[B] 14.2.Jürgen Elsässer & AfD-Veranstaltung

no calls, just articles... 08.05.2014 11:42 Themen: Antifa
Die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) organisiert am 14. Mai im Restaurant „Schönholzer Heide“ (Heinrich-Mann-Str. 31) in Pankow-Niederschönhausen eine Veranstaltung mit Jürgen Elsässer, dem Herausgeber des neurechten Magazins COMPACT. Die Diskussion soll sich um die Frage “Wie wird Deutschland wieder souverän?” drehen. Hier kommtzusammen was zusammengehört: Neurechte Partei trifft auf neurechte Verschwörungs-Szene und einen ihrer ideologischen Köpfe.
Jürgen Elsässer strickt seit über zehn Jahren aktiv an einer Vernetzung des rechten Millieus. Hierbei zielt er nicht auf den klassischen Stiefel-Nazi ab, sondern vor allem auf Autor*innen, Publikationen und Vertreter*innen rechts-konservativer und verschwörungstheoretischer Kreise. Die Konferenzen, die sein COMPACT- Magazin verantaltet, sindTeil jener Vernetzungsversuche. Auf einer Konferenz in Leipzig sprachen im vergangenen Jahr unter anderem Redner*innen wie Thilo Sarrazin und Elena Misulina, die Präsidentin des Familienausschusses der russischen Duma.
Thema der Konferenz war die Agitation gegen die Homoehe und Homosexualität im Allgemeinen. Misulina war federführend an dem Gesetz gegen „Homo-Propaganda” in Russland beteiligt. Das Gesetz stellt die Aufklärung über Homo- und Transsexualität gegenüber Jugendlichen unter Strafe und untersagt beispielsweise das Küssen nicht-heterosexueller Paare im öffentlichen Raum. Laut Elena Misulina seien „Homosexuelle auch Menschen… (die) …auf einen extremistischen Gehalt durch die Behörden geprüft werden” sollten.

Neuerdings hat Elsässer in der Unterstützung der Berliner „Montagsdemos“ ein weiteres Beschäftigungsfeld gefunden. Diese als Friedensdemonstrationen beworbenen Events ziehen mittlerweile ein breites Spektrum an (Neu-)Rechten an – neben der AfD und den Reichsbürgern auch die NPD – sowie rechte Esoteriker*innen und Verschwörungstheoretiker*innen.

Die geplante Veranstaltung am 14. Mai ist zudem bereits die zweite Zusammenarbeit zwischen Elsässer und der AfD. Bereits am 24. April fand im “Alten Krug” (Dahlem) ein Diskussionsabend zum gleichen Thema statt – ohne nennenswerten Protest.

Auch der Veranstaltungsort für Elsässers aktuell bevorstehenden Vortrag ist nicht zufällig gewählt. Vielmehr scheint die AfD ein gerngesehener Gast im Restaurant “Schönholzer Heide” zu sein, der die Räumlichkeiten bereits des Öfteren für Veranstaltungen genutzt hat. So fand beispielsweise in besagtem Lokal am 18. September 2013 bereits eine Wahlkampfveranstaltung der Partei statt.

Die AfD saugt derzeit alles auf, was sich im rechten Lager der etablierten Parteienlandschaft tummelt oder zuvor in der extremen Rechten beheimatet war. Es handelt sich hierbei nicht bloß um ein weiteres Parteiprojekt, sondern aktuell um eine der stärksten rechts-konservativen Sammelbewegungen. Hierzu gehören: Islam-Gegener*innen, Anti-Asyl-Hetzer*innen, Abtreibungsgegner*innen und vor allem eine Vielzahl an Marktradikalen, die versuchen, ihre Privilegien zu sichern.
Ein Vertreter der letzteren Strömung in der Partei ist deren Sprecher Konrad Adam. Dieser schlägt Menschen in finanzieller Not folgendes vor: „Wenn jemand existenziell bedroht ist, weil er nicht genug Geld hat, um den Lebensunterhalt seiner Familie zu finanzieren, so muss er meiner Meinung nach die Möglichkeit haben, durch den Verkauf von Organen und zwar geregelten Verkauf … ähnlich der Börse finanziell wieder auf die Beine zu kommen“.

Die Frage nach einem souveränen Deutschland, die am 14. Mai in Pankow-Niederschönhausen verhandelt werden soll, deutet darauf, worum es der Partei eigentlich geht: Nämlich um das Wohl und Gedeih der Nation und ihrer Wirtschaftsinteressen, die über dem stehen sollen, was aus unserer Sicht eigentlich anstünde: Nämlich dafür zu sorgen, dass nicht noch mehr Menschen durch das „soziale Netz“ fallen. Der AfD jedoch geht es vielmehr darum, die noch vorhandenen Maschen des „sozialen Netzes“ bestmöglich zu zerschneiden und den Sozialstaat radikal abzubauen.

“Deutsche Souveränität” gibt es zudem schon viel zu viel: Durch den Export deutscher Militär- und Sicherheits-Technik, die wirtschaftlichen Sanktionen und Bevormundung gegenüber den Ländern Südeuropas und zu guter Letzt durch die Unterstützung der unter anderem durch faschistische Kräfte gestützten Pro-EU-Proteste in der Ukraine. Warum also der Ruf nach einem noch souveräneren Deutschland, wenn sich bundesdeutsche Selbstbehauptung bereits überall in der Welt austobt?

Bei den Bundestagswahlen 2013 erzielte die AfD in Pankow 4,8% – meist auch in Gegenden mit geringem oder durchschnittlichem Einkommen. Somit spiegelt dieses Ergebnis recht gut das bundeweite Wahlergebnis. Denn diedeutschlandweiten 4,7 Prozent kamen nicht nur zusammen durch die Stimmen einer frustrierten Elite und von Kleinunternehmern*innen. Die AfD wurde auch von vielen Menschen gewählt, gegen die sich ihre Politik eigentlichrichtet: von Erwerbslosen und Arbeitern*innen.

Eine “Oppositionspartei”, deren Politik nur darauf abzielt die Lebensverhältnisse noch unsozialer zu gestalten, offenbart nur eins: Nämlich deren Wunsch, die bestehende Kürzungspolitik noch radikaler durchsetzen zu wollen, oder zu zumindest Flüsterer am Ohr regierender Sozialabbau-Kader zu sein.

Die AfD kanalisiert soziale und finanzielle Abstiegsängste mit Anti-Immigrations-Propaganda und offenem Hass gegen die „Unterschicht“ in Wählerstimmen. Die AfD ist für uns keine Alternative, weil wir uns verwehren, das Spiel rassistischer und sozialer Spaltung mit zu spielen. Die mantra-artigen Bekundungen der AfD, „weder rechts nochlinks“ zu sein, sind kompletter Blödsinn. Die Politik der AfD ist nichts weiter alter Wein in neuen Schläuchen. Eine Partei, die „Bildung statt Multikulti-Umerziehung“ fordert, muss sich nicht nur den Vorwurf gefallen lassen, in rechten Gewässern zu fischen, sondern bereits selbst knietief darin zu stehen. Die Gruppe North East Antifascists aus Berlin ruft darum für den 14. Mai zu einer Demonstration gegen die Veranstaltung auf.

Der Aufruf wird derzeit schon von zahlreichen Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen unterstützt:

Antifa Friedrichshain (AFH) | Antifaschistische Initiative Nord-Ost (AINO) |
Antifaschistische Initiative Reinickendorf (AIR) | Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin (ARAB) | Buchladen zur schwankenden Weltkugel | Emanzipative Antifaschistische Gruppe (EAG) | Haus der Jugend – Bunte Kuh e.V., Kein Kiez für Nazis | Linksjugend [’solid] Berlin | Linksjugend [’solid] Kreuzkölln | DIE LINKE. Pankow | Neue antikapitalistische Organisation (NAO) Berlin | VOSIFA | Sozialistische Alternative (SAV) Berlin | Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) Berlin | Uffmucken Schöneweide | Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Berlin |Einzelpersonen: Dirk Stegemann | Oliver Höfinghoff (Piraten Berlin)

Die Demonstration soll am Mittwoch, den 14. Mai, um 17 Uhr am S-Bahnhof Pankow starten.Nach der Demonstration findet in Pankow um 20.30 Uhr eine Veranstaltung zur AfD statt - zusammen mit dem Soziologen und Autoren Andreas Kemper. Details dazu gibt es auf der Kampagnen-Seite: www.rechtenvormarschstoppen.antifa-nordost.org
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Ergänzungen