Europäische Mittäterschaft - Kolonialismus und freier Handel... I

... zum Schaden des Mapuche-Territoriums - Teil I

("... !LA COMPLICIDAD EUROPEA! (entre el colonialismo y el libre comercio en perjuicio del territorio Mapuche"), Artikel von Alfredo Seguel in "Mapu Express" vom 6. Mai 2003 (Übersetzung)

 http://www.mapuexpress.net/publicaciones/aseguel6.htm

Kolonialistische Siedlungspolitik Europas und Chiles auf den eroberten Mapuche-Territorien A. d. 20. Jh's - 95% des Landes gingen den Mapuche verloren - Freihandelsabkommen der EU und Kommerzialisierung des chilenischen Holzes wirken sich heute wiederum zum Schaden des Mapuche-Volkes aus - Kritik an der doppeldeutigen Menschenrechtspolitik Europas - Holzimporte der EU-Länder aus Chile
Das kolonialistische Europa -
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, im Anschluß an die kriegerische Invasion des Mapuche-Territoriums durch den chilenischen Staat, vereinbarten mehrere europäische Staaten und Chile eine neue kolonialistische Politik für dieses Gebiet, was mit der Ankunft Hunderter "Siedler", die vor allem aus Deutschland, Italien, der Schweiz und den Niederlanden kamen, konkrete Gestalt annahm.

Die Staaten des Westens kümmerte es nicht, daß die von ihnen besetzten Länder Territorien waren, die man den Mapuche widerrechtlich genommen und ausgeplündert, denen man Gewalt angetan hatte. Sie gingen vielmehr schweigend darüber hinweg und machten sich zu Komplizen bei einer der grausamsten und unersättlichsten Aktionen, die es in der Geschichte dieser Gebiete seit der Ankunft der Spanier gegeben hat. Dies diente dazu, ihre demographischen Verhältnisse auf Kosten der Verarmung und Einschränkung der Mapuche zu entlasten, was den Verlust von 95% der unabhängigen Gebiete, die haupsächlich unter Kolonien von Europäern, chilenischen Militärs und neugegründeten Ortschaften aufgeteilt wurden, durch eine Strategie von Feuer und Schwert mit sich brachte.

Das Freihandelsabkommen mit der EU -
Heute wie gestern leistet Europa Beihilfe bei den Anschlägen gegen das Mapuche-Volk und sein Territorium, diesmal durch das Freihandelsabkommen zwischen Chile und der Europäischen Union, besonders was die Kommerzialisierung des chilenischen Holzes betrifft.

Einer der Hauptkonflikte, unter denen gegenwärtig die ländlichen Mapuche-Gemeinschaften der 7., 9. und 10. Region zu leiden haben, ist der mit den "transnationalen" Holzfirmen wegen der sich ausbreitenden exotischen Anpflanzungen von Kiefern- und Eukalyptusarten, die größtenteils in ihrer Nachbarschaft angelegt werden und die schwere Umwelt-, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Schäden verursacht haben.

Europa ist heute für Chile der drittwichtigste Markt auf dem Gebiet der forstwirtschaftlichen Exporte, hinter Asien und Nordamerika, mit einem Anteil von durchschnittlich 23% des ganzen Wirtschaftssektors. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Chile würde die Exporte kurzfristig um 5% anwachsen lassen. Man rechnet auch damit, daß die Steigerung der europäischen Nachfrage nach Primärprodukten zur Versorgung seiner Industrie auf längere Sicht auch zur verstärkten Industrialisierung des chilenischen Forstsektors führen wird, besonders wegen der Investitionen aus Europa, wie aus offiziellen Kreisen der chilenischen Regierung verlautet.

Der lukrative Vorteil für die "Empresas" (Unternehmen) wird ein größeres Wachstum ihrer Produktion und damit eine größere Notwendigkeit für Forstbesitz bedeuten, aber diesbezüglich muß man sich fragen: Auf was' und wessen Kosten wird sich diese Expansion vollziehen? Auf Kosten des umstrittenen Territoriums der Mapuche? Auf Kosten des Verlustes der Gewässer und der Vegetation dieses Landes?

