Berlin: Preisverleihung vorm Sozialamt Neukölln

FrühaufsteherInnen 19.12.2002 12:22 Themen: Soziale Kämpfe
Heute morgen um 10 Uhr begann in Berlin der Tag des sozialen Protests in Berlin mit einer ersten Aktion.
Im Rahmen einer Kundgebung vor dem Sozialamt Berlin / Neukölln, wurde diesem der "Goldene Tretstiefel" - Wanderpokal für das mieseste Sozialamt der Republik - verliehen. Diese Sozialamt hatte kürzlich für eine Woche geschlossen und ist auch sonst für schikanöse Behandlung von SozialhifeempfängerInnen bekannt. Diesem wurde in einem "Trauermarsch" gedacht, in dessen Anschluss der Preis übergeben wurde. An der Kundgebung nahmen etwa 40 Menschen teil. Es gab mehrere Redebeiträge und Musik.
Noch den ganzen Tag über und auch morgen sind weitere Aktionen angekündigt
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Ergänzungen

Zum Beispiel heute um 15.00 Uhr...

... 19.12.2002 - 13:14
"Der Investor kommt..."

Berlin ist pleite? Wo ist das Problem? Ein Gespenst geht um in Europa: DER INVESTOR kommt und macht uns alle glücklich. Lahme können wieder sehen, kinderreiche Familien Wein statt Wasser trinken! Das Spree-Ufer wird zur Hochglanz-Siedlung für die boomende "New Economy" ausgebaut! Wer da nicht am Start ist, verpasst den letzten Zug (auch nach neuem Preissystem). Es rettet uns ein höheres Wesen, ein Gott, Kaiser und Tribun. Kommt und meldet euch freiwillig für den Ehreneinsatz an der Schuldenfront, verkauft Ich-AG-Aktien, küsst dem Investor die Füsse, schmeisst mit Geld nach Geld! Kapitalismus ist Menschenrecht - Frohlocket!

15.00 Uhr - Oberbaumbrücke (gegenüber "Universal")

das Programm vom Rest vom Tag

info 19.12.2002 - 13:16
findet ihr hier:

Inhalt!

noch was zum Neuköllner Sozialamt 19.12.2002 - 13:22
Die Kritik am Sozialamt Neukölln ist zahlreich, sei es, daß das Sozialhilfebudget des Stadtbezirkes Anfang November aufgebraucht war (jetzt legt der Senat nach), seien es Probleme bei Mietschulden, Krankenhilfe, ergänzenden Sozialhilfe, sei es die Videoüberwachung oder der Druck zur gemeinnützigen zusätzlichen Arbeit (gzA). So sagte der CDU- Sozialstadtrat: "Wer sich am Kampf gegen die Motte nicht beteiligt hat, der hat sein Recht auf Sozialleistungen verloren."

-->  http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/05.11.2002/290432.asp

Auch Menschen, welche Sozialhilfe beziehen, kommen ins Visir der Disziplinierungsmaßnahmen des Berliner Senats. So sollen sie nun ihre Dankbarkeit gegenüber dem Berliner Senat und den von ihm erhaltenen Leistungen beweisen und zwar indem sie sogenannte "gemeinnützige Arbeit" verrichten. Beispielsweise sollte vor wenigen Wochen in der Neuköllner Hasenheide, welche ja bereits für staatlichen Rassismus und Repression gegenüber AusländerInnen und KifferInnen bekannt ist, das von der Motte befallene Kastanienlaub aufgesammelt werden. Die "Sozialhilfeempfänger" erwartete ein Lohn von sage und schreibe 1,53 Euro pro Stunde.

--> "Mottenjagd hat begonnen" (TAZ):
-->  http://www.taz.de/pt/2002/10/22/a0152.nf/text.name,askRQrEBt.n,0

Am ersten Tag dieser "Aktion" wurden 30 HelferInnen erwartet, doch es kamen dann doch nur 12. Am zweiten Tag waren es nur noch acht. Der Berliner Tagesspiegel schrieb dazu:

"Keine Blätter, keine Scheine - In Neukölln wollen viele Sozialhilfeempfänger nicht mithelfen bei einer stadtweiten Aktion. Jetzt greifen die Ämter durch und streichen Hilfen." (  http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/23.10.2002/270977.asp)

Auch Neuköllns Sozialstadtrat Michael Büge pustete in das selbe Horn: Die "gemeinnützige Arbeit" der "Sozialhilfeempfänger" sei doch eine Art Gegenleistung für die Hilfe des Staates und er sei enttäuscht, wenn manche sich verweigerten: "Die müssen nun tatsächlich mit Kürzungen der Hilfe rechnen" und weiter: "Jetzt heißt es: keine Toleranz mehr." Das sei auch vor dem Hintergrund des Haushaltsloches zu verstehen. "Die, die sich weigern, tun das auf Kosten der Gesellschaft."

Es ist der Politik des Berliner Senats gelungen, ein Bild zu verbreiten, dass die "Armen" als faule, versoffene, potentielle BetrügerInnen zeichnet, welche sich nur zurücklegen wollen und stinkefaul sind. Auch dies fügt sich ein, in eine Politik der Disziplinierung, Ausgrenzung und des Arbeitszwangs, welche beispielsweise auch durch die Umsetzung der Hartz-Vorschläge auf Bundesebene zum Ausdruck kommt.