Göttingen: Rechte Verbindungen Kappen!

Autonome Antifa [M] 28.07.2003 17:39
Von der „lodernden Flamme“ zum echten Feuer
Am Rande des Ringfestes am 20.07.2003 um 6.10h drangen die beiden bekannten Lokal- und Hochschulpolitiker der FDP/LHG Moritz Strate und Nicolo Martin in den Keller eines Hauses im Kreuzbergring ein, in dem eine Ausstellung zur mehrmonatigen Besetzung des BG-Geschichte-Raumes im AStA zu sehen war. Als sie von einer in den Räumlichkeiten übernachtenden Person entdeckt wurden, suchten sie schnell das Weite. Der Zeuge bemerkte sogleich, dass unmittelbar vorher Teile der Ausstellung angezündet worden waren. Die Ausstellung thematisierte vor allem auch die Rolle der beiden FDP-Politiker als maßgebliche Akteure gegen die BG-RaumbesetzerInnen und linke Uni-Strukturen im Allgemeinen. Nächtliches Zündeln in einem Wohnhaus hat immer ein tödliches Potential und stellt eine neue Qualität in den Angriffen auf linke Strukturen in Göttingen dar.
Dieser Angriff reiht sich ein in die verstärkten Versuche von öffentlichen Auftritten und Provokationen seitens rechter Verbindungsstudenten und Burschenschaftern.

So war jener 23jährige Moritz Srate, Mitglied des katholischen Studentenvereins Winfridia Göttingen und dort im Vorstand als Quästor tätig, beim letzten Uni-Wahlkampf als Spitzenkandidat der Freiheitlich Demokratischen Liste (FDL) aufgetreten. Mit dieser rechten Abspaltung der Liberalen Hochschulgruppe (LHG) sollte auf Stimmenfang in dem äußerst rechten Rand des studentischen Spektrums wie z.B. den Burschenschaftern gegangen werden. Als Symbol benutzt die FDL eine lodernde Flamme, die bereits der neofaschistischen „Nationalen Sammlung“ als Parteizeichen diente und von der französischen neofaschistischen Partei Front National verwendet wird. Da das Symbol ebenso wie die neofaschistische „Nationale Sammlung“ in der BRD seit 1989 verboten ist, ermittelte Anfang des Jahres die Göttinger Staatsanwaltschaft gegen Moritz Strate wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
In ihrem Programm betonte die FDL ihren „Glauben an Werte und Traditionen, die eine starke Gemeinschaft begründen“. Bei einem derartigen Hang zur „deutschen Volksgemeinschaft“ verwundert es nicht, dass der Vorschlagskatalog der FDL vor allem von einem geprägt ist: dem Hass auf alles, das nicht ihrer Vorstellung vom „charakterfesten deutschen Studenten“ entspricht: „Ausländisches Studierendenparlament abschaffen!“. „Keine AStA-Deutschkurse für Nicht-Studenten“, „Abschaffung der Schwulen- Lesbenreferate!“ lauten die „Säuberungs“forderungen. Und da die deutsche Volksgemeinschaft schon immer am besten nach unten treten konnte, wurden gleich „alkoholisierte Herumtreiber und Bettler“ als größtes „Problem“ auf dem Campus präsentiert. Dringend erforderlich seien daher „Schutz durch private Sicherheitsdienste und Videoüberwachung“. Hier trifft sich der Rassismus und Chauvinismus der Göttinger Liberalen ganz unverblümt mit der handfesteren Stiefel-Variante offener Neofaschisten, die nur allzu gern die „Säuberungen“ umsetzen wollen. Erst im April beendeten antifaschistische Proteste, dass sich die Uni-Verwaltung von dem bekannten Göttinger Neonazi und Ex-NPD-Kreisvorsitzenden Daniel Hubert als Wachmann die Aula am Wilhelmsplatz „sauber“ halten ließ.
Auch fiel Moritz Strate häufig als Fotograf von Linken auf diversen Göttinger Demos und Aktionen auf. In der LHG-Postille „Azzurro“ zeichnete er als Redakteur zumeist verantwortlich für diffamierende Artikel über linke Universitätsgruppen.

Im Göttinger Studierendenparlament war es ein offenes Geheimnis, dass die FDL-„Abspaltung“ von der Liberalen Hochschulgruppe nichts anderes war als der strategische Versuch im rechtsextremen Göttinger Burschispektrum Stimmen zu sammeln, eine spätere Wiedervereinigung mit der LHG fest im Blick. Von Beginn an war dies „Chefsache“ des 28jährigen Göttinger FDP-Kreisvorsitzenden Nicolo Martin, der entsprechend an Programm und Layout feilte und per Brief die Göttinger Verbindungen und Burschenschaften umwarb. Er studiert Wirtschaftspädagogik und Germanistik und ist Mitglied der nationalistisch-konservativen Burschenschaft „Lunaburgia“. In der Öffentlichkeit rechnete er sich selbst immer wieder dem sogenannten „Möllemann“-Flügel der FDP zu, der auch nach dem tiefen Fall seiner Gallionsfigur versucht, mit kaum kaschiertem Antisemitismus und Rassismus den Weg aus der politischen Mickrigkeit zu finden. Entsprechend forciert auch Nicolo Martin seinen Rechtspopulismus Marke Haider und versucht sich im rechtskonservativen bis rechtsextremen Millieu anzubiedern. Und so wendet er sich ganz plump gegen eine „ungesteuerte Zuwanderung“, will das Arbeitslosengeld begrenzen und den Kündigungsschutz abbauen. Seine Forderung „gegen eine Entkriminalisierung von Bagatelldelikten“ stammt gleichwohl noch aus einer Zeit bevor gegen ihn als Einbrecher und verhinderter Brandstifter ermittelt wurde.
Schon im März dieses Jahres fiel er dadurch auf, dass er am Rande einer linken Party provozierte und sein Begleiter Torsten Scharf, ehemaliger AStA-Vorsitzender und ADF-Mitglied, den Hitlergruß zeigte. Eine Distanzierung lehnte Nicolo Martin mit den Worten „Nur weil ich für den Bundestag kandidiert habe, heißt das noch lange nicht, dass ich ein Demokrat bin“ ab. In der folgenden Erklärung im Studierendenparlament war mal wieder alles ein großes Missverständnis. Er hätte das ganz anders gemeint. Seltsam in was Nicolo Martin immer „so herein gerät“, jetzt sogar zu nächtlicher Stunde in fremde Keller.

Allgemein verstärken auch andere Verbindungs-Studenten in letzter Zeit ihre Provokationen, ob bei linken Veranstaltungen oder nächtlichen Fackelzügen durch die Innenstadt, wie am Abend der Sommersonnenwendfeier, dem 21.Juni 2003.
Es geht uns nicht um das bloße Anprangern etwaiger Strates oder Martins, denn sie sind in ihrer Person lediglich Platzhalter für eine politisch-ideologische Denkform, die der Kapitalismus zwangsläufig produziert, im rechten FDP-Flügel zumeist verbunden mit kaum verhohlenem Antisemitismus. Parallel zu den extrem Rechten geht die Uni-Verwaltung um ihren Präsidenten Horst Kern im Zuge der Umwandlung der Hochschule in eine Stiftungsuni gezielt gegen linke Räume vor. So wurde im April der BG-Raum im AStA nach mehrmonatiger Besetzung durch ein großes Polizeiaufgebot geräumt und soll in der Zukunft das selbstverwaltete Cafè Kollabs im Oeconomikum geschlossen werden. Dieses findet sein städtisches Äquivalent in Danielowskis Innenstadtsäuberungen, wo der Bogen von Müll über wildes Plakatieren bis zu „bestimmten Personengruppen“ gespannt wird, die gleichzeitig die beschriebenen Aktivitäten der Rechten anheizen.
Diese Politik des Sauberkeitsfetischisten Danielowskis, des neoliberalen Kern und der Möllemann-Fans Martin und Strate verschärft den rechten Vormarsch auch in Göttingen.

Was tun? Was tun!
Gegen diese Entwicklung ist antifaschistischer Selbstschutz ebenso notwendig wie verstärkt Licht in die Grauzone von FDP-Politikern und rechtsextremen Verbindungsstudenten zu werfen.
Bereits in der Nacht auf Donnerstag, den 24.Juli 2003, dem 28.Geburtstag Nicolo Martins, statteten einige vermummte AntifaschistInnen dem Verbindungshaus der Winfridia Göttingen im Otto-Wallach-Weg mit Silvester-Knallkern und Steinen einen Besuch ab. So knallig derartige Geburtstagsgeschenke sind, dem rechten Vormarsch ist vor allem ein breiterer Widerstand entgegenzusetzen. im Rahmen einer antifaschistischen Stadtrundfahrt sollen am 30.Juli per Fahrrad verschiedene Stationen aufgesucht werden.

