[B] Bis zu 20 000 ziehen "ins Herz der Bestie"

Trotz massiver Polizeischikanen und Übergriffen trugen am 1.Mai in Berlin bis 20 000 Menschen ihre Protest gegen Krise, Krieg und Kapitalismus ins „Herz der Bestie“. Unter dem Jubel tausender und unter den Klängen der griechischen Version der „Internationale“ und des Partisanenliedes „Bella Ciao“ zogen die Demonstrant_innen auf den Boulevard „Unter den Linden“ in Sichtweite des Berliner Büros der europäischen Kommission und den Brandenburger Tors.
Eine Delegation von Gewerkschaftlern und linken Aktivist_innen aus Griechenland, die als Zeichen der internationalen Solidarität an der Spitze der Demonstration gelaufen waren, bedankten sich auf der Abschlusskundgebung für die erfahrene Unterstützung und riefen zu einem gemeinsam Kampf jenseit nationaler Grenzen gegen die Auswirkungen der vor allem von der Merkel-Regierung vorangetriebene Krisenpolitik. Sie forderten dazu auf den Protest im nächsten Jahr bis vor das Kanzleramt zu tragen, von wo aus sich eine „Spur der sozialen Verwüstung“ durch Europa ziehe. „Und in übernächsten Jahr ins Kanzleramt“ ergänzte ein Sprecher des revolutionären 1.Mai-Bündnis. Zuvor war der bunte und kämpferische Demonstrationszug, der in diesem Jahr unter dem Motto „Einzige Lösung: Revolution – Tek Yol Devrim – One Solution Revolution“ stand, eine Kilometerlange Route durch Kreuzberg und Mitte langgezogen. Vom Lausitzer Platz in Herzen von Kreuzberg vorbei am alternativen Kulturzentrum und Wagenplatz Köpi 137, dem Alex-Springer-Hochaus und dem Bundesministerium für Finanzen. Die von Bündnis angemeldte Route durch die Rudi-Dutschke-Strasse vorbei an den Springerpassagen, dem Job-Center und der Wohnungsbaugenossenschaft GSW war im Vorfeld von Berliner Verwaltungsgericht verboten worden und war mit Wasserwerfern und Räumpanzern grossflächig abgesperrt.

Die Demonstration gliederte sich in viele verschiedene Blöcke, die konkrete Bewegungen und Kämpfen thematisierten die hier in BRD aktuell gegen die Auswirkungen des kapitalistischen Verwertungswahns geführt werden. Neben dem Bündnisblock, wo Aktivist_innen aus Griechenland, vermummte Autonome und Sympathisant_innen türkischer und kurdischer revolutionäre Organisationen solidarisch Seit an Seit liefen, gab es den Klassenkämpferischen Block linker Gewerschaftler und kommunistischer Gruppen, einen Jugendblock linker Jugendorganisationen und Gewerkschaftsjugenden, den Block der Kampagne „Fight Racism Now“ zur Unterstützung der selbstorganisierten Kämpfe der Flüchtlinge, einen Mieter_innenblock und einen der Berliner Bloccupy Plattform.

An der Heinrich-Heine-Strasse artikulierten Anarchistische Aktivist_innen ihre Ablehnung des Kapitalismus ganz handfest an einer Filiale der Sparkasse. Im Anschluss kam es auf der Heinrich-Heine-Strasse und der Oranienstrasse immer wieder zu militanten Auseinandersetzungen mit der Staatsgewalt. Kurzzeitig sah es so aus als ob die Polizei wie im Vorjahr die Demonstration stoppen und auseinanderprügeln würde. Durch das besonnene und solidarische handeln der Demonstrationsteilnehmer_innen konnte eine ungeplante Eskalation und ein Auseinanderbrechen des Demonstrationszuges jedoch verhindert werden.

Zuvor waren die tausenden Demonstrant_innen immer wieder von Dächern an der Wegsstrecke von vermummten Aktivist_innen mit Pyrotechnik, Fahnen und Transparenten wie „Kampf dem Kapital“ und „Crisis. Racism. Fight Capitalism!“ gegrüsst worden.

