Hochschulen Sommerfest Potsdam – eine Kritik

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Das diesjährige Hochschulensommerfest der Uni Potsdam findet unter dem Motto „frei(t)träume erkämpfen“ statt, womit Bezug auf die aktuelle Flüchtlingsdebatte genommen werden soll. Was erstmal gut klingt, bringt einige Widersprüche mit sich und es gibt für uns Anlass zur Kritik.

 

Geprägt war das Hochschulensommerfest schon immer auch durch die Präsenz „antideutscher“ Bands, vorzugsweise vom Hamburger Label „Audiolith“, mit dem der AStA eine kontinuierliche Kooperation pflegt. Im vergangenen Jahr durfte Das Flug mit „allesz muss brennen“ die Bombardierung Dresdens feiern, im Jahr zuvor wurde Egotronic („10 German Bombers“, „Heimatschutzbund Anticastorbewegung“ oder „Was soll's, wir werden tanzend in den Abgrund ziehen“ usw.) eine Plattform gebo­ten. Alles nur überspitzter und notwendiger Zynismus gegen die deutsche oder kapitalistische Ge­samtscheiße? Wohl kaum.

Der diesjährige Headliner Antilopen Gang sagt klar worum es geht:

"Also Blockupy fand' ich schon besonders dumm. (...) Das das überhaupt noch geht, dass Linke sich auf so einen Unsinn einigen können, hat mich krass verwundert. Da bin ich dann doch sehr froh über Rechtsstaatlichkeit, über Polizisten, die diese Leute dann im Zaum halten. Und ich würde auch tatsächlich, wenn diese Leute sich erheben und das umsetzen wollen, was da zwischen den Zeilen angekündigt wird, dieses reiche eine Prozent – wer auch immer das sein soll – wenn die die jetzt lynchen würden, würde ich auch auf der Seite der Polizei gegen sie kämpfen. Mit Waffengewalt." (Interview im Neuen Deutschland 10.11.2014)

 

Auch in ihren Songs propagieren die Antilopen nicht nur Gewalt gegen politische Gegner, sondern sie relativieren vor allem die Verantwortlichkeiten im Kapitalismus, wenn sie beispielsweise in „Ölsardinenindustrie“ behaupten: „die großen Fische werden sowieso nur von den noch größeren ge­fressen“. Damit wird den Kapitalisten ein Freifahrtschein erteilt und gleichzeitig die neoliberale Mär der „Sachzwänge“ reproduziert, welchen der Bänker genauso unterlegen sei, wie der Bäcker oder der Hartz4 Empfänger. Was vielleicht bestenfalls als Kritik an vermeintlich verkürzter Kapitalimuskritik gedacht war, ist nichts anderes als die Verkürzung der Verkürzung, eine Vernebelung der Realität, und wird entsprechend von der Springerpresse bejubelt: „Eines der klügsten deut­schen Hip-Hop-Stücke dieses Herbstes!“. Wie nun aus dieser Perspektive und an Seite von Herrschenden und Polizei „frei(t)räume erkämpft“ werden sollen, ist uns absolut schleierhaft.

 

Doch es sind nicht nur diese zweifelhaften Botschaften, die das Kulturreferat den Studierenden näherbringen möchte. Im letzten Jahr wurde beispielsweise ein bereits bestätigter Auftritt von Mono für Alle! auf dem Hochschulensommerfest wieder abgesagt, nachdem es im Kulturreferat kurzfristige Bedenken wegen dem Song „11 September“ gegeben haben soll. Musik also, dessen Message im Gegensatz zur „antideutschen“ Rhetorik klar antimilitaristisch und systemkritisch ist, will der AStA nicht nur nicht hören, sondern er lädt solche Künstler auch ganz einfach wieder aus. Die Akti­vitäten des AStA gehen damit weit über die Vermittlung neoliberaler und bellizistischer Botschaften hinaus, es werden auch andere linke Gruppen behindert und aktive Entsolidarisierung betrieben.

 

Insgesamt ist für uns solches Verhalten und insbesondere der Auftritt der Antilopen Gang nicht kritiklos hinnehmbar. Wir fordern aber nicht in reaktionärer „antideutscher“ Agitation eine Zensur oder Ausladung der Gruppe, sondern wir fordern eine inhaltliche Auseinandersetzung und rufen grundsätzlich zum Widerstand gegen ein neoliberales und bellizistisches AStA-Kulturprogramm auf! Wir fordern außerdem einen sofortigen Stop der Quersubventionierung „an­tideutscher“ Gruppen durch Studierendengelder!

 

 

Potsdam, 22. Mai 2015 – Gruppe AStA-Watch

 

 

Links:

Interview mit der Antilopen Gang

http://www.neues-deutschland.de/artikel/951837.punk-hat-viele-widersprue...

Dazu eine Kritik im M&R: http://www.melodieundrhythmus.com/mr-1-2015/neoliberale-subkultur/

 

 

Ein längerer lesenswerter Artikel zum „Soundtrack des Neoliberalismus“ ist soeben im neuen M&R erschienen, leider noch nicht online.

 

 

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Ergänzungen

Der potsdamer AStA schiebt also dem Bildzeitungs-ToteHosen-Label das Geld der Studenten in den Arsch und will damit auch noch Flüchtlingspolitik machen? unglaublich.