[B]: Bundesweite Stadt-Aktionswoche

b 22.06.2013 17:06 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe
Diese Woche findet in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Freiburg, Hamburg, Köln und Potsdam eine stadtpolitische Aktionswoche statt. Die Aktionswoche ist der Auftakt einer bundesweiten Vernetzung, welche zunächst in einem großen Aktionstag am 28. September gipfelt. In Berlin gibt es vielfältige Aktivitäten in dieser Woche, welche die breite Bewegung für eine Stadt für alle abbilden. Kundgebungen, Filmvorführungen, eine Fahrradkettenkungebung, Veranstaltungen, eine Demonstration und ein Essen des Zwangsräumungsbündnises finden statt. In Berlin stehen die stark steigenden Mieten im Mittelpunkt des stadtpolitischen Protestes, aber auch bedrohte Projekte und vom Senat verordnete Baumaßnahmen sind Teil eines Kampfes für eine Stadt jenseits von Kapitalismus und staatlicher Planung.

Die Aktionswoche in Berlin

In den letzten Monaten stand vor allem der Kampf gegen Zwangsräumungen und die Mieter*innen-Iniatitve „Kotti und Co“ im Zentrum der Aufmerksamkeit. Das Bündnis gegen Zwangsräumungen hat nach der spektakulären Blockade in der Lausitzer Straße 8 und dem tragischen Tod von Rosemarie nach ihrer Räumung viele weitere Zwangsräumungen im Vorfeld verhindern können. Öffentliche Wohnungsbaugesellschaften gaben dem Druck in letzter Zeit regelmäßig nach und sagten geplante Räumungen statt. Das Bündnis setzt somit teilweise erfolgreich eine Praxis der Solidarität gegen die herrschenden Zustände. Gleichzeitig kommt es aufgrund der verhinderten Räumungen zu weniger spektakulären Blockaden und viele weitere Räumungen werden dem Bündnis nicht bekannt und werden weiter still und leise durchgeführt. Um gemeinsam mit den Betroffenen verhinderte Zwangsräumungen zu feiern und in Austausch mit der Nachbarschaft zu kommen, findet im Rahmen der Aktionswoche ein gemeinsames Essen auf der Straße statt.
Auch Kotti und Co konnte eine Teillösung im sozialen Wohnungsbau erreichen. Sie lassen in ihrer Aktivität nicht nach und am 29. Juni findet wieder eine Lärmdemonstration statt, getragen von einem breiten Bündnis. Auch viele weitere Mieter*innen-Initative machen Veranstaltungen im Rahmen der Aktionswoche in Kreuzberg, Neukölln und Friedrichshain. Außerdem werden mit einer Fahrradkettenkundgebungen die Proteste gegen die A100, Mediaspree, Zwangsräumung und die Bebauung des Tempelhofer Feldes angefahren und verbunden. Aber auch die bedrohten Freiräume und Hausprojekte beteiligen sich an der Aktionswoche. Zur Zeit ist die Kirche von unten (KvU) akut bedroht, auch die Linienstraße 206 ist gefährdet.

Der Kampf um die Städte

Die lokalen Kämpfe finden innerhalb eines größeren Bezugrahmens statt. Es verschärft sich die soziale Spaltung und die Lebensbedingungen von vielen Menschen verschlechtern sich. Dabei kommt es zuletzt häufig anhand von städtischen Protesten zu starken Protestdynamiken wie in der Türkei wegen der geplanten Bebauung des Gezi-Parks oder in Brasilien wegen einer Fahrpreiserhöhung. Auch in Deutschland haben Kämpfe um die Stadt in den letzten Jahren wieder verstärkt zugenommen. In Hamburg haben viele große Demonstrationen stattgefunden und in vielen weiteren Städten entwickeln sich „Recht auf Stadt“-Netzwerke oder Initativen gegen Mietsteigerungen und Zwangsräumungen.
Die Proteste in Berlin sind also nicht Ausdruck einer spezifischen Berliner Gentrifizierungsdynamik, sondern eines wachsenden Widerstands einer städtischen Bevölkerung gegen die Zumutungen kapitalistischer Ökonomie. Die bundesweite Aktionswoche ist damit ein wichtiger Schritt zu einer verstärkten Verbindung der Proteste. Inwieweit es gelingen wird, ein wirkliches Gegengewicht gegen die hegemoniale Stadtpolitik zu entwickeln, bleibt abzuwarten.

Aufruf und Informationen zur bundesweiten Aktionswoche: Keine Profite mit der Miete
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Ergänzungen

Demo in PDM

ras-pdm 22.06.2013 - 19:21
Heute, am 22. Juni fand in Potsdam eine der Eröffnungsveranstaltungen der bundesweiten Aktionswoche „Die Stadt gehört allen!“ statt. Auf Einladung des Potsdamer Arbeitskreises „Recht auf Stadt“ demonstrierten 250-300 Menschen laut und kraftvoll durch die Potsdamer Innenstadt. Eine Kundgebung fand vor der Siedlung in der Behlertstraße statt, die vor kurzem nach beendetem Restitutionsverfahren endgültig in das Eigentum der kommunalen Wohnungsgesellschaft „Pro Potsdam“ übergegangen war. Die Demonstrierenden brachten zum Ausdruck, dass sie die nun drohende Privatisierung und/oder Luxussanierung dieses letzten Kiezes mit bezahlbaren Mieten in der Potsdamer Innenstadt nicht dulden werden.

Die Demonstration war ein starker Ausdruck der Solidarität und gegenseitigen Bezugnahme zwischen den verschiedenen Initiativen und Gruppen die in Potsdam und der näheren Umgebung Kämpfe um das „Recht auf Stadt“ führen.

Die Flüchtlingsorganisation „Women in Exile“, die gegen die geplante Errichtung eines Containerlagers für Flüchtlinge in einem Industriegebiet am Stadtrand und für die Unterbringung der Asylsuchenden in Wohnungen kämpft, berichtete über den Stand der Auseinandersetzung. VertreterInnen der Berliner KvU informierten über ihren Kampf gegen die Räumungsgefahr. BewohnerInnen der Heidesiedlung in Babelsberg, die gerade eben die Privatisierung ihrer Häuser verhindern konnten solidarisierten sich mit den BewohnerInnen der Behlertstraße, die wiederum die HeidesiedlerInnen in ihrem Kampf gegen die Privatisierung unterstützt hatten und riefen zur Solidarität mit den um Wohnungsunterbringung kämpfenden Flüchtlingen auf. Die BewohnerInnen der Behlerstraße sprachen über ihre Situation nach der Übertragung der Häuser an die „Pro Potsdam“. BesetzerInnen der Stiftstraße, die mit ihrer Aktion vor fast zwei Jahren den Startschuss für die aktuellen Potsdamer MieterInnenkämpfe gegeben hatten und am 2. Juli deswegen vor Gericht stehen, riefen dazu auf, sie bei der Gerichtsverhandlung zu unterstützen.

In weiteren Redebeiträgen wurden Verkehrsprojekte, der neofeudale Wiederaufbauwahn preußischer Prunkbauten und Potsdam als Standort des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr und des Hauptquartiers der Bundespolizei, als Ort des Krieges und der Repression thematisiert.

Vor dem ehemaligen „Boumanns“, einem vor 13 Jahren geräumten Haus in der Kurfürstenstraße 5 wurde an die Geschichte Potsdamer Häuserkämpfe erinnert.

Kommt alle am 2. Juli zwischen 8.30 und 14.30 Uhr zum Amtsgericht in der Jägerallee! Zeigt Eure Solidarität mit den BesetzerInnen der Stiftstraße!