[HH] Angriff auf das PK 15 am 28.12.2013 – ge

S36 05.01.2014 16:35 Themen: Medien Repression
Anlässlich der Darstellung und Diskussion in der Öffentlichkeit und in den Medien zu einem Zwischenfall am Samstag, 28.12.2013, gegen 23:03 Uhr im Bereich der Reeperbahn in Hamburg – St. Pauli zwischen bisher unbekannten Personen und PolizeibeamtInnen sehe ich mich zu einer öffentlichen Stellungnahme veranlasst.
Im Rahmen meiner anwaltlichen Tätigkeit sind mir Tatsachen bekannt geworden, die den bisher öffentlich diskutierten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen bzw. schwerwiegende und begründete Zweifel an der bisher durch die Polizei bekannt gemachten Geschehensablauf nähren.
Pressemitteilung
Anwaltsbüro Schulterblatt 36
(Andreas Beuth • Britta Eder • Marc Meyer • Gerrit Onken • Hendrik Schulze • Ingrid Witte-Rohde • Nils Rotermund)

Anlässlich der Darstellung und Diskussion in der Öffentlichkeit und in den Medien zu einem Zwischenfall am Samstag, 28.12.2013, gegen 23:03 Uhr im Bereich der Reeperbahn in Hamburg – St. Pauli zwischen bisher unbekannten Personen und PolizeibeamtInnen sehe ich mich zu einer öffentlichen Stellungnahme veranlasst.
Im Rahmen meiner anwaltlichen Tätigkeit sind mir Tatsachen bekannt geworden, die den bisher öffentlich diskutierten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen bzw. schwerwiegende und begründete Zweifel an der bisher durch die Polizei bekannt gemachten Geschehensablauf nähren.

In einer Pressemitteilung der Polizei Hamburg vom 29.12.2013 wird folgender Sachverhalt im Kerngeschehen dargestellt:
Beamte der Davidwache seien aus einer Personengruppe heraus gezielt angegriffen und zum Teil schwer verletzt worden. Zur Tatzeit hätten 30 bis 40 dunkel gekleidete, zum Teil (u.a. mit St.Pauli-Schals) vermummte Personen in Sprechchören: "St.Pauli - Scheißbullen - Habt Ihr immer noch nicht genug!" skandiert. Als Polizeibeamte daraufhin aus der Davidwache herausgekommen seien, seien sie an der Ecke Reeperbahn/Davidstraße aus der Personengruppe heraus gezielt und unvermittelt mit Stein- und Flaschenwürfen angegriffen worden. Ein Polizeibeamter sei durch einen aus unmittelbarer Nähe geworfenen Stein erheblich verletzt worden sei und habe eine Nasenbein- und Kieferfraktur erlitten.
Wir haben hingegen nach den uns vorliegenden Informationen Grund zu der Annahme und hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass diese polizeiliche Darstellung falsch ist.
So gab es bereits keine zum Teil vermummte Personengruppe von 30 bis 40 Personen. Darüber hinaus gab es keine Personen vor der Davidwache, deren Plan und Ziel es gewesen wäre, die Polizeirevierwache 15 oder deren BeamtInnen zu attackieren.
Entsprechend hat es zu keinem Zeitpunkt Stein- oder Flaschenwürfe auf das Gebäude der Revierwache gegeben; erst recht nicht auf aus der Wache herauskommende PolizeibeamtInnen.
Entgegenstehende Behauptungen in der Polizeipressemitteilung vom 29.12.2013 sind schlichte Falschbehauptungen. Soweit es in der Pressemitteilung der Polizei vom 29.12.2013 heißt, „Als Polizeibeamte daraufhin aus der Davidwache herauskamen, wurden sie an der Ecke Reeperbahn/ Davidstraße aus der Personengruppe heraus gezielt und unmittelbar mit Stein- und Flaschenwürfen angegriffen. Dabei erlitt ein Polizeibeamter (45) einen Kiefer- und Nasenbruch sowie eine Gesichtsschnittverletzung, als ihm einer der Täter aus nächster Nähe einen Stein ins Gesicht schlug.“, ist dies ebenso falsch. Es ist kein Beamter vor der Davidwache Ecke Reeperbahn/ Davidstraße durch einen Stein oder anderen gefährlichen Gegenstand verletzt worden.
Soweit in der Berichterstattung in den Medien behauptet wird, ein Beamter sei im Bereich Hein-Hoyer-Straße/Seilerstraße, mithin ca. 200 m vorm PK 15 entfernt, im Gesicht verletzt worden, entzieht sich dies unserer Kenntnis. Auch der Pressemitteilung der Polizei ist ein solcher Tathergang nicht zu entnehmen.

