[2112] Demoverbot in der Hamburger City

info 20.12.2013 18:39 Themen: Antirassismus Freiräume Repression Soziale Kämpfe
Neben einer Protestkundgebung der Lampedusa-Gruppe und der Großdemonstration für die Rote Flora, den Erhalt der Esso-Häuser und das Bleiberecht von Refugees sind am 21.12. von unterschiedlichen Initiativkreisen zwei weitere Kundgebungen in der Hamburger Innenstadt geplant.Beide Veranstalungen sind nun durch die Innenbehörde faktisch verboten wurden!
Demoverbot in der Hamburger City - Innenbehörde kriminalisiert Protestbewegungen und setzt auf die polizeiliche Eskalation politischer Konflikte!

Neben einer Protestkundgebung der Lampedusa-Gruppe und der Großdemonstration für die Rote Flora, den Erhalt der Esso-Häuser und das Bleiberecht von Refugees sind am 21.12. von unterschiedlichen Initiativkreisen zwei weitere Kundgebungen in der Hamburger Innenstadt geplant. Eine davon richtet sich gegen die Privatiserung des öffentlichen Raumes und sollte ab 17:30 Uhr im Business Improvement District (BID) Neuer Wall direkt vor dem Büro von Gerd Baer stattfinden. Eine andere ist von 17-19 Uhr am Adolphsplatz angemeldet worden, um vor dem dort ansässigen Hamburg Citymanagement gegen die Ausheblung des Versammlungsrechts zugunsten von Einzelhandelsinteressen zu protestieren.

Beide Veranstalungen sind nun durch die Innenbehörde faktisch verboten wurden! Auch der im Kooperationsgespräch vorgeschlagene Kompromiss, die Kundgebung zusammenzulegen und sie auf dem Jungfernstieg stattfinden zu lassen, ist abgelehnt worden. Lediglich eine Kundgebung am Bahnhof Sternschanze soll erlaubt sein.
Eine Kundgebung im innenstadtfernen Schanzenviertel lehnen die Veranstalter_innen jedoch ab und haben daher Klage eingereicht. Nachdem das Verwaltungsgericht lediglich dem Willen der Innenbehörde gefolgt ist, wird nun in die nächsthöhere Instanz gegangen und vor das Oberverwaltungsgericht gezogen.

Dass die Innenbehörde die Innenstadt zur Bannmeile für gesellschaftliche Widersprüche und öffentliche Meinungsäußerung erklärt, ist ein politisch untragbar und im Sinne des Versammlungsrechtes nicht hinnehmbar!

Bereits angesichts der anhaltenden Lampedusa-Proteste hatten der Einzelhandel und auch das Hamburger Citymanagement gefordert und weitgehend durchgesetzt, die Innenstadt in den Weihnachtsmonaten zu einer reinen Konsumzone zu machen, in der störende politische Willensbekundungen keinen Platz haben sollen.
Die Innenbehörde folgt dieser Linie und flankiert die Profitinteressen des Einzelhandels politisch. In der Verbotsverfügung wird behauptet, bei der Kundgebung am Adolphsplatz handle es sich letztlich eh nur um eine "Tarnveranstaltung", um Verkauf und Umsatz zu stören. Außerdem sei sie sinnlos, weil das Citymanagement am Wochenende ja geschlossen ist.

Diese Argumentation zeigt eine völlige Missachtung kritischer Gegenöffentlichkeit und zielt auf deren Entpolitisierung. Vor dem Hintergrund, dass sich die Kundgebung inhaltlich grade gegen Demoverbote richtet und sich für die Wahrung des Versammlungsrechts in der City einsetzt, manifestiert sich in der Verbotsverfügung eine autoritäre ordnungspolitische Haltung, die die Inhalte und Forderungen aktueller Kämpfe um ein Recht auf Stadt aus dem öffentlichen Diskurs verdrängen will.

Um die Auseinandersetzung um stadtpolitischen Konflikte zu unterbinden, setzt die Innenbehörde auf eine Kriminalisierung des Protests und dreht an der polizeilichen Eskalationsspirale.

