Niedrige Löhne, hohe Profite? - Falsch!

Karl Murx 22.03.2014 15:56 Themen: Blogwire Globalisierung Weltweit
Zwar gilt der Kommunismus in der deutschen Politik als Teufelswerk, das Hauptwerk seines führenden Theoretikers jedoch stellt ihr die heimliche Betriebsanleitung, wie für hohe Profite zu sorgen sei. Betrachtet man in anderen Ländern als den Zweck der Ökonomie, den Massen das Essen auf den Tisch zu stellen, so glaubt die selbsternannte "Kulturnation Nr. 1", es gehe wirtschaftlich gerade dann besonders gut, wenn möglichst Viele knapp vorm Hungern stehen. Und diese Religion stiftet sie der ganzen Welt mit missionarischem Eifer. Sie betrachtet es als das eherne, in politische Methode umzusetzende, Gesetz des Kapitalismus: niedrige Arbeitslöhne bedeuten hohe Profite. Aber ist das wirklich so? Jemand hätte besser mal nachgerechnet...
Genau das soll hier nachgeholt werden. Die Beweisführung beginnt bei Karl Marx (MEW 23, S. 201) mit der Herstellung eines absoluten Maßstabs (denn irgend womit muß einmal begonnen werden):



1. Es sei eine durchschnittliche gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit von 24 Stunden (Std.) (oder 2 Arbeitstagen á 12 Std.) gegeben, um eine "Goldmasse" von 12 shilling (sh.) zu fördern (Marx benutzt für sein Rechenexempel diese Währungsmünze, die wir der Einfachheit halber beibehalten).



2. Weitere Annahme (S. 186): Es sei ein halber Arbeitstag oder 6 Std. Arbeitszeit für die Herstellung der Waren gesellschaftlich notwendig, die ein Arbeiter durchschnittlich an einem Tag zum Leben benötigt. Woraus folgt, daß der "Tageswert" der Arbeitskraft für 6 von 24 Std. einem Viertel von 12 sh. = 3 sh. entspricht. 3 sh. entsprechen also dem Wert der "täglichen Produktion der Arbeitskraft".



3. Wenn der dem Tageswert der Arbeitskraft entsprechende Preis 3 sh. beträgt, so kostet die Arbeitskraft einen Kapitalisten 3 sh. am Tag, ganz gleich ob er diese an einem Arbeitstag 6 Std. oder 12 Std. nutzt (S. 208). Dabei ist schon klar: wenn er den Arbeiter 6 Std. arbeiten läßt, wird er einen Gegenwert von 3 sh. schaffen, läßt er ihn 12 Std. schuften, erlöst er damit einen Gegenwert von 12/24 Std. x 12 sh. = 6 sh., aber die Produktion der Arbeitskraft kostet weiterhin nur 3 sh. am Tag (einen halben Tag Goldschürfen).

(In einem anderen Zusammenhang wichtig ist dabei entgegen einer landläufigen Vorstellung festzuhalten, daß diese 3 sh. Lohnkosten nicht als Anteil des Arbeiters an dem Erlös des Produktes abgehen, sondern bereits aus vorgehendem Kapitaleinsatz gezahlt wurden, und der Erlös des Produktes, des Mehrproduktes, das zu 100% dem Kapitalisten gehört, somit auch ohne Abzüge zu 100% dem Kapitalisten zufällt.)



4. Dann macht Marx noch spaßeshalber dem Kapitalisten folgende Vergleichsrechnung, um ihm in seiner eigenen Rechenweise zu zeigen, wo sein "Mehrwert" herkommt: Gegeben sei eine Garnmanufaktur.

a) Die Produktion von 10 Pfund (Pfd.) Garn koste den Kapitalisten 10 Pfd. Baumwolle = 10 sh., Abnutzung einer Spindel im Wert von 2 sh. und den Einsatz einer Arbeitskraft an einem Arbeitstag von 6 Std. = 3 sh., insgesamt also 15 sh. (S. 203f.).

Im Wert des fertigen Garnes sind somit 2 1/2 Arbeitstage Goldschürfen (als Gegenwert allgemeiner, gesellschaftliche notwendiger Arbeit) enthalten: 2 Tage in Baumwolle und Spindelabnutzung, 1/2 Tag Einsatz (Nutzung) der Arbeitskraft = 6 Std. Goldschürfen, das macht 15 sh. (S. 205). Kein Mehrwert ist gemacht.

b) Die Produktion von 20 Pfd. Garn koste den Kapitalisten 20 Pfd. Baumwolle = 20 sh., Abnutzung einer Spindel im Wert von 4 sh. und den Einsatz der Arbeitskraft an einem Arbeitstag von 12 Std. = 3 sh., insgesamt also 27 sh. Im Wert des fertigen Garnes sind 5 Arbeitstage enthalten (4 in Baumwolle und Spindel und 1 Tag Einsatz der Arbeitskraft = 12 Std. Goldschürfen). "Der Goldausdruck von 5 Arbeitstagen ist aber 30 sh." (S. 208). Es ist somit ein Überschuß von 3 sh. entstanden, wenn der Kapitalist die 20 Pfd. Garn wieder los wird.



