[W] Gegen den Naziaufmarsch am 21.09.2013

wuppertaldichtmachen.blogsport.de 14.08.2013 23:58 Themen: Antifa Antirassismus

Unter dem Motto „Es ist immer ein Angriff auf uns alle – Gegen linken Terror und antideutsche Zustände” kündigen Nazis am Samstag, den 21. September 2013 – am Tag vor der Bundestagswahl – eine „nationale Großdemonstration” in Wuppertal an.




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Die Nazi-Demo in Wuppertal, wie auch der geplante Aufmarsch am 31.8.2013 gegen die „Organisationsverbote“ in Dortmund, dient der militanten Nazi-Szene zur (bundesweiten) Etablierung ihrer Doppelstrategie: einerseits offen nationalsozialistisch und gewalttätig zu agieren und gleichzeitig offensiv die Privilegien einer legalen Partei auszunutzen. Letztlich laufen so auch die Forderungen eines NPD-Verbotes ins Leere, weil eine Nachfolgepartei für die NPD schon längst gegründet ist, die sich offensichtlich und bislang ungestört aus den Kadern der verbotenen Nazikameradschaften rekrutieren kann.



Anmelder des Naziaufmarsches, zu dem die Nazis 300 Teilnehmer*innen erwarten, ist der „Die Rechte”-Parteivorsitzende Christian Worch aus Parchim. Hinter der Demo stecken die Wuppertaler Nazis der Kameradschaft „Nationale Sozialisten Wuppertal”, die für eine Vielzahl von schwersten Straftaten (Cinemaxx-Überfall, Flohmarkt-Überfall, Schändungen von Denkmälern, Messerstechereien und schwere Körperverletzungen etc.) verantwortlich sind. Die Wuppertaler Nazis organisieren sich bekanntlich seit Ende Januar 2013 in einem Kreisverband der Neonazi-Partei „Die Rechte”.



Auch 2013 wollen die Nazis wieder zum Autonomen Zentrum marschieren, das ihnen voraussichtlich auch dieses Jahr nicht vergönnt sein wird. Ein Kooperationsgespräch mit der Polizei hat bis jetzt noch nicht stattgefunden. Als Redner werden Christian Worch, Lukas Bals vom Wuppertaler Kreisverband (früher „Nationale Sozialisten Wuppertal”), ein „parteifreier Aktivist” aus der Pfalz, ein „Aktivist” aus Dortmund, Marvin Koch („Freie Kräfte Neuruppin”), Philippe Eglin aus der Schweiz, André Plum vom Aachener Kreisverband (früher „Kameradschaft Aachener Land”) sowie Manfred Breidbach, der stellvertretende DR-Kreisvorsitzende in Düsseldorf/Mettmann (früher NPD Düsseldorf/Mettmann), angekündigt. Breidbach fiel in den letzten Jahren wiederholt wegen seiner im NS-Jargon gehaltenen Reden auf (siehe TERZ 02.12).



Jetzt haben die bekennenden Nationalsozialisten in ihrer Demo-Mobilisierung einen gravierenden Fehler gemacht: Auf ihrer „Parteiseite” bei Facebook und auf ihrer Partei-Mobilisierung für die Nazi-Demonstration am 21. September haben sie am 16. Juni 2013 für einige Stunden einen sogenannten Mobi-Track mit einem Musikstück des Nazirappers „Makss Damage” alias Julian Fritsch gepostet. Hintergrundbild des Videos ist das offizielle Demo-Plakat. Dieses zeichnet Rene Heuke mit der Adresse Vohwinkler Str. 27 in 42329 Wuppertal verantwortlich. In dem extra für die Wuppertaler Demo-Mobilisierung produzierten Stück „Tränengasdusche” wird ganz unverhohlen zu Mord an politischen Gegner*innen und zur Schlacht in Wuppertal aufgerufen.



Um deutlich zu machen, mit was für einer tiefgreifenden Menschenverachtung und offensiver Bezugnahme auf NS-Ideologie wir es bei Julian Fritsch und seinen Wuppertaler Fans zu tun haben, werden wir nun einige Passagen des widerlichen Musikstückes „Tränengasdusche“ zitieren.