In ihren Verbotsbegründung bezieht sich die Innebehörde auf die Gefahrenprognose zur Flora-Demo und verweist auf zahlreiche weitere Aktionen der letzten Monate, darunter eine Reihe von Spontandemonstrationen im Zusammenhang mit Lampedusa und nächtliche Aktionen vor allem gegen SPD-Büros. Substanzielle Einschätzungen zur Kundgebung selbst hat sie hingegen nicht zu bieten.

Tatsächlich ist es absurd zu behaupten, dass Menschen, die sich für militante Kleingruppenaktionen entscheiden, nun grade den Rahmen einer angemeldeten Versammlung für ihr Handeln suchen, wo ihnen doch die ganze Stadt 24/7 zur Verfügung steht. Und es ist absurd, stationäre Kundgebung mit spontanen Demonstrationen in Verbindung zu bringen, die sich grade durch ihre unkontrollierten Dynamiken auszeichnen. Ein Verbot wird sie nicht verhindern, sondern wird vielmehr dazu führen, dass noch mehr Menschen ihren Protest selbstbestimmt auf die Straße tragen.

Das gezeichnete Bild dient offensichtlich dazu, die Kundgebungen zu einem Gefahrenherd hochzustilisieren und den Protest zu kriminalisieren. Erst wird der rechtliche Schutz des Versammlungsrechts ausgehebelt und dann der Polizeistaat aktiviert: Mehrer tausend Polizisten werden an diesem Samstag in der Innenstadt gegen diejenigen in Stellung gebracht, die durch das Raster konsumfreudiger Weihnachtshopper_innen fallen und sich das Right to the City nicht nehmen lassen. Die Polizei bereitet sich auf massenhafte Ingewahrsam- und Festnahmen vor und hat einen richterlichen Bereitschaftsdienst aktiviert, um schnell aburteilen zu können. Mittlerweile wurde die gesamte Innenstadt zu einem Gefahrengebiet erklärt. Wie sonst nur G8-Gipfel und atomare Endlager geschützt werden, wird in Hamburg der Weihnachtseinkauf zu einer Festung der inneren Sicherheit.

Diesen Versuchen der Einschüchterung setzen wir unsere Solidarität entgegen! Die Proteste an diesem Samstag werden ein deutliches Zeichen setzen, dass gesellschaftliche Konflikte sich weder privatisieren, noch repressiv wegregulieren lassen. Ein Recht auf Stadt für alle zu erkämpfen, bleibt eine Frage sozialer und politischer Bewegung!


20.12.2013, Pressegruppe der Vorbereitung 21.12.
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Ergänzungen

Die Demos sind nicht verboten!

die gibt es 20.12.2013 - 19:15
Was in der Presseerklärung vielleicht etwas missverständlich anklingt: Die Demo der Lampedusa-Gruppe (12 Uhr) und die internationale Demo für das Bleiberecht von Geflücheten, den Erhalt der Esso-Häuser und die Verteidugung der Roten Flora (14 Uhr) sind genehmigt.
Nur die daran anschließenden stationären Kundgebungen in der Hamburger (Einkaufs)Innenstadt sind verboten. Was scheiße genug ist.

Also, für eine kräftige Demo durchs Schanzenviertel und St.Pauli - danach viele dezentrale Aktionen! Alle auf nach Hamburg!

Lampedusa wird nur als Kundgebung stattfinden

... 20.12.2013 - 21:59
Aufgrund der Eskalation auf der letzten Demo und dem großen Polizeiaufgebot am morgigen Tag.

OVG bestätigt Verbot der 17 Uhr Kundgebung

am Adolphsplatz 21.12.2013 - 00:44

weiter bilder

Michele 22.12.2013 - 03:14
Die Hamburger Polizei beendet die Demonstration, die gerade einmal 10 Meter weit gekommen ist, mittels Einsatz von Schlagstöcken, Pfefferspray und Wasserwerfern und löst damit heftige Ausschreitungen mit den Demonstranten aus. Dabei werden zahlreiche Personen auf beiden Seiten verletzt, dutzende Demonstranten in Gewahrsam genommen. Bei Einbruch der Dunkelheit, verlagerten sich die Auseinandersetzungen in die nahliegenden Straßen rund um das Schanzenviertel und der Reeperbahn.

Bilder gibt es hier:
 http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157638898879143/

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oh mei — bakunin

rofl — paulianer