München: Bericht vom SiKo-Wochenende

Con Action 09.02.2004 23:25 Themen: SiKo München
Das erste Februarwochenende hat wieder einmal bewiesen, dass öffentliche Kritik an der sogenannten NATO-"Sicherheitskonferenz in hohem Maße unerwünscht ist. Widerstand und Protest gegen diese Kriegskonferenz soll in München um jeden Preis und mit allen Mitteln unterbunden werden
Ein martialisches Aufgebot von 4000 Einsatzkräften aus dem gesamten Bundesgebiet, von Seiten der Polizeiführung bereits im Vorfeld der Konferenz als "Deeskalation durch Stärke" höhnisch angekündigt, verwandelte die Innenstadt der Bayernmetropole für das komplette Wochenende in ein Ausnahmezustandsgebiet. "Je näher man an den Bayerischen Hof kommt, desto mehr erinnert die Bewachung an einen südamerikanischen Polizeistaat", ist sogar in der SZ zu lesen.

Der Freitag:

Etwa 1500 Menschen kamen am Freitagnachmittag an den vier Kundgebungsorten - Lenbachplatz, Platz der Opfer des Nationalsozialismus, Odeonsplatz und Schrammer-/Theatinerstr. - zusammen, um die Anreise der Kriegstreiber zu stören. Vor allem am "Platz der Opfer des Nationalsozialismus" war die Situation von Anfang an geprägt von massiven Attacken der Polizei, bereits zu langsames Überqueren von Straßen wurde als "Blockadeversuch" gewertet und mit Einkesselungen und Festnahmen beantwortet. Zum Teil vermummte Spezialeinheiten sowie Greiftrupps in Zivil griffen immer wieder willkürlich und mit brutalen Mitteln Einzelne aus der Kundgebung raus. Belegt sind zwei Fälle von erheblich verletzen Demonstranten, einer wurde bewusstlos geschlagen und über den Platz geschleift, eine ärztliche Versorgung wurde erst nach ca. 30 Minuten zugelassen. Im zweiten Fall musste ein Demonstrant, vermutlich nach Tonfas-Einsatz, mit einem Leberriss ins Krankenhaus eingeliefert werden. Darüber hinaus wurde einem Journalisten aus einem Polizeifahrzeug heraus mit Pfefferspray ins Gesicht gesprüht. Einige Fotographen wurden offenbar gezwungen, ihr Bildmaterial von Polizeiübergriffen zu löschen.

Kurzzeitig gelang es einer größeren Gruppe DemonstrantInnen den Verkehr zu blockieren und einen Konvoi mit TeilnehmerInnen der Konferenz an der Durchfahrt zu hindern. Die Polizeikräfte waren jedoch derart massiv präsent, so dass die Blockade ziemlich bald abgeräumt war. Rund um den Platz wurden daraufhin etwa 80-100 Leute in drei Polizeikesseln eingeschlossen, immer wieder wurden die Leute in den Kesseln mit Tonfas, Schlägen, Fußtritten und Pfefferspray malträtiert, Frauen wurden zudem mit übelsten sexistischen Sprüchen angemacht. Sämtliche BlockiererInnen und auch Leute, die dort lediglich rum standen durften anschließend die "gesiebte Luft" in der Ettstraße genießen. Insgesamt wurden am Freitag laut Ermittlungsausschuss (EA) über 200 Menschen vorübergehend festgenommen, der Polizeibericht spricht von insgesamt 147 Personen in Gewahrsam und 28 Festnahmen.

Durch das massive und äußerst brutale Vorgehen der Einsatzkräfte war es definitiv unmöglich die angemeldeten Versammlungen unter regulären Bedingungen durchzuführen. Schon vor Beginn der Kundgebungen wurde jede/r als DemonstrantIn erkennbare Mensch systematisch mit Kameras abgefilmt. Der Lenbachplatz war komplett eingegittert, KonferenzgegnerInnen durften erst nach Taschen- und Personalienkontrolle den "Polizeikäfig" betreten. Am "Platz der Opfer des Nationalsozialismus" konnte die Kundgebung nur unter extremen Schwierigkeiten abgehalten werden, da einzelne Einsatztrupps immer wieder bis vor die Bühne stürmten. Der Platz selber war von Hunderten bis an die Zähne bewaffneten Polizisten umzingelt, speziell das bayerische USK machte seinem negativen Ruf einer besonders üblen "Schlägertruppe" wieder mal alle Ehre. Selbst vor den "Promis" wurde nicht Halt gemacht, Tobias Pflüger, von der Informationsstelle Militarisierung in Tübingen, wurde nach seiner Rede vom Lautsprecherwagen gezerrt und festgenommen. Dabei wurde ihm der Hals verdreht und verletzt. Grund soll, wie schon im letzten Jahr, der Inhalt seiner Rede gewesen sein. Auch die geplante Menschenkette wurde stark behindert, Einzelpersonen wurden von Polizei mit und ohne Uniform herausgegriffen und es wurde Pfefferspray eingesetzt, deshalb war sie letztendlich auch nicht durchführbar.