Zitate aus dem Musikstück:

“Zu uns kommen nur Motivierte! Wir bilden die Infanterie und ihr kriegt nur den durchgefickten Abfall von uns wie Marie. Achtung, wir kommen zu euch, jetzt wird es richtig deutsch, jetzt wird das K, ich meine das AZ, wieder richtig voll. Wir kommen in Unterzahl ins bunte Wuppertal. Unter der Tränengasdusche werden Wunder wahr.“ (…) “Fickt euch! Ihr seid zum Glück bald tot, dann übernehmen wir das Ruder.“ (…) “Wir machen weiter und weiter, bis euer Blut in unsere Wupper fließt.“ (…) “Es ist immer ein Angriff auf uns alle! Kommt alle zur Schlacht von Wuppertal. Sommer 2013!“


Nach wenigen Stunden haben die Nazis aufgrund „rechtlicher Bedenken” den Mobi-Track von Makss Damage wieder von der parteioffiziellen Demo-Mobilisierungsseite entfernt. Die ursprüngliche Fassung kursiert aber weiterhin bei Youtube mit ausdrücklichem Hinweis auf die Mobilisierungsseite der Nazi-Demonstration.


Ein weiterer Beleg für den von der Nazi-Partei „Die Rechte” geplanten Einsatz des Mobi-Tracks für die Demo-Mobilisierung ist das Posting des KV Düsseldorf „Die Rechte” vom 17.6.2013. Es zeigt auch, welche Bedeutung der Songtitel „Tränengasdusche” für bekennende Nationalsozialisten hat: unter der Überschrift „Eine Dusche für Claudia [Roth]” heißt es: „Und es ist nun wirklich der Lacher schlechthin, daß sie, als bekennende Anhängerin der Holocaustreligion, in eine türkische Gasdusche rennt. Und das ganze keine 24 Stunden nach der Veröffentlichung des neuen Hits „Tränengasdusche” für die bald stattfindende Großdemonstration unserer Partei in Wuppertal.” (Beleg: hxxp://rechte-duesseldorf.com/?p=113)


Makss Damage selbst bleibt weiter offensiv, auch wenn Youtube zeitweise seine Kanäle abschaltet. „Jewtube hat den „Rechtsrapsupport-Kanal“ gesperrt. Somit sind ALLE, auf diesem Kanal hochgeladenen Lieder gelöscht worden. Wenn die Juden glauben, dass ihnen das hilft, haben sie sich fürchterlich geschnitten. Diese Zensur zeigt nur ihre Verzweifelung. Sie wissen sich nicht mehr anders zu helfen. Ein gutes Zeichen für Rechtsrap und seine tausenden Hörer in Deutschland. Ich bin motivierter DENN JE, zum Untergang dieses Besatzerstaates beizutragen! Als Reaktion auf diesen Unterdrückungsakt, erwarten Euch in den nächsten Wochen weitere Lieder, mit denen sich dieAffen rumplagen dürfen. Viel Feind, viel Ehr! Sieg!!”


Makss Damage war früher übrigens auf der „linken Seite“ musikalisch aktiv. Seine Texte waren damals schon widerwärtig: In dem Song „Arabisches Geld“ hieß es 2010: „Ich leite Giftgas in Siedlungen, die jüdisch sind“. Im Februar 2011 wurde er von Axel Reitz und Kevin Koch für die Naziszene „angeworben“ und wechselte die Seite.



Reaktionen


Das Bündnis „Kein Platz für Nazis” verfasste in Reaktion auf die Mordaufrufe einen offenen Brief an die Wuppertaler Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher, der das Verbot der Nazi-Demonstration fordert. Mittlerweile hat die Polizei den Fall zur rechtlichen Prüfung an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Diese soll prüfen, ob und inwiefern der Liedtext mit der Demo-Anmeldung in Zusammenhang steht und den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Auch die Polizeipräsidentin Radermacher musste jetzt öffentlich reagieren: „Gemeinsam mit Rechts- und Versammlungsexperten werden wir jede Möglichkeit eines Verbotes intensiv prüfen und alle rechtlichen Wege ausschöpfen. Darauf können sich die Wuppertalerinnen und Wuppertaler verlassen”.

Diesen vollmundigen Erklärungen sind aber bis zum 14.August 2013 keine Taten gefolgt. Die „Prüfer“ und die Polizeipräsidentin sind wohl in den Sommerurlaub gegangen…



Aktionskonzept 2013


Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Nazi-Aufmarsch letztendlich verboten wird, haben die ersten Bündnis-Treffen bereits stattgefunden und die Vorbereitungen sind in vollem Gange.
Wie 2011 wird der Startpunkt der Nazi-Demo und die Route wahrscheinlich erst kurz vorher bekannt gegeben. Das bedeutet für alle antifaschistischen Kräfte, dass alle wieder sehr mobil sein müssen…
Das „Wuppertaler Bündnis gegen Nazis“, an dem Antifa-Strukturen beteiligt sind, veranstaltet ab 10:00 Uhr eine Kundgebung vor den City-Arkaden und will von dort aus gemeinsam und in großen Gruppen zum Aufmarsch der Nazis ziehen. Ebenso wurden weitere Kundgebungspunkte in der Stadt angemeldet.



Zudem schlagen Antifaschist*innen wieder – wie 2011 – ein Anreisekonzept zur Verstopfung der Anreisewege der Nazis vor. Dieses beinhaltet eine gemeinsame organisierte Anreise unter dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ aus verschiedenen Städten mit dem Zug ab ca. 11:00 Uhr sowie eine Punktlandung 5 vor 12 möglichst am Auftaktort der Nazis.


Genaueres, sowie weitere Aktionen, soll mit euch auf den Info- und Mobilisierungs-Veranstaltungen in möglichst vielen Städten besprochen werden. Wenn IHR Interesse an einer Veranstaltung habt, schreibt einfach an das Antifacafe!



Kontakt: http://antifacafewuppertal.blogsport.eu | antifacafe-wuppertal[ät]riseup[dot]net
Twitter für den 21. September: https://twitter.com/Nazisweg





Hintergrundinfos:



Die Nazi-Szene in Wuppertal


Seit knapp einem Jahr vollzieht sich – von der staatlichen Macht ungestört – in der bundesweiten Nazi-Szene eine bemerkenswerte Transformation: die Verwandlung von verbotenen Nazi-Kameradschaften in eine legale Partei. Nachdem Ende August 2012 die Nazi-Kameradschaften „Nationaler Widerstand Dortmund“, „Kameradschaft Hamm“ und die „Kameradschaft Aachener Land“ vom Innenministerium NRW verboten wurden, sammelten sich die betroffenen Nazis umgehend in der kurz zuvor von Christian Worch gegründeten Kleinst-Partei „Die Rechte“.



Auch ohne Verbot änderten die „Nationalen Sozialisten Wuppertal“ ihr Label und gründeten am 30. Januar 2013 einen eigenen Kreisverband der „Rechten“. Zum Vorsitzenden wurde, der aus Hamm zugezogene, Mattias Drewer gewählt, der derzeit eine Haftstrafe wegen verschiedener Körperverletzungsdelikte absitzt.



2012/2013 gab es für die Wuppertaler Nazis einschneidende Veränderungen: Um Wuppertal herum wurden die befreundeten Kameradschaften in Aachen, Köln, Hamm und Dortmund verboten. Im März 2012 wurden wichtige Kader aus dem Rheinland und aus dem „Aktionsbüro Mittelrhein“ wegen krimineller Vereinigung inhaftiert, unter ihnen der Nazi-Kader Axel Reitz, Paul Breuer und Sven Skoda. Im April 2012 folgte dann die Razzia gegen den „Freundeskreis Rade“ wegen krimineller Vereinigung (Sascha Hütt, Marius Dörschel, Jack Schmitz, Jonas Ronsdorf etc.). Am 23. August 2012 erfolgte dann das Verbot der Kameradschaften in Dortmund, Aachen und Hamm.



Die einzige größere Nazi-Struktur, die von der Polizei verschont blieb, war die Kameradschaft „Nationale Sozialisten Wuppertal“. Offensichtlich haben die Wuppertaler Nazis, trotz zum Teil schwerster Straftaten, (Cinemaxx-Überfall, übrigens Teil des 129§ Verfahrens in Koblenz, Flohmarkt-Überfall etc.) Schutzengel beim Wuppertaler Staatsschutz und bei der Staatsanwaltschaft, die eine strafrechtliche Verfolgung verhindern. Oder ist es – wie vor 20 Jahren in Solingen – wieder der massive Einsatz von V-Leuten, der staatliches Vorgehen unmöglich macht?



