15. Februar 2003 - vor dem Krieg?

magic 16.02.2003 16:10 Themen: Militarismus
Ein Tag der Moralapostel, Bänkelsänger und Demagogen
Weltweit demonstrierten an diesem Tage Millionen Menschen gegen einen Krieg im Irak. In Europa, das der US-Regierung bislang die größte moralische, politische und militärische Kriegsvorbereitungs-Unterstützung zu Teil werden ließ, stehen überzeugende Mehrheiten gegen einen Irak-Krieg. Die Friedens-Demonstranten konnten sich auf eine breite Zustimmung über Länder- und Parteigrenzen hinweg berufen. Nach ihrer diplomatischen Niederlage am 14. Februar im UN-Sicherheitsrat durch die Verlängerung der Waffeninspektions-Frist, hat die Bush-Administration damit innerhalb von 24 Stunden eine zweite moralische Niederlage auf den Straßen der Welt hinnehmen müssen. Was bedeutet dies? Hat der Kampf um den Frieden damit neue Erfolgschancen erhalten, ist der Krieg noch aufzuhalten?
Schon einige Stunden nach dem Ende der Halb-Millionen-Demonstration in Berlin wurde deutlich, diese Protestform hat die Welt weder verändert, noch kann oder will sie einen Krieg verhindern. Sie ist nicht einmal in der Lage die vorhandenen Kriege in Kaschmir, Süd-Philippinen, Elfenbeinküste, Ruanda, Tschetschenien, Nepal, Kongo, Somalia, Tschad, Mauretanien, Algerien, Kolumbien und anderswo zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn, wirksam in sie einzugreifen. Sie hat weder eine Desertion auf dem Gewissen, noch zu einer Rückkehr deutscher Soldaten in die Grenzen Deutschlands gedrängt. Es ist eine Lüge zu sagen, wir ständen vor einem Krieg. Der Krieg im Irak, in Palästina, in Afghanistan, in Kosovo ist schon lange Alltag. Seit dem 11. September 2001 befindet sich die westliche Welt mitten im Krieg. Aber selbst zum Irak-Krieg sind die Gut-Menschen, die ihre Seelen an der Gold - Else gestreichelt haben, auseinandergelaufen, wie eine Herde friedlicher Schafe nach dem Abgrasen einer Wiese. Mit beabsichtigter Folgenlosigkeit ging es offensichtlich nur um ein quasi-religiöses Bekenntnis zum „Frieden“ der alten Welt. Bischof Huber und Ex-Pfarrer Schorlemmer riefen den „Frieden Gottes“ an, weil wir kleinen Menschen nicht in der Lage seien, diesen herbeizuführen. Dafür erhielten sie viel Beifall. Friedrich Schorlemmer sonnt sich in diesem, wie er es nennt, „präventiven Widerstand“ gegen einen Präventivkrieg. In einer anschließenden SFB-Sendung erläuterte er, was er meint. Alles sei nur eine Frage des richtigen Zeitpunktes. Natürlich könne man in einen Krieg ziehen, wenn eine Bedrohung vorläge und die UN-Regeln eingehalten würden.
Wohl kaum jemals wurden in Deutschland so viele Menschen an einen Ort gerufen, um sich gegenseitig ihre guten Absichten zu beteuern und den Gang der Geschichte weiterhin anderen zu überlassen, z.B. dem UN-Sicherheitsrat. Nur Nichtstun sei schlimmer. Diese Menschen demonstrierten nicht für d e n Frieden, sondern für „ihren Frieden“, sonst wären die grünen Kriegsteilnehmer Künast, Vollmer, Kuhn, Trettin auch nicht gekommen. Ihr Friede schließt den Krieg in Jugoslawien, den Hunger in Bombay und Kinshasa, die Hungerlöhne in Vietnam, Indonesien und Argentinien, die Arbeitslosigkeit in China, die IWF-Auflagen gegen Bolivien, die Not der Straßenkinder in Sao Paulo mit ein. Ihr Friede heißt Globalisierung. Das ist die Beherrschung der Weltwirtschaft durch die G 8, das ist der Krieg ohne Waffen und ohne Kriegserklärung gegen 5 Milliarden Menschen, das ist der F r i e d e auf den Straßen Berlins. Das ist die alte Weltordnung - eine Existenzbedrohung der Menschheit.
Der Krieg, gegen den man protestierte, wurde seiner sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wurzeln beraubt, seiner tatsächlichen Ursachen entledigt. Wenn es nach Konstantin Wecker ginge, sollte nicht das kapitalistische System zurücktreten und Platz machen für die Menschlichkeit, sondern nur die Regierungen Berlusconi, Aznar und Blair. Nicht das deutsche Beschweigen des Vernichtungskrieges in Tschetschenien oder der Verletzung der Menschenrechte in China oder die traditionelle Aufrüstung von autoritären Regimes in Saudi-Arabien, Iran, Pakistan oder Indonesien durch deutsche Rüstungsprofiteure stand zu Debatte, sondern die Angst vor einem durchgeknallten US-Präsidenten. So einfach kann der Kampf für den Frieden sein. Dazu gab es