[B] Zur Veranstaltung Streit um Anna und Arthur

Alte und junge BesucherInnen 30.01.2014 00:10 Themen: Repression
Am heutigen Abend fand eine Veranstaltung mit dem Titel “Anna und Arthur streiten sich: Aussageverweigerung oder Schweigepflicht?” in Berlin statt. Der Raum war gut gefüllt, es gab keine freien Sitzplätze mehr. Die Veranstaltung resulierte aus der Kritik an der Kritik an einem RZ-Aussteiger, der 2013 auf einer Veranstaltung nicht sprechen durfte.
Veranstaltungsankündigung und Aufruf des EA Berlin:  http://ea-berlin.net/anna-und-arthur-streiten-sich-aussageverweigerung-oder-schweigepflicht

Einlassung von Thomas Kram für alle zum Nachlesen:  http://www.freilassung.de/prozess/thomas/einlass_tk_220109.htm

Die Veranstaltung am heutigen Abend hat ein erneutes mal verdeutlicht, dass dem RZ-Aussteiger T. Kram kein Forum gegeben werden darf. Er hat in einer zähen Vorlesung mit viel Gejammere versucht, sein Verhalten - Gespräche und Deals mit der Bundesanwaltschaft (also der Staatsanwaltschaft) vor seinem Prozess - zu rechtfertigen. Auf der Veranstaltung gab es Einigkeit, dass Aussagen und Gespräche bei Polizei und Staatsanwaltschaft abzulehnen sind.

Auch die Rechtsanwälte, die sich auf dieser Veranstaltung zu Wort gemeldet haben, sind für Freunde der Aussageverweigungskampagne nicht zu empfehlen. Allen voran Sven Lindemann, der mit der verkürzten Darstellung von Einlassungen, mit Aussagen und Erklärungen aus den vergangenen 40 Jahren diesen auch für die Zukunft das Tor öffnen wollte. Die von ihm vorgestellten Fälle waren gar nicht so viele, was zeigt, dass Einlassungen und Aussagen eher die Ausnahme sind. Und alle diese Fälle waren jeweils auch umstritten. Es gibt also keine einfache, richtige Einlassung. Wer soetwas propagiert, macht sich mitschuldig am Justiz- und Knastsystem.

Richtigerweise wurde aus dem Publikum auch darauf hingewiesen, dass Thomas Kram einer Organisation des bewaffneten Kampfes angehörte, für die ohnehin andere Regeln gelten: §129a, Verfolgung bis der letzte Militante der Organisation tot ist. Deshalb ist Krams Deal etwas anderes als eine Aussage in einem Gerichtsverfahren wg. individueller Brandstiftung z.B. an einem PKW. Gerade im Fall der RZ gibt es noch den Mordfall Karry, in dem noch immer (gegen unbekannt) ermittelt wird, wie Thomas Kram nach einer Konfrontation kleinlaut eingestehen musste. Denn, so wurde Kram kritisiert, sollte nur der kleinste Hinweis kommen, wird in Sachen RZ weiter ermittelt und es wird (wie nach dem Fall des Kronzeugen T. Mousli) natürlich auch wieder zu Prozessen kommen. Kram meinte zu Zeiten seiner Absprache mit der Bundesanwaltschaft, dass es keine Prozesse mehr geben wird. Und auch da täuschte er sich: In Frankfurt wurden Sonja und Christian angeklagt, die vorbildlich handelten: Sie haben jede Koopperation mit den staatlichen Stellen verweigert. Sonja ist nach zwei Jahren aufrecht aus dem Knast in Frankfurt gekommen. Thomas Kram dagegen saß gebeugt im Publikum, als er seinen Text vorgelesen hat.

Fazit: Es ist nach wie vor richtig, Thomas Kram öffentlich scharf dafür zu kritisieren, was er mit der Bundesanwaltschaft alles gedealt hat. Es ist nach wie vor richtig, ihn auf linken Veranstaltungen nicht sprechen zu lassen, um ein Signal an alle zu senden: Es gibt kein Vertrauen mehr für Menschen, die mit der Staatsanwaltschaft Erleichterungen wie z.B. Haftfreiheit aushandeln. Es ist sogar Misstrauen angebracht, weil man nicht weiss, was dieser Mensch alles der Bundesanwaltschaft verraten hat.
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Ergänzungen

Danke für die Anwaltsempfehlung

Von Hans Wurst aufgeklärt. 30.01.2014 - 00:56
Vielen Dank für die erwähnte Anwaltsempfehlung, jetzt weiß ich wo ich hingehen kann wenn ich kene dogmatischen sondern einen strategischen Umgang mit Repression will.

