[Dessau] Neonaziaufmärsche und Proteste

Unabhängiger Korrespondent 09.03.2014 01:37 Themen: Antifa
Kurze Zusammenfassung mit Fotolinks zu den Neonaziaufmärschen in Dessau und den Protesten dagegen.
Dessau stand auch gestern wieder im Zeichen des Protestes gegen den jährlich stattfindenen, so genannten "Trauermarsch" des regionalen neonazistischen Milieus.

Trotz der Kontinuität war es jedoch bisher noch nie gelungen, die Neonazis und ihren Aufzug aufzuhalten. Auch in diesem Jahr nicht.

Im bürgerlichen Lager hatte die so genannte "Menschenkette" um die Innenstadt Priorität, während sich nur wenige Mutige fanden, die den Neonazis direkt entgegentreten bzw. sich entgegensetzen wollten. So blieb der wahrnehmbare Protest auf drei Blockadeversuche und einzelne Transpiaktionen beschränkt.

Die Nazis zogen so relativ ungestört vom Hauptbahnhof zum Südbahnhof. Etwa 200 Personen nahmen an ihrer Veranstaltung teil. Es gab zwei Kundgebungen, bei denen Dieter Riefling und ein Neonazi aus Dresden redeten. Zudem trat der "Liedermacher" OIRAM aus Wittenberg auf. Außer aus Sachsen und Sachsen-Anhalt waren übrigens auch Neonaziabordnungen aus Berlin, Brandenburg und Thüringen da.

Hielten sich die Neonazis bei ihrem "Trauermarsch" noch stumm zurück, machten sie bei ihrem zweiten Marsch am Abend (19.00 Uhr) sehr lautstark Stimmung gegen Asylsuchende, "Ausländer", Linke und die Regierung.

Beispiele für skandierte Parolen:
"Kriminelle Ausländer raus - und der Rest auch"
"Kemal, Ali, Mustafa - geht zurück nach Ankara"
"Wer hat uns verraten - die Demokraten"

An diesem Marsch nahmen ungefähr 140 Neonazis teil.

Proteste dagegen gab es hingegen nur am Rande. Die neonazistische Zwischenkundgebung, abermals mit Riefling als Redner, wurde durch Pfiffe gestört. Zudem wurden Transpies gegen Nazis gezeigt.

Ein Neonazi soll auch durch einen aus einem Fenster geworfenen Gegenstand verletzt worden sein.

Fotos "Trauermarsch" (13.00 Uhr)
 http://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157642070059604/
 http://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/sets/72157642047934325/ (Naziaufmarsch)
 http://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/sets/72157642049993255/ (Protest)
 http://www.flickr.com/photos/rassloff/sets/72157642055218964/
 http://www.flickr.com/photos/soerenkohlhuber/sets/72157642059462945/

Fotos Anti-Asyl-Marsch (19.00 Uhr)
 http://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157642071649784/
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Ergänzungen

Fazit: voller erfolg!!!

juipiiy 09.03.2014 - 13:57
Es war ein erfolgreicher Tag aus Antifaschistischer Sicht. Die Nazis konnten aufgrund des massiven Widerstands mit Israelfahnen nicht maschieren! In Zukunft sollten wir uns noch mehr auf die Schultern klopfen, wir sind die besten! Und die Israelfahnen sind voll ok!
Nie wieder Deutschland!

mannoman

egal 09.03.2014 - 21:34
was soll denn dieser blöde kommentar wieder?

natürlich war es kein riesen erfolg aus antifaschistischer sicht.
die einzigen, die das behaupten werden, sind die selbstbeweihräucherer des netzwerks "gelebte demokratie".
aber es war ein anfang, auf dem es aufzubauen gilt.

die infostruktur hat funktioniert.
es waren zwar zu wenige leute da, aber die anwesenden waren motiviert.
viele, auch viele bürgies, haben gesehen, dass menschenketten gar nichts ausrichten, sondern dass es blockaden braucht.
immerhin mussten die nazis zumindest den zweiten aufmarsch abkürzen.

also beim nächsten mal noch klarer: dessau braucht unterstützung. dann kann dort vielleicht auch mal ein aufmarsch verhindert werden.

und ja: israelfahnen sind dabei völlig ok. gerade in der stadt, in der der überwiegende großteil des zyklon b produziert wurde, mit dem in sobibor, treblinka, birkenau etc. millionen jüdinnen und juden ermordet wurden.

vernünftige Analyse statt Traumtänzerei

dreas 10.03.2014 - 10:43
"Proteste dagegen gab es nur am Rande" - was soll denn dieser schnöselige Kommentar zu den Aktionen gegen den zweiten Aufmarsch? Es wurden wichtige Punkte auf der geplanten Route blockiert (u.a. Lidiceplatz, AJZ, Marktplatz), und die Nazi-Kundgebungen wurden lautstark niedergepfiffen. Übrigens auch von "ganz normalen" Bürgern.
Wer glaubt, man könne einen (leider) genehmigten Aufzug trotz eines derart massiven Polizeiaufgebots "mal so eben" blockieren, ist ein Traumtänzer. Da reicht schon ein Blick auf den Stadtplan um zu erkennen, dass man dafür
a) sehr, sehr viel mehr Leute und
b) ein sehr ausgefeiltes und anschlussfähiges Konzept gebraucht hätte.
Mit der hier gelebten rotzig-elitären Attitüde wird das nix!

Analyse mit klarer Perspektive!

Mein name 11.03.2014 - 06:42
"vernünftige Analyse statt Traumtänzerei" - ich bin dafür.

Da bringt es aber auch nicht die Proteste am Abend zu überhöhen. Die "Blockade am Lidiceplatz" war ein von Polizeifahrzeugen eingekesselter Biomarkt. Die "Blockade am AJZ" - ok. Allerdings lag das AJZ nicht auf der Route der Nazis, zumindest nicht auf der tatsächlich gelaufenen. Es gab zwar Gerüchte das die Nazis am AJZ vorbeilaufen wollen, die Route wurde aber tatsächlich erst am Abend festgelegt. Mensch kann dies als Erfolg feiern, sollte aber dennoch ehrlich nach vorne sehen.
Sicher wurden auch die Nazis ausgepfiffen, allerdings wie richtig geschrieben nur am Rande und vor allem nur an einzelnen Punkten. Die gesamte Strecke über skandierte der Nazimob relativ ungestört rassistische und neonazistische Parolen, Journalisten wurden offen beleidigt und bedroht ohne das die Polizei einschritt. Sicherlich liefen auch zwei Personen am Rande mit, die mit einer Trillerpfeife dagegen halten wollten. Dennoch war das Nazigebrüll in den Straßen - leider dominierend.
Es geht ja auch gar nicht darum die Proteste nieder zu reden. Es war ja gut das überhaupt was passiert ist.
Wenn die Nazis in Dessau aber nicht mehr laufen sollen, muss mehr passieren. Sicher ist das mit einem höheren Organisationsaufwand verbunden. Aber warum dies nicht anpacken?
Der Aufmarsch in Dessau ist jedes Jahr. Vielleicht wäre ein breites Aktionsbündnis mit klarer Zielstellung Blockade eine richtige Idee. Vielleicht wäre auch eine Beendigung des Innerlinken Konfliktes in Sachsen-Anhalt eine Lösung.
Wie auch immer, eines ist jedenfalls sicher: Die Nazis kommen wieder....

burn you flag

antifa wb 11.03.2014 - 08:09
was auf einer demo gegen nazis & nationalisten nationalfahnen zu suchen haben entzieht sich meinem verständnis. das ist ebenso nationalistisch und hat auch nichts mit provokation zu tun. burn your flag. no border. no nation!

ansonsten würde ich, obwohl die demos der nazis nicht gänzlich gestoppt werden konnten, von einer erfolgreichen aktion sprechen. selbst einige bürgis haben die "offiziellen" weggucken-/ablenkungsveranstaltungen verlassen und sich so gut es ging den nazis, welche tlw. massiv von der polizei beschützt und abgeschottet wurden, lautstark entgegen gestellt. das nächste mal wirds besser ... davon bin ich fest überzeugt! und dann bitte ohne nationalfahnen ...

dann aber mal konkret

dreas 11.03.2014 - 10:41
Wer "überhöht" denn hier die Proteste am Abend? Ich lese erst mal das Gegenteil. Statt anzuerkennen, dass Blockaden als solche funktioniert haben, wird bemäkelt, dass sie nicht schön konfrontativ nach der reinen "Blockadelehre" abgelaufen sind. Und das entschiedene Stören der Kundgebungen auf der Karlstraße und vor dem NH-Hotel ist dann nur eine "Randerscheinung", weil man es nicht geschafft hat, jeden Meter der knapp 3 km langen Aufmarschroute entsprechend zu beschallen. Und @mannomann bringt es fertig, erst einmal die eigenen Verbündeten als "Selbstbeweihräucherer" zu schmähen, um dann nur einen Satz später gönnerhaft zuzugestehen, dass es "ein anfang (war), auf dem es aufzubauen gilt".

Dann mal "Butter bei die Fische". Wenn wir davon ausgehen, dass es nicht so ohne weiteres möglich sein wird, ein paar hundert bis tausend Leute aufzubieten, die auch den körperlichen Konflikt mit Staatsmacht und Nazis nicht scheuen (wobei ich befürchte, dass daraus keine anschlussfähigen Protestformen resultieren würden), dann braucht es Konzepte, die MIT den Leuten VOR ORT funktionieren. Da müsste man dann vielleicht auch mal schauen, wo es gelungen ist, einen Aufmarsch komplett zu verhindern und unter welchen Bedingungen. Wo man solche Bedingungen grundsätzlich erfüllen kann, dann kann man sich natürlich entsprechende Ziele setzen und konkrete Strategien und Aktionen planen, um diese zu erreichen. Wo man andere Bedingungen hat, muss man dann auch mal seine Aktionsziele anpassen. Das heißt ja nicht, dass man das höher gesteckte Ziel aufgibt. Man erspart sich und anderen aber zumindest ein unproduktives Genörgele im Nachgang.

In Dessau hat man ein paar Jahre gebraucht um zu erkennen, dass es nicht reicht, die Naziaufmärsche irgendwie "unappetitlich" zu finden. Inzwischen, seit etwa 2 Jahren, ist der Wille da, stärker gegenzuhalten. Der wird vermutlich (noch?) nicht ausreichen, im nächsten Jahr den/die Aufmärsche komplett zu verhindern - es sei denn, man entwickelt ein anschlussfähiges Konzept, von dem alle Bündnispartner überzeugt sind, dass es funktionieren kann. Aber da muss eben gelten, dass steter Tropfen den Stein höhlt.

Davon mal ab: Erfolgreiches antifaschistisches Handeln bemisst sich nicht daran, dass man sich an einem Tag im Jahr mit großem Aufwand an ein paar Nazi-Nasen abarbeitet. Das sind die einfach nicht wert. Sicher, es hat eine große symbolische Bedeutung, aber was an den anderen 364 Tagen im Jahr vor Ort, in den Köpfen und im gesellschaftlichen Leben geschieht, ist mindestens genauso wichtig.

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