Begonnen hatte die Demonstration kurz nach 18 Uhr am Lausitzer Platz in Berlin mit der Begrüssungsrede des revolutionären 1.Mai-Bündnis und einem Konzert des HipHop-Kollektiv „La Galle“ aus Beirut/Lausanne. Anschliessenden sprachen Gewerkschaftsaktivist_innen aus Griechenland zu den katastrophalen sozialen Auswirkungen des neuen deutschen Sendungsbewusstseins in ihrem Land und ein Aktivist der Mieter_innenbewegung zu dem Widerstand gegen Mieterhöhung, Zwangsräumungen dem tragischen Tod von Rosemarie F. Anschliessenden wurde über die Antifa-Proteste gegen den Naziaufmarsch in Schöneweide am Vormittag und den revolutionären 1.Mai in Istanbul berichtet, wo es nach einem Demoverbot für den symbolträchtigen „Taksim Platz“ zu schweren Strassenschlachten zwischen linken Demonstranten und der Polizei gekommen war. Anschliessend setzte sich der Demonstrationszug um 19 Uhr, weit früher als üblich, in Richtung Köpenicker Strasse in Bewegung, während auf dem Lautsprecherwagen des Bündnisses ein Mitglied der linken HipHop-Urgesteine von Anarchist Academy ein paar ihrer Tracks Live performte. In deutsch, türkisch und englisch wurde immer wieder auf das Anliegen der Demonstration hingewiesen und dazu aufgerufen geschlossen zu laufen um der Polizei keine Möglichkeit zu bieten die Demonstration auseinanderzuprügeln. Grussbotschaften. Neben Redebeiträgen zur NSU, der Geschichte des 1.Mai und einem Redebeitrag der Köpi und des Räumungsbedrohten Wagenplatzes zur ihrer aktuellen Situation gab es auch Grussbotschaften von politischen Gefangenen aus aller Welt. Neben einer Audio-Grussbotschaft des afroamerikanischen politischen Gefangenen Mumia Abu-Jamal an die Demonstrant_innen wurde ein Grusswort des inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan verlesen. Anschliessend übermittelte die Frau des in Frankfreich inhaftierten türkischen Revolutionär Nezif Eski per Telefon ihre Grüsse und die ihres Mannes an die Demonstrant_innen. Nezis Eski befindet sich seit 51 Tagen im Hungerstreik um gegen seine menschenunwürdige Behandlung im Knast wiederstand zu leisten. Seine Gesundheitliche Situation wird immer kritischer.

Im Anschluss an die Demonstration griff die Berliner Polizei mehrfach Menschen auf dem Weg zurück nach Kreuzberg an, mehre Festnahmen und Verletzte wurden beobachtet. Auch am Kottbusser Tor am Rande des Myfestes kam es in den Abendstunden immer wieder zu den üblichen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Genauere Zahlen von Verletzten oder Festnahmen sind noch nicht bekannt. Einige Neuköllner Anwohner_innen nutzen den Trubel und die Polizeifestspiele in Kreuzberg um beim Neuköllner H&M seelenruhig „proletarisch einzukaufen“.

Vormittags prügelte die Berliner Polizei ein Haufen von 300 Nazis gegen 3000 Gegendemonstrant_innen durch. In der Walpurgisnacht protestierten mehrere tausend Menschen in Wedding gegen steigende Mieten, Rassismus und Polizeigewalt. Zeitgleich wurde auch in Schöneweide gegen Nazistrukturen wie den Henker demonstriert. Dort kam es am Ende zu Polizeiübergriffen, während es im Wedding überwiegend friedlich blieb. Weiter Infos folgen auf  http://arab.antifa.de

Fotos:
 http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157633382371491/
 http://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/
 http://www.flickr.com/photos/phopectiveberlin/
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Ergänzungen

weiterer Bericht

Fidelio 02.05.2013 - 14:00
Noch ein Bericht mit Bildern:  http://nao-prozess.de/revolutionaer-antikapitalistisches-potential-von-20000-leuten-in-berlin/

"Großer Erfolg für die revolutionäre 1. Mai Demonstration. Zwischen 16’000-20’000 Menschen konnten geplante Route vollständig durchsetzen. Allen Drohungen seitens der Medien und der Poliziei zum Trotz erreichte die Revolutionäre 1. Mai Demonstration in diesem Jahr ihr Ziel. Gegen 20’000 Menschen zogen ins Zentrum der Macht zu den Institutionen, die die Verarmungspolitik gegen die Menschen im europäischen Süden umsetzen."

Festnahmen und Naziaufmarsch

(muss ausgefüllt werden) 02.05.2013 - 14:29

???