Weiterhin muss ich feststellen, dass die der Berichterstattung zugrunde liegende Mitteilung der Polizeipressestelle es unterlassen hat, die polizeilichen Maßnahmen der BeamtInnen zu schildern, nachdem diese unbehelligt vor die Wache getreten waren.

Hinter der bewusst falschen Darstellung stehen augenscheinlich politische Interessen der Polizeiführung und ihrer Gewerkschaften wie zusätzliche Stellen, eine bessere Bezahlung der Polizei, eine „Aufrüstung“ der Polizei und aktuell die Einrichtung eines unbefristeten Gefahrengebiets in einem nie dagewesenen Ausmaß.
Die offensichtliche Desinformation der Öffentlichkeit lenkt ab von den brennenden sozialpolitischen Themen in der Stadt und diskreditiert legitime politische Inhalte.

Vor diesem Hintergrund halte ich eine öffentlich geführte Debatte über den möglichen polizeilichen Einsatz von Tasern oder gar den Schusswaffengebrauch einmal mehr für eine gefährliche, unverantwortliche und inakzeptable Reaktion.

Andreas Beuth
Rechtsanwalt

Für Rückfragen steht Ihnen gerne Rechtsanwalt Andreas Beuth heute (05.01.2014) bis 18:00 Uhr unter der Tel. Nr: 040 / 432 80 580 und unter  info@anwaltsbuero-s36.de zur Verfügung.
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Ergänzungen

Ablauf

Hmm 05.01.2014 - 18:28
Die letzte Version, die ich gelesen habe (leider nur einmal und nicht weiter durch andere Medien aufgenommen) ist, dass es vor der Davidwache zu besagten Angriffen gekommen sein soll und sich die Polizist*innen wieder (unverletzt) in die Wache zurückgezogen haben.
Die Gruppe flüchtete in eine Seitenstrasse wo sie auf eine vorher unbeteiligte Gruppe Polizist*innen gestoßen sind. Hier ist es dann zum besagten Angriff mit einem Stein gekommen.

Diese spätere Darstellung lässt zumindestens an der ursprünglichen Pressemitteilung zweifeln.

Leider finde ich die Stellungnahme oben unverständlich. Eine optische Trennung (Anführungszeichen) wo aus der Pressemitteilung zitiert wird und wo wieder Kommentar beginnt, wäre wichtig.
Außerdem enthält die Stellungsnahme keine Fakten, sondern (so wie ich sie verstehe) nur eine Zurückweisung der PM der Polizei. Wieso diese nicht zutrifft, wird mir nicht ersichtlich. :-(

Zweifel am Angriff auf Davidwache

TAZ 07.01.2014 - 03:08
HAMBURG taz | Der gewaltsame Angriff von 30 bis 40 Vermummten auf die Davidwache in St. Pauli, bei der Polizisten angeblich schwer verletzt wurden, hat nicht so stattgefunden, wie anfangs von der Polizei dargestellt. Das hat Polizeisprecher Mirko Streiber am Montag eingeräumt. „Der schwer verletzte Kollege ist nicht an der Reeperbahn, sondern in 200 Metern Entfernung in der Hein-Hoyer-Straße verletzt worden“, sagte Streiber der taz.

