Nazis in Köln-Kalk

felipe 16.10.2004 19:34 Themen: Antifa Antirassismus Repression
Ungefähr 100 Nazis vom neofaschistischen "Nationalen Widerstand" und vom "Kampfbund Deutscher Sozialisten" sind heute durch Köln-Kalk marschiert.
Nachdem die Nazis schon vor der Demo von der Polizei durchsucht und abgefilmt worden sind, hat der BGS (seit Neustem Bundespolizei) die von Gegendemonstranten besetzte Kreuzung geräumt und die ca. 200 AktivistInnen über Stunden im Regen eingekesselt. Sie wurden zu einer Personalienfeststellung gezwungen und mit Platzverweisen (KÖLN-KALK-VERBOT!) belegt.
Aber der Reihe nach: das Gebiet abseits der Hauptstraße war von der Polizei total dichtgemacht, man kam zwar auf Rufnähe an die Anfangs- und die Schlußkundgebung, aber die Sicht war von Polizeibussen bewusst verstellt und die Route selber wurde von der Polizei scharf bewacht (sofortiger Einsatz von Gas-Sprays bei Annäherung an unterbesetzte Polizeisperren, sofortige Schläge von hinten in die Rippen gegen fotografierende oder einfach nur rumstehende Menschen). Trotzdem keine ernsthaften Verletzungen.
Es wurde berichtet von AnwohnerInnen, die mit dreißig Leuten eine Straßenblockade für 10 Minuten halten konnten. Außerdem wurden die Nazis von AnwohnerInnen mit Tomaten und Äpfeln (au!) beschmissen.
Dass die Nazis überhaupt marschieren konnten ist aber nicht nur die Schuld des massiven Polizeieinsatzes, sondern auch der schlechten Vorbereitung der Gegendemonstranten: lediglich 30 AntifalerInnen hatten frühzeitig eine Blockade in der Nähe der S-Bahn-Station Trimbornstraße gemacht, von wo aus die Nazis zu ihrem Versammlungort (U-Bahn-Haltestelle Kalk Post - die wurde von der U-Bahn nicht angefahren) geführt wurden. Diese Blockade war aber natürlich schnell von der Polizei geräumt (auch wieder: Köln-Kalk-Verbot). Wären mehr Leute gut informiert und früher da gewesen, hätte der Aufmarsch verhindert werden können. Insgesamt waren es wohl so um die 1000 GegendemonstrantInnen, die allerdings sehr verstreut, desorganisiert und vom Regen und von Polizeimaßnahmen entmutigt waren.

Trotz allem war es gut da zu sein, Kalk war im Ausnahmezustand, faschistische Demonstrationen sind keine Normalität.
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Ergänzungen

polizeibericht

ICH 16.10.2004 - 20:57
POL-K: 041016-1-K Demonstrationsgeschehen in Köln-Kalk


16.10.2004 - 18:35 Uhr
Köln (ots) - Für den heutigen Samstag, 16.10.04, hatte eine als
rechtsextremistisch eingestufte Organisation eine Demonstration in
Köln-Kalk angemeldet. Gegner dieser Veranstaltung hatten zu
Gegendemonstrationen aufgerufen. Diese angemeldeten Demonstrationen
verliefen ohne besondere Vorkommnisse.

Starke Polizeikräfte verhinderten bereits im Vorfeld ein
Aufeinandertreffen der beiden Gruppierungen. Als etwa 500 Personen
die Auftaktkundgebung der Rechtsextremen an der Kalker Post stören
wollten, wurden sie vorübergehend an der Rolshover
Straße/Sieversstraße von den Beamten festgehalten. Von etwa 400 von
ihnen wurden Personalien festgestellt und Platzverweise erteilt.
Neben Flaschenwürfen auf Polizeibeamte versuchten etwa 20 - 25
militante Personen vergeblich, die Absperrung zu durchbrechen.

Insgesamt wurden 28 Personen fest- oder in Gewahrsam genommen.
Gegen die Festgenommenen werden Strafanzeigen wegen Verdacht des
Landfriedensbruchs, Verstößen gegen das Versammlungsgesetz oder
Körperverletzungsdelikte gefertigt. Bei einem der Rechtsextremisten
wurde ein Springmesser gefunden. Ihn erwartet ein
Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das
Versammlungsgesetz.


Die Absperrmaßnahmen im Bereich der Kalker Hauptstraße konnten kurz
nach 17.00 Uhr aufgehoben werden. (us)



ots-Originaltext: Polizei Köln

scheiss moral!

shir khan 16.10.2004 - 23:12
was für´n quatsch: "faschistische demonstrationen sind keine normalität". in welchem land lebst du? wohl die letzten 10 jahre verpennt! wenn samstag für samstag die nazis marschieren, ist das so normal, wie die nazis es leider wieder in dieser gesellschaft sind. es entspricht einer bürgerlichen moralvorstellung davon auszugegehen, dass faschodemos nicht normal sind. richtiger wäre es zu fordern eine linke aufzubauen, die dafür sorgt, dass es nicht mehr normal ist. dass heisst, die ursachen, welche nazis hervorbringen (etwa staat, nation und kapital) abzuschaffen und eine wirklich freie gesellschaft zu realisieren.

Brutalität der Polizei

Ughh 16.10.2004 - 23:14
Nachdem die Polizei die Personalien aufgenommen hat, wurden einige Gegendemonstranten von der Polizei aus dem "Kessel" abgeführt und auf den Boden/gegen einen Einsatwagen geschmissen, (ein Betrunkener, eine wehrlose Frau,) Mitdemonstranten die den Leuten halfen und die Beamten auf ihr Verhalten aufmerksam machten wurden Verhaftet oder mit Bemerkungen wie "Pech gehabt" ignoriert.



- Polizei Brutalität-

hellspell 17.10.2004 - 16:46
Kann das gesagt nur bestätigen. War selbst einer der Anwesenden im "Polizei Kessel" und gehöre nun zu den angeblichen "Straftätern".

Hier mal meine kurzer Bericht.

Nachdem wir eingekesselt waren blieb den meisten nicht viel übrig als auszuharren und abzuwarten. Gab nicht einmal Toiletten und der einsetzende Regen machte das ganze nicht gerade angenehme. In einem Kiosk war aber die Versorgung mit Wasser und Getränken möglich. Vielfach baten Anwohner und viele andere darum doch bitte den Kessel verlassen zu dürfen. Selbst mit Platzverweisen, wurde dies nicht gestattet. Von den Polizeidurchsagen habe ich nicht gerade viel mitbekommen, da ich mich vorne direkt an der Kalker-Hauptstraße befand. Von einem "Köln-Kalk-Verbot" habe ich daher auch nichts mitbekommen.
Die Demonstraten innerhalb des Kessels fühlten sich zwar sprichwörtlich "angepisst" blieben aber insgesammt recht friedlich. Was bleibt einem auch groß übrig wenn man von ca. 100 Polizisten eingekesselt ist.
Die Situation änderte sich aber mehrfach, als Polizeigruppen in den Kessel eindrangen und auf die Demonstranten einschlugen. Leider ist es mir nicht möglich zu sagen aus welchen Gründen die Eingriffe enstanden. Sicher aber nicht, weil Leute versuchten auszubrechen oder gewaltsam die Polizisten angriffen. Ich selbst musste mehrfach miterleben, wie neben mir jemand mit einem Gumminknüppel geschlagen wurde. Als ich versuchte dazwischen zu gehen wurde ich selbst von einem Polizisten angegriffen. Hab mich noch nicht einmal gewehrt, angeblich hätte ich ihn im Vorfeld angegriffen, musste ich später bei meiner Festnahme vernehmen.
Diese Angriffe der Polizei wiederholten sich mehrfach. Wobei man Szenen mit ansehen musste oder selbst erleben durfte, die eher an einen schlechten Film erinnern als an einen Rechtsstaat. Ich habe als unbeteiligter Reiz-Gas schlucken dürfen habe mehrfach darum gebeten doch bitte den Kesselverlassen zu dürfen und wurde mehrfach von Polizisten köperlich angegangen.
Letztendlich blieb mir auch nichts anderes übrig, wie den meisten anderen auch, nach 4 Stunden warten im Regen meine Personalien abzugeben und dann die freudige Erfahrung treffen zu dürfen einer Anzeige wegen Körperverletzung.

Ob diese Aktion ein Erfolg war, meines erachtens sicherlich nicht. Mein Ziel als Anwohner in Kalk war es sicher nicht mich von der Polizei verschlagen zu lassen. Genau dies ist aber einem großteil der Personen innnerhalb des Kessels so ergangen. Von den Nazis wergen denen ich mich eigentlich an dieser Aktion beteiligte habe ich nicht einmal einen Fuß gesehen. Insgesammt betrachte ich diese ganze Aktion daher als Unsinnig und ich fand es auch nicht gerade gut, dass vielfach Glaflaschen gegen Polizisten geworfen wurden. Dies sollte sicherlich nicht der Sinn eines sinnenvoll gedachten Anti-Nazi-Demonstration sein.
Lobenswert allein, dass sich auch ein Teil der Kalker-Jugend an dieser Demonstration beteiligte. So ließ sich wenigstens Solidarität erkennen.

Werde morgen dann selbst Anzeige erstatten gegen die Polizeibrutalität und mal sehen was sich dort ergibt.

...und nach dem Kessel ab nach Brühl

Festgenommener 17.10.2004 - 21:12
Zu dem, was bereits alles ausgeführt worden ist, möchte ich denn auch nichts mehr weiter beifügen. Ich war auch im Kessel, und wollte als einer der letzten den Kessel verlassen. Als ich mich dann an den Durchgang begeben habe, kamen dann auf mich und zwei weitere Menschen eine Dreiergruppe Bullen zu und nahmen uns an die Seite. Wir wurden durchsucht, abgefilmt, Personalien usw. Es wurde uns vorgeworfen, dass wir angeblich Steine ausgebudelt hätten, und nur von Mitgliedern der "Bündnis 90/Grünen"-Partei davon abgehalten werden konnten, diese auch zu schmeissen. Diese haben angeblich auch Fotos davon gemacht und diese der Polizei zur Verfügung gestellt. Weiterhin hieß es dann noch, dass ich angeblich einen Gefangenen befreit hätte, indem ich gegen einen Polizisten mit "Händen und Füssen" vorgegangen wäre. Da ich als ausgebildeter Sanitäter auch Materialien zur ersten hilfe bei mir führte, wurde damit kommentiert, dass ich ja wohl mit einem gewalttätigem Verlauf gerechnet hätte. Wir wurden dann nach einigem hin und her in einen großen Gefangenenbus geführt (Diese umgebauten Reisebusse mit den Sehschlitzen) und in die Gesa nach Brühl gebracht. Dort wurden wir nochmals gefilmt, durchsucht, die Personalien und der Sachverhalt festgestellt und dann in eine dieser Boxen verbracht. Nachher wurden wir einzeln zur Vernehmung (welche sich bei allen nach einem kurzen ich sage nichts relativ kurz gestaltete) und zur ED- Behandlung abgeführt und verliessen dann nachher einzeln die GESA. Um ca. 20.15 Uhr wurden dann auch die letzten entlassen. Bleibt zu sagen, dass ich die Vorwürfe einfach nur unglaublich finde. Ich habe mich an keinerlei Gewalttätigkeit beteiligt und habe nicht mals Steine gesehen, die ich hätte ausgraben können. Abgesehen davon hätte ich es nicht gemacht, weil ich solche Aktionen für unsinnig und kontraproduktiv halte. Daher ist dieses schon einmal Quatsch (angeblicher "Landfriedensbruch). Auch an einer Gefangenenbefreiung, bei der mich angeblich ein BGS-Beamter in Zivil beobachtet haben will, habe ich mich nicht beteiligt. Anzumerken bleibt, dass die Behandlung in der Gesa, soweit man dieses als Kriterium nehmen kann, korrekt war. Ich wurde nicht übermässig hart behandelt, man konnte bei bedarf relativ zügig auf Toilette, und dass habe ich auch schon anders erlebt.

Als Fazit bleibt, dass es mal wieder die Kölner Polizei (mit all den willigen Vollstreckern aus den anderen Städten) geschafft hat, den Protest zu kriminalisieren.

P.S.: Wetten wir, dass trotz der ganzen Filmerei nachher mal wieder die Videobänder verschwunden sind, auf der die angeblichen Taten zu sehen sein müssten?

interviews

blahblah 18.10.2004 - 03:17
moin,

ich würde gerne interviews mit leuten aus köln machen die auch im kessel in kalk waren. nur nochmal die erlebnisse aus eurer sicht hoeren. wer dazu bereit waere: schreibt 'ne mail. danke. nix kommerzielles, ich studier film.

Fotos zur Demo

Fotograph 18.10.2004 - 03:53
Fotos gibt's hier:

 http://www.ezshare.de/files-de/31442/klein.rar.html

50 Bilder - 640x480 - ca. 3MB groß

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