So weit, so dumm. Wie verhält es sich aber mit der Profitmaximierung durch niedrigere Löhne? Spielen wir etwas an der Gleichung: Lassen wir den Arbeiter mehr oder weniger Gold finden, so ändert sich nichts am Ergebnis. Woraus zu folgern ist: niedrigere Löhne können nichts mit der absoluten größe des Wertes der Arbeitszeit (nennen wir es Nominallohn) zu tun haben. Wenn wir dies ausschließen müssen, so bleibt nur übrig, daß "niedriger Lohn" durch ein Verhältnis, eine Relation bezeichnet ist. Und in der Tat: Spielen wir etwas mit der relativen Grösse des "Tageswertes" herum, die dadurch bestimmt ist, wieviel Arbeitszeit durchschnittlich aufzuwenden ist, um die Arbeitskraft des Arbeiters für einen Arbeitstag zu erhalten (gemessen in Goldschürfen), so ergibt sich folgendes:



a) Es sei für die Produktion der Arbeitskraft für einen Tag nicht mehr 6 Std. Arbeitszeit benötigt sondern nur noch 3 Std.: Der Tageswert der Arbeitskraft beträgt nun 1 1/2 sh., wird die Arbeitskraft für 12 Std. genutzt, so erzeugt sie damit einen Mehrwert von 4 1/2 sh. pro Tag.



Bedeutet aber niedrigerer Lohn, daß weniger gearbeitet werden muß, um die Arbeitskraft einen Tag zu erhalten? Wir haben ja gesehen, daß ein absoluter Bezug auszuschließen ist. Kappen wir diesen (was auf der Stufenleiter der erweiterten Reproduktion zwangsläufig geschieht), ergibt sich:



b) Wir erhalten die zutreffende Bedeutung des Begriffs "niedrige Löhne": Beträgt der Wert der Waren, die der Arbeiter verbraucht, um seine Arbeitskraft durchschnittlich für einen Tag zu produzieren, wie zuvor 3 sh. und erhält der Arbeiter an einem Arbeitstag auch 3 sh. an Lohn, so beträgt die durchschnittlich notwendige Arbeitszeit für die Erhaltung der Arbeitskraft für einen Tag in einer nachagrarischen Lohnarbeitsgesellschaft nun eben einen Tag (12 Std.) und nicht mehr 6 Std. (1/2 Tag). Oder anders gesagt: Weil er am Tag 3 sh. Lohn erhält und diese für Waren verausgabt, um seine Arbeitskraft für einen weiteren Tag herzustellen, ist es nun tatsächlich der Fall, daß gesellschaftlich durchschnittlich ein Tag Arbeitszeit (12 Std.) aufzuwenden ist, um die Arbeitskraft für einen Tag zu produzieren.

Das heißt, der Tageswert betrage nun 6 sh. in Goldschürfen. Dann gilt für die 10 Pfd. Garn, deren Herstellung nun 18 sh. kosten, ein Wert von 3 Arbeitstagen = 18 sh. Für 20 Pfd. Garn, deren Herstellung nun 30 sh. kosten, ergibt sich ein Wert von 5 Arbeitstagen oder - trara - 30 sh. Der Überschuß, den wir zuvor noch erzeugen konnten, ist nun verschwunden! Da vergeht dem Kapitalisten das Lachen!



Mit dieser Spielerei hätten wir gezeigt: Wenn niedriger Lohn bedeutet, daß nur noch für die bloße Existenz gearbeitet wird, wie es vor allem der deutschen Politik und ihren Handlangern vorschwebt, entsteht auch, entgegen dem Glauben der schlaumeierischen deutschen Kommunistenfresser, kein Profit. Sondern es gibt wieder eine zu exekutierende, expandierende ökonomische Abwärtsspirale, die jetzt bereits mit dem "Spar"-Gebot begonnen hat.
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Fragen über Fragen 23.03.2014 - 13:57
"Anti-zyklische" Lohnerhöungen zur Steigerung der Nachfrage?

Wie soll sich der Kapitalismus retten?
Hat er dafür nicht den Krieg vorgesehen - Profit an Zerstörung und Wiederaufbau?

Oder geht es "nur" um höhere Löhne?

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