Zu einem Zwischenfall kam es auch unter den Sicherheitskräften. Im Tagungshotel "Bayerischer Hof" löste sich aus bislang unbekannten Gründen um 13.10 Uhr aus der Waffe eines französischen Personenschützers ein Schuss. Das Projektil schlug im Marmorboden eines Seitenflures ein. Mehrere umstehende Personen wurden von Marmor-Splittern getroffen, darunter drei Journalisten und ein Angehöriger der Bundeswehr. Vier Polizeibeamte erlitten ein Knalltrauma. Die Kriminalpolizei ermittelt jetzt!

Einigen Dutzend KriegsgegnerInnen gelang es am späteren Abend noch, US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld beim Abendessen mit hochrangigen NATO-Generälen im Nobelrestaurant "Feinkost Käfer", in der Prinzregentenstraße, mit ihrem Protest zu konfrontieren. Während einige direkt ins Restaurant liefen und Parolen riefen, setzten sich andere in den Eingangsbereich bzw. waren vor dem Nobelschuppen lautstark präsent. Nach kurzer Zeit wimmelte es jedoch nur so von Polizei, die unverzüglich Jagd auf die ungebetenen Gäste machte und schließlich rund 30 Leute einkesselte und für etliche Stunden in Unterbindungsgewahrsam steckte.

Der Samstag:

Nach der Auftaktkundgebung auf dem Marienplatz formierten sich etwa sieben bis zehntausend Menschen zu einem Demonstrationszug. Die Auflagen beinhalteten, dass Seitentransparente verboten sind, solange ihre Unterkante nicht mindestens 2 Meter über dem Boden verläuft. Der Sinn dieser Auflage war klar, die Bullen wollten die Möglichkeit behalten, in die Demonstration
hineinzukommen und wollten freie Sicht zum photographieren. Letztes Jahr hatten sie diese Auflagen vergessen und sahen sich mit einem vollkommen geschlossenen internationalistischen Block konfrontiert, der sich mit Seitentransparenten und Seilen gegen Zugriffe abgesichert hatte.

Mehrfach wurde auch dieses Jahr versucht, Seitentransparente am internationalistischen Block anzubringen. Es blieb aber beim Versuch, denn jedesmal griffen die "Robocops" den Block sofort an und entrissen die verbotenen Kundgebungsmittel mit brachialer Gewalt. Dabei kam es immer wieder zu kleineren Scharmützeln zwischen der Blockspitze und dem USK. Bereits im Tal kam es zur ersten und heftigsten Auseinandersetzung, mit Fußtritten und gezielten Schlägen wurde versucht die ersten beiden Reihen zu zermürben und den Leuten Verletzungen zuzufügen. Als dann der Befehl "Helm auf" kam, drohte die Situation zu eskalieren. Das besonnene Verhalten im Block, unzählige PhotographInnen, die sich im Gewühle tümmelten und einzelne FriedensfreundInnen, die sich beherzt zwischen die "Fronten" warfen, sorgten jedoch dafür, dass sich die Situation wieder entspannte und die Bullen sich zurückzogen.

Der ganze vordere Teil der Demo lief von Beginn bis Ende in einem dichten Spalier (bis zu 3 Reihen auf jeder Seite), eine Art Wanderkessel. Trotz mehrfacher Versuche, durch Stehenbleiben, Haut-ab-Rufen oder Verhandlungen war dieser Zustand nicht zu beseitigen. Während der gesamten Demonstration wurde verhindert, dass sich einzelne TeilnehmerInnen aus dem Zug entfernten, der Charakter eines Kessels wurde dadurch nicht nur optisch bestätigt. Immer wieder wurden Personen aus völlig unersichtlichen Gründen aus der Demo abgegriffen. Nähe Viktualienmarkt war noch eine lustige Aktion nicht nur zu sehen, sondern auch zu riechen, ein offensichtlich verloren gegangener Bullenhelm ging plötzlich in Flammen auf (Kommentar eines Cops: "da brennt die Dummheit eines Kollegen").

