(Bln) Kundgebung für Rodney Reed & gegen Todesstrafe

Regionen: 
Berlin - US Botschaft - Weg mit der Todesstrafe - überall!

Am Sonntag, den 1. März protestierten knapp 80 Todesstrafengegner*innen vor der US Botschaft in Berlin gegen die geplante Hinrichtung von Rodney Reed in Texas. Gleichzeitig forderten sie die grundsätzliche Abschaffung der Todesstrafe in den USA und überall.

Rodney Reed war als junger Afroamerikaner 1996 für den brutalen Mord an Stacey Stites angeklagt worden, den jedoch ein anderer, der Polizist Jim Fennell verübt hat. Chorpsgeist von Polizei und Justiz ermöglichte es, Reed den Mord in die Schuhe zu schieben, obwohl es starke Unschuldsbeweise zu seinen Gunsten gibt, die der Jury jedoch weitesgehend vorenthalten und bis jetzt von der Justiz ignoriert wurden.

 

Zwar hat ein Gericht am vergangenen Montag die für den 5. März angesetzte staatliche Ermordung befristet angehalten (1), aber es bestehen keine Illusionen über den Aufklärungswillen der Justiz in  Texas. Vieles deutet darauf hin, dass es lediglich ein Einlenken auf die Proteste und öffentliche Berichterstattung der vergangenen Wochen war, das zu diesem Aufschub führte.

 

Eine Sprecherin der Initiative gegen die Todesstrafe (2) ging auf die vermeintliche  abschreckende Wirkung der Todesstrafe  im herrschenden Law and Order Diskurs ein: "Die Initiative gegen die Todesstrafe e.V. spricht sich generell und in jedem Fall gegen  die Todesstrafe aus, weil es sich um eine grausame und die Menschenwürde verletztende Form der Bestrafung handelt, die den Grundsätzen der Menschenrechte widerspricht. Statistiken belegen zudem, dass die Todesstrafe keinen Nutzen aufweist: die vermeintlich bessere Abschreckung lässt sich nicht belegen, ein Mordopfer kehrt durch den Tod des Täters nicht ins Leben zurück und die Opferangehörigen finden in aller Regel nicht ihren Frieden."

 

Eine Sprecherin des Berliner FREE MUMIA Bündnisses (3) betonte den Rassismus in der juristischen Praxis und zitierte den überlebenden Harold Wilson, der 2012 an der gleichen Stelle über seine Erfahrungen im Todestrakt von Pennsylvania berichtet hatte. Nach über  17 Jahren Isolationshaft wurde er unschuldig entlassen, da er sich mit Hilfe seiner Mitgefangenen (u.a. Mumia Abu-Jamal) selbst verteidigen konnte: "Stellt euch vor, von einem System eingesperrt zu sein, das darauf ausgerichtet ist, dich systematisch zu entmenschlichen. Dir jegliche Würde zu rauben. Darauf ausgelegt, deinen Geist und Willen zu brechen. Dich von der Außenwelt abzuschneiden und deinen Verstand zu zermürben." (4) In dieser Zeit kam Harold Wilson zweimal kurz vor seine eigene Hinrichtung. Ein Video mit der kompletten Rede von von ihm aus dem Jahr 2012 ist noch immer online (5).

 

Ein Sprecher der Berliner Roten Hilfe (6) verglich die Ausbeutung in der staatlich/privaten Gefängnisindustrie der USA mit jüngeren Tendenzen in deutschen Knästen, die seit einiger Zeit auch Widerstand erzeugen und rief zur Unterstützung der 2014 gegründeten Gefangenen-Gewerkschaft (7) auf.

 

Mehrere Redner*innen gingen dann auch auf juristische Details ein und betonten die völlige Rechtslosigkeit, der beinahe alle Angeklagten in den USA unterliegen, die nicht in der Lage sind, hohe Geldsummen für ihre Verteidigung zu moblisieren. 97% aller derzeitigen Gefangenen haben erstaunlicherweise erst gar keinen Prozeß gehabt, sondern wurden durch Staatsanwälte dermaßen eingeschüchtert, dass sie aus Angst vor noch höheren Strafen in einen "Plea Bargain" (Schuldhandel) einwilligten. Gerade die Todesstrafe gibt der Staatsanwaltschaft dabei enormes Gewicht gegenüber den meist mittellosen Angeklagten, die i.d.R. auf mangelhafte Pflichtverteidigung angewiesen sind. Durch die Formulierung der Anklageschrift bestimmt sich also, wer in den Knast geht und wer nicht. Bei einer Anklage in den USA geht es also nicht um die Frage von Schuld oder Unschuld, sondern lediglich um die Frage der Haftdauer. Vor diesem Hintergrund wird einerseits die Aburteilungsmaschine für die  kanpp 2,3 Millionen Gefangenen im Gefängnisindustriellen Komplex verständlich und andererseits die Notwendigkeit, den Herrschenden endlich das Terrorinstrument der Todesstrafe abzunehmen. Der vollständige Beitrag ist ebenfalls online (8).

