Keine Absage - Wir haben uns entschlossen, die Veranstaltung des Roten Aufbau Waterkant (RAW) nicht abzusagen.

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Manchmal kommen Szeneskandale und Spaltungen in Harburg erst später an
Dass dem RAW in der Roten Flora (RF) kein Veranstaltungsraum zur Verfügung gestellt wurde, hat uns aufhorchen lassen. Auch bringt das Rumgepoltere in den Stellungnahmen der RAW nicht gerade Sympathiepunkte.
Aber da wir nicht wissen, was auf dem Plenum der RF passiert ist, haben wir uns (schweren Herzens) entschieden, aus Gründen der Solidarität auch mit Genoss*innen, deren Ansichten und Auftreten uns teilweise nicht sympathisch sind, keine kurzfristige Absage zu erteilen.

Nach der Darstellung des RAW haben ein oder zwei Personen mit einem Veto eine Veranstaltung der RAW in der RF verhindert, wobei RAW den Eindruck hatte, dass diese Person/en ihr Veto vor dem Hintergrund des alten Anti-D/Anti-Imp-Konflikts eingelegt haben und eine wirkliche argumentative Auseinandersetzung (aus Zeitgründen?) nicht stattgefunden hat.
Wir wissen nicht, was da dran ist und teilen die Auffassung des Rote Flora Plenums, dass Diskussionen über linksradikale Strukturen und Strategien nicht in der Öffentlichkeit zu führen sind. Dass es dem RAW scheinbar unmöglich vorkommt, dass sie schlichtweg wegen ihrer politischen Inhalte oder ihres Auftretens kritisiert werden, sondern dass hinter dem Veto personalisierte Einzelschikane beruhend auf Szenekonflikten stehen müsste, erweckt nicht den Eindruck von Fähigkeit zu (Selbst-)Kritik. Dass das Plenum der Roten Flora einschüchternd und die Mama Flora mächtig wirkt, wissen wir aber auch.
Wir fanden es aber nicht richtig, den RAW nur deshalb auszuladen, weil anderswo ein Veto gegen eine Veranstaltung des RAW eingelegt wurde.
Da wir aber eine Entscheidung zu treffen hatten, haben wir versucht, uns ein eigenes Bild zu machen und die Erklärungen (und die Facebook-Seite) des RAW angesehen. Stil und Aussagen sind sicher nicht unproblematisch. Das gilt auch für die in einer elitär akademischen und teils herabsetzenden Ausdrucksweise verfassten Stellungnahme zu den Vorfällen auf dem feministischen Antifakongress, die zudem nicht erkennen lässt, dass der RAW auch nur versucht hat, sich einmal in die Position der Gegenseite hineinzuversetzen. Die Diffamierung des Mackervorwurfs als „ominös“ und die Argumenation „wir können keine Macker sein, schließlich beteiligen wir uns am Fantifa-Kongress“ erwecken den Eindruck, dass RAW noch einiges zu reflektieren hat.
Doch grundsätzlich sollte unserer Meinung nach linke Solidarität auch mit anderen emanzipatorischen/kritischen Auffassungen/Gruppen gelten, solange gewisse Grenzen (Sexismus, Antisemitismus, Homophobie usw.) nicht überschritten werden. Darauf werden wir bei den Veranstaltungen von RAW, genau wie bei jeder anderen Veranstaltung auch, Wert legen. Wir hoffen im Übrigen auch, dass RAW unser Festhalten an der Raumzusage auch zum Anlass nimmt, sich selbstkritisch mit der Frage auseinanderzusetzen, ob nicht auch eigenes Verhalten/Aussagen zur Eskalation beigetragen haben.
Eine Absage so kurz vor der Veranstaltung hätte den RAW vor erhebliche Probleme gestellt. Solange nicht sicher ist, dass die Gruppe „gar nicht geht“, wollten wir weder deren politische Arbeit verhindern, noch durch eine zweite Absage einer Stigmatisierung der Gruppe Vorschub leisten.

Als Linksradikale und vor allem als linkes, selbstorganisiertes Projekt in der Peripherie, weitab von St.Pauli und Schanze, wissen wir, wie wichtig Zusammenarbeit und Support ist. Hierfür ist es unabdingbar, sich kritisieren und streiten zu können, sich auf politischen Dissens hinzuweisen und zur Reflektion anzuregen, aber nicht mit jedem und jeder sofort jegliche Zusammenarbeit niederzulegen. Unser politischer und organisatorischer Alltag in der Sauerkrautfabrik lebt davon, Dissens auszuhalten, widersprüchliche Haltungen und Positionen zu politischen Themen und Strategien zu diskutieren, aber auch nebeneinander auszuhalten.
Wir wünschen uns darüber hinaus, dass die Menschen und Projekte der linksradikalen „Szene“ sich bewusst machen, wie (auch als Projekt existenziell) bedrohlich Ausschluss und Abgrenzung ohne hinreichende Auseinandersetzung ist. Wir wünschen uns einen solidarischen Umgang miteinander und die Möglichkeit, Dinge zu lernen, zu reflektieren, falsch zu machen und dann zu verändern. Niemand von uns ist mit nem Adornotext in der Hand geboren. Die Sauerkrautfabrik ist ein Ort zur Sensibilisierung, Politisierung, für viele Menschen ein Ort des ersten Kontakt zu linksradikalen Themen. Bullshit-Aussagen auszuhalten und dann gemeinsam damit umzugehen und darüber zu reden ist einer unser politischen Aufträge.
Der solidarische Umgang miteinander hatte deshalb für uns Vorrang, auch auf die Gefahr hin, dass sich später herausstellen könnte, dass eine Absage besser gewesen wäre.

 

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