Marburg: Marktfrühschoppen erfolgreich gestört
Marburg: (Rechts-)konservative Bürger und Korporierte wurden erfolgreich bei ihrem Marktfrühschoppen gestört !Gestern, am Sonntag den 6.7. fand wie jedes Jahr im Juli wieder der Marburger Marktfrühschoppen statt. Er konnte erfolgreich durch über 200 GegnerInnen gestört werden. Festreden, sowie das Singen von Liedern wie der "Burschenherrlichkeit" und "Die Gedanken sind frei" (alle sieben Strophen) wurden durch jubeln, klatschen, rufen und pfeifen übertönt.
Der Marburger Marktfrühschoppen wird von den Veranstaltern, den Stadtteilgemeinden, als das kürzeste Volksfest Deutschlands bezeichnet und als das Fest der Marburger Bürger für ihre Studenten. Mit "ihren Studenten" sind dann auch nicht die "zugereisten linken Chaoten" gemeint, sondern die studentischen elitären Männerbünde. Vor einigen Jahren wurden diese zum Teil rechtsradikalen farbentragenden Verbindungen auch noch explizit eingeladen. Das dies nun nicht mehr passiert, ist ein Teilerfolg des seit nun mehr als 10jährigen Protestes gegen das Traditionsfest. Doch jedes Jahr ist es dasselbe Bild: uniformierte Verbindungsstudenten u.a. die rechtsextremen Rheinfranken dominieren den Marktplatz, stellen Brauchtum und Werte ihrer Verbindung zur Schau. Viele BürgerInnen stehen der rechten Gesinnung einiger Verbindungen in nichts nach. Auch gestern konnten sich einige BürgerInnen nicht zurückhalten und krakelten zu den GegnerInnen: "Hitler hat vergessen euch zu vergasen", "Ausweisen" oder zu einer Gegnerin "wenn meine Tochter so aussehen würde wie du, würde ich sie erschlagen". Bei dem Protestruf "nie wieder Deutschland" war bei vielen kein halten mehr und rechtsextreme Aussagen sprudelten nur so aus ihnen heraus. Das die TeilnehmerInnen nur "friedlich ihr Bierchen" trinken wollen und das Fest kein Politikum ist, mag mensch allein aus diesen Beobachtungen heraus so gar nicht glauben.Die Veranstalter bekommen für die Zeit des Festes auf dem öffentlichen Marktplatz Hausrecht. Zudem wird es jährlich durch ein massives Polizeiaufgebot geschützt und der Protest kriminalisiert. Letztes Jahr wurden 39 GegnerInnen, u.a. eine pinc&silver Gruppe, in Gewahrsam genommen. Eine Gegnerin wurde wegen Trillerpfeifen (versuchte Nötigung und versuchte Sprengung des Festes) auf dem Marktfrühschoppen zu einer Strafe von 360 Euro verurteilt. Dagegen wurde eine Anzeige wegen Körperverletzung gegen einen Teilnehmer des Marktfrühschoppens, der zwei GegnerInnen geschlagen hatte, mangels öffentlichem Interesse auf die Privatklage verwiesen. Dieses Jahr war die Strategie der GegnerInnen die Tische und Bänke direkt vor der Bühne noch vor Beginn des Marktfrühschoppens zu besetzen. Die Polizei, die in den Jahren davor durch Aussehenkontrolle Menschen nicht auf den Marktplatz lies, reagiert erst, als alle schon an den Tischen sitzen. Sie kontrollieren Rucksäcke und beschlagnahmen ein Transpi und ein Megaphon. Die Burschenschafter die um ca. 11 Uhr auf dem Marktplatz eintreffen, gucken wie auch die Mitglieder der Stadtteilgemeinden ganz schön dumm aus der Wäsche. Sitzen doch tatsächlich über 100 Leute an "ihren" Tischen, viele mit T-shirts an, auf den ein durchgestrichener "Burschikopf" gemalt ist. Als dann um kurz nach 11 Uhr das Fest von Detlef Scharlau, Mitglied des Marktfrühschoppenvereins, offiziell eröffnet wird, fängt auch der Protest der GegnerInnen an. Viele stecken sich demonstrativ Taschentücher in die Ohren, auch wegen der Blasmusik. Andere drehen der Bühne den Rücken zu und fangen an Zeitung zu lesen. Die meisten jedoch fangen an laut zu jubeln, zu klatschen und Zugabe zu brüllen. Herr Scharlau ist nicht mehr zu verstehen. Die folgenden drei Stunden geht das so weiter. In den Pausen zwischen der Blasmusik werden auch inhaltliche Parolen gegen die Burschenschafter gerufen. Pfiffe werden laut. Viele steigen auf die Bänke und Tische und zeigen mit dem Daumen nach unten. Soll soviel heißen wie "scheiß Fest" und "scheiß deutsche Männerbünde". Konfetti wird geworfen, Stinkbomben platzen. Die Polizei räumt ,trotz Aufforderung des "Hausherrn" Staatsanwalt Wölk, nicht. Die Gruppe der GegnerInnen ist inzwischen auch auf ungefähr 200 Leute angewachsen. Die Rund 100 Polizisten können nichts mehr ausrichten. Wölk beschwert sich bei den GegnerInnen: "Ihr habt das Fest kaputt gemacht". Auch vielen anderen TeilnehmerInnen ist anzusehen, dass sie keinen Spaß mehr an ihrem Fest haben. Den GegnerInnen hat es um so mehr Spaß gemacht. Ihrer Forderung den Marktfrühschoppen ersatzlos zu streichen haben sie erfolgreich Ausdruck verliehen.Nie wieder Deutschland! Burschis in die Lahn! Marktfrühschoppen kippen!
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Marburg: Marktfrühschoppen erfolgreich gestört
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