Eine weitere gefährliche Entwicklung zeichnete sich im Sommer 2012 ab. Ein Teil der Nazis (Mike Dasberg, Michele Dasberg, Nikolaus Schemann, Christian Dahlhoff) hatten sich 2012 „Rocker-Klamotten“ besorgt und sich der „Bruderschaft Rheinland“, um den rechten Solinger Tätowierer Ingo Grau, angeschlossen. Die Mitglieder dieser „Bruderschaft“ waren auf zahlreichen Rocker-Partys eines Heiligenhausener MC präsent und halfen hinter der Theke aus. Noch Ende 2012 fungierte die „Bruderschaft Rheinland“ als offizieller Supporter. 2013 wurde die Internetseite der „Bruderschaft Rheinland“ plötzlich abgeschaltet und die Website des MCs „überarbeitet“. Über Nacht verschwanden so Hinweise auf die „Bruderschaft Rheinland“. Ein paar Monate später wurde aber, der am Cinemaxx-Überfall beteiligte Nazi Nikolaus Schemann, mit Ehren, in den Club aufgenommen.



Die Wuppertaler Nazi-Szene umfasst etwa 30 Personen, die guten Kontakt zum „Freundeskreis Rade“ und zu Dortmunder und Aachener Nazi-Strukturen pflegen. Die Fluktuation ist bei den Nazis auch dieses Jahr erfreulich hoch, einige Nazis (Tim Schulze-Oben, Norman Laschinski, Jack Schmitz, Nikolaus Schemann, Christian Koppelmann, Patrick Prass, Fabian Mayer, Jennie Heuke und Mark Fiedler) tauchen aktuell nicht mehr bei Aufmärschen auf, auch die Nazi-Kaderin Marie Leder hat sich von den Wuppertaler Nazistrukturen abgewandt.



Auf der anderen Seite schloss sich 2012 der „Antifa“ und ehemalige Anhänger des FC Remscheid Lukas Bals den Nazis an. Bals ist mehrfach vorbestraft und musste eine Haftstrafe absitzen, vermutlich wegen Betrugs und nicht bezahlter Rechnungen. Der aus Remscheid stammende Bals war insbesondere in jungen Antifa-Gruppen in NRW unterwegs. Bals, der alle paar Monate die Stadt und die politische Identität wechselte, vertrat je nach Stimmung und Situation antideutsche oder antiimperialistsche Positionen. Als „Nazi“ hetzt er jetzt auf Mobilisierungs-Videos der Nazi-Partei gegen „Überfremdung“ und „kriminelle Antifa-Banden“. Das Überlaufen von Bals wurde übrigens noch von Marie Leder eingefädelt.


Jetzt spielt Bals den führenden Partei-Aktivisten, hat aber den (rechtlichen) Unterschied zwischen legaler Partei und militanter Nazi-Kameradschaft noch nicht begriffen. Insbesondere der peinliche und für die Gesamt-Partei, gefährdende Fehler mit dem Makss Damage Mobilisierungs-Video geht auf Bals Kappe und könnte seine Parteikarriere gefährden. Lukas Bals übernahm wegen Kadermangel rasch die Führung der Wuppertaler Nazis und rückt auch überraschend schnell und mühelos sogar in bundesweite Nazi-Strukturen auf. Das dürfte den mehrfach vorbestraften Bals insbesondere für den Verfassungsschutz interessant machen.



Große Probleme machen den Wuppertaler Nazis auch die auskunftsfreudigen „Aussteiger*innen“ aus ihren eigenen Reihen. Das Verfahren gegen die kriminelle Vereinigung „Aktionsbüro Mittelrhein“ enthüllte, dass die Nazi-Aktionen 2010 und 2011 in Wuppertal (Cinemaxx-Überfall, Überfall auf den Info-Stand, die Nazi-Demo am 29. Januar 2011 etc.) Teil einer gemeinsam geplanten Nazi-Offensive der regionalen Strukturen waren. Darüber hinaus produzierte die lange U-Haft der Nazi-Kader eine Reihe von Aussteigern, die zum Teil wichtige Informationen den Behörden preisgaben und sich jetzt z.T. in Zeug*innenschutzprogrammen des Staates befinden.



