an [...] irgendwas sonstwie Militanten fehlte die Bereitschaft, Planung und Stimmung." In dem von "Besser Kämpfen!" verstandenen Sinne wird das hoffentlich auch so bleiben, ich werde jedenfalls nicht bereit sein, das bisher erreichte, die inhaltliche symphathie und bereitschaft zur zusammenarbeit vieler Betroffener, durch unnötige, mackerhafte pseudo-militanz aufs spiel zu setzen.