Trotz der Tatsache, dass der Lautsprecherwagen aufgrund technischer Pannen die meiste Zeit ruhig war, war es eine laute und nicht zu überhörende Demo. Nach fast drei Stunden war dann schließlich der Platz der Abschlusskundgebung in unmittelbarer Nähe des Tagungsortes der
"Sicherheitskonferenz" erreicht. Dort war bereits ein riesiger Kessel mit Absperrgittern aufgebaut, um zu verhindern, dass einzelne Gruppen sich dem Tagungsort noch weiter nähern. Anfängliche Gerüchte, es käme jetzt keiner mehr von dem Platz weg, erwiesen sich jedoch als unbegründet.

Nach Abschluss der Kundgebung versuchten einige TeilnehmerInnen noch zum Polizeipräsidium in der Ettstraße vorzudringen, um die dort einsitzenden Festgenommenen zu unterstützen. Die Ettstraße war aber komplett abgeriegelt und es kam auch hier nochmal zu einigen Festnahmen. Gruppen abziehender DemonstrantInnen wurden von Greiftrupps quer durch die Innenstadt gehetzt, zum Teil eingekesselt und verhaftet. Den ganzen Nachmittag über bis in den frühen Abend hinein versuchte die Einsatzleitung mit Hubschraubern einzelne TeilnehmerInnen der Demo zu identifizieren und im Stadtgebiet noch festnehmen zu lassen. Ein Mensch, der bereits heftig heftig blutete, wurde z.B. von den Bullen äußerst unsanft aus dem Kaufhof geschleift.

Am Samstag Abend fanden dann noch in Gebäuden in Giesing und im Westend zwei Scheinbesetzungen statt, die eindeutig Position gegen die "Sicherheitskonferenz" bezogen. Sachschaden entstand dann noch in der Nacht zum Sonntag als Unbekannte am Stiglmaierplatz etwa zehn Schaufensterscheiben entglasten, für die Bullen war jedoch sofort klar, dass es sich bei dieser Aktion nur um auswärtige Autonome handeln konnte.

Insgesamt kam es am Samstag zu ca. 60 Festnahmen, laut EA sind an diesem Wochenende fast 300 Leute eingefahren. Im Polizeibericht ist die Rede von 74 Festnahmen, 177 Gewahrsamnahmen und 8 Identitätsfeststellungen.

Dem EA liegen Berichte vor, nach denen in den Zellen des Polizeipräsidiums erkrankte und verletzte Festgenommene die medizinische Versorgung verweigert wurde. Gefangene bekamen stundenlang kein Essen oder ausreichende Decken in der Nacht. Ein Gefangener wurde in Polizeigewahrsam von mehreren Polizisten körperlich misshandelt. Er wurde eine Treppe herunter gestoßen und getreten, u.a. in die Genitalien. Gegen den in Österreich lebenden türkischen Staatsangehörigen wurde später vom Ermittlungsrichter wegen Fluchtgefahr Untersuchungshaft verhängt. Dies wird begründet mit der österreichischen Meldeadresse des Beschuldigten. Alle anderen Verhafteten jedoch sind mittlerweile wieder auf freien Fuß gesetzt, auch Betroffene aus anderen Ländern.

Am Donnerstag, 12.02.04, soll es eine Soliaktion für diesen Genossen geben!

Eine Einschätzung und politische Auswertung des Wochenendes steht noch aus, dafür brauchen wir noch den Raum für eine gemeinsame Auseinandersetzung, fürs erste nur soviel: Der Zynismus des bayerischen Innenministers Beckstein, der die "professionelle Arbeit" der Polizei am Wochenende in seiner Pressemitteilung rühmt, ist nicht zu überbieten. Wer die Brutalität der Einsatzkräfte, die sich willkürlich durch das Wochenende prügelten, als professionelle Arbeit tituliert, der macht offen welch Geistes Kind er ist. Die sogenannte "Bayerische Linie" würde sogar jeglichem Polizeistaat alle Ehre machen.
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Ergänzungen

falsch

  10.02.2004 - 03:54
"Nach Abschluss der Kundgebung versuchten einige TeilnehmerInnen noch zum Polizeipräsidium in der Ettstraße vorzudringen, um die dort einsitzenden Festgenommenen zu unterstützen."

leider nicht! da waren wir zu 5en gestanden. dort habe ich auch keine übergriffe beobachtet.