Streiber bleibt aber dabei, dass es Steinwürfe auf das Revier gegeben habe, wodurch aber niemand verletzt worden sei. „Dafür gibt es Zeugen“, behauptet Streiber. Video-Bilder vom vermeintlichen Angriff gibt es allerdings nicht. „Die Davidwache hat zwar zum Schutz Videoüberwachung“, betont Streiber. „Es wird aber nichts aufgezeichnet – so sind die datenschutzrechtlichen Bestimmungen.“

Ursprünglich hatte die Polizei behauptet, die Davidwache sei am Abend des 28. Dezember um 23.03 Uhr von dunkel gekleideten und teilweise mit St. Pauli-Schals vermummten Personen attackiert worden, die Sprechchöre skandiert hätten: „St. Pauli – Scheißbullen – habt ihr immer noch nicht genug!“ Als Polizeibeamte aus der Wache gekommen seien, seien sie an der Ecke Reeperbahn/Davidstraße „aus der Personengruppe heraus gezielt und unvermittelt mit Stein und Flaschenwürfen angegriffen“ worden. Dabei habe ein 45-jährige Beamte einen Kiefer und Nasenbeinbruch erlitten, als ihm einer der „Täter aus nächster Nähe heraus einen Stein ins Gesicht schlug“. Einer Polizistin sei Pfefferspray in die Augen gesprüht worden, ein dritter Beamter habe ein Bauchhämatom erlitten. Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch (SPD) zeigte sich entrüstet. „Derart zielgerichtete und massive Übergriffe auf Polizeibeamte sind unerträglich“, sagte er.

Die vermeintliche Gewalt-Attacke auf die Davidwache hatte eine regelrechte Medienkampagne zum Thema Gewalt gegen Polizisten ausgelöst, in deren Verlauf Polizeigewerkschafter den Einsatz von Schusswaffen legitimieren wollten und die Einführung von Elektroschockern – sogenannten Tasern – forderten.

Rechtsanwalt Andreas Beuth hatte bereits am Sonntag die Polizei-Version zurückgewiesen, gestützt auf Augenzeugen und Mandaten, die sich zum fraglichen Zeitpunkt vor der Davidwache aufgehalten haben. „So gab es keine zum Teil vermummte Personengruppe von 30 bis 40 Personen“, sagte Beuth. Es habe auch keine Personen vor der Davidwache gegeben, deren Plan und Ziel es gewesen wäre, die Polizeirevierwache oder deren BeamtInnen zu attackieren. „Entsprechend hat es zu keinem Zeitpunkt Stein oder Flaschenwürfe auf das Gebäude der Revierwache gegeben; erst recht nicht auf aus der Wache herauskommende Polizeibeamte“, so Beuth.

Hinter der „bewusst falschen Darstellung“ vermutet Beuth „augenscheinlich politische Interessen der Polizeiführung und ihrer Gewerkschaften“ wie Forderungen nach zusätzlichen Stellen, einer besseren Bezahlung der Polizei, einer „Aufrüstung“ der Polizei und aktuell die Einrichtung eines unbefristeten Gefahrengebiets von nie dagewesener Ausdehnung.

Dass es 200 Meter entfernt in der Hein-Hoyer-Straße/Seilerstraße zu einem Zwischenfall gekommen sein könne, bei dem uniformierte Polizisten von Kiezbesuchern attackiert worden seien, wollte Beuth nicht ausschließen.

In diesem Zusammenhang hat die Staatsanwaltschaft jetzt ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung gegen einen Unbekannten eingeleitet. Polizeisprecher Streiber appellierte an Beuth, seine Zeugen zu den Ereignissen der Polizei zu benennen, „damit man sich ein klares Bild machen kann“.

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Magie im Spiel? — KlausS

@Magie — erster oder zweiter?

Wichtig — unwichtig