Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik

Antirassistische Initiative - Dokumentation 22.04.2014 23:47 Themen: Antirassismus Repression Soziale Kämpfe
ARI-Dokumentation neu erschienen:
"Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen" (1993 bis 2013)

21 Jahre Recherche und Dokumentation des staatlichen & gesellschaftlichen
Rassismus
Neu erschienen: "Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen"

21 Jahre Recherche und Dokumentation des staatlichen & gesellschaftlichen
Rassismus

Anhand der vielen Einzelbeispiele der jährlich aktualisiert erscheinenden
Chronologie wird deutlich, mit welcher Gewalt die ge­setz­lichen Vorgaben
von Behörden, Gerich­ten, Polizei, medizinischem Personal und anderen
umgesetzt werden und mit wieviel Will­kür und Menschen­ver­achtung
Flüchtlinge gequält, ignoriert, schikaniert, isoliert und oft in Suizide
oder zu Selbstverletzungen getrie­ben werden. Erpressung, Schi­kanen,
Rechtsbrüche und Betrug, aber auch Sippenhaftung, Familientrennungen oder
Inhaftierung Min­der­jähriger sind einige Mittel des Staates und seiner
willfährigen MitarbeiterInnen, um den Ausreisedruck auf Flüchtlinge oft ins
Uner­trägliche zu steigern und sie damit zur "frei­willigen" Ausreise zu
zwingen. Gelingt dies nicht, so wird die Ab- oder Rückschiebung mit Gewalt
durchgesetzt.

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17. September 13: Ludwigslust-Parchim. Ein 32 Jahre alter Flüchtling aus
Mauretanien vergiftet sich mit Tabletten. August 13: Oberallgäu. Eine
Schwangere kommt zu spät ins Krankenhaus und verliert ihr Kind. 17. August
13: Neuburg. Der 29 Jahre alte Cliff Oase er­trinkt in der Donau -
vermutlich Suizid. 25. Juli 13: Harbke. Ein 50 Jahre alter Flüchtling aus
Vietnam tötet sich selbst. 24. Juli 13: Mittelmeer. Die 21 Jahre alte
Nazlieh Semmo aus Sy­rien ertrinkt zusammen mit 11 Flücht­lin­gen in der
östlichen Ägäis. Sie war auf dem Weg nach Hamburg. 30. Mai 13: Der
Asthmatiker Adams Bagna er­stickt in der Flücht­lingsunterkunft Bernburg.
Viele Bewoh­nerInnen leiden hier unter Atemnot aufgrund des Schimmelbefalls
und des Einsatzes von Insektiziden (Kakerlakenplage) 28. Mai 13:
Erstauf­nahmelager Eisen­hüttenstadt. Der 20-jährige Djamaa Isu (Juma A.)
aus dem Tschad erhängt sich. 15. Mai 13: Raesfeld. Ein Be­wohner der
Flücht­lings­unterkunft verbrennt sich selbst und erliegt später den
schweren Ver­letzungen in der Klinik. 25. April 13: Friedersdorf. Der 33
Jahre alte Cosmo Saizon aus Benin stirbt nach einer Not-Operation infolge
einer viel zu späten Einliefe­rung eines "natürlichen" To­des. 7. März 13:
Hof. Hamed Samii (28) stirbt an einer Medika­menten-Überdosierung. 18.
Dezember 11: Erstaufnahmelager Zirn­dorf. Der 18 Mona­te alte Leonardo
Petrovic wird nach 7-maliger unterlassener Hilfeleistung in Lebensgefahr zu
Fuß und per Anhalter von seinen Eltern ins Krankenhaus gebracht. Auf­grund
der viel zu spät einsetzenden medizinischen Hilfe liegt der Junge monatelang
im Koma, wird unzählige Male operiert und wird lebens­lang unter den
schweren körperlichen Schäden leiden müssen. Im Dezember 2013 wird Anklage
wegen unterlassener Hilfeleistung u.a. erhoben.
(==>> Ausführungen zu diesen Daten: siehe pdf-Datei: "Beispiele")
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"We Are Here And We Will Fight, Freedom Of Movement Is Everybody´s Right."