Würstchen und Musik von den Puhdys. Ausgerechnet der Befürworter von UNO-Blauhelmeinsätzen, das heißt des Krieges von ganz Oben, Genosse Bonusmeile von der PDS, bescheinigte am Rande der Demonstration der Regierung Schröder, dass sie noch nie so in Übereinstimmung mit dem deutschen Volke handeln würde, wie in dieser Frage. Ist das Lakaientum oder gehört das schon zur Vorankündigung der nächsten Fernsehshow von Gregor Gysi? Einer Regierung, die in den jüngsten Umfragen keine Chance der Wiederwahl hätte, so zu schmeicheln, ist gewiss sehr mutig, aber lässt nicht Bundeskanzler Schröder, sondern eher den Coca-Cola-Verhandlungspartner Gysi in groteskem Licht erscheinen. Niemand kann besser zum Symbol dieser Demonstration werden, wie der Unterhaltungs-Sozialist Gysi. Wie schon beim Golf-Krieg 1991 steht er dafür, dass von einem derartigen Protest keine wirkliche Gefahr für den Krieg ausgeht und als Kriegsgründe nur Öl, ein Diktator oder die US-Vorherrschaft in Betracht gelangen. Der Hauptgrund des transatlantischen Zerwürfnisses bleibt verharmlost. Wäre es denkbar, dass im Irak-Krieg eine neue Weltordnung entstehen soll, deren Regeln
und Instrumente im freien Wettbewerb der internationalen Politik erst ausgehandelt werden?
Wäre es denkbar, dass sich die deutschen, russischen, französischen und chinesischen Herrschenden nur vom Zeitpunkt und Ort dieses freien Aushandelns überrascht fühlen?
Wir leben nicht in einer Weltplanwirtschaft, sondern im Kapitalismus der freien Konkurrenz, der sich dort, wo er es sich leisten kann, soziale Marktwirtschaft nennt. Aber auch hier gibt es Bewegung hin zum Krieg, zum Krieg gegen die Existenzbedingungen vieler arbeitsloser, obdachloser, sozialhilfebedürftiger, ausländischer, kranker oder von Lohneinbußen bedrohter Menschen in Deutschland. Auch diese Menschen werden, genau wie der Diktator Saddam Hussein, als schuldhaft und nicht ganz normal hingestellt. Sie sollen Kriminelle, Sozialschmarotzer, Arbeitsunwillige, Mietschuldner oder Penner sein. Der Schauspieler Rolf Becker hat auf der Demonstration darauf hingewiesen, dass der Krieg an zwei Fronten geführt wird. An der Front des Kampfes gegen den Terror nach Außen und an der Front für Reformen nach Innen. Der kommende Sozialabbau in Deutschland wird den Frieden hierzulande genauso gefährden wie der Irak-Krieg. An alle politisch und menschlich Denkenden richtete Becker die Brecht’sche Mahnung „Wenn bleibt, was ist, seid Ihr verloren, Euer Freund ist der Wandel, Euer Mittel ist der Zwiespalt“.
Irgendwann läuft die Uhr ab. Und wenn die Menschen von Unten nicht den Wandel herbeiführen, dann kommt er von Oben, und dieser heißt im Inneren wie im Äußeren: Krieg. Kurz nach der Demonstration wurde durch die FAZ vom 16. Februar bekannt, dass unsere heiß geliebte Friedens-Regierung schon seit dem 9. August 2002 von einem „möglicherweise kurzfristig bevorstehenden Angriff der USA auf den Irak“ ausging und in diesem Zusammenhang mit einem bioterroristischen Anschlag auf Deutschland rechnete, der bis zu 25 Millionen Tote kosten könne. Natürlich dementierte Innenminister Schily umgehend diese geheime (!) Übertreibung. Dennoch bestätigte sie noch einmal, wofür die halbe Million in Berlin instinktiv demonstrierte, für ihre Regierung und für ihre Gesundheit, die sie Frieden nennt. Was ist aber, wenn es zu einem solchen oder ähnlichen Anschlag in Deutschland oder einem anderen Land kommt? Treten dann die 500.000 Demonstranten weiterhin für den Frieden ein, sind sie still oder schreien sie hysterisch nach Rache? So oder so, der 15. Februar wird, wie die Jahre zuvor, in die Geschichte eingehen als das Auslassen jeglicher Forderungen an die richtige Adresse. Es wird sich bezahlt machen, dass eine tatsächliche Abrüstung nach dem Ende des „Sozialismus“ 1990/91 nicht stattfand und kaum gefordert wurde, dass die Kriege, der Hunger, die Armut, die Umweltzerstörung in der Welt aufblühten, während wir stolz unseren Wohlstand verbrauchten und uns friedensbewegt in den Armen lagen.
So oder so, die alte, wie die neue Weltordnung sind Synonyme für Krieg und Unmenschlichkeit. Insofern demonstrierten die Friedensfreunde für die Pest gegen die Cholera und nur Demagogen können behaupten, dass sei Demokratie.
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Ergänzungen

