Märkischer Kreis

60,00 € in 10 Lebensmittelgutscheinen - statt einer einzelnen Bargeldauszahlung

Am 30.08.2016 suchte ein Mann das Jobcenter Märkischer Kreis mit der Bitte um Hilfe. Der Mann hatte sein letztes Geld aufgebraucht. Er ist wohnungslos, ohne unterstützende familiäre Kontakte und zweifelsfrei anspruchsberechtigt im Sinne des SGB II. Seine Vorsprache erfolgte in Begleitung eines Beistandes. Die forsche Abweisung auch.

Iserlohner Dorfrecht

Entgegen der klaren gesetzlichen Vorgaben des § 24 SGB II über abweichende Erbringung von Leistungen hatte der Mann Anspruch auf eine Bargeldauszahlung.Ausgehändigt wurden ihm stattdessen 10 Lebensmittelgutscheine im Gesamtwert von 60,00 €;  2 Gutscheine á 10,00 € und 8 Gutscheine á 5,00 € = 60,00 €. Dabei ist die Verwendung der Gutscheine sehr eingeschränkt.  
Es ist unwahrscheinlich, dass die Leistungssachbearbeiter solche regelmäßigen Rechtsverletzungen eigenverantwortlich riskieren. Vielmehr scheint sich abermals zu bestätigen, dass die Geschäftsführer des Jobcenter Märkischer Kreis diese Demütigung mit Lebensmittelgutscheinen von ihren Beschäftigten einfordern.Die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen hat der Gesetzgeber ausdrücklich nur drei Problemgruppen vorbehalten. Das Jobcenter Märkischer Kreis missachtet seit mehr als zehn Jahren regelmäßig das Sozialrecht: 
SGB II § 28 (2) „Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Arbeitslosengeld II bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.“
http://www.beispielklagen.de/IFG007.html 

Keiner dieser Vorwürfe ist auf den Leistungsberechtigten zu übertragen.

Unwirtschaftliches Verhalten

Die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen kostet Geld. Steuergeld. Wenn Steuergelder gesetzwidrig verwandt werden, ist das was? Verschwendung von Steuergeldern?Für die Auszahlung von Bargeld genügt es den Geldautomaten im Raum 104 regelmäßig aufzufüllen. Die Buchführung beschränkt sich auf minimalsten Aufwand. Die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen beim Jobcenter ist nicht nur erheblich kosten- und arbeitsintensiver, sie ist lästig und in sehr vielen Fällen überflüssig, ja rechtwidrig. Die Gutscheine werden von der Mehrzahl der Leistungsberechtigten als persönliche Demütigung empfunden und auch selbst Jobcentermitarbeiter geben unumwunden zu, dass es ihnen peinlich wäre, „mit den Dingern zu bezahlen“.

Der Weg der Lebensmittelgutscheine

⇒ Am Anfang steht der Ankauf von Gutscheinen. Seit 2011 hat das Jobcenter Märkischer Kreis mit dem "Wertgutschein Pass" ein neues Gutscheinsystem eingeführt. Der Anbieter Sodexo tritt dabei als "Marktführer im Bereich staatlicher Sozialleistungen" auf.
⇒ Der Leistungsberechtigte spricht beim Leistungssachbearbeiter vor und beantragt eine Bargeldauszahlung.
⇒ An die Stelle der Ermessensausübung zur Prüfung der Auszahlungsform tritt häufig die rechtswidrige Umsetzung der Weisung der Geschäftsführung.
⇒ Hier: zehn Ausgabe-Buchungen im Jobcenter
⇒ Ausgabe von 10 Gutscheinen für insgesamt 60,00 €
⇒ zehn Einkäufe in bis zu zehn Geschäften
⇒ zehnmal Buchungs-Mehraufwand in bis zu zehn Geschäften
⇒ Einzel-Abrechnungen mit dem Jobcenter in bis zu zehn Geschäften für einen Minimalbetrag
⇒ zehn Ausbuchungen im Jobcenter
⇒ zehn Einzel-Überweisungen
⇒ zehnmal Buchungs-Eingangs-Kontrollen in bis zu zehn Geschäften

Vermutlich berücksichtigt diese Aufzählung noch nicht einmal alle tatsächlichen Handlungsschritte.
Auskunft zur Häufigkeit der ausgegebenen Gutscheine und die mit der Abwicklung verbundenen Kosten lehnte das Jobcenter Märkischer Kreis bisher ab.

Fazit:

Das Jobcenter tritt mit dem Anspruch an, Erwerbslose für den ersten Arbeitsmarkt fit machen zu wollen. Aber bereits der unverhältnismäßige Bürokratieaufwand für die rechtswidrige Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen lässt vermuten, dass die Entscheider selbst kaum in der Lage wären, am ersten Arbeitsmarkt zu bestehen.

   

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