Schlechtes Beispiel

Stan Laurel 30.01.2014 - 11:35
Dieser Text ist leider ein Beispiel dafür, wie es innerhalb der radikalen Linken nicht laufen sollte. Der/Die Autor*in meldet sich offensichtlich auf der Veranstaltung nicht zu Wort - denn einen Redebeitrag, der auch nur auch ansatzweise in die Nähe dieser Auffassung kommt, gab es schlichtweg nicht auf der Veranstaltung.
Warum sich dort nicht zu Wort gemeldet wurde, kann naturgemäß nur spekuliert werden und ist daher nicht nachvollziehbar.
Aber der jetzt erschienene Beitrag ist eine politische Denunziation und hat mit solidarischem und damit auch vertrauensvollem Umgang in der radikalen Linken nichts zu tun.
Wem/welcher die RZ-Politik nicht gefallen hat, soll daran politische Kritik üben. Der Deal von Thomas lief im Prozess und nicht "vor seinem Prozess". Es bestand gestern Eingkeit auf der Veranstaltung, dass Aussagen im Prozess in bestimmten Einzelfällen in Absprache mit dem/der Verteidiger*in und unter Beachtung politischer Kriterien (keine Belastung anderer, keine Distanzierung, keine Aufdeckung von Strukturen u.ä.) möglich sein können.
Wenn der/die Autor*in Problem mit seine/ihren Projektionen auf die einerseits immer noch heldenhaften ehemaligen bewaffneten Kämpfer*innen einerseits und den angeblichen Verräter*innen andererseits hat, dann ist das sein/ihr Problem. Damit versuchen Politik zu machen und einen Veranstaltungsinhalt derart verkürzt im Netz wiederzugeben, ist schmutzig und billig.

Meine Ergänzung

J. 30.01.2014 - 13:32
Die Veranstaltung war als Weißwaschung von Thomas Gram konzipiert. Auch der Genosse der Roten Hilfe hat wiederholt die Intention der Veranstalter und ihres Ankündigungstextes kritisiert sowie das mit ihm nicht abgesprochene Veranstaltungskonzept, das Thomas Gram eine Plattform einräumte, eine mehrseitige Erklärung vorzulesen. Der Rote Hilfe Genosse hat deswegen im Zusammenhang mit seiner Einladung als Referent das Wort Instrumentalisierung in den Mund genommen und ausdrücklich betont, daß er all den vielen Dingen, die Thomas Gram gesagt hat, gar nicht widersprechen konnte – aus Zeitgründen, aber auch aus politischen Gründen, weil man über gewisse Dinge nicht in diesem Rahmen spreche. Das haben Thomas Gram und die Veranstalter wohlweislich gewußt und damit nicht nur den Rote Hilfe Genossen getäuscht, auch das Publikum.

Daß die Veranstaltung offiziell als Debatte um Aussageverweigerung angekündigt war und Besucher*innen das Bedürfnis hatten, darüber zu sprechen, dann aber Thomas Gram mit seinem Text die Veranstaltung dominierte, führte dazu, daß völlig unklar wurde, über was eigentlich diskutiert werden kann und soll. Hier haben die Veranstalter auch nicht mehr lenkend eingegriffen, sondern es laufen lassen. Viele im Raum hatten Kritik an Thomas Gram Erklärung. Aber es ist in diesem Rahmen nicht möglich, seinen Text Punkt für Punkt auseinanderzunehmen. Daß das jetzt teilweise auf Indymedia geschieht, ist kein Wunder und liegt in der Veranstaltungskonzeption.

Auch ich war da, weil ich Thomas Gram‘s Deal falsch finde und ein schlechtes Beispiel, daß kritikwürdig ist. Nach meiner Erinnerung hat Thomas Gram erzählt, daß er aus der Illegalität schon Kontakte mit staatlichen Stellen geknüpft hat, um zurückzukommen. Es gab also schon Vereinbarungen mit Staatsanwaltschaft und der Justiz (und nicht mit dem Gericht, daß ja erst mit einer Anklageschrift seine Arbeit aufnimmt), bevor es zu einem Prozeß kam. Teil der Vereinbarungen von Thomas Gram mit der Bundesanwaltschaft war die Anklage und daß er sich äußern wird. Und das genau zu einer Zeit, in der die Bundesanwaltschaft Genossen nach 129a verfolgt und inhaftiert hat – unter anderem wegen militanter Aktionen vor dem G8 Gipfel in Heiligendamm.