Um aus diesem Räderwerk der Unterdrückung herauszukommen, sind über die
Jahre von den Betroffenen selbst viele Versuche unter­nom-
men worden. Trotz der repressiven Lebensbedingungen gelang der Aufbau von
Flüchtlingsorganisationen und bundesweiten Ver­netzungen. Vor allem durch
spektakuläre Hunger- und Durststreiks in den letzten beiden Jahren, durch
Platzbesetzungen in der Mitte der Städte, durch lange Protestmärsche gelang
es Flüchtlingen in Bayern, Hamburg und Berlin, sich aus der Isolation zu
befreien und den öffentlichen Raum zu nut­zen, um Gehör zu finden. Im Jahre
2013 gingen die Protestierenden bei den Demonstrationen für Bleiberecht und
den Protesten gegen die Lager­unterbringung, Residenzpflicht und andere
Sondergesetze bis an ihre gesundheitlichen Grenzen. So kamen bei den
Durststreiks der bay­erischen Flüchtlinge ("Non-Citizens") in München und
Berlin 121 mal AktivistInnen in Lebens­gefahr und mußten in Krankenhäuser
ein­geliefert werden.
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Die Dokumentation umfaßt den Zeitraum vom 1.1.1993 bis 31.12.2013.

176 Flüchtlinge töteten sich angesichts ihrer drohenden Abschiebung oder starben bei dem Versuch, vor der Abschiebung zu fliehen, davon 69 Menschen in Abschiebehaft. 1271 Flüchtlinge verletzten sich aus Angst vor der Abschiebung oder aus Protest gegen die drohende Abschiebung (Risiko-Hunger- und Durststreiks) oder versuchten, sich umzubringen, davon befanden sich 642 Menschen in Abschiebehaft.
5 Flüchtlinge starben während der Abschiebung und 451 Flüchtlinge wurden durch Zwangsmaßnahmen oder Mißhandlungen während der Abschiebung verletzt.
33 Flüchtlinge kamen nach der Abschiebung in ihrem Herkunftsland zu Tode, und 582 Flüchtlinge wurden im Herkunftsland von Polizei oder Militär mißhandelt und gefoltert oder kamen aufgrund ihrer schweren Erkrankungen in Lebensgefahr.
71 Flüchtlinge verschwanden nach der Abschiebung spurlos.
184 Flüchtlinge starben auf dem Wege in die Bundesrepublik Deutschland oder an den Grenzen, davon allein 129 an den deutschen Ost-Grenzen, 2 Personen trieben in der Neiße ab und sind seither vermißt. 544 Flüchtlinge erlitten beim Grenzübertritt Verletzungen, davon 306 an den deutschen Ost-Grenzen.
17 Flüchtlinge starben durch direkte Gewalteinwirkung von Polizei oder Bewachungspersonal entweder in Haft, in Gewahrsam, bei Festnahmen, bei Abschiebungen, auf der Straße oder in Behörden – mindestens 869 wurden verletzt. 18 Flüchtlinge starben durch unterlassene Hilfeleistung.
72 Flüchtlinge starben in den Flüchtlingsunterkunften bei Bränden, Anschlägen oder durch Gefahren in den Lagern, 924 Flüchtlinge wurden dabei z.T. erheblich verletzt
18 Flüchtlinge starben durch rassistische Angriffe im öffentlichen Bereich und 849 wurden bei Angriffen auf der Straße verletzt.

Durch staatliche Maßnahmen der BRD kamen seit 1993 mindestens 433 Flüchtlinge ums Leben –
durch rassistische Angriffe und die Unterbringung in Lagern (u.a. Anschläge, Brände) starben 90 Menschen.

www.ari-berlin.org/doku/titel.htm
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Ergänzungen