Der Antifa-Schwindel

leipzig.antifa.de 24.01.2014 01:07 Themen: Antifa Antirassismus Blogwire Print Repression
Das neue Buch einer „Verfassungsschützerin“ erreicht einen publizistischen Tiefpunkt: Bettina Blank sucht Antifaschismus, findet Kommunismus und stellt KZ-Häftlinge unter Extremismus-Verdacht.
Dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg möchte man viele Fragen stellen:

Wie kam es dazu, dass mit Achim Schmid ein V-Mann dieser Behörde Gründer einer „Ku Klux Klan“-Gruppe war? Wie war es möglich, dass mit Wissen des „Verfassungsschutzes“ Polizisten diesem KKK anhingen, darunter Timo Hess, Gruppenführer der durch den NSU ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter? Wie ist die Tatsache zu deuten, dass Klan-Führer Achim Schmid, der in den 1990er Jahren Kontakte zum späteren NSU-Unterstützerumfeld in Chemnitz hatte, durch einen „Verfassungsschützer“ vor Überwachungsmaßnahmen gewarnt wurde? Welche Rolle spielte der mit Uwe Mundlos bekannte Top-Spitzel „Corelli“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Richter, als Mitglied dieses KKK, dessen Strukturen sich nach Thüringen und Sachsen erstreckten?

Warum glaubt die Bundesanwaltschaft heute rassistischen Polizisten, vom NSU nichts gewusst und mit dem Mord an Kiesewetter nichts zu tun gehabt zu haben? Wieso glaubt man diesen niemals ernstlich belangten Polizisten, die nicht mehr oder weniger glaubhaft behaupten, zum Klan seien sie „irrtümlich“ gekommen, weil sie den für einen „Kirchenersatz“ hielten und dort – nun ja – Frauen kennenlernen wollten? Und so weiter.

Bettina Blank hätte darüber schreiben können. Sie ist Mitarbeiterin des LfV Baden-Württemberg.

VS-Autorin deckt Antifa-Verschwörung auf

Blank hat lieber ein Buch über „Linksextremismus“ geschrieben, das mit der Feststellung endet, die „anhaltende öffentliche Auseinandersetzung um den NSU“ nütze AntifaschistInnen und schade daher dem demokratischen Verfassungsstaat. Wohl, weil allein die Idee dieses Arguments so monströs und dessen Ausführung derart ungelenk geraten ist, unterschlägt die Autorin des Bandes „Deutschland, einig Antifa? ‚Antifaschismus’ als Agitationsfeld von Linksextremisten“ ihren Beruf und versichert, das 400-Seiten-Werk sei „nebenberuflich“ entstanden. Hintendrauf firmiert sie nur als Politikwissenschaftlerin.

Zunächst klärt Blank, was Antifaschismus nur sein könne: Entweder „moralisch“, also unpolitisch und egal. Oder aber Ausdruck eines politischen Engagements, „das letztlich auf die Überwindung der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung ausgerichtet“, also „kommunistisch geprägt“ sei. Das ist ihr so zuwider, dass sie Antifaschismus durchweg in Anführungszeichen setzt und fortan darauf aus ist, ihn zu „entlarven“: Als eine Art Kryptokommunismus und besonders gewiefte Strategie von „Linksextremisten“, die Öffentlichkeit über die eigenen Absichten gründlich zu täuschen. Was hier in erschöpfender Breite darlegt wird, ist nicht weniger als eine veritable Verschwörungstheorie: „Antifaschisten“ bekämpfen Nazis nur vordergründig, doch im Geheimen hängen sie der „Staatslehre des Marxismus-Leninismus“ an und verfolgen klandestine Umsturzpläne.

Der Versuch, darüber den Nachweis zu führen, sagt freilich mehr über Blanks Paranoia als über den Antifaschismus aus: Nacheinander behandelt sie die angeblich „wichtigsten“ Träger des Antifaschismus in Deutschland, die sich so zusammenfassen lassen: DKP – Kommunisten, schon vom Namen her. VVN-BdA – eine Gründung von Kommunisten, schon von der Geschichte her. Partei DIE LINKE – „Kontinuität zur ehemaligen SED“, also Kommunisten. Autonome – zieren sich ein bisschen, verwenden aber das „Fahnenlogo“ der KPD und sind insofern – Kommunisten. Man kann der Autorin nur wünschen, irgendwann tatsächlich so von KommunistInnen umstellt zu sein, wie sie es bereits jetzt für gegeben hält. In ihren Illusionen vom drohenden Umsturz toppt sie noch die obskursten Politsekten der Linken.