Das Menschen, auch Militante ihre linken Ideale aufgeben, ist ja nichts neues. Das kennen wir tausendfach. Wenn sie nicht mehr in linken Diskussionen eingebunden sind, dann entfernen sie sich von linken Vorstellungen. Das können sie selbst oft nicht wahrhaben und verstehen sich selbst weiter als Linke, sprechen sich dann aber für Kriege z.B. gegen Jugoslawien aus. Es gibt aber auch die Mehrheit von Militanten, die in der Illegalität bleiben, nach denen weiterhin gefahndet wird. Thomas Gram gehört nicht dazu. An ihm ist das besondere unter den Rückkehrern und Kronzeugen, daß er sein heutiges Handeln auch noch als links verkaufen will.

Aber genauso falsch wie sein Verhalten ist das Verhalten von linken Schlägertrupps. Wenn ich nach der Veranstaltung Sprüche hören mußte wie dem Gram hätte man schon viel früher den Schädel einschlagen müßen! dann muß man ebenso wie vor dem Verhalten von Thomas Gram vor innerlinker Gewalt warnen. Und das hat nichts mit Solidarität zu tun, die braucht weder Gram noch linke Schläger, sondern mit Anstand.

vierfache Negation

Benjamin Blümchen 30.01.2014 - 16:40
"Die Veranstaltung resulierte aus der Kritik an der Kritik an einem RZ-Aussteiger"

Es gibt also da einen "Ausstieg", das ist die erste Stufe der Negation.
Dann gibt es die "Kritik an dem Ausstieg", zweite Negation.
Dann die "Kritik an der Kritik" an dem Ausstieg, und schließlich zu guter Letzt
eine Veranstaltung in der die Kritik an der Kritik an dem Ausstieg kritisiert wird.

Noch linker können Linke nicht sein. Jetzt müsst ihr nur noch irgendwo das Wort "ANTI" unterbringen, und irgendeinen Bezug zum nahen Osten herstellen, dann kommt der ultimative Riesenapplaus aus dem Publikum.



nicht hier!

dageweseneR 30.01.2014 - 16:44
Was auch immer mensch davon hält, was auf der Diskussions(!)-Veranstaltung am 29. in Berlin geredet wurde und wer da wie auftrat - indy scheint mir wirklich nicht das Forum zu sein, auf dem jetzt weiter diskutiert werden sollte.
P.S.: Das geht nicht gegen indymedia

mensch sollte zuhören können

arthur 01.02.2014 - 15:04
Also offenbar haben die "älteren und jüngeren besucherinnen" und auch "j."nicht so ganz zugehört. Thomas Kram hat seinen zwanzig minütigen beitrag im rahmen der fast zweistündigen diskussion gehalten. Zu meiner eigenen verwunderung stand danach aber, im gegensatz zu den hier geposteten schilderungen des abends, seine äusserung überhaupt nicht im mittelpunkt der debatte. Sondern es ging um das für und wider der einlassungen vor gericht. Und hier tat sich die kontroverse selbst zwischen dem bundesvorstand und dem ortsverband berlin der roten hilfe auf, wie im laufe der diskussion deutlich wurde. Wer da dann von instrumentalisierung der rh redet, den begriff hat michael nach der veranstaltung zurückgenommen, der hat eben nicht wahrgenommen, dass diese debatte auch in der roten hilfe nicht zu ende ist.
Genau um diese kontroversen sollte es, so die ankündigung und einladung, an diesem abend gehen, und das hat auch die moderation im gegensatz der hier geposteten behauptung, nicht verhindert, sondern im gegenteil nach thomas und lutz beitrag ging es dann doch ausschliesslich um die einlassung im allgemeinen.
Was mich wundert, dass diese hier auf indy vertretenen positionen nicht in die debatte eingebracht wurden. Stattdessen wird das alte spiel fortgesetzt und nicht nur thomas und alle anderen, die sich vor gericht in der vergangenheit eingelassen haben, werden mit ausschluss sanktioniert - jetzt dazu auch noch die anwälte, die dies unter bestimmten voraussetzungen - und die hat sven lindemann deutlich genannt - tun. Mensch kann den veranstalterinnen vorwerfen, dass sie zu viel an diesem abend wollten. Aber eines wollten sie unbedingt, dass diese unsägliche ausgrenzerei, dieses " mobbing" wie es eine diskutantin sagte, in der scene endlich aufhört. Und das gelang ja auch ganz gut während der veranstaltung, nur scheinen ja einige diesen kontroversen, gilt aussageverweigerung auch vior gericht, sso michael in seinem eingangsstatement oder ist das keine dogma, lieber aus dem weg zu gehen.
Mir ist es ein rätsel, wie diese sich hier äussernde linke mehr politischen einfluß erlangen und breiter werden will, wenn sie meinungsunterschiede unter sich noch nicht mal aushalten kann, sondern mit moralisch angereicherten statements sanktioniert. Garniert wird das dann noch zu allem übel mit halbwahrheiten, lügen (thomas kram ein rz-aussteiger? wo er doch in seiner einlassung ausdrücklich die mitgliedschaft zugegeben und sich nicht distanziert hat) und gleichsetzungen wie bei „J“ von rückkehrern und kronzeugen.
Das ist einfach nur widerlich und reichlich bitter.