Das Büro der FDP in der Wilhlem-Weber-Straße 4.
Nicolo Martin ist Göttinger Kreisvorsitzender der FDP. Moritz Strate ist Vorstandsmitglied der Jungliberalen. Trotz der schweren juristischen und politischen Vorwürfe gegen ihre Funktionäre hat sich die Partei bisher nicht zu den Vorfällen geäußert, Martin tritt sogar weiter öffentlich auf.

Das Haus der rechten Studentenverbindung „Lunaburgia“ in der Leonard-Nelson-Straße 23
ist der ehemalige Wohnsitz von Nicolo Martin. Heute ist er hier passives Mitglied, ebenso wie weitere FDPler.

Das Haus der rechten Studentenverbindung „Winfridia“ im Otto-Wallach-Weg 12 ist der Wohnsitz von Moritz Strate. Neben seiner Funktion bei den Jungliberalen, war Strate auch Spitzenkandidat der rechtsextremen Uniliste „FDL“. Die Jungliberalen nutzen das Haus für Veranstaltungen.

Die Abschlussveranstaltung findet auf dem Wilhelmsplatz vor der Universitätsaula statt. Von seinem Amtssitz aus ordnete Unipräsident Horst Kern die Räumung des besetzten BG-Raumes im AStA an. Der Brandanschlag richtete sich gegen eine Ausstellung über diese Besetzung.

Die Auftaktkundgebung findet am Mittwoch um 17 Uhr auf dem Marktplatz/Gänseliesel statt

DEN ANTIFASCHISTISCHEN SELBSTSCHUTZ ORGANISIEREN!
LINKE RÄUME ERKÄMPFEN UND VERTEIDIGEN!
DEN RECHTEN VORMARSCH STOPPEN!
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Ergänzungen

Zeit was gegen die zu unternehmen!

remember 28.07.2003 - 18:54
Hier ein etwas älterer Bericht zur FDL und Nicolo Martin
 http://germany.indymedia.org/2003/01/38854.shtml

Fahrrad Wanderkundgebung

göttingerIn 28.07.2003 - 20:05
Am Mittwoch den 30.JULi.2003 gibt es ab 17h auch eine Fahrradwanderkundgebung zu diesem Anschlag unter dem Motto Rechte Verbindungen kappen.
Beginn 17h Marktplatz - Gänseliesel - KOMMT ALLE!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Göttingen: Rechte Verbindungen Kappen!

Schißvoreuch 05.10.2003 - 13:47
Als gemäßigter linker muß ich leider sagen: Ich habe Angst vor Euch! Ihr seid in Eurer Agitation doch wohl schlimmer, als die Burschenschaften, die heute ziemlich unpolitisch daherdümpeln. Vergeßt Ihr eigentlich, daß nach Eueren Aufrufen auch Brandbombenanschläge auf ein Berliner Verbindungshaus (ich glaube Gothia) erfolgt sind ??? DAS IST AUCH EIN WOHNHAUS, WO SICH MENSCHEN AUFHALTEN!!! Ich habe selten etwas "Undemokratischeres" gelesen, als Eure Veröffentlichungen und Aufrufe. Ihr dient nicht der humanitären Linken ! Eure Art zu handeln und die Nazis zu stoppen, setze ich mit den Handlungen der heutigen Nazis gleich!
Ihr solltet Euch schämen, die "wahre linke Sache" so zu mißbrauchen und zu verraten.

Schißvoreuch (60 Jahre /ehem.FU Berlin)
meinen richtigen Namen wage ich nicht zu nennen, da ich auf Grund eurer
Agitation befürchte, von Euch verfolgt zu werden. Es ist bedauerlich, aber ich mußte mich lange durchringen, Euch dieses zu schreiben.

Schißvoreuch, Du hast recht!

anarchia si 05.10.2003 - 14:02
Die Sprache einiger K-Gruppen ist extrem brutal und menschenverachtend. Die Zahl derer, die für solche Aktionen zu haben sind, ist sehr gering. Meist sind es dann die Agitatoren selbst. Auch wenn ich nicht so gerne wie die bürgelichen Medien zwischen gewalt und gewaltfrei trenne (ist eine blockade gewalt und ein prügelnder Polizist friedlich?), so hoffe ich doch, daß die menschenverachtenden Gewaltfanatiker ("Gewalt als einziges Mittel") sich weiter selbst isolieren. Und irgendwie passiert ja genau das....

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