Mehrere Naziübergriffe in Weimar

Rongkong Coma 27.01.2014 12:41 Themen: Antifa Antirassismus
Am Wochenende 24.-26. Januar 2014 kam es in Weimar zu Übergriffen von Neonazis. Sowohl in der Gerberstraße als auch im C-Keller haben Nazis gezielt Auseinandersetzungen gesucht.
Wie NutzerInnen und BetreiberInnen der „Wunderbar“ in der Gerberstraße 3 in Weimar berichtet haben, kam es in der Nacht vom 24. zum 25. Januar 2014 zu rassistischen Übergriffen durch mehrere Neonazis. Die fünf Personen, die zunächst nicht als Neonazis zu erkennen waren, hatten kurz vor Ausschankschluss die Kneipe in der Gerberstraße 3 betreten. Als ein Teil der Gruppe dabei gesehen wurde, wie sie die sanitären Anlagen beschädigte und auf der Kleidung einer der Personen der Schriftzug der in der rechtsradikalen Szene beliebten Modemarke „Thor Steinar“ erkannt wurde, wurden die fünf Personen vom Barpersonal und anwesenden Gästen des Hauses verwiesen. Dies erwiderten die Neonazis durch körperliche Bedrohungen und Übergriffe. Besonders schwer traf es dabei einen dunkelhäutigen Gast, den die Neonazis rassistisch beleidigten („du scheiß Nigger“) und ihm eine Glasflasche ins Gesicht schlugen, wodurch die Person schwere Schnittwunden im Gesicht erhielt. Als sich die betroffene Person wehrte und ihm dabei auch mehrere Gäste der „Wunderbar“ zur Hilfe kamen, entwickelte sich ein Handgemenge.

Als die Polizei vor der Geberstraße 3 eintraf, die von Unbekannten gerufen worden war, beruhigte sich die Situation zunächst – vier der Neonazis konnten gestellt werden, der eigentliche Täter konnte jedoch fliehen. Wie die BeitreiberInnen der „Wunderbar“ auf ihrer Facebook-Seite mitgeteilt haben, kam es dann jedoch im Krankenhaus zu weiteren Übergriffen auf den bereits Geschädigten. Da auch drei der Neonazis in die Notaufnahme gebracht worden waren, kam es in der Hufelandklinik zu einer erneuten Begegnung, bei der die Neonazis den Betroffenen wieder rassistisch beleidigten. Auf dem Gang kam es dann zu weiteren Handgreiflichkeiten. Die hier eintreffende Polizei reagierte nicht nur unsensibel, indem sie den Geschädigten des Geländes verwies, erneut seine Personalien kontrollierte und der Bitte nach Schutz nicht nachkam („wir sind doch keine Taxi-Zentrale“), sondern es sollen laut den Angaben der Gerberstraße 3, die die Vorfälle zusammen mit dem Hauptbetroffenen ausgewertet hat, auch von Seiten der Polizisten rassistische Äußerungen gemacht worden sein.

In einem TLZ-Artikel vom 27.01.2014 wird die Weimarer Polizei mit der Aussage zitiert, dass es in der „Wunderbar“ zu wechselseitigen Körperverletzungen gekommen sei. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, wie unsensibel die Polizei mit dem Vorfall umgeht – als ob nicht einerseits die rassistische Motivation seitens der Neonazis endeutig gewesen wäre, als ob andererseits nicht klar wäre, dass Nazis auf Gewalt kalkulieren, wenn sie sich Zutritt zur Gerberstraße verschaffen, die für sie ein Feindbild ist. Wenn von „wechselseitigen Körperverletzungen“ die Rede ist, suggeriert dies nicht zuletzt, dass Notwehr in einer Gefahrensituation illegitim sei.

Das Wochenende in Weimar war mit diesem Vorfall jedoch noch nicht vorbei. Auch in der Nacht vom 25. zum 26. Januar kam es zu Auseinandersetzungen mit Nazis. Als der C-Keller schließen wollte und sich die Nazis auf dem Weg nach Hause befanden, kam es auf dem Flur zu handgreiflichen Auseinandersetzungen mit einem Gast, den die Nazis zuvor geschubst und beschimpft hatten. Zahlreichen Gästen gelang es, die Neonazis nach draußen zu drängen – währenddessen äußerten diese aggressive, zum Teil homophobe Beschimpfungen. Augenzeugenberichten zufolge, soll einer der Nazis einen Hitlergruß gemacht haben. Als die Polizei eintraf, beobachtete diese das Geschehen, das sich nun auf den Marktplatz verlagert hatte, und begleitete die Neonazis zuletzt zum Hauptbahnhof.

Nachdem es in Weimar seit einiger Zeit einigermaßen ruhig gewesen ist, sprechen die geschilderten Vorfälle dafür, dass Neonazis erneut gezielt Auseinandersetzungen suchen und ein Klima der Angst schaffen wollen. Es muss verhindert werden, dass Neonazis Kneipen, Bars und Cafés als Feld für ihre Auseinandersetzungen nutzen können. Deshalb ist es wichtig, dass Nazis, wenn sie erkannt werden, sofort – und nicht erst nachdem sie tätlich auffallen – der Räumlichkeit verwiesen werden. Wer anders handelt, nimmt Übergriffe in Kauf.
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