Ruhe ist die erste Revolutionärspflicht

yz 02.02.2014 - 14:50
Lieber J, ich bin einer der von dir ins Feld geführten G8-Verfolgten von 2007 und finde die Position von Thomas Kram grundsätzlich vernünftig und diskutierenswert. Hingegen finde ich die seit den 1990er Jahren in Berlin von der Roten Hilfe vertretene Alles-oder-nichts-Position absolut falsch und doktrinär, das macht mehr kaputt als es in der Auseinandersetzung mit Repression hilft. Weshalb ich zu der Konsequenz kam, mich von der RH im Zweifelsfall lieber nicht unterstützen lassen zu wollen (und meine Identität hier nicht zu nennen, um nicht als "Verräter" denunziert zu werden). So toll ist die linke Streitkultur!

Politische Kritik ist kein Mobbing

Frau Ypsilon 03.02.2014 - 13:12
Anhand öffentlicher Texte kann sich jedeR selbst ein Bild machen, ob die Einwände gegen Thomas Kram entweder Mobbing sind oder eine fundierte inhaltliche Kritik:

 http://www.freilassung.de/erkl/klviehm.htm
 http://www.libertad.de/blogs/7/595

Beide Texte wurden auf der Veranstaltung in der K9 verteilt. Damit war die Kritik an Thomas Kram präsent. Aber auch der Genosse der Roten Hilfe Berlin hat Thomas Kram scharf inhaltlich angegangen. Was gibt es mehr gegen Thomas Kram zu sagen? Kontrovers und spannend zu diskutieren sind nur aktuelle Fälle von Einlassungen, in denen es nicht um bewaffneten Kampf geht.

Wer von Mobbing spricht, wie der Moderator der Veranstaltung in seinem parteiischen und damit unangebrachten Abschlussstatement und in den Indymedia-Ergänzungen, der hat sich als politischer Diskussionspartner disqualifiziert.

Mobbing getarnt als politische Kritik

vernichtet 04.02.2014 - 18:00
Ich finde schon dass es Mobbing ist; wenn Einzelpersonen sich zusammenraufen und ihre gesellschaftliche Positionen bzw. die Positionen anderer die ihre Meinung teilen missbrauchen um andere Einzelpersonen persönlich anzugreifen, sich in Aktionen einmischen in denen sie nicht beteiligt waren oder "Standgerichte" abhalten um Einzelne aus der Szene auszuschließen, bzw. die Szene gegen sie aufzuwiegeln sie derart zu kritisieren/zu isolieren, dass sie förmlich aus dieser ausgeschlossen sind.

Auch die Hacklinie (erst den einzelnen Aktivisten, dann die Moderation der Veranstaltung und dann die Kommentar-Autoren auf Indymedia, bzw. Indymedia selbst als Plattform für diese, zu "disqualifizieren") deutet auf ein persönlich abgezieltes Mobbing hin.

Eine politische Kritik sieht meiner Meinung nach anders aus.