 

Am stärksten betroffen von dieser juristischen Praxis sind People Of Color. Nicht nur in den USA ist längst zu beobachten, wie die Polizei in ihrer alltäglichen Arbeit vor allem nicht-weiße Männer und Jugendliche mit Kontrollen und gezielter Kriminalisierung überzieht. Eine Sprecherin der Kampagne Opfer rassistischer Polizeigewalt (9) rief auf: "Zeigen wir Solidarität mit den Betroffenen! Wenn die Polizei Menschen stoppt, schaut hin, bleibt stehen, fragt nach, bietet Eure Hilfe an, dokumentiert, bietet Euch als Zeug*innen an, verlangt Dienstnummern, erstattet Anzeige, holt euch Beratung, vernetzt euch und macht Öffentlichkeitsarbeit." Und weiter: "Wehren wir uns gegen institutionellen Rassismus innerhalb der Polizei! Wehren wir uns gegen den alltäglichen Rassismus in der Gesellschaft! Zeigen wir Solidarität!"

 

Am Sonntag, den 15. März wird es um 15 Uhr eine weitere Kundgebung auf dem Pariser Platz geben, um gegen rassistische Polizeigewalt zu demonstrieren (10).

Am Samstag, den 21. März protestieren Menschen anläßlich des Tages der politischen Gefangenen ab 11 Uhr vormittags für die Schliessung des Folterlagers Guantanamo sowie die Freilassung von Leonard Peltier und Mumia Abu-Jamal - ebenfalls vor der US Botschaft in Berlin.

 

Die Todesstrafen Gegner*innen machten deutlich, dass sie Rodney Reeds Fall weiter beobachten werden und sich nicht von der befristeten Aussetzung des Hinrichtungstermines ablenken lassen werden. Wer über weitere Schritte in dieser Auseinandersetzung informiert werden möchte, kann sich in eine Info-Liste eintragen: nodeathpenalty@mumia-hoerbuch.de

 

Der Kampf für das Leben und die Freiheit von Rodney Reed wird also weitergehen.

 

Kein Staat hat das Recht, Gefangene zu ermorden!

 

Abschaffung der Todesstrafe - überall!

 

Knäste zu Baulücken!

--------------------------

 

(1) Die Hinrichtung von Rodney Reed wackelt... (24.02.2015) https://linksunten.indymedia.org/en/node/135777 sowie Redebeitrag vor der US Botschaft  http://www.mumia-hoerbuch.de/text/rodneyreed/Redebeitrag%20Rodney%20Reed...

(2) Intiative gegen die Todesstrafe e.V.  http://www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de/

(3) FREE MUMIA Berlin http://www.mumia-hoerbuch.de

(4) Redebeitrag: Abschaffung der Todesstrafe - überall! http://www.mumia-hoerbuch.de/text/rodneyreed/Redebeitrag%20Todesstrafe.pdf

(5) Harold Wilson speaking at Free Mumia rally in Berlin (engl/deutsch) Pt 1.mpg  https://www.youtube.com/watch?v=TEPZ7CkzP_s
Harold Wilson speaking at Free Mumia rally in Berlin (engl/deutsch) Pt 2 https://www.youtube.com/watch?v=l_oU0xgtnbs

(6) Rote Hilfe e.V. - Ortsgruppe Berlin http://www.berlin.rote-hilfe.de/

(7) Gefangenen-Gewerkschaft - Bundesweite Organisation http://www.gefangenengewerkschaft.de/

(8) US Justiz - ein kriminelles System http://www.mumia-hoerbuch.de/text/rodneyreed/US-Justiz%20-%20ein%20krimi...

(9) Kampagne Opfer rassistischer Polizeigewalt https://www.kop-berlin.de/

(10) Aufruf zum Internationalen Tag gegen Polizeigewalt am 15. März // International day against police brutality on 15 march // Appel à la journée internationale contre la brutalité policière le 15 Mars https://www.kop-berlin.de/veranstaltung/aufruf-zum-internationalen-tag-g...

Bilder: 
webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen

Ergänzungen

(Video) Berlin: Stoppt die Hinrichtung von Rodney Reed! Weg mit der Todesstrafe - überall! (02.03.2015) http://youtu.be/HRqmwrTlAW0