Kirchspiel-Idyll

tragic 16.02.2003 - 17:14
Auch die 500 000 haben die Schuld der Welt nicht auf sich genommen und die Welt erlöst ... welch' ein Drama. Dafür ziehen die 'Gut-Menschen' die Schelte der Besser-Menschen auf sich. Denn nur die Besser-Menschen weisen mit ihrem Licht den Weg in die Erlöser-Kirche, die, ganz anti-global, im Dorf bleiben wird. Denn ein Dorf liegt nur in einem Land mit einer Regierung. Dort spielen die Besser-Menschen dann Monopol, ohne y.

und stattdessen?

moni k 16.02.2003 - 17:16
was sollte man/frau stattdessen tun? aber jetzt bitte kein allgemeines geschwätz vom sturz des systems oder so, sondern zur abwechslung mal ein oder zwei konkrete handlungen - so wie die teilnahme an einer f15-demo eine konkrete handlung war.

stattdessen

mobster 16.02.2003 - 18:43
wäre es doch nett, die totalität des kapitlistischen Systems zu ergründen und den versuch einer radikalen kritik der bestehenden verhältniss zu wagen (man nennt es theorie)-anstatt alle paar jahre mal friedensbewegt was gegen die bauchschmerzen zu tun.
"konkrete handlung" bewirken nix, wenn sie in einem sinnfreien aktionismus äussern.

das leben ist halt kein wunschkonzert:
only solution - revolution!

Du hast nicht ganz Unrecht, aber...

Thorsten 16.02.2003 - 18:59
Klar, in zu vielen Beiträgen, Transpis, Flyern wurde nicht auf die einem Irakkrieg zu Grunde liegenden Ursachen eingegangen.
Statt radikaler Kapitalismuskritik wurde Gott um Hilfe gebeten oder Schröder dankbar in seiner Haltung bestärkt.
Aber einen Teil der 500.000 Demonstranten kann man nicht in diesen Topf schmeißen, denn es wurden schon grundlegend antikapitalistische Haltungen vertreten.
Bei einigen antikapitalistischen Beiträgen hatte ich allerdings das Gefühl, es ginge hier nicht um Kapitalismuskritik, sondern um eine Spaltung der Linken, nach dem Motto "Ich bin noch viiieeel antikapitalistischer als ihr, darum hättet ihr besser zu Hause bleiben und das Feld Leuten wie mir, Leuten mit Durchblick, überlassen sollen".
In Bezug auf Demos muss man sich doch fragen, was vorzuziehen ist: 500.000 Leute und dafür Kirchenmenschen und Gewerkschaftsvorstände am Mikrofon - die damit aber auch Antikapitalisten ein Forum und Medienpräsenz bietet! - oder eine Demo, die geschlossen für eine neue Weltordnung und gegen den Kapitalismus eintritt - dafür aber nur mit 500 Teilnehmern und ohne jede Medienpräsenz.
In Deutschland ist die Bewegung einfach noch nicht stark genug, um auf die Ressourcen von Gewerkschaften, Kirchen, Friedensbewegung usw. zu verzichten. Dafür geht es den Menschen noch zu gut; sie haben die Notwendigkeit einer Abschaffung des Kapitalismus noch nicht erkannt.

@mobster

moni k 16.02.2003 - 19:10
wenn ich indymedia lese, habe ich nicht gerade den eindruck, als ob zu wenig theorie das problem ist. und 'sinnfrei' ist aktionismus ja ohnehin nie, denn hinter jeder aktion steckt auch eine motivation, ob die nun dialektisch ausformuliert ist oder nicht: wenn ich mich irgendwie engagiere, dann tue ich das aus einem grund. ob ich den jetzt in 10 worte fasse oder in 1000, muß keinen unterschied machen, was die qualität und die auswirkungen dieser aktion angeht, denn außerhalb des normalerweise kleinen kreises der durchführenden kommt von der begründung erfahrungsgemäß selten besonders viel an.

warum

till 16.02.2003 - 19:13
Ich frage mich, warum derartiges (siehe oben) jetzt im Vordergrund stehen soll. Deutschland hat 82 000 000 Einwohner, diese Erde über 6 000 000 000. Gestern waren in Deutschland 600 000, auf der Erde 14 000 000 Menschen auf der Straße. Kleine Bruchteile sind dies, die mehr Engagement als andere zeigen und das teils nur alle 20 Jahre. Trotzdem denken diese Menschen über die Probleme der Welt nach und ignorieren die Armut und das Elend nicht wie die Dunkelziffer unter den 81 400 000 es tut. Denkt mal darüber nach!
Wer von einer besseren Welt schreibt, der muss verstehen, dass persönliche Kompromisse nötig sind, besonders bei so geringen Bruchteilen, die zuhören könnten und nachdenken, also Potenzial haben, in einer so großen Welt. Deshalb muss ich leider sagen, dass der Versuch die Mehrzahl der 600 000
Leute in die dumm-undifferenziert agierende Regierungs-/Parteienecke zu drängen ein so negatives Menschenbild vermittelt, dass eine neue Welt so oder so nicht möglich wäre. Tolle, konservative Idee, die die Springerpresse auch begriffen hat, indem Parteienlügen und Friedensillusionisten in einem Artikel gemeinsam über einen kamm geschoren werden.
Ich find es jedenfalls wichtig und gut, dass Hoffnung und Auseinandersetzung mit dem Rest der Welt zentral bleiben und verstanden wird, dass Bruchstücke keine ganzen Schritte machen können! Wer ganze Schritte oder garnichts fordert wird ein neues Vakuum kreiren, um dann in 20 Jahren wieder etwas kaputttzureden.
Darum Danke für gestern,
till