Aussageverweigerung - Methode kein Dogmai

beobachter 07.02.2014 - 03:42


Ich habe an der Veranstaltung teilgenommen und wollte dazu einige Anmerkungen machen. Es geht um die Frage, ob mensch die Aussageverweigerung als eine Methode sieht, um den Staatsapparaten möglichst keine Informationen über die eigenen Strukturen zu geben und die Genoss_innen vor Kriminalisierung zu schützen. In diesem Sinne haben Revolutionär_innen überall auf der Welt die Methode Aussageverweigerung verstehen, als eine Methode im Klassenkampf, die nach Lage und Situation angewendet wird. So haben verhaftete Kommunist_innen und Antifaschist_innen im NS keineswegs durchgängig die Aussagen verweigert. Sie haben immer darauf geachtet, dass die eigenen Strukturen möglichst geschützt und die eigenen Genoss_innen möglichst vor Repression geschützt werden. Daher wurde die Verantwortung für illegale Aktionen auf Tote oder auf Menschen im Exil geschoben, damit angeklagte Genoss_innen möglichst geschützt werden. In diesem Sinne sind auch die Erklärungen der RAF zu verstehen, die bei der Veranstaltung erwähnt wurden. Es ging dort darum verhaftete Genoss_innen zu entlasten. Dass ging natürlich nur, wenn die RAF die Verantwortung für Aktionen übernahm und erklärte, wer daran beteilig war. Wären diese Personen irgendwann verhaftet worden, wären diese Erklärungen natürlich gegen sie verwendet worden. Insofern wären auch diese Aussagen irgendwann strafrechtlich relevant geworden und zwar viel mehr, als die Einlassungen von Thomas Kram, in denen schließlich nichts zu Karry steht. Auch das auf der Veranstaltung erwähnte Beispiel aus Dänemark zeigt, dass eine totale Aussageverweigerung nicht die internationale Praxis in der radikalen Linken war und ist. In dem geschilderten Fall haben Mitglieder einer Gruppe, die mit Banküberfällen militante Gruppen unterstützen, Aussagen gemacht, nachdem eine illegale Wohnung von der Polizei enttarnt wurde, in der die Mitglieder der Gruppe ihre Aktionen wohl sehr akribisch dokumentiert haben. Nun wäre zu fragen, was denn der größere Fehler ist. In dieser Situation, in der man selber die Beweise zusammengetragen hat, eine Aussage zu machen, um andere zu entlasten oder überhaupt solch ein Archiv anzulegen. Auch in Berlin hatte im vorletzten ein in der radikalen Linken aktiver Mann, der wegen Autobrandstiftung verurteilt wurde, eine Aussage gemacht, weil die Situation so eindeutig gewesen sei, dass Leugnung zwecklos wäre, so die Begründung. Hier haben die Betroffenen immer den Umgang mit der Aussage als eine Methode gehandhabt, die einen Zweck hat. Den Staat nicht noch mehr Informationen zu geben, als er schon hatte und nicht noch andere Genoss_innen in die Kriminalisierung hineinzuziehen. Die Betroffenen haben daher entschieden, in diesem Sinne Aussagen zu machen, weile keine Aussagen mehr Kriminalisierung bedeutet hätte und den revolutionären und Klassenkämpfen mehr geschadet als genutzt hätte.