Besonders gravierend für die junge Wuppertaler Nazi-Szene war sicherlich der Ausstieg ihres politischen Idols Axel Reitz. Gefährlich wurde aber die Aussage von David Hermann aus dem „AB Mittelrhein-Verfahren“, der im Cinemaxx-Prozess die überregionale Planung des Überfalls bezeugte und zur Verurteilung der Täter beitrug. Als dann schließlich bekannt wurde, dass auch Marie Leder ausführliche Aussagen beim LKA gemacht hatte, drehten die Nazis durch: sie „rotteten“ sich vor Leders neuer Wohnung zusammen, um sie von ihrer Aussage vor Gericht abzubringen, Kevin Koch machte am Telefon Morddrohungen und Lukas Bals drohte mit ihrer Vergewaltigung.



Nazis wollen in Wuppertal in die Offensive gehen


Dennoch wollen die Wuppertaler Nazis, in dem sie den Wahlkampf-Abschluss von „die Rechte“ organisieren ihre Bedeutung überregional stärken und in Wuppertal wieder eine, auch vorher groß angekündigte Offensive starten. Die Dortmunder Nazis unterstützen die Wuppertaler seit geraumer Zeit personell, sowie mit einem Lautsprecherwagen bei vielen ihrer Aktionen. Ob Worch, die Entscheidung Wuppertal für die gesamte Nazi-Organisation so hoch zu hängen, immer noch gutheißt, ist, in Anbetracht des beschriebenen Dilettantismus der Wuppertaler Kader, fraglich. Dazu kommt, dass die Wuppertaler Nazis inhaltlich schwach sind.



In Wuppertal gibt es nur zwei Themen, die die Wuppertaler Nazis interessieren: die angebliche Gewalt durch Linke und „Ausländer“ und die Verherrlichung des Nationalsozialismus. Beim zweiten Thema sind die Nazis so ahnungslos, dass es verwundert, dass die Wuppertaler Nazi-Kader überhaupt überregional „mitspielen“ dürfen: Sie erscheinen bei allen NS-verherrlichenden Nazidemos bundesweit, haben aber keinerlei Kenntnis über die lokale Geschichte. Ihre politische Schwäche und die mangelnde lokale Verankerung machte sich besonders am 70. Jahrestag der Bombardierung Wuppertal Barmens bemerkbar: während die Wuppertaler Nazis bundesweit auf alle Demos zur Betrauerung der deutschen Bombenopfer pilgern, ist ihnen der Wuppertaler Jahrestag überhaupt nicht bekannt gewesen. Während Antifaschist*innen mit Nazi-Aktionen rechneten und die Friedhöfe und die Innenstadt beobachteten, fuhren die Nazis zum „Trauern“ in eine Großraumdisco nach Hagen und wurden in der Nacht des Jahrestages betrunken und laut grölend von der Polizei aufgegriffen und ins Polizeipräsidum verfrachtet.

Dies macht deutlich, dass die Nazis trotz relativ ungebrochenem Aktionismus angeschlagen sind: speziell in Wuppertal kann ein misslungener Nazi-Aufmarsch auch längerfristig einiges bewirken.



Kein Platz für Nazis


Erfreulich ist, dass die langjährigen Bemühungen von Antifaschist*innen der Wuppertaler Öffentlichkeit die lokalen Nazis mit antifaschistischen Bildmappen vorzustellen, immer mehr Früchte tragen. Vor Kurzem wurden Nazis von Passant*innen in der Elberfelder Innenstadt mit dem Ruf „Das sind ja Nazis“ erkannt. Die Nazis verdrückten sich dann ängstlich in eine Kneipe, von wo sie dann vermutlich die Polizei riefen… (Quelle: Polizeipresse). Egal, wo die Nazis auftauchen, auf der Hardt (Parkanlage in Elberfeld), auf dem Elberfelder Cocktail oder sogar beim Hahnerberger Feuerwehrfest im Stadtteil Cronenberg werden sie entdeckt und – meist höflich – aufgefordert zu verschwinden. Außerdem sind die Nazis in vielen Gaststätten im Stadtgebiet nicht erwünscht.

Erstaunlich ist auch eine weitere Entwicklung: die Nazis, die ja vorgeben den „BRD“-Staat so sehr zu hassen, laufen nach jeder Begegnung mit Antifaschist*innen und Fussballfans zur Polizei und stellen Strafanzeigen wegen angeblicher Körperverletzung, Beleidigung etc. Dabei schrecken sie auch nicht vor Falschaussagen und falschen Beschuldigungen zurück.