Rücktritt

Anja 16.02.2003 - 19:38
Stimmt dass der Krieg wahrscheinlich so nicht gestoppt wurde. Der Protest hat aber nicht nur gezeigt, dass die ganze Welt den Krieg ablehnt, sondern auch dass z.B. ein Politiker wie Blair keine demokratische Grundlage hat. Die englische Friedensbewegung muss jetzt den Rücktritt fordern ud durchsetzen. Die amerikanische Bewegung hat die Forderung nach Bush`s Rücktritt schon aufgenommen. Den Krieg aufzuhalten werden wir wohl kaum noch schaffen, aber man muss eben tun was man tun kann, oder? Pessimismus wie in dem Text dort oben hilft uns auch nicht weiter.

Die Fatale Theorie

weist 16.02.2003 - 19:43
Das Problem bei fast aller theoretischen Kritik am kapitalistischen System ist augenscheinlich auch, daß sie an insbesondere 2 Grundübeln krankt:

1) wird die kapitalistische Realität zwar durchgehend beklagt, aber kaum jemals verstenden: Kapitalismus (um den alten Palmolive-Werbeslogan zu paraphrasieren) - Sie baden gerade Ihre Hände darin!
Konkret bedeutet das: Kapitalismuskritik ist hierzulande (zumeist) Kind des Kapitalismus - des Kapitalismus, der unser Denken geprägt hat, dessen Kommunikationsstrukturen sie sich zu Nutze macht, in dem diejenigen (Ausnahmen bestätigen die Regel; und diese marginalisierten Kapitalismuskritiker sind doch oftmals in ihrer Kritik weitaus authentischer), die ihre Kritik der bestehenden Verhältnisse teilweise am lautstärksten vorbringen, leben wie die Made im Speck. Ist es denn so beschämend, zuzugeben, daß man im Kapitalismus lebt, und daß man eben nicht zu den Massen der Globalisierungsverlierer gehört? Eine Anerkennung des Systems schließt es jedenfalls nicht pauschal ein.
Daraus ergibt sich auch die Inkonsequenz vieler KapitalismuskritikerInnen, die einerseits das 'System' schelten, aber es andererseits tagtäglich unterstützen, indem sie ohne nachzudenken von den übelsten Vertretern der globalen Megakonzerne Produkte erwerben, ihren Strom aus AKWs beziehen, es geil finden, daß man mittlerweile billig in Urlaub fliegen kann (wobei 'billig' immer noch dem entspricht, was Letue anderswo im Monat verdienen).

2) Die fatalste Grundannahme der kapitalistischen Wirtschafts'wissenschaften' ist die schweigende Akzeptanz einer Unendlichkeit der Ressourcen. Die meisten Theoretiker der 'Revolution' bewegen sich auch hier nicht aus der kapitalistischen Gedankenwelt. Wenn kein fördernswertes Öl mehr da ist, wird jedes System ohne auskommen müssen, und die sich daraus ergebenden Konsequenzen (z.B. Mangel an Flugtreibstoff, Energie, Heizwärme, Plastik etc) lassen sich nicht einfach mit dem Hinweis auf das nach einer Revolution sich ganz ganz sicher entfaltende kreative Potential abwiegeln. Daß bislang noch für jedes drängende Problem durch F&E eine Lösung gefunden wurde, liegt einzig daran, daß wir uns beim Lösungsfinden bislang aus dem Vollen bedienen konnten, daß die Ressourcen, die als Grundlage der Entwicklung neuer Techniken und Technologien dienten, reichlich vorhanden waren (Geld, Strom, Wasser, Forscher/Denker etc).
Mit der Energiefrage haben wir zum ersten Mal eine Problematik, deren Lösung nicht absehbar ist, aber deren Lösung für den Fortbestand eines einigermaßen 'zivilisierten' Systems, egal, welcher Couleur, entscheidend ist. Die Wasserfrage wird nicht lange auf sich warten lassen, obwohl die wenigsten von uns ihre Auswirkungen in voller Konsequenz miterleben dürften (und cih bin persönlich ziemlich froh darüber).