Hatte Genosse Dimitroff doch recht?

Wenig überraschend setzt Blank bei Dimitroff an, denn aus der Faschismus-Definition der Komintern erschließe sich noch heute das „‚Antifaschismus’-Verständnis von Linksextremisten“. Sie teilt damit den bei manchen AntifaschistInnen verbreiteten Fehler, den „Faschismus an der Macht“, um des es damals ging und heute nicht, mit dem Neofaschismus als Bewegung zu verwechseln. Ihr kommt es nun auf den ausgesprochen trivialen Nachweis an, dass schon der historische Antifaschismus „politischen Interessen“ (welchen denn bitte sonst?) gefolgt sei und sich das nie geändert habe. Für die antifaschistische Praxis sei etwa von Bedeutung geblieben, Faschismus und bürgerliche Demokratie als zwei unterschiedliche Formen bürgerlicher Herrschaft zu betrachten. Was ist daran falsch? Der Witz ist, dass Blank nicht einmal den Versuch einer Kritik unternimmt.

Seitenweise referiert sie daraufhin im Konjunktiv das, was angeblich das gemeingültige „antifaschistische Geschichtsbild“ sei, entnommen einem Buch von 1980, von dem man locker sagen kann, dass es ihm für die unterstellte Gemeingültigkeit (zumal nach dreieinhalb Jahnzehnten) schon an Bekanntheit mangelt. Vehement widerspricht sie der Annahme, beim 8. Mai 1945 habe es sich um einen „Tag der Befreiung gehandelt“. Verblüffend ist die Begründung: In einer US-amerikanischen Direktive sei das besiegte Deutschland einmal als „besiegter Feindstaat“ bezeichnet worden. Das trifft zu. Als Argument gegen die Befreiung vom Nationalsozialismus aber kannte man das bisher nur aus Reichsbürger-Kreisen.

Für die weitere Kritik des „antifaschistischen Geschichtsbildes“ wechselt Blank zum Indikativ und erinnert beispielsweise daran, dass die Sowjetunion „stets die politische Initiative den Westmächten überlassen hatte, um [!] diese später der Spaltung Deutschlands zu bezichtigen“. Man mag es ihr, die keine Historikerin, sondern Politikwissenschaftlerin geworden ist, noch nachsehen, dass sie das Handeln der Sowjetunion daraus ableiten will, dass sie jahrelang einzig auf den Moment gelauert habe, die Westmächte „zu bezichtigen“ und – vor wem eigentlich? – vorzuführen. Endgültig irre ist aber die Blanksche Belehrung, dass Antifaschisten umgekehrt alles verfehlen würden, was die deutsche Geschichte betrifft, weil sie das Grundgesetz nicht verstünden: Es sei in Wirklichkeit nicht „antifaschistisch“, sondern „antiextremistisch ausgerichtet“.

Das erste hatte wohl zuletzt und vor langer Zeit einmal Wolfgang Abendroth vertreten. Abendroth hat noch posthum den Logikbonus auf seiner Seite, dass eine explizit „antiextremistische“ Ausrichtung des Grundgesetzes schwerlich aus dem Grundgesetz folgen kann. Den Begriff gab es nämlich noch nicht, als man’s aufgeschrieben hat. Andernfalls müsste heute nicht Eckhard Jesse, den Blank an dieser Stelle sogar zitiert, für einen „antiextremistischen Konsens“ erst noch werben.

KZ-Häftlinge unter Extremismus-Verdacht

Immer wieder kommt Blank auf den „Schwur von Buchenwald“ zu sprechen, auf den sogar schon Gerhard Schröder und Wolfgang Thierse aus „Nichtwissen“ hereingefallen seien. Blank dagegen weiß: Die „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln“ und der Aufbau einer Welt „des Friedens und der Freiheit“ würden „in letzter Konsequenz die Überwindung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung“ bedeuten. Was Blank schreibt und ihr (aus „Nichtwissen“?) nicht auffällt, ist das damit gegebene Eingeständnis, dass die Wurzeln des Nazismus in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung liegen und dass Frieden und Freiheit auf dieser Grundlage nicht möglich sind. Wenn das ihr Standpunkt ist, erklärt er die vorherige Nichtkritik an Dimitroff.

Allerdings versäumt es Blank nicht, den KZ-Häftlingen Buchenwalds, die sich im Internationalen Lagerkomitee zusammengeschlossen hatten, den „Vorwurf“ zu machen, dass das ILK unter kommunistischer Leitung stand. Man weiß nicht recht, worauf dieser „Vorwurf“ abzielt. Wenn man auf den „Antifaschismus“-Begriff der Autorin zurückgeht, kann sie nur vorhalten wollen, dass KZ-Häftlinge das Ziel der eigenen Befreiung irgendwie vorgetäuscht haben. Blank lässt ihre LeserInnen fassungslos zurück, während sie sich schon mit dem Nachweis beeilt, dass die antifaschistischen Leistungen der KPD anders aussahen, als es etwa in der DDR propagiert worden war. Ist bekannt, ändert nur nichts daran, dass das angeblich „Wenige“, was die KPD an Widerstand aufgeboten hat, noch immer ausreichte, um das Meiste vollbracht zu haben.

Nicht anders verhält es sich mit DDR-eigenen Darstellungen zu deutschen Geschichte, die eine „Opferhierarchie“ installiert und die „Kämpfer gegen den Faschismus“ mehr „verehrt“ habe als die weiter gefasste Gruppe der „Opfer des Faschismus“. Stimmt, aber andererseits gab es in der DDR zuhauf „OdF-Straßen“, um mit diesem „Wenigen“ war wiederum für die Erinnerung mehr getan, als es in der BRD je möglich war. Blanks Systemvergleich hat nicht die von ihr gewünschten Ergebnisse. Dass sich im Zeitverlauf die Bezugnahme auf den Antifaschismus als Legitimationsideologie innerhalb der DDR wiederholt und recht weitgehend gewandelt hat, ist ihr schon gar nicht aufgefallen. Es reicht der Fingerzeig, dass der Antifaschismus „von drüben“ kommt.

VVN-BdA, das Hassobjekt erster Klasse

Wie günstig für sie, dass der Sozialismus irgendwann zuende ging und der Systemvergleich nicht weiter auszuhandeln war. Seit dem Jahr 1990 habe der Antifaschismus in Deutschland jedoch eine „Renaissance“ erlebt. Der Hauptteil des Buches illustriert diese „Renaissance“, wobei Blank bei ihren Quellen nicht gerade wählerisch ist: Wo es passt, kommen nacheinander die Zeitschrift „Bahamas“, eine Rezension der „jungen Welt“ zu einer Broschüre der „Krisis“-Gruppe über die Bahamas oder auch mal die Meinung der „Lauti-Gruppe“ in der Interim zu Wort; dazu gesellen sich ein entlegener Demonstration-Aufruf aus Friedrichsdorf-Köppern, immer wieder dieses „Indymedia“ und ab und zu der Parteivorstand der DKP. Hätte Blank nicht den theorie.org-Band („Antifa – Geschichte und Organisierung“, 2012) gefunden, hätte ihr Textflickenteppich gar keine Struktur.

Außer vielleicht das längliche Kapitel über die VVN-BdA, denn dazu hat Blank – die bei der Gelegenheit eine stärkere Beobachtung durch die „Verfassungsschutz“-Behörden empfiehlt – bereits im „Jahrbuch Extremismus & Demokratie“ vorgearbeitet. Ihr Vorwurf lautet dort und hier, dass sich der Verband zwar vom Nationalsozialismus, aber nicht „vergleichbar“ von der „kommunistischen Diktatur“ abgrenze.

Mit diesem Einfall legt die Autorin den Verfolgten des Naziregimes nahe, die erlittene Verfolgung per Gleichsetzung mit einer nicht erlittenen Verfolgung zu relativieren – zynisch, aber sicherlich „staatstragend“. Statt sich darauf einzulassen, so klagt Blank, würde sich die VVN-BdA „gezielt und bewusst auch in tagespolitischen Fragen“ engagieren, „und dies in einer Art und Weise, die bei genauerer Betrachtung auf eine alles andere als staatstragende Zielsetzung ihrer Aktivitäten schließen lässt.“ Drei dutzend Seiten braucht es für den Nachweis, dass diese „Aktivitäten“ antifaschistisch sind, dass die VVN-BdA gegen Nazis Partei ergreift und dabei mit anderen AntifaschistInnen zusammenarbeitet. Man merkt schon: Das muss ein besonders schwerer Fall von „Linksextremismus“ sein.

Schwindeln gegen den Kommunismus

So habe die VVN-BdA beispielsweise eine Ausstellung konzipiert, „mit der sie auf subtile Weise ihre politischen Botschaften verbreitet“, ganz so, als verschweige der Verband seine „tatsächlichen“ Ziele. Als besonders „subtil“ gilt hier übrigens, dass „nach stets gleichem Muster überspitzt“ von „‚neofaschistischer’ Gewalt und ‚Terror’“ gesprochen werde. Ein Textbaustein, den Blank wohl vor November 2011 geschrieben hat, als auch ihre Behörde noch stets etwas unterspitzt – um nicht zu sagen: stumpf – behauptet hatte, es geben keinen Rechtsterrorismus in Deutschland. Die weiteren Vorwürfe Blanks sind teils albern („Die VVN-BdA wendet sich gegen die deutsche Beteiligung an Kriegen“), teils erschwindelt. So wird en passant behauptet, der Verband habe „ausdrücklich Solidarität mit von der Justiz als kriminelle Vereinigungen eingestuften, gewaltbereiten Gruppen“ bekundet .

Laut Fußnote kann Blank nur das bekannte §129-Verfahren gegen Passauer AntifaschistInnen meinen. Dieses Verfahren war letztlich eingestellt worden. Eine „Einstufung“ als „kriminelle Vereinigung“ gab es nicht. Nicht die Solidarität mit den Betroffenen war unhaltbar, sondern der Tatvorwurf.

Mit viel Verve übt sich Blank in einer Demontage des VVN-BdA-Bundesvorsitzenden Heinrich Fink. Über den hat Blank recherchiert, dass er für die Stasi gearbeitet habe. Darauf, dass Fink solchen Darstellungen widerspricht, weist die Autorin nicht hin und erklärt auch nicht, was das mit der heutigen VVN-BdA zu tun haben soll. Der Wille zu Denunziation reicht aber so weit, Fink „freundschaftliche Kontakte über das traditionelle orthodox-marxistische Lager hinaus offenbar selbst zu Mitgliedern der ehemaligen terroristischen ‚Roten Armee Fraktion’“ zu unterstellen. Tatsächlich hatte Fink Anfang 2007 bei der Luxemburg-Konferenz ein Grußwort Christian Klars vorgetragen. Doch weder ist Klar Mitglied irgendeiner ehemaligen Organisation (so viel Sprachkritik muss sein), noch enthält sein damaliges Statement einen Aufruf zur Gewalt.

Sowieso ist das Vorlesen eines Klar-Textes durch Fink weder Ausdruck einer terroristischen Orientierung, noch Zeugnis eines „freundschaftlichen Kontakts“. Der Vortrag ergab sich vielmehr im Kontext der damaligen Debatte um eine vorzeitige Haftentlassung Klars. So viel zu den weniger „subtilen Botschaften“ Blanks. Manchmal sind es blanke Lügen.

Politik – bitte nur im Parlament

Das nächste antifaschistische Übel ist die Partei Die LINKE, faktisch eine „‚Lobby’ autonomer ‚Antifaschisten’“, durchexerziert am Beispiel der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke. Die Partei müsse es sich „anrechnen lassen“, dass man auf den Posten der innenpolitischen Sprecherin „ausgerechnet eine ursprünglich dem ‚Kommunistischen Bund’ (KB) entstammende Angehörige ihres linken Flügels“ gesetzt habe. Denn wie bei „allen Organisationen des marxistisch-leninistischen Spektrums“ gebe Jelpke „den Vorrang der außerparlamentarischen vor der parlamentarischen Arbeit“.

Nun ist der KB längst Geschichte und Blank weiß selbst, dass es einige frühere Angehörige so genannter K-Gruppen zu größten Ehren und Regierungsposten in dieser Republik gebracht haben. So was kann man Jelpke nicht nachsagen. Was soll aber der Vorwurf bedeuten, sie engagiere sich für außerparlamentarische Politik? Das hat nie und nimmer etwas mit dem „marxistisch-leninistischen Spektrum“ zu tun. Sondern grundsätzlich damit, dass die wenigsten Menschen das Glück eines Mandats haben und ihre Interessen im Parlament selbst vertreten können. Wer auch immer aus der übergroßen Mehrzahl der Bevölkerung heraus Politik machen will, muss außerparlamentarische Politik betreiben.