Bärliner 02.05.2013 - 15:48
"Großer Erfolg für die revolutionäre 1. Mai Demonstration. Zwischen 16’000-20’000 Menschen konnten geplante Route vollständig durchsetzen. Allen Drohungen seitens der Medien und der Poliziei zum Trotz erreichte die Revolutionäre 1. Mai Demonstration in diesem Jahr ihr Ziel. Gegen 20’000 Menschen zogen ins Zentrum der Macht zu den Institutionen, die die Verarmungspolitik gegen die Menschen im europäischen Süden umsetzen"

UND NUN ???????????????????????????????????????????????????????????

Berichtigung

... 02.05.2013 - 16:08
Es handelte sich nicht um einen Miter_innenblock, sondern dieser Block bezeichnete sich als Stadtpolitischer Block, da sich die Gruppen nicht nur zum Thema Miete engagieren...
Dies ist den Menschen, so wie ich das mitbekommen habe, sehr wichtig gewesen.

Realitätsverlust?

nopasarán 02.05.2013 - 16:35
" Unter dem Jubel tausender und unter den Klängen der griechischen Version der „Internationale“ und des Partisanenliedes „Bella Ciao“ zogen die Demonstrant_innen auf den Boulevard „Unter den Linden“ in Sichtweite des Berliner Büros der europäischen Kommission und den Brandenburger Tors. "

Klingt wie die Nachrichtensprecherin von Kim Jong Un.
Gemeinsames Parolen rufen war in großen Teilen der Demo schon in der Köpenicker Straße schwer möglich, kein Wunder, viele Teilnehmer*innen waren einfach nur gekommen, um die Demo zu konsumieren und sprichwörtlich mitzulaufen. Die Demo war auf die letzten hundert Meter im Regierungsviertel fast komplett verstummt, keine Sau war auf der Straße oder in den Häusern, die es hätte interessieren können. Notiz davon genommen haben nur die Bullen.

Demogestaltung

anonym 02.05.2013 - 17:48
Tja, das die Demo ruhig war, lag wohl an der durchgehenden Selbstdarstellung des Frontlautis und der allbekannten Besatzung (diesmal samt VICE-Kamera?:))
(Frontlauti im wahresten Sinne des Wortes, fuehr offensiv bis an die vordersten Reihen, verhinderte somit bildung eines dichten Blocks). Die Beschallung war durchgehend, laut, unterbrach Sprechchoere teils bewusst. Es soll Leute gegeben haben, die das Gefuehl hatten gegen den Lauti anschrein zu muessen.

Schoen, dass ihr ein "fettes" Programm habt, aber neben der Unterhaltung und inhaltichen Vermittlung hatte der Lauti auf dieser Demo anscheinend auch andere Aufgaben.

Toll das wir in Mitte warn. UND NUN?
Die buergerlichen Medien berichten in der gleichen Tonart wie sonst, das werben um deren Gunst, indem wir friedlich bleiben, um "den Schulterschluss mit der Buergerlichen Mitte" im Greece-Style hinzukriegen scheint gescheitert zu sein (Ueberraschung! Was bleibt ist der Frust, und das fehlende Ventil. Und ein paar Bullen die sich auf die Schulter klopfen.)
Ah. Nein. Und der typische nichtssagende Text der ARAB fern von jeglicher Selbstkritik oder wirklichen Infos. Sorri, ich komm mir mal wieder sehr dumm verkauft vor.
Und die Telefonverbindung mit der Frau des franz. Genossen ging net..?

Unangemeldete Mieten-Stadt-Demo

... 02.05.2013 - 19:54
Hier ein Foto...

Blogbericht

Kuno 02.05.2013 - 21:11
"Das Ziel, endlich mal bis ganz nach Mitte zu laufen, wurde nur um den Preis erreicht, daß die Militanten soweit vergrault wurden, daß sie dort gar nicht mehr dabei waren und all die wundervollen Targets unbeschädigt blieben. Vielleicht ist der ARAB ihre Halbprominenz zu Kopf gestiegen; vielleicht sind es auch mittlerweile wirklich unvereinbare Gegensätze, wenn diejenigen, die dann bis Unter den Linden gekommen waren, gar nicht wußten, was sie dort sollen und zügig und beinahe geräuschlos den Ort wieder verließen. Vielleicht geht es mittlerweile wirklich darum, vor den Türen der Herrschenden demokratisch korrekt seine Anliegen vorzutragen, als darum, dort möglichst wirkungsvoll zu drohen und vielleicht wenigstens ein bißchen sichtbaren Schaden anzurichten."

 http://www.classless.org/2013/05/02/1-mai-in-berlin/

noch mehr fotos...

quilombofotos 02.05.2013 - 23:52

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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das sagt wohl alles — fragender