Das heißt also, daß die gegenwärtige Kapitalismuskritik eher lähmt als aktiv macht, weil sie selbst nicht bereit zu sein scheint, anzuerkennen, daß sie sich aus dem real existierenden Kapitalismus ergibt, und daß sie sich zu oft innerhalb der gedanklichen Grenzen desselben bewegt, seine Grundüberzeugung übernimmt, ohne sich dessen bewußt zu sein.
Härter formuliert, haben wir es hier mit einer Schar von 'antikapitalistischen' Gutmenschen zu tun, die ihren ganz persönlichen Beitrag zum fortbestand des Systems, zur Verschärfung von Hunger, Armut, Ausbeutung anderswo, auf 'die Herrschenden' abschieben, die ihre eigene systemkonsolidierende Tätigkeit nicht sehen oder nicht sehen wollen. Diese Bewußtsein: daß Kapitalismus nicht abstrakt ist, sondern die Basis unserer gesellschaftlichen und ökonomischen Existenz, und daß die allermeisten von uns davon verdammt nochmal profitieren, und es lieben, davon zu profitieren (nicht bewußt, aber wer von uns mußte schon mal stinkende, choleraverseuchte Brühe trinken, in Ermangelung von trinkbarem Wasser?), ist der erste Schritt, der Kapitalismuskritik überhaupt erst sinnvoll und legitim macht, denn nur so kann man ein System angehen, das von den meisten Menschen hierzulande nicht wirklich in Frage gestellt wird - weil man selbst zu den Gewinnern gehört.

''wuerde das hauptproblem der menschen hier 10 % arbeitslosigkeit o.ae. sein, waeren sie recht froh. das gerede von revolution in deutschland kann nur von leuten kommen, die nicht die leiseste ahnung haben davon wie die lage hier ist.''
- aus La Paz, Bolivien, am 13.2.2003, anläßlich des Aufstands weiter Teile der Bevölkerung

Da kann ich noch was hinzufügen...

XXX 16.02.2003 - 20:09
Neben dem blinden Aktionismus auf der einen Seite und die Pseudo-Kritik der Studie-Lesezirkel (die eigentlich Angst vor Veränderung haben), die für Deutschland so prägend sind -klar: ist halt beides chicer Lifestyle- gibts tatsächlich in Bewegungen immer die Tendenz Theorie und Prais zusammenzubringen. Das wäre in Deutschland nicht möglich: Die Dummlaberer, die sich als Theorie-Fraktion bezeichnen (aber keinerlei Bezug zur Realität haben und mit Ideologie alles erklären) haben keine Lust die Welt zu ändern und die blind-aktionistische Fraktion will bloss Action.
2 Beispiele nun dafür, wo anderswo (wo die Menschen wirklich was ändern wollen und es vor allem nicht eine marginale linke Szene, sondern alle möglichen Leute sind) das umgesetzt wird:
- Zapatisten: "Fragend gehen" - immer wieder innehalten und und sich "umschauen" und reflektieren (+analysieren)
- Operationisten in Italien: "Militante Untersuchung": theoretische Schlüsse ausprobieren, prüfen, experimentieren und dann modfizieren oder verwerfen. (Leider waren die teilsweise zu ML-mässig drauf, so daß sie den Anspruch nur teilweise erfüllten*)

* sog. "Versuchsleitereffekt" in der Psychologie: Jeder hat ja bestimmte Ansichten und einen bestimmten Glauben. Versuche können unbewusst so durchgeführt werden oder die Ergebnisse so selektiv wahrgenommen werden, daß dies zum "gewünschten" Ergebnis führt. Gerade Leute mit sehr fester Ideologie dürften da schnell das Problem bekommen.

HALLO!

16.02.2003 - 22:32
Mit den zig Fremdwörtern die ihr gebraucht versteht kein normaler Mensch wo von ihr redet, is ja wie im Reichstag hier!