@  + Ergänzung

m. 10.02.2004 - 07:47
Vielleicht meinst du den Freitag!? Am Samstag war die Ettstraße nach der Kundgebung jedenfalls von mindestens zwei Reihen Bullen samt Gittern usw. abgesperrt. Außerdem wurde der Marienplatz abgeriegelt (warum auch immer), und Gruppen Behelmter strömten von Richtung Stachus herbei.

Ergänzung zum Artikel: Es gibt Berichte nach denen Bullen am Freitag mit allen Mitteln provoziert haben, um die Lage eskalieren zu lassen. Mir haben mehrere Anwesende (unabhängig voneinander)von einem Fall berichtet in dem ein Polizist einem Mädchen mehrfach an die Brüste griff. Ich selbst habe beobachtet wie kleine Gruppen von Bullen in Kampfmontur die scheinbar wirr umherrannten (in die Demonstranten rein, wieder raus...) gezielt Leute anrempelten. Zudem wurde auch selbst für Münchener Verhältnisse sehr viel beleidigt. Jetzt ist halt die Frage, ob die Bullen aufgrund einer Propagandaüberdosis, oder aufgrund einer Taktik (also geplant) so gehandelt haben.

klärung

egal 10.02.2004 - 10:28
es ist richtig, die ettstrasse war abgesperrt - nicht die ganze zeit - aber akzeptiert.
auch am stachus waren absperrgitter(die die cops auf und ab bauten - so nach motto arbeitsbeschaffung) und so weiter.
da war aber noch etwas entscheidendes: ein hubschrauber mit einem suchscheinwerfer.
leute, nachdenken: wenn die leute an einer bestimmte stelle erwarten oder diese sich an einer bestimmten stelle treffen, dann kommen die nicht mit einem hubschrauber. mit einem hubschrauber suchen die die strassen ab, wenn sie jemanden suchen, und nicht genau wissen, wo der ist oder wenn sie jemanden jagen wollen! das heisst: entweder wollten die jemanden bestimmten oder sie haben einfach die stadt nach linken abgesucht(ich denke letzteres).

ja, es kamen mehrere hundertschaften angelaufen. witzigerweise blieb keine vor der ettstraße, sondern die liefen an den fünf( lass es 10 gewesen sein) leuten, die dort waren vorbei.
eine lief zwar über mich drüber, aber dass war nur so eine provo nebenbei.

die erste hndertschaft, die ich ankam, lief an der ett vorbei, die fußgängerzone entlang und bog dann rechts richtung sz/sendlinger tor ab. in ihrem schlepptau eine ganze reihe leute, die dieser hundertschaft wohl gefolgt waren. ich fragte einige umstehende, alle meinten das gleiche: "herdentrieb". so war das auch bei den weiteren trupps die angehetzt kamen(teilweise aus der ett heraus). sie liefen die fuzo entlang, immer leute im schlepptau.

ich bin dann auch zum marienplatz(langsam - ich hatte etwas knieschmerzen zwecks der provo-hundertschaft). dort war sehr viel polizei. sehr viele zivis. dortige einschätzung von zivis: "die sind überall verstreut". in der mitte ein paar kleingruppen, teilweise an fahnen als linke erkennbar.
allerdings war kein kessel zu sehen. es waren zu dem zeitpunkt auch gerade keine festnahmen zu beobachten, nur säbelrasseln der polizeikräfte. bedrohlich und gewaltstrotzend standen sie in gruppen in der fuzo.

auch das marienplatzuntergeschoß und der s-bahn tunnel waren voll mit polizei(bgs). also auch hier der eindruck: die waren auf der jagt nach linken.

ich bin nochmal zur ettstrasse und zurück. vor der ett hatten sich wenige leute angesammelt, die dort auch bleiben konnten. am marienplatz war immer noch alles voller polizei.
dann bin ich nach hause(sorry, aber mein knie ...).

insgesammt ist m.e. der einschätzung zu widersprechen, dass die polizei aufgrund eines beherzten versuches einiger zur ett zu gelangen, eingeschritten ist. vielmehr stellt sich mir die situation so dar, daß die polizei einfach linke einzuschüchtern und zu demotiveren suchte.

es ist ein fehler davon auszugehen, dass es irgendetwas verwerfliches oder absonderliches sei, vor die ettstrasse zu gehen. es ist weiter absurd, den wunsch auf freunde und bekannte zu warten, als grund für polizeiübergriffe zu akzeptieren. das kann nicht sein.

es kann nicht sein, dass wir solchen unsinn übernehmen:"weil leute vor die ettstrasse wollten, sperrte die polzei die fuzo ab". warum nicht gleich: "das atmen einiger leute, hat zu polizeiübergriffen geführt"?

wenn das aufhalten in der fuzo verboten sein soll, dann müssen sie diese absperren. das war nicht der fall. also war der grund für die festnahmen nicht, dass sich menschen in der fuzo befanden! gründe für die festnahmen war einfach:

1. verfolgung von linken durch die polizei, aufgrund von äusserlichkeiten
2. gewaltbereitschaft auf seiten der polizei
3. eine masse die dabei einfach zuschaut oder wegschaut.

nein, sehr viele leute waren in der fussgängerzone. das aufhalten in dieser ist nicht verboten gewesen und das hat nicht zu festnahmen geführt! es war einfach nur verfolgung von linken und sonst nichts. diese wurden festgenommen, misshandelt und über den boden geschleift. eine ungeheuerlichkeit sondersgleichen!

gerade die vermutung, dass polizeiübergriffen dadurch zu begegnen wären nicht mehr zu protestieren, ist grundsätzlich falsch. das gegenteil ist richtig: je mehr leute zusammenkommen, desto weniger leicht hat es die polizei mit ihren übergriffen.
alleine machen sie dich ein. das ist doch nichts neues.

wir sehen uns auf der strasse! es gibt keine linkenbefreite fuzo!

Statement der Münchner Polizei

Jens Viering 10.02.2004 - 12:09
Vorläufige Bilanz der 40. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik (Freitag)
- Münchner Polizei führt 175 freiheitsentziehende Maßnahmen durch
Die Kundgebungen, die am Freitag, 06.02.2004, von 16.00 bis 20.00 Uhr, in der Münchner Innenstadt statt fanden, blieben von den Teilnehmerzahlen deutlich unter den Erwartungen der Veranstalter. Zum Lenbachplatz, wo eine Kundgebung des Münchner Friedensbündnisses durchgeführt wurde, kamen etwa 150 Teilnehmer. Am Platz der Opfer des Nationalsozialismus zählte die Polizei zunächst ca. 200 Teilnehmer.
Die Veranstaltungen verliefen anfänglich weitgehend störungsfrei. Gegen 17.00 Uhr versuchten aber ca. 50 Personen mehrfach die Fahrbahn am Platz der Opfer des Nationalsozialismus durch Blockaden zu sperren. Auch später am Maximiliansplatz, wo sich zahlreiche Teilnehmer der insgesamt sieben verschiedenen Kundgebungen konzentrierten und auf etwa 400 bis 500 Personen angewachsen waren, kam es mehrfach zu Blockaden. Die Polizei löste die Störungen auf und nahm im Zuge der verschiedenen Blockadeaktionen insgesamt 147 Personen in Gewahrsam. Trotz dieser Aktionen blieben die Anfahrten der Konferenzteilnehmer im Zeitplan. Gegen 20.30 Uhr hatten sich die Demonstrationen aufgelöst.
Zusätzlich wurden 28 Personen festgenommen, u.a. wegen Beleidigung, Vergehen gegen das Versammlungs- und Waffengesetz, gefährlicher Körperverletzung oder Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Zwei Polizeibeamte wurden von Straftätern mit Pfefferspray attackiert und verletzt. Darüber hinaus wurden durch geöffnete Fenster in Einsatzfahrzeuge mit Pfefferspray gesprüht.

40. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik - Abschlussbilanz der Münchner Polizei (Samstag)
Die Konferenz im Bayerischen Hof wird in den nächsten Stunden beendet sein, ebenso der polizeiliche Großeinsatz. Die Ziele unseres Einsatzes wurden in jedem Fall erreicht.
Die 40. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik verlief ungestört, wenn man den Schusslöser eines französischen Personenschutzbeamten unberücksichtigt lässt.
Die Stadt blieb von größeren Schäden verschont.
Dazu muss ich aber einen Wermutstropfen stellen; heute Nacht wurden in der Nähe Stiglmaierplatz eine Schaufensterscheibe eingeschlagen und weitere beschädigt. Wie wir vorhin in Erfahrung gebracht haben, hatten in der Nachbarschaft Autonome Nachtquartier bezogen. Ein Nachbar hatte Splittergeräusche gehört, aus dem Fenster geschaut, drei Männer mit einer Eisenstange weglaufen gesehen und sich dann wieder schlafen gelegt.
Die zahlreichen Gegenveranstaltungen konnten alle durchgeführt werden; die allermeisten verliefen völlig störungsfrei.
Die Münchner Polizei lag mit ihren Prognosen richtig, sowohl was die vielen friedlichen und die in Relation dazu eher wenigen unfriedlichen Demonstra-tionsteilnehmer angeht als auch mit den nicht legalen Protesten. So war die Polizei, wie vorausgesagt, am Freitagabend mit zahlreichen Aktionen beschäftigt, bei denen Gewaltbereite versuchten, die Anfahrten der Konferenzteilnehmer zu blockieren.
Ein weiteres Mal hat sich bestätigt, dass die einschlägige Münchner Demo-Szene vom Grundgesetz vorgegebene Spielregeln meist beachtet. Ein nicht unerheblicher Teil der reisenden Zunft musste dagegen durch polizeiliche Maßnahmen „beeindruckt" werden. Das haben wir, sehr nachhaltig, durch permanente – mit anderen Augen betrachtet, sicherlich als hinderlich empfundene – Präsenz und schnelle, konsequente Reaktion erreicht.
Das Prinzip der „Deeskalation durch Stärke" hat einer weiteren Bewährungsprobe am Samstag beim Aufzug des „Aktionsbündnis gegen die Nato-Kriegskonferenz" Stand gehalten. Mehrfach versuchten Angehörige der autonomen gewaltbereiten Szene den Zugweg zu verlassen. Nur durch ein starkes Polizeiaufgebot und eine hautnahe Begleitung konnten größere Störungen verhindert werden; vereinzelt kam es zu Flaschenwürfen aus der Menge heraus auf die Polizei.
Damit ist schon vorgegeben, dass eine weitere Prognose der Polizei vom Donnerstag, nämlich trotz aller präventiven Anstrengungen wird auch diesmal auf freiheitsentziehende/-beschränkende Maßnahmen nicht verzichtet werden können, Realität wurde.
Dazu hatte sich in den Reihen der Gewaltbereiten zu viel Entschlossenheit manifestiert, das Motto „no pasaran" (Sie werden nicht durchkommen) nicht als bloße symbolische Aussage zu verstehen.
In Zahlen ausgedrückt heißt das für den Gesamteinsatz:
74 Festnahmen,
177 Gewahrsamnahmen
8 Identitätsfeststellungen
Alle 259 freiheitsentziehenden Maßnahmen wurden bis auf eine aufgehoben. Gegen einen 24-jährigen Türken wurde Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz erlassen. Er hatte am Freitag während der beabsichtigten Blockade am Platz der Opfer des Nationalsozialismus versucht, einen Beamten mit einer Fahnenstange anzugreifen.
Mein Dank gilt den Einsatzkräften, die alle engagiert und erfolgreich ihren Mann und ihre Frau gestanden haben. Etwa die Hälfte kam aus anderen Bundesländern. Ich wünsche allen Einsatzkräften eine gute Heimreise.
Ein weiteres Dankeschön geht an die vielen Münchner Bürger, die ihr Demonstrationsrecht absolut friedlich wahrgenommen haben und auch an die, die mit Gelassenheit die intensiven, aber notwendigen Absperrmaßnahmen mit allen nachteiligen Folgen im Straßenverkehr erduldet haben.

Jens Viering
Polizeivizepräsident

Aktionen zur Siko...

Ugly 10.02.2004 - 12:16

unglaublich

kai 10.02.2004 - 13:50
ich empfinde diese pressemitteilung unglaublich,
zu freitag:
persönlich kann ich sagen, dass ich an keiner blockade teilgenommen habe, dennoch den ganzen nachmittag von polizeikräften an der teilnahme an den protesten gehindert wurde. wie es mir schien, ging das nicht nur mir alleine so. bei mir entstand der eindruck, dass die polizei hier willkürlich vorgegangen ist. eine frau, die mit mir festgehalten wurde konnte stundenlang nicht auf die toilette, obwohl die polizei dazu mehrmals und deutlich aufgefordert wurde. lange zeit hatten wir überhaupt keine ernstnehmbare information, warum wir festgehalten wurden, bis uns sehr spät mitgeteilt wurde, wir hätten angeblich an einer sitzblockade teilgenommen. ich habe so eine blockade noch nicht einmal aus der entfernung gesehen.

das schlimmste war für mich nicht die freiheitsentziehung, die für sich schon unglaublich ist, zumal mit der zunächst einzigen begründung zur falschen zeit am falschen ort gewesen zu sein. das schlimmste war, dass ich daran gehindert wurde, vom recht auf versammlungsfreiheit gebrauch zu machen. bei einer meines wissens angemeldeten und genemigten veranstaltung.

damit scheint mir die behauptung der polizei, dass die veranstaltungen durchgeführt werden konnten als falsch. nach meiner information war es nicht nur mir verwehrt, an den protesten teilzunehmen, sondern die menschenkette gänzlich unterbunden worden.

ich empfinde es eine ungeheuerlichkeit von einer versammlungsfreiheit zu reden, wenn diese nicht frei zugänglich ist. das musste ich, wie am freitag auch am samstag wieder erleben und finde das auch noch in der pressemitteilung der polizei bestätigt.
das verlassen der veranstaltung muss mir möglich sein. es ist unglaublich, es als vergehen gewerted zu sehen, wenn leute auf die toilette gehen wollen oder einfach nur irgendwann die demo verlassen wollen - aus welchen gründen auch immer. ich will wegen der teilnahme an einer solchen veranstaltung nicht wie ein gefangener behandelt werden, der diese nicht frei verlassen kann.


ebenso finde ich es unglaublich, dass leute um an der veranstaltung teilnehmen zu können, sich durch eine wand von polizei durcharbeiten müssen. mehr als fünf reihen dicht geschlossene polizeikräfte, mit einer ausrüstung, die an soldaten erinnert, waren an den rändern der demonstration zu sehen. da kann niemand behaupten, dass die versammlung den menschen zugänglich war.

insbesondere, dass die polizei das verlassen der veranstaltung, scheinbar als störung ansieht ist mir unbegreiflich.

auch die situation auf der demonstration war teilweise unerträglich. die polizei war tatsächlich mehr als hautnah, was dazu führte, das menschen an in der srasse befindlichen verkehrsschildern hängen blieben. es führte zu gedränge und geschubse, das kaum ertragbar war. gerade an strassenverängungen stiess die polizei von der seite in die demonstration hinein und versuchte die leute zusammenzuträngen. wohlgemerkt auf einer angemeldeten demonstration, ohne grund und auf der strasse. es ist unfassbar, bei der ausübung eines der meines erachtens wichtigsten grundrechte, so behandelt zu werden.

ich will nicht geschubst werden. ich will nicht bedrängt werden. ich will mich frei von und zu so einer veranstaltung bewegen können. ich will mich frei innerhalb einer solchen veranstaltung bewegen können. ich will nicht wie vieh behandelt werden, dass herumgetrieben und zusammengepfercht wird. ich will auch nicht hautnah von polizisten begleitet werden. es ist unglaublich, dass so etwas auch noch als normal angesehen und vertreten wird.

ich habe den kriegsdienst aus gewissensgründen verweigert und weiss auch warum. meine gründe wurden anerkannt. sog. verteidigungskriege im ausland waren ein grund. der gewissenskonflikt verwandte, bekannte oder freunde im ausland töten zu müssen oder an deren tötung indirekt beteiligt zu sein war einer, der mir wichtigsten gründe. ich will meinen unmut darüber ausdruck verleihen, dass leute sich in münchen treffen, die kriege führen, möglicherweise auch kriege, in denen freunde, bekannte oder verwandte von mir ums leben kommen oder es sein könnten. das diese über gedeih und verderb anderer beschliessen. das ist nichts verwerfliches. das ist angesichts der geschichte deutschlands mehr als nur vertretbar. das will ich frei und ungehindert durch die polizei tun können. das ist auch geschichtlich notewendig und geboten.

nochmal: es ist unfassbar, was in dieser pressemitteilung steht.