Die Aussageverweigerung als Dogma
Demgegenüber steht eine subjektivistische Strömung in der Linken, wie sie in großen Teilen des antiimperialistischen Widerstands in der BRD üblich war und wie sie bei neoantiimperialistischen und neomaoistischen Strömungen ,die sich aktuell um das Netzwerk für die Freilassung der politischen Gefangenen konzentriert, sich wiederholen. Dort ist der eigene Körper die Waffe, der eigene Kopf soll ganz rein von jedem falschem Gedankengut werden etc. In den letzten Erklärungen von Holger Meins, der im Hungerstreik gestorben ist, kommen solche Vorstellungen von der eigenen Reinheit deutlich vor: Schwein oder Mensch – dazwischen gibt es nichts. Diese Vorstellungen und die dazu verwandte Sprache wurde bereits Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts in autonomen Zusammenhängen mit Verweis auf das Buch Männerphantasien von Klaus Theweleit kritisiert. Die eigene Reinheit der Gedanken, des Körpers hat einen zutiefst religiösen Aspekt. Es geht um die Überwindung der eigenen sündigen, revisionistischen bürgerlichen etc. Gedanken und Vorstellungen. Insofern dient hier die Aussageverweigerung als Reinigungsideal. Man macht den er eigene Körper zur Waffe wird, weil man keine Klassenkämpfe sieht oder sehen will. Und daher muss der Körper rein sein. Nur aus dieser Perspektive ist auch die Verfolgung und Sanktionierung aller Personen zu verstehen, die zur Aussageverweigerung eine andere Theorie und Praxis haben. Dabei geht es auch gar nicht darum, die eigenen Strukturen und/oder Genoss_innen vor Repression zu schützen. Es geht um die Reinheit. Dass kommt in eigenen gegen Thomas Kram gerichteten Statements deutlich hervor. So wenn geschrieben wird, Kram habe gebeugt seine Erklärung vorgelesen, während die Gefangene in Frankfurt/Main aufrecht aus gegangen sei. Hier werden soldatische Tugenden auch für Revolutionären unhinterfragt übernommen und positiv bewertet. Auch hier wäre ein Blick in Theweleits Männerphantasien angebracht.
Es geht den neoantiimperialistischen Gruppen um die persönliche Reinheit, der KÖRPER muss sich immer wieder von allen Zumutungen des Alltagsleben reinigen, die dann in politische Kategorien, Revisionismus, Reformismus, Moderne, Zionismus etc. gefasst werden. Eine solche Praxis in Machtpositionen führt fast unweigerlich zu Repression bis zum Knieschuss und mehr. In manchen gegen Kram gerichteten Voten, die auch hier geäußert werden, kommt der Wunsch nach Rache und Repression deutlich hervor. Aber hier reicht die Macht bisher erst einmal dahin, Ausschlüsse aus Veranstaltungen und Sanktionierungen zu verhängen. Natürlich steht hinter der Forderung nach den reinen Körper, den reine Gedanken auch die Vorstellung als gereinigter Mensch eine Märtyrerrolle zu erfüllen. So wird Kram vorgeworfen, dass er nicht im Exil geblieben ist. Es wird nicht darauf eingegangen, dass er erklärte, dass das Exil für ihn in dem Augenblick keine Option mehr war, als die revolutionären Strukturen weggebrochen sind und er im Exil ein besonders angepasstes Leben führen musste. Auch die Erklärung, dass sich Kram wieder Teil der legalen außerparlamentarischen Linken werden wollte, wird ignoriert. Denn dann klappt das subjektivistische Konzept nicht mehr, nachdem man darben oder im Gefängnis leiten muss, um so zum Vorbild zu werden und zum Focus für kleine revolutionäre Gruppen. Dass dieser subjektivistische Ansatz überhaupt keinen Schutzvor staatlicher Verfolgung und Repression gewährte sondern im Gegenteil diese Repression erleichterte, wird ausgebendet. Es geht nicht um eine argumentative Auseinandersetzung darum, wie effektiv linke Strukturen geschützt werden können, wie möglichst wenige Genoss_innen in die staatliche Repressionsmaschinerie gerät. Da Repression und Gefängnis im subjektivistischen Konzept dazu soll, dem bürgerlichen Staat die Maske runterzurei0en, sind alle Methoden, einer solchen Gefangenschaft zu entgehen, wie es Thomas Krams machte, von vornherein verpönt.


Rolle Rueckwaerts. Jetzt auch noch im Kino

Nachtrag Besser Spaet Als Nie Sorry 27.03.2014 - 22:19
*Der Regisseur*
Spiritus rector der Veranstaltung war der Gastgeber und Moderator. Er hatte seine Freunde -ja es waren Owunder! ausschliesslich Maenner- gebeten, auf der Veranstaltung zu der Frage zu sprechen, wo neue Koordinaten im Feld der Aussageverweigerung gesetzt werden sollten! Da es deshalb schon im Vorfeld zu Kritik und Ablehnung kam, musste der Moderator zu Veranstaltungsbeginn zurueckrudern, und sich von wesentlichen Teilen des Ankuendigungstexts ausdruecklich distanzieren! Das eigentliche Anliegen der Veranstaltung war damit schon im Vorfeld unerreichbar geworden! So konnten viele der Anwesenden, die gekommen waren, um ihren Widerspruch zu aeussern, aufatmen! Die Parteilichkeit des Moderatoren wurde nicht nur durch die Konzeption der Veranstaltung deutlich, sie blitze bis zuletzt immer mal wieder auf beispielsweise aIs er den Redebeitrag einer Frau, die nicht seine Meinung vertrat, mit den Worten abwatschte, die Frau sei spaeter gekommen und habe gar nichts verstanden! Sie hatte jedoch zu einem aktuellen Punkt gesprochen und dies zuvor auch transparent gemacht!

*Der Hauptdarsteller*
T.K., sein Fall und sein Verhalten stehen stellvertretend fuer viele! T.K. lieferte keine so gute Show ab! Er hing wohl der Illusion an, dass er mit der Verlesung eines langen Textes alle Bedenken inluftaufloesen kann! Ein Mitglied des Bundesvorstands der rote Hilfe widersprach sehr fundiert seinen Ausfuehrungen! Damit ist schon fast alles gesagt! Die einzige Frage, die T.K. gestellt wurde: welches Signal die rote Hilfe mit der Befuerwortung seines Unterstuetzungsantrags aussenden solle, blieb an diesem Abend leider unbeantwortet!

*Die Nebenrolle*
Dass auch noch ein Exgefangener aus der Mottenkiste geholt wurde, gehoerte zu den Tiefpunkten der Veranstaltung! L.T. "Ohne Einlassung wuerde ich noch heute im Celler Knast sitzen" diskreditierte sich selbst, indem er 1. seine voellige Unkenntnis ueber vergangene und aktuelle militante Kaempfe in der BRD zugab 2. waehrend der laufenden Veranstaltung einen Anruf auf seinem Handy annahm 3. keinen einzigen analytischen Gedanken formulierte 4. er eine Gruppe aus Sueddeutschland, die fuer ihn und andere jahrelang Soliarbeit gemacht hat, diskreditierte und ihr vorwarf, ihr einziger Inhalt sei die Existenz der Gefangenen im Knast gewesen! Es war nur noch peinlich! Selten gab es einen Beitrag einer Veranstaltung, in der sich das Fremdschaemen in so vielen Gesichtern ausgedrueckt hat! So ist es kein Wunder, dass die L.T. inzwischen auch mit oeffentlichrechtlichen Fernsehsendern den Dialog sucht! Diese Besetzung war ein Eigentor ein missglueckter Wellenritt seiner selbst!

*Der Rechtsberater*
Der Anwalt auf dem Podium sagte, dass es in der Vergangenheit viele Formen von Einlassungen gab! Dass diese aber 1. nicht selbstverstaendlich waren 2. in einem bestimmten Kontext standen und 3. bis heute umstritten sind und aIs falsch kritisiert werden, war ihm keine Erwaehnung wert! Er war sich auch nicht zu schade, Gruppen aIs Beleg fuer Aussageverweigerung anzufuehren, denen Verhalten er andernorts kritisiert! Seine Worte waren eine Fuersprache fuer die Einlassung und den Deal des T.K. Es spricht fuer ein fehlendes Problembewusstsein des Anwalts, wenn er die Kritik an dessen Einlassung nicht versteht und nicht erwaehnt! Was bedeutet dies fuer moegliche kuenftige Einlassungen seiner Mandanten, die nach einem Organisationsdelikt verfolgt werden? Duerfen die, ebenso wie T.K., auch ueber interne Strukturen sprechen? Ist eine Einlassung in der Art etwas ganz alltaegliches? Nein! Es ist immer falsch, wenn man der Meinung und Einschaetzung von Anwaelten einen hohen Stellenwert einraeumt und sie aIs Massstab fuer die eigene Politik nimmt!

Guter Bericht war in der ak 591

ak 28.03.2014 - 13:06
Lesetipp hierzu: Veranstaltungsbericht aus analyse&kritik Nr. 591. Darin werden die Organisatoren der Veranstaltung als Personen im politischen Ruhestand bezeichnet. Passend, wie ich finde.

Ein neuer Text: Kritik an der Veranstaltung

Skanner 09.04.2014 - 15:49
Diese Veranstaltung erregt nach wie vor die Gemüter. Inzwischen ist eine ausführliche Kritik an der Veranstaltung erschienen:

 http://www.18maerz.de/web/index.php/77-artikel/968-privat-ist-nicht-politisch-kritik-an-einer-veranstaltung-zu-aussageverweigerung
 http://libertad.de/blogs/7/666

Vor allem sind die Schlussfolgerungen lesenswert.

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