Außerparlamentarische Politik zum Skandal erklären kann nur, wer die Begründung schuldig bleibt, warum parlamentarische Arbeit einen Vorrang genießen, warum der Bundestag exklusiver Ort von Politik sein soll. Man kann sich allerdings ausmalen, aus welcher Richtung her sich Blanks elitäres Demokratie-Verständnis speist, denn sie verteilt ihre Sympathiepunkte nun auch nicht eben „subtil“. Da heißt es etwa auf ein und derselben Seite, dass sich „ausgerechnet“ die frühere PDS für ein NPD-Verbot stark gemacht habe; und dass die Wochenzeitung Junge Freiheit „als rechtsextremistisch stigmatisiert“ werde. (Die amtliche „Stigmatisierung“ hatte jahrelang u.a. Blanks eigene VS-Behörde besorgt, bei der man die JF durchaus für „rechtsextremistisch“ hielt und die man, nachdem das juristisch angefochten war, weiter beobachtete.)

Multiple-Choice-Extremismus

Schließlich gibt es da noch den „autonomen Antifaschismus“. Mutmaßlich ist sich die Autorin nicht ganz sicher, wie der einzuschätzen sei. Denn gleich im ersten Satz wird ihm „Organisations- und Theoriefeindschaft“ attestiert. Bereits vier Seiten später heißt es plötzlich, die „Szene“ neige zu „endlosen Diskussionen“ und einer ständig wiederkehrende „Organisationsdebatte“. Das ist Extremismus-Theorie im Multiple-Choice-Verfahren. Das Verfahren gelangt, wie man hier sieht, zu eher überschaubaren Resultaten.

Zur „Anti-Nazi-Arbeit“ verschiedenster Strömungen zähle etwa die „Recherche“. Triftiges Beispiel: „‚Antifaschistische’ Recherchearbeit im Internet versucht, rechtsextremistische Websites ausfindig zu machen“. Ja, es sei gar ein regelrechter „Fahndungsantifaschismus“ entstanden, was sich exemplarisch daran zeige, dass die VVN-BdA eine Liste mit 196 Namen ehemaliger „Gebirgsjäger“ erstellt hat, deren Einheiten für Massaker verantwortlich waren. – Warum aber sollte man Mörder nicht beim Namen nennen? Blank will mit alledem immer auf den Beleg hinaus, welche „subversive Wirkungskraft“ der „Antifaschismus“ erlange. Es mag natürlich zutreffen, dass es nicht eben „staatstragend“ ist, an deutsche Kriegsverbrechen zu erinnern, zumal solche, die nie gesühnt wurden.

Instrumentalisierung? Max Reimann (KPD-West, verboten seit 1956) über das Verhältnis seiner Partei zum Grundgesetz: “Wir unterschreiben nicht. Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen die verteidigen werden, die es angenommen haben.” Eine Ähnliche Versicherung hat die CSU, die das Grundgesetz mehrheitlich ablehnte, nicht hinterlassen.


Blank wirft AntifaschistInnen zusammenfassend vor, dass sie bei alledem das Grundgesetz „instrumentalisieren“, das heißt, sich der Rechte bedienen würden, die ihnen von der Verfassung her auch zustehen. Sogar das Bundesverfassungsgericht habe sich dem „Antifaschismus“ angedient, indem es dagegen die Strafbarkeit jeder Billigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft bestätigt habe. Die Autorin stört nämlich, dass NS-Verherrlichung in Deutschland strafbar ist – weil das eine Konzession an die „Kommunisten“ sei. Auf Dauer gewinnt die Lektüre eine humorige Ebene, weil dieser Holzhammer-Antikommunismus der Gegenwart so hoffnungslos entrückt ist.

Bettina Blank will wieder Kommunisten jagen

Die aktuellste antifaschistische Masche und obendrein eine „Offensive von neuartiger Qualität“ sei der „Kampf“ gegen den Extremismus-Begriff. Dass diese undankbaren Linksextremisten den „sehr begrüßenswerte[n] Versuch“, mit Hilfe der „Extremismusklausel“ einer „Beteiligung von Linksextremisten bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus einen Riegel vorzuschieben“, nicht einfach akzeptieren, dass sie sich überdies einem „Vergleich zwischen Sozialismus und ‚Faschismus’“ verweigern – das alles sei ein Ergebnis der „Staatslehre des Marxismus-Leninismus“.

Es ist nur konsequent, dasselbe vom Urteil dieser Rezension zu behaupten, dass es sich nämlich bei Blanks Anti-Antifa-Buch um einen vorläufigen Tiefpunkt im Genre der „Extremismus“- und Verfassungsschutz-Literatur handelt. Solange man’s noch darf, bekenne man dagegen ruhig: Wo der Marxismus recht hat, hat er recht. Die staatstragende Alternative der Frau Blank ist ungleich gefährlicher: Wo der Verfassungsschutz rechts ist, gründet er den „Ku Klux Klan“.

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