Die Gebiete, wo es die größte Konzentration an Forstanpflanzungen gibt, sind Orte des Zusammenbruchs, die die größten Anzeichen der Verarmung, der Emigration, der verschlechterten Umweltbedingungen aufweisen und einen hohen Bevölkerungsanteil von Mapuches haben. Ist es denn notwendig, diese Gebiete auf Kosten dieser Pseudo-Entwicklung weiter zu zerstören, nur um die Bedürfnisse der Europäer zu befriedigen?

Was auf dem Spiel steht, ist nicht nur das lukrative Geschäft, das für den Handel chilenischer und europäischer Wirtschaftskreise von Bedeutung ist, sondern es sind vielmehr die Grundrechte der Menschen, die unter dem massiven Druck einer schädlichen (Wirtschafts-)Aktivität leiden, zum Schaden der Mapuche-Gemeinschaften, die gezwungen sind, mit diesen "industriellen Monokulturen" inmitten der Gebiete, die ein Teil des historischen Mapuche-Territoriums sind, zu leben.

Merkwürdig an dem Fall ist, daß die internationale Entwicklung der Menschenrechte, der Rechte indigener Völker und der internationalen Umweltverträge durch die europäischen Staaten in dem Moment für nichts erachtet werden, da Wirtschafts- und Freihandelsverträge geschlossen werden, während sich gerade auf diesem Kontinent die Hauptbüros zur Förderung und Verteidigung der Grundrechte befinden und wo die wichtigsten allgemein gültigen Verträge dazu unterzeichnet worden sind.

Aber auch ohne dieses Freihandelsabkommen sind mehrere europäische Staaten bedeutende Importeure chilenischen Holzes: Italien, die Niederlande, Spanien, Belgien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien, von denen sich einige auf internationaler Ebene gegenüber den individuellen und kollektiven Rechten theoretisch sehr respektvoll gebärden, im praktischen Fall jedoch ebenfalls zu Mittätern an der ökonomischen Völkermord- und Umweltzerstörungspolitik in diesen Territorien werden. Denn es geht nicht nur um den Kauf des Holzes an sich, sondern in diesem Erzeugnis sind auch alle Übergriffe gegen die ländlichen Gemeinschaften und das ganze Gewicht einer Geschichte der Unterdrückung, samt der ganzen Politik der Kolonialisierung, der Assimilation und Negation, mit denen das Mapuche-Volk seitens des chilenischen Staates und der multinationalen Firmen konfrontiert wird, mit inbegriffen.

(Es folgt eine Tabelle der europäischen Hauptkäuferländer chilenischen Holzes 2001, hier einige Auszüge:
Die oben genannten EU-Länder kauften 2001 insgesamt 122 500 t. Holz im Wert von 38,17 Mill. US$. An der Spitze stand Italien mit 27 000 t. im Wert von 9,96 Mill. US$, Deutschland dem Wert nach an 5. Stelle mit 4,1 Mill. US$ für 4 700 t., was prozentual 2,1 % des chilenischen Holzexports entspricht, Angaben gerundet; d.Ü.)

(Wird fortgesetzt)
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Ergänzungen

Sahne

selva 09.05.2003 - 09:17
muss jetzt sein: Liebe/er Kh >>
ganz herlichen Dank für Deine Arbeiten
bitte unbedingt weitermachen
diese recherchen fhlen schon lange

alles Liebe für Dich
und viel langen Atem

i que te vayas BIEN !

und nicht vergessen

www.kolumbienkampagne.de
www.colonialismus.ch

@selva

Kh. 10.05.2003 - 14:22
Herzlichen Dank für die aufmunternden Zeilen. Ich war mir nicht so sicher, ob das wirklich Interesse finden würde. Dieser Text sprach mich besonders an, weil er sich direkt an uns wendet. Danke für die Tips, ich werde dort auch mal nachschauen. Muchos saludos y que te vayas bien. - Karlheinz

Nachtrag: Angaben zum Verfasser

Kh. 07.06.2003 - 10:07
Der Verfasser dieses Artikels, ALFREDO SEGUEL, ein früherer chilenischer Regierungsangestellter, ist Mitglied der Mapuche-Organisation Konapewman. Dies ist eine Gruppe von Intellektuellen mit Universitätsausbildung, die das Großstadtleben aufgaben, um zu ihren ethnischen Wurzeln zurückzukehren.
Quelle:  http://www.mapuche.nl/news/english/htm

Auf dieser englischsprachigen Website findet man übrigens noch viele Informationen zum Kampf der Mapuche.