Raubkopieren schafft Ideen

Genre: 
Kurzfilm

Dieser kurze Trailer ist eine Persiflage auf die in Deutschland bekannte Kampagne “Raubkopierer sind Verbrecher”

„Raubkopierer sind Verbrecher“

Kritik an der „Raubkopierer sind Verbrecher“- Kampagne gibt es in vielerlei Hinsicht. Das Problem ist, dass es das „geistige Eigentum“ als solches nicht geben kann. Maximal gibt es die eigene Idee, welche jedoch meist auf anderen Ideen aufbaut. Speziell im Film kann gesagt werden, dass die Kameraeinstellungen oder Motive meist in vorherigen Filmen schon einmal verwendet wurden. Der Aspekt, dass freie Weitergabe und Austausch an Information die menschliche Entwicklung vorantreiben, wird dabei außer Betracht gelassen. Die Kampagne versucht mit Hilfe von Wortneudeutungen Begriffe wie „Raub“ in einen neuen Kontext zu stellen. „Raub“ bezeichnet ein Verbrechen, bei dem jemanden eine bewegliche Sache mittels Gewalt oder körperlicher Bedrohung weggenommen wird. Dies trifft bei der Diskussion um die so genannte Raubkopie jedoch nicht zu. Zum einen weil das Original weiterhin beim Urheber bleibt und zum anderen keine Gewalt oder anderweitig körperliche Bedrohung stattfindet. Die richtige Bezeichnung wäre lediglich Schwarzkopie. Ein anderer Aspekt ist die kapitalistische Verwertung von Informationen als Ware. Informationen wie Filme können ohne großen Aufwand mit den heutigen technischen Mitteln theoretisch unendlich mal vervielfältigt werden. Trotzdem werden Informationen aufgrund kapitalistischer Verwertungslogik behandelt wie physikalisch feste Dinge, die einzeln produziert werden müssten.

Gegenbwegung

Aufgrund der Beschränkungen dieser Art von künstlicher Informationsknappheit haben sich gesellschaftliche Gegenbewegungen entwickelt, die mit Hilfe von „Copyleft“ – Lizenzen ihre eigenen kreativen Erzeugnisse für die Allgemeinheit frei und ohne Anspruch auf finanzielle Interessen zur Verfügung stellen. Im Software-Bereich ist Software unter der GNU Public Lizence(GPL) schon so weit in das gesellschaftliche Bewusstsein gerückt, dass schon von einer kleinen Revolution gesprochen werden kann. Ein bekannteste Beispiel ist das freie Betriebssystem Linux. Im Medienbereich findet ebenfalls eine Neuorientierung statt. Mit der Creative Commons Lizenz(creativecommons.org) können Medienschaffende ihre kreativen Erzeugnisse, wie Text, Bild, Ton oder Film unter der Bedingung der freien Weitergabe der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Was in diesem Sinn bezeichnend ist, ist der “Raubkopier”-Gedanke im positiven Sinn. So ist es möglich aus verschiedenen Medien Teile oder Ideen zu kopieren und mit Eigenkreationen zu einem neuen Werk zusammensetzen. Der „Raubkopier“-Gedanke steht im direkten Widerspruch und wird als Provokation wahrgenommen.

Bionik als Raubkopie

Es gibt einen Forschungsbereich, indem es eine Selbstverständlichkeit ist, Information zu kopieren und in neue Ideen zu integrieren: die Bionik. Der Ausdruck Bionik setzt sich aus „Biologie“ und „Technik“ zusammen und bringt damit zum Ausdruck, aus der Biologie technische Anwendungen abzuleiten, die dann in der Technik verwendet werden. Es werden biologische Strukturen und Organisationsformen als Ideenvorlage oder Inspiration für technische Problemlösungen zu Nutze gemacht. Als historischer Begründer der Bionik gilt Leonardo da Vinci, der den Vogelflug analysierte und die daraus gewonnenen Erkenntnisse auf seine Flugmaschinen übertrug. Bionik kann so auch einfach als “Raubkopier”-Prinzip verstanden werden. In der heutigen Zeit gehören zu den Bekanntesten der beliebte Klettverschluss, der durch das eher lästige Anhängen von Klettenfrüchten her abgeleitet worden ist. Weitere Beispiele sind:

Hubschrauberflügel, Propeller, Windrad, abgeleitet aus dem Ahornsamen

Fallschirm, abgeleitet von der Frucht des Wiesenbocksbart oder des Löwenzahnsamens

Lotos-Effekt,äußerst geringe Benetzbarkeit des Wassers auf Blättern von der Lotospflanze(auch bei Kapuzinerkresse, Kohl, Schilfrohr, Tulpe, Banane), angewendet bei selbstreinigenden Lacken, spezieller Karamik

Saugnäpfe, abgeleitet von Krakenarmen

Salzstreuer, abgeleitet von der Mohnkapsel

u.v.m.

Obwohl einige Beispiele nur „kopiert“ sind, sind sie sogar patentiert.

Filmpersiflage zu “Raubkopierer sind Verbrecher”

Der Film ist ein Werbespot für den Copyleftgedanken. Der Werbespot soll dem Originalspot „Raubkopierer sind Verbrecher“ in Form und Stil soweit ähneln, das der Zuschauer weiß, dass sich auf diese Kampagne bezogen wird. Es sollen die gesellschaftlichen, technischen und kulturellen Vorteile des freien Kopierens mit Hilfe der Thematik Bionik vermittelt werden. Für den Werbespot “Raubkopieren schafft Ideen” bedeutet das:

“Raubkopieren” am Beispiel Bionik

positive Besetzung des Wortes „Raubkopierer“

jede Idee baut auf einer vorangegangenen Idee auf – es gibt kein geistiges Eigentum

die Thematik soll emotional vermittelt werden, nicht technisch, um eine breite Zielgruppe anzusprechen

es soll eine klare Gegenpositionierung zur „Raubkopierer sind Verbrecher“-Kampagne vorhanden sein

Form und Stiel soll sich an „Raubkopier sind Verbrecher“-Kampagne orientieren

Provokation durch drastische Übertreibung wie bei „Raubkopierer“-Kampagne

es soll eine Alternative aufgezeigt werden: Creative Commons Lizenz

Die filmische Umsetzung

Der Werbespot ähnelt in Länge, Form und Stil dem Originalwerbespot. Es wird der Zusammenhang Kopieren in der Bionik und Kopieren in der Gesellschaft gegenübergestellt. Das geschieht durch den bildlichen Vergleich drehender Ahornsamen – Propeller – Windrad. Verstärkt wird das Positive am „Kopiervorgang“ durch eine emotional-aufbauende Musik. Der Spannungsverlauf baut sich auf und wird dann durch die provokative Aussage „Raubkopierer werden [..] bestraft“ zugespitzt. Der Zuschauer wird voraussichtlich durch die maßlose Übertreibung empört sein und wird den Clip zur “Raubkopierer sind Verbrecher”-Kampagne zuordnen. Plötzlich kommt es zu einem “Filmriss”, bei dem der Zuschauer über die Problematik durch den Schlusssatz und Creative Commons aufgeklärt wird. Der Zusammenhang zu Raubkopierern wird so inhaltlich übertragbar, aber nicht im Vorfeld angekündigt. Filmisch wurde versucht, soviel wie möglich durch selbsterklärende Bilder zu vermittelt.

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