Amadeus Hostel in die Spree

Amadeus Ini 14.02.2014 15:14 Themen: Antirassismus Soziale Kämpfe
Bericht über eine Selbstorganisation. Seit mehreren Monaten treffen sich regelmäßig Angestellte des Amadeus Hostel (Berlin Mitte), um sich gegen ihren Arbeitgeber zu organisieren. Die Bedingungen in diesem Hostel reichen von Lohndumping (teilweise Stundenlöhne unter einem Euro) bis hin zu offenem Rassismus.

DasHostel Amadeus liegt zwischen Gesundbrunnen und Bernauer Straße undsomit in unmittelbarer Nähe zur Gedenkstätte Berliner Mauer, einemder Hotspots der Berliner Tourismusindustrie. Zwar wirkt dernördliche Teil der Berliner Brunnenstraße mit seinen grauen 70igerJahren Betonklötzen so ganz und gar nicht wie dieHochglanzbroschüren des Berliner Tourismusverbandes diedurchgentrifizierte Mitte gerne anpreist. Doch laufen auch hier dieGeschäfte prächtig und die Betten sind zuweilen (Bsp. Sylvester)komplett ausgebucht. Das die ca. ein dutzend Angestellten des Hostelsnicht ein großes Stück vom Kuchen abbekommen, wäre kaum derErwähnung wert, denn schließlich handelts sich um Lohnarbeit.Allerdings spotten die Arbeitsbedingungen dieser Klitsche jederBeschreibung.


Einehemaliger Angestellter berichtet von seinem Arbeitstag. "Icharbeitete täglich ca. 8 Stunden an 6 Tagen die Woche, wobei mir eineStunde nicht bezahlt wurde, da dies meine Pause war. Ich warvertraglich verpflichtet während der Pause das Hostel nicht zuverlassen. Am Monatsende erhielt ich für die Arbeit 100€."Dabei ist dies kein Einzelfall, eine größere Gruppe ehemaligerAngestellter berichtet über ähnliche Bedingungen. Kennzeichnendist, dass alle Angestellte gerade nach Deutschland kamen und dieArbeit über englischsprachige Anzeigen im Internet fanden. DieMenschen bekamen meist Praktikumsverträge ausgestellt mitFantasieformulierungen wie „Der Arbeitnehmer verpflichtet sich fürden Fall, dass er das Arbeitsverhältnis nicht antritt oder dasArbeitsverhältnis vertragswidrig beendet, dem Arbeitgeber eineVertragsstrafe in Höhe von 1000€ […] zu zahlen.“ Allerdingswährten die meisten Arbeitsverhältnisse kaum länger als 2 Monate,nach denen ein vorgeschobener Grund (Bsp. Fragen nach Urlaub) zursofortigen Kündigung führte. Noch ausstehende Lohnzahlungen wurdennicht nachgezahlt. Da einige der Angestellten darauf angewiesen warenselbst im Hostel zu schlafen, verloren sie mit der Kündigungzugleich ihre Wohnung. Neben den fatalen Arbeitsbedingungen, wurdenund werden die Angestellten gezwungen rassistische Vorgabenumzusetzen. So weist ein Schild hinter der Rezeption darauf hin, dasskeine Menschen aus Bulgarien Rumänien und Israel aufgenommen werdendürfen.


Trotzder schwierigen sozialen Lage ist es den ehemaligen Angestelltengelungen, regelmäßige Treffen abzuhalten. Bei den Treffen standenzu Beginn vor allem arbeitsrechtliche Fragen und die Probleme mit denBerliner Jobcentern im Vordergrund. Doch bereits seit dem erstenTreffen vor ca. 2 Monaten war klar, dass es öffentliche Aktionengeben sollte. Zum einen sollen die konkreten Arbeitsbedingungen desAmadeus Hostel bekannt gemacht werden, zum anderen aber auch derFokus auf die Situation der Migrant_innen in dieser Stadt und ihrenArbeitsbedingungen gerichtet werden. Hier gehören Löhne weit unter5 Euro mittlerweile zur Regel und Arbeitsverträge werden oft garnicht erst ausgestellt. Verlieren diese Menschen die beschissenenJobs und wenden sich an die Jobcenter, werden sie mit einer deutschenStammtischmentalität konfrontiert, die ihnen jeden Leistungsanspruchvon Beginn an abspricht. Oft müssen die Betroffenen bis zumSozialgericht ziehen um ihre Ansprüche durchzusetzen.


Ausdiesen Gründen veranstaltet die Initiative zur Solidarität mit denAmadeus Angestellten am Samstag um 15 Uhr eine Kundgebung direkt vordem Hostel unter dem Motto:

Füreuch ist es Urlaub, für uns ist es Aubeutung – for you it'sholiday, for us it's exploitation“


Kundgebungam Samstag 15 Uhr, Brunnenstraße 70 direkt U8 Voltastraße

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