Notwendigkeit der Ausweitung des antifaschistischen Kampfes


Wenn wir uns zum Beispiel die Situation in Griechenland anschauen, wird deutlich, dass die brutale Absenkung des Lebensstandards und die völlige Prekarisierung des Lebens eben nicht nur zu massivem Widerstand führen, sondern auch zu einem Erstarken von faschistischen Parteien und Strukturen. Dann können wir erahnen, warum Nazi-Strukturen sich auch in NRW seit Jahren Stück für Stück festigen können.


Das bedeutet, dass wir neben dem notwendigen, breit aufgestellten und militanten antifaschistischen Kampf den Nazis nicht die soziale Frage überlassen dürfen. Deshalb müssen wir uns massiv in die Auseinandersetzungen gegen beschissene Arbeitsbedingungen und schikanöse, entwürdigende Verhältnisse in den Job-Centern einbringen und im Zweifel diese eben auch anstoßen. Von den alltäglichen Zumutungen sind besonders Frauen und vermeintliche Migrant*innen betroffen. Das wird sehr deutlich, wenn wir schauen, welche Menschen am häufigsten die Drecksarbeit machen, welche am häufigsten zum Job-Center müssen, welche sexistischen und rassistischen Beleidigungen und Übergriffen im Alltag ausgesetzt sind. Gegen die Nazi-Hetze von der angeblichen „Überfremdung“ und von der „Ausländerkriminalität“ müssen wir Solidarität untereinander organisieren.





Termine in Wuppertal:



4.September 2013 – 19:30 – AZ Wuppertal
Einführungsveranstaltung mit Karl Pfeifer zu Faschismustheorien


5. September 2013 – 19:00 – Gemarker Kirche
Großes Bündnistreffen gegen den Naziaufmarsch


18. September 2013 – 19:30 Uhr – Alte Feuerwache
große Informationsveranstaltung des Bündnisses zum Naziaufmarsch


20.September 2013 – ganztägiger Aktionstag
„Naziaufmarsch verhindern – gegen soziale Ausgrenzung und Rassismus!“ ab 10:00 Uhr


Wir starten mit einer Kundgebung vor dem Jobcenter in Barmen (Schwerpunkt Strompreise und Hartz IV), es geht weiter mit Besuchen bei Schaeffler wegen den drohenden Massenentlassungen, bei einem Gerichtsvollzieher (privater Verschuldung), beim Ordnungsamt (wegen rassistischer Übergriffe) bei KIK und bei Netto (wegend der miesen Arbeitsbedingungen hier und im Ausland)und beim Mobicenter der Stadtwerke (wegen der Stromsperren und der Schwarzfahrer-Kriminalisierung). Die Protestierenden reisen als Rote-Punkt-Gruppe durch Wuppertal.


Gemeinsamer Abschluss soll um 18:00 Uhr eine gemeinsame Demonstration durch die Holzerstrasse in der Südstadt mit Abschlußkundgebung vor dem Nazi-Haus sein. Der Treffpunkt ist Holzerstrasse/ Ecke Weststrasse





Videos:


Diverse Videos des Wuppertaler Medienprojektes zum Thema:

Wuppertal gegen Rechts – Spot
Video zum Naziaufmarsch am 29.01.2012, Hallo ihr Trottel, Teil 2
Video zum Naziaufmarsch am 29.01.2012, Hallo ihr Trottel, Teil 3
Video zum Naziaufmarsch am 29.01.2012, Hallo ihr Trottel, Teil 4

Video zum Naziaufmarsch am 29.01.2012, Hallo ihr Trottel, Teil 5

Video zum Naziaufmarsch am 29.01.2012, Hallo ihr Trottel, Teil 6
Arbeitsminister Guntram Schneider: Wuppertal hat keinen Platz für Nazis Nachlese zum Naziaufmarsch zum 29.01.2011
Video zur Demo am 9. November 2011, Keine besonderen Vorkommisse, Teil 1

Video zur Demo am 9. November 2011, Keine besonderen Vorkommisse, Teil 2
Dokumentation über die Pressekonferenz der Polizeipräsidentin Wuppertals am 14.12.2011 unter dem Motto: “Hellwach gegen Rechts”
Film zur Nazi-Kundgebung am 23.03.2012 in Wuppertal

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Ergänzungen