Wespennest

Biene 16.02.2003 - 22:35
Wie ein roter Faden, zieht sich durch den Beitrag von magic, daß der Friede zwar viel Zustimmung und Freunde hat, aber damit noch längst nicht die Chancen seiner Realisierbarkeit steigen. Ich halte es für sinnvoll, danach zu fragen, wie es kommt, daß die ganze Welt vom Frieden redet, aber der Krieg uns regiert. Genauso menschlich wichtig ist es, die Frage aufzuwerfen, warum wir gegen das kommende Töten im Irak sein sollen, ohne das vergangene millionenfache Töten mit französischen Waffen in Ruanda 1994 zu befragen. Krieg ist überall auf der Welt gleich und es hat mit manipulierten Interessen zutun, wenn man sich nur gegen einen Krieg wendet und dabei alle anderen vergißt. Ich bestehe auch darauf zu hinterfragen, was Frieden eigentlich bedeutet. Bedeutet es ein Schlupfloch zu lassen, wie der Pastor Schorlemmer und Gysi meinen, das heißt ein bißchen Krieg im Auftrag der UNO? Die Beantwortung dieser Fragen dürfen wir nicht mehr anderen überlassen, so verstehe ich magic. Wenn an einem solchen Tage, an dem Millionen Menschen ihren Willen ausdrücken, nicht nach dem gefragt wird, was von ihrem Protest bleibt, dann ist dieser Protest keinen Pfifferling wert.
Wie in einem Wespennest schwirren hier nun alle rum, um ihre theoretische Prostitution zu beschönigen. Ja Du willst nur die Revolution, das ist noch zu früh, die Leute sind noch nicht so weit, Du mußt Kompromisse machen, Du unverbesserlicher Idealist im Studierstübchen. Kurz, der Frieden verlangt eben Opfer, sprich Aufgabe von revolutionärer Ideologie. Warum diese Denunziationen? Kein Wort steht da oben von Revolution, es wird aber davon gesprochen, daß der Kapitalismus und zwar auch der friedliche Deutsche die Hauptursache des gegenwärtigen Weltzustandes ist. Wer ist denn dafür verantwortlich, daß es kein Entrinnen aus Arbeitslosigkeit und Kriegen auf der ganzen Welt gibt? Ist das eine Nebensache? Darüber gilt es zu streiten, was hier leider unterblieb. George Bush ist demnach der einzige Mensch auf der Welt, der wirtschaftliche und andere Interessen mit verbrecherischen politischen und militärischen Mitteln durchsetzen will. Dieses Schwarz-Weiß-Schema ist der Tot jeder Friedensbewegung, denn ohne Ursachenerkennung kann es keine Therapie geben. Das hier auf Indymedia die Regierungssozialisten und Kriegsgrüne ihren verleumderischen Ton gegen Andersdenkende angeben, zeigt mir, daß auch das Internet an die Grenzen einer offenen und fairen Diskussion stößt. Diejenigen, die jetzt die Kompromisse in der Friedensfrage beschwören, bauen die Brücken zu einem Krieg auf Raten. Nicht der Sturz einer Regierung oder eine Revolution können uns dem Frieden näher bringen, wohl aber die Differenzierung und die kämpferische Kompromißlosigkeit einer Friedensbewegung, die sich nicht vor den Karren nationaler Machtinteressen spannen läßt. Nur wo Frieden drin ist, darf auch Frieden dranstehen. Eure Friedens-Logik ist eine ewige Trittbrettfahrerei bei denjenigen machtgeilen Politikern, die sich nicht in die Karten schauen lassen und uns im Innern wie Äußern dahin gebracht haben, wo wir heute stehen. Eure Illusionen in eine deutsche Friedenspolitik von Oben, die schon im Jugoslawien-Krieg scheiterte, sind das Hindernis für eine authentische deutsche Friedenskraft. Die Denunziation mit dem Schrecken der Revolution, die hier niemand ernsthaft forderte, ist das Gespenst um den Friedensgedanken in Deutschland an der Leine der Regierung und ihrer Lakaien zu halten.

Re:

@ weist 16.02.2003 - 22:35
mit etlichen von dem was du da schreibst muss ich dir zustimmen aber bei einigen dingen auch nicht ...

zum beispiel stimmt es das es eigentlich die falschen sind die am kapitalismus rumkritisieren da es meist gewinner des kapitalismus sind nur ein verlierer des kapitalismus hätte eigentlich das recht den kapitalismus zu kritisieren nur denkst du irgendjemand in afrika oder sonstwo der tagtäglich um sein überleben kämpfen muss und schauen muss woher er für sich und seine familie essen her bekommt hat zeit oder interesse sich darüber gedanken zu machen was die ursache für sein leid ist ??? eines der absoluten grundbedürfnisse der menschen ist nunma nahrung und wenn das nicht gedeckt is wirst du niemanden finden der sich mit politik oder irgendetwas in der richtung beschäftigt ...

aber etwas komplett anders was ich absolut hasse ist kritik am kapitalismus die in solch einer art geschrieben ist das sie kaum einer versteht ...
man brauch sich nicht zu wundern das viele leute nur zu hause sitzen und nix machen wenn alle die kapitalismus kritisieren ihre kritik in einer art und weise von sich geben die absolut elitär und arrogant wirkt weil das 2 dinge sind die die meisten menschen einfach net abkönnen ...

@weist

Kapitalist 16.02.2003 - 23:08
Aktienbesitzer, Häuslerbauer, Abgeordnete,Immobilienmakler, Jungunternehmer,Fluglotsinnen, Mittelständler, Beamtinnen, leitende Angestellte, Schwaben,Bundeswehrangehörige, Doktoranden, CDU-MItglieder,Rechtsanwälte, Mitarbeiter im öffentlichen Dienst,Banker,Versicherungsvertreter, Polizisten, Selbständige, Fernsehsprecherinnen, Sicherheitspersonal,Besserverdienende,Friseure und Bauern lehnen Kapitalismuskritik ab.
Wem der eigene volle Kühlschrank den Blick zum armen Nachbarn versperrt, der kann nicht dessen Not erkennen. Wer sein Glück an steigende Aktien bindet, dem kann auch die intelligenteste Kapitalismuskritik nicht beweisen, das sein Glück zugleich sein Unglück sein soll.
Nicht eine bessere Kapitalismuskritik ist nötig, sondern eine Kapitalismuskritik.

Wie erwacht kritisches Bewußtsein?

Rabbitinahattrick 17.02.2003 - 00:07
Ja, es reicht nicht aus, dass Menschen auf die Strassen gehen, um ihren "eigenen Frieden" zu finden, wie du schriebst. Doch ich finde es wichtig anzumerken, in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass wir in einer Zeit leben, in der der "Otto Normalverbraucher" nicht mehr weiß was täglich in der Welt geschieht.

Warum wissen wir nicht mehr, was die Welt im Innersten zusammenhält? Was ist Neoliberalismus? Warum meint Faschismus, die Übertragung des kapitalistischten Systems auf den Menschen, der als Ware gilt und mit einem Wert versehen wird.

Wir leben in einer Risikogesellschaft, und das schon lange Jahre. Ich finde es am wichtigsten, dass man den Menschen ein klein bißchen zeigt, warum Friede Vertrauen meint und Sicherheit Mißtrauen.

Die Linke befindet sich auf dem Weg ins Jenseits, die meisten Menschen, die sich kritisch mit der Welt auseinandersetzen gehören der 1968er Generation an, oder profitierten von der Hoheit des Spiegels in den 1970ern, der seit geraumer Zeit von der BILD abgelöst wurde. Die Bild-Zeitung Generation wird nichts auf die Strassen gehen, solange es keine Massenbewegung ist, die sich da im kalten Winter, frierend, mit Plakaten auf die Strassen wagt.

Die neue Linke kann sich nur gegen neoliberale Politik behaupten, wenn sie gemeinsam auf die Strassen geht. Nichts beeindruckt den Menschen so sehr wie Zahlen!

Eine Bewegung, ob gut oder schlecht, setzt sich, so sie stark sein möchte, immer aus unterschiedlichsten sozialen Schichtungen zusammen. Die französische Revolution wäre gescheitert, wenn sich nicht intellektuelle Elite mit den Menschen in Paris, Marseille, Lyon etc. und den Bauern auf dem Lande vereint hätten. Auch die nationalsozialistische Bewegung wäre gescheitert, wenn es nur die alten konservativen Frauen und jungen männlichen Arbeitslosen gewesen wären, die sich für den "charismatischen Hitler" begeistert hätten.

In diesem Erbe stehen wir und es ist unsere Verantwortung gegen Tendenzen einzutreten, die den Menschen vermarkten - wir leben in einer ungerechten Welt, ja.
Wie können wir öffentliches Bewußtsein schaffen? Wie entsteht die globale Bewegung? Ich sage Euch allen, sie ist dabei sich zu entfalten, ganz klein, kaum spürt man den Atemzug des Protests. Inwieweit es eine neue Weltordung gibt oder nicht steht dir Magic, steht uns nicht zu zu beurteilen. Das ist nicht absehbar, denn Bewegungen entfalten ihre Eigendynamik.

Für mich ist es am wichtigsten in Kommunikation zu meinen Mitmenschen zu treten, mich mit ihnen zu unterhalten, zu debattieren, zu schnacken. Esst nicht bei McDonalds, denkt daran, dass der Kaffee im Angebot beim Aldi den Lohn der Arbeiter in Lateinamerika weiter drückt (stattdessen Produkte vom Fairen Handel kaufen z.B.) und zeigt, dass ihr die Welt in der wir leben wollen ein klein bißchen mitgestalten wollt im 21.Jahrhundert. Noch kann die Politik nicht ohne die Menschen leben.
Geht auf die Strassen, spielt Gitarre, werft Jonglierbälle oder verkauft Blaubeerpfannkuchen oder meinetwegen cocktails gegen Krieg und die Globalisierung der Großkapitalisten.
Die Wahrheit zeigt sich immer nackt, sagten schon die Philosophen der Antike. Geht mit offenen Augen durch die Welt!

@weist

würde-gern-auch-wissen 17.02.2003 - 01:24
Klar hast du recht dass hierzulande die allermeisten menschen auf der gewinnerseite des kapitalismus leben und das auch garnicht mal so übel finden. natürlich wollen wir alle keine cholerabrühe trinken. was ist nun die konsequenz? ich mache mir bewusst dass meine kapitalismuskritik abstrakt ist, der kapitalismus dagegen ziemlich real und alltäglich. und genau dieses bewusstsein macht mich total fertig, ich empfinde eine ohnmacht, habe das gefühl nicht viel gegen den kapitalismus tun zu können den ich kritisiere, da das leben das ich führe von ihm abhängt und ich nicht in der lage bin mein leben einfach so zu ändern, mich vom kapitalismus abzugrenzen. gerade deswegen traue ich mich auch nicht laut gegen den kapitalismus zu schreien da es eine heuchelei wäre. was kann ich tun?

Frieden = Frieden?

Krieg 17.02.2003 - 09:29
Magic und denjenigen hier sei gedankt, die uns darauf aufmerksam machen,dass unser Schrei nach Frieden noch zu leise ist. Magic hat Recht, wenn er aufzeigt, das im Namen des Friedens ein Krieg vorbereitet wird. Schorlemer hält einen Krieg für gerechtfertigt, sobald die Konditionen stimmen. Unsere Regierung verkündete zusammen mit Frankreich und Rußland den Standpunkt, Krieg sei die letzte Möglichkeit. Wenn die Friedensbewegung dies akzeptiert und schweigend zustimmt, dann ist sie überflüssig, weil sie selbst zum Instrument der Kriegsbefürworter wird.
Wir müssen die Frage beantworten, wo verläuft die Grenze zwischen Krieg und Frieden?

Der Kapitalismus ist in der Lage, jede ihm feindlich gesonnene Kraft von sich abhängig zu machen, zu Kompromissen zu bewegen und sie somit zu assimilieren. Die Macht des Faktischen zwingt jeden Menschen die kapitalistischen Spielregeln auf. Seine Hauptsäulen sind die Lohnarbeit,Wahlen und der Konsum. Natürlich müssen wir unter seinen Bedingungen arbeiten, essen, vögeln und unsere Partys feiern, aber müssen wir auch seine verlogenen Machtsymbole, die Demokratie mit ihren Wahlen verehren? Nicht durch eine ideologisch motivierte Revolution kann der Kapitalismus gestürzt werden, sondern nur eine Sinnkrise, die ihm die Grenzen seiner Macht aufzeigt, zwingt ihn sich zu verändern. Welche Richtung diese Veränderung nimmt, hängt dann von jenen Menschen ab, die bis zu diesem Moment ihm am stärksten widerstanden haben.


re: Re:

weist 17.02.2003 - 18:08
'nur denkst du irgendjemand in afrika oder sonstwo der tagtäglich um sein überleben kämpfen muss und schauen muss woher er für sich und seine familie essen her bekommt hat zeit oder interesse sich darüber gedanken zu machen was die ursache für sein leid ist ???'

Ja, genau das war eigentlich mein Punkt: daß die Tatsache, daß wir eben NICHT zu den absoluten Globalisierungsverlierern gehören (Globalisierungsgewinner, aber nicht -gewinnler, möchte man sagen) Kapitalismuskritik erst möglich macht, und daß diese gewinnen dürfte, wenn ich mir über diese Tatsache im Klaren bin.
Hätte ich eigentlich auch so schreiben können...

Ach ja, noch was in dem Zusammenhang - was ich bislang zu selten (für meinen Geschmack) gefunden habe, ist eine Kapitalismuskritik, die mit dem Anspruch antritt, diese kritische Basis, nämlich genau das, was sie selbst ermöglicht, in eine postkapitalistische Zeit mitzunehmen. Es wird sehr oft davon ausgegangen, daß mit dem Ende des Kapitalismus Friedefreudeeierkuchen herrschen wird, und daß deswegen eine Kritik nicht mehr notwendig (oder implizit sogar: nicht mehr zulässig ist. Bei Politorthodoxen findet sich diese Einstellung manchmal).
Mitnichten. Der Kapitalismus (zumindest in der Form, wie wir ihn kennen und uns auch nicht anders vorstellen können) hat noch maximal ca. 50 Jahre, dann ist Schicht. Ende der Fahnenstange. Nicht mehr aufrechtzuerhalten, genau so, wie ein militaristischer Protostaat in der Bronzezeit untergehen (oder sich wandeln) mußte, wenn seine Quelle für Kupfer- und Zinnerz versiegte.

Ich finde persönlich, 50 Jahre ist zu lang. Und krasserweise sind diejenigen Leute, die die besten Argumente dafür liefern, nicht gerade radikale Revolutionäre, sondern irgendwelche marginal exzentrischen Wissenschaftler; Geologen, Ökologen, Meteorologen.
Dieses System beginnt, an die Grenze der Existenzfähigkeit JEDES Systems zu stoßen - the sky's the limit, und wir stoßen gerade unsere Köpfchen an den Balken des Himmels.
Ich steh halt nicht auf Theorie, sondern neige eher dazu, mich in Entwicklungen ohne konkretes Ziel einzuklinken, weil ich keinen Hinweis darauf sehe, daß sich Geschichte konkret formen läßt (im Vorfeld beeinflussen, ja, auf jeden Fall!) und stelle meine Fähigkeiten, meine Fakten und mein Wissen allen zur Verfügung, bei denen ich glaube., es vertreten zu können. Meine Ideen sind public domain, und ich hoffe, das wird bis an mein Lebensende so bleiben.

Scheiß auf Sektiererei; packen wirs an. Wenn es um eine andere, bessere Zukunft geht, verderben für mich viele Köche nicht den Brei (solange das Rezept ohnehin noch nicht feststeht), sondern sorgen dafür, daß er gerade die richtige Würze bekommt.

Denn das, Leute - das ist 'multitude'! Und egal, wie scheiße die Zeiten sind, ich würde in keinen anderen leben wollen.

Nicht wichtig? - Doch wichtig!

Cheeky Comments 24.03.2003 - 19:43
da möchte ich doch energisch widersprechen: ich finde es maßlos interessant, ob irgendwelche deutschen linken Splittergruppen eine Atommacht zerschlagen wollen, die wohl eher am Vietnam-Syndrom ihrer führenden Politiker zugrundegeht als an der Sympathie oder Antipathie irgendwelcher Hampelhaufen. Und was Max Brym angeht: der denkt doch offensichtlich: "viel Feind, viel Ehr". Wenn ihr ihm also einen Gefallen tun wollt, dann schreibt weiter fleißig gegen ihn an.

;-)