Piratensender in Deutschland ordnungswidrig

Radio Vogelfrei 08.02.2002 20:14 Themen: Medien
Das Betreiben eines Piratensenders ist nicht mehr und nicht weniger als eine Ordnungswidrigkeit - eine zwar rechtswidrige wie schuldhafte Handlung, jedoch keine Straftat. Ein Fall ähnlich dem, wenn ein Autofahrer eine rote Ampel ignoriert. Das Telekommunikationsgesetz (TKG), das der Bundestag 1996 verabschiedet hat, droht Piraten in § 96 Abs. 2 mit einer Geldbuße von bis zu einer Million Mark. In der Praxis hat sich für Piratensender inzwischen erwiesen: Wer sich erwischen lässt, muss mit vierstelligen Bußgeldern rechnen. Saftige Gebühren für den Peileinsatz können noch hinzu kommen.
Hauptansatzpunkte, um ein Verfahren gegen Piratensender einzuleiten, sind jene Passagen im TKG, nach denen ordnungswidrig handelt, wer ohne Lizenz Übertragungswege betreibt und ohne offizielle Zuteilung Frequenzen nutzt (§ 47 Abs. 1 bzw. § 96 Abs. 1 Nr. 1 und 10 TKG).

Das heißt in der Praxis, dass nur derjenige, der die "rechtliche und tatsächliche Kontrolle" über den Sender ausübt, belangt werden kann - also der Betreiber.

Ein Verfahren gegen einen süddeutschen UKW-Piraten mußte 1998 eingestellt werden, weil in einer Gruppe von Vereinsmitgliedern nicht eindeutig festgestellt werden konnte, wer wirklich den Betrieb der Anlage zu verantworten hatte. Im übrigen gilt:

Das Ordnungswidrigkeitsverfahren muss drei Monate nach dem Verstoß eingeleitet und ein halbes Jahr danach bearbeitet sein.

Im TKG fehlt eine Vorschrift, die das endgültige Einziehen der illegalen Sendeanlage gestattet. § 49 erlaubt zwar die Außerbetriebnahme von Geräten, und laut § 77 dürfen Behörden Ausrüstung zwar beschlagnahmen, aber bloß zur Beweissicherung. Nicht die Staatsanwaltschaft, sondern die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) mit Hauptsitz Bonn verfolgt solche Fälle (bis 31.12.1997 war das Bundesamt für Post und Telekommunikation zuständig). Anders als Straftatbestände, die laut Gesetz verfolgt werden müssen, können die Behörden im Einzelfall das Verfahren einstellen, ohne ein Bußgeld zu verhängen.

Dies scheint in der Praxis eher selten vorzukommen. Die RegTP spürt die Sendeanlagen auf, leitet das Ordnungswidrigkeitsverfahren ein und verschickt selbst einen Bußgeldbescheid. Diesen kann der Betroffene akzeptieren und bezahlen. Damit wäre das Verfahren bereits abgeschlossen. Zu einem Prozess kommt es nur noch, wenn binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids Einspruch eingelegt wird.

Dann entscheidet das Amtsgericht am Sitz der Behörde - in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel Mülheim an der Ruhr. Eine Berufungsinstanz ist nicht vorgesehen. Bei Verfahrensfehlern besteht die Möglichkeit, Rechtsbeschwerde einzulegen. Eine Art Revision, bei der es nicht mehr zu einer erneuten Beweisaufnahme kommt.

Ertappte Piraten haben mit empfindlichen Geldbußen zu rechnen. Zwar ist die im TKG genannte maximale Summe von einer Million Mark eine absolute Höchstgrenze, denn das TKG eine breite Palette an Rechtsfragen regelt, so auch den Wettbewerb um den Telefonmarkt samt der dazugehörigen Übertragungsnetze. Aber die Bußbescheide setzen erheblich höher an als die Urteile zu Zeiten, in denen noch das Fernmeldeanlagengesetz galt. Damals war 600 Mark eine gängige Strafe für Ersttäter. Heute kann es leicht zehnmal so teuer werden.

Inzwischen sind in der Kurzwellenszene einige Verfahren nach dem TKG abgewickelt worden. Radio Dr. Tim (ausgehoben am 24. November 1996) musste ein Bußgeld in Höhe von 3000 Mark bezahlen. Die Sendeanlage blieb einbehalten; sonst wäre die Forderung noch saftiger gewesen. Von dem am 30. November 1998 auf frischer Tat ertappten Betreiber von City FM forderte die Regulierungsbehörde ein Bußgeld in Höhe von 2111 Mark (incl. Verwaltungsgebühren) sowie 3000 Mark für die Kosten des mobilen Peileinsatzes. Das Gericht hat die Geldbuße unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Piraten auf 500 Mark gesenkt.

Nach einem Peileinsatz am 5. Juli 1998 erhielt Star Club Radio einen Bußgeldbescheid über 5000 Mark, den die gerichtliche Überprüfung des Falls schließlich auf 1500 Mark abmilderte, nicht zuletzt aufgrund der geringen Finanzkraft des Beschuldigten. Da er die Einspruchsfrist verstreichen ließ, blieb er aber auf 2500 Mark Kosten für den Einsatz sitzen.
Am 5. April 1999 wurde Radio Nordsee International ausgehoben. Da die Station auf zwei Frequenzen sendete, verlangte die Regulierungsbehörde gleich zweimal den üblichen Bußgeldsatz von 5000 Mark. Nach Intervention eines Rechtsanwaltes einigten sich die beiden Parteien schließlich auf ein Bußgeld von insgesamt 5000 Mark. Hinzu kommen allerdings noch Kosten für den Peileinsatz, die 2000 Mark betragen haben sollen. In diesem Fall hat es sich mäßigend auf die geforderte Summe ausgewirkt, dass der Betreiber auf die Rückgabe seiner beschlagnahmten Sendeanlage verzichtete. Ihr Gegenwert fließt dann in die Kalkulation mit ein. Ein anderes, im Juli 1999 abgeschlossenes Verfahren gegen einen Mittelwellenpiraten endete mit einer Buße von 2000 Mark plus 200 Mark Gebühren.
Nach seiner Aushebung am 30. September 1999 akzeptierte Stationsbetreiber Yves von International Music Radio den Bußgeldbescheid in Höhe von 3200 Mark.


Am 1. April 2001 erhielt ein Radio-Bastler in der Nähe von Düsseldorf Besuch von der RegTP, als er einen gut und gerne 30 Jahre alten Röhrensender restaurieren wollte und eine Kassette von Radio Marina probeweise ausstrahlte. Am 19. Juni 2001 wurde der Kieler UKW-Pirat Zero FM nach mehrtägigen Sendungen ausgehoben. Ebenfalls in Kiel wurde die Kurzwellenstation Studio Northlight am 29. September 2001 während einer auf 24 Stunden angesetzten Sendung auf 6305 kHz stillgelegt.

Nicht nur mit Bußgeldern hat die Regulierungsbehörde ein effektives Mittel gegen Schwarzfunker in der Hand. Sie kann ihnen überdies Kosten etwa für Peileinsätze und Verwaltungsaufwand aufbrummen. Die Frequenzgebührenverordnung vom 27. Mai 1997 nennt Beträge zwischen 50 und 3000 Mark für Maßnahmen des Prüf- und Messdienstes zur Überwachung und Unterbindung von Verstößen gegen die Frequenzzuteilung. Hierunter fällt auch die Anordnung, eine illegale Sendeanlage außer Betrieb zu nehmen. Mit 1800 Mark schlägt die verwaltungstechnische Bearbeitung eines Verstoßes gegen Frequenzzuteilungsbedingungen oder die Frequenzzuteilungsverordnung einschließlich des Festlegens der Maßnahmen zu Buche. 1200 Mark kostet ein mobiler Messeinsatz am Ort eines Gestörten. Zwischen 500 und 3000 Mark verlangt die Regulierungsbehörde für einen mobilen Messeinsatz am Ort des Störers bzw. einen stationären Messeinsatz zum Ermitteln von Funksendern, die gegen Frequenzzuteilungsbedingungen oder die Frequenzzuteilungsverordnung verstoßen. Auch wenn die tatsächliche Höhe der Einsatzkosten etwas willkürlich angesetzt scheint - es läppert sich schnell einiges zusammen.

Seit 2001 hat die Regulierungsbehörde augenscheinlich einen weiteren Pfeil im Köcher: Mit Hinweis auf eine fehlende EG-Baumusterbescheinigung kann die RegTP die Herausgabe eines konfiszierten Senders verweigern. Damit nimmt die RegTP Bezug auf das Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten (EMVG). Ist eine solche, vom EMVG geforderte Bescheinigung nicht vorhanden und wurde der Sender in Verkehr gebracht, gewerbsmäßig weitergegeben oder in Betrieb genommen, liegt eine zusätzliche Ordnungswidigkeit vor (§ 5 Abs. 1 EMVG, § 12 Abs. 1 und 3 EMVG). Hierfür kann ebenfalls ein Bußgeld verhängt werden.

Betroffen sind somit insbesondere Gerätschaften der Marke Eigenbau oder ausgemusterte Armeebeständen. Bei kommerziell gefertigter Ausrüstung wie beispielsweise Transceivern sieht die Sache anders aus. Wer bei einer Aushebung allerdings leichtfertig die ihm präsentierte Verzichtserklärung unterschrieben hat, kann sicher sein, dass die Behörde den Sender von sich aus entsorgen wird.
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Ergänzungen

Was willste denn noch mit dem Alten Sender?

Düsentrieb 08.02.2002 - 20:42
Womit fummelt ihr denn noch herum, ob sie die Sende Enstufe für 30-40 Euro finden und behalten oder Peng, sollen sie doch Glücklich werden damit, und sich Weiter bilden, Hauptsache die kommen nicht über die Reais zum Betreiber und Moderator des Senders.

Sansibar

Pirat 10.02.2002 - 10:52
Sansibar war der beste Sender auf dem Kubat-Dreieck (Lenee-Dreieck)!!!

















Piratensender

Thomas 13.02.2002 - 15:25
Der dauernde Betrieb eines Piratensenders macht keinen Sinn. die Peiltechnik ist so gut das netz fester und mobieler Peilstationen so dich - die kriegen einen ganz schnell.
Internet-Radio bringt viel mehr - auch wenn es legel ist .

Piratenradio ist wirksamer!

piratin 19.06.2002 - 20:36
Tja, gern höre ich mal ins web. mit einer dsl-leitung klappt das dann auch ganz gut, aber wer hat das schon. ukw-empfänger kosten ein paar märker - kann sich also jeder und jede kaufen oder vom schrott holen. also, welches medium erreicht mehr menschen, kann mehr menschen informieren und unterhalten. übrigens: welches medium wird am meisten konsumiert? RADIO per ukw!!!