[B] Nazis im Rückzugskampf um Schöneweide
Der NPD-Landesvorsitzenden Sebastian Schmidtke (Foto [5]) schaute mit schmollendem Gesicht aus seinem Laden und hielt sicherheitshalber seine Ladentür zu. Nachdem die Nazigegner_innen seinen Laden ungestört passiert hatten, fing der NPD-Landeschef an, wie ein aufgescheuchtes Huhn vor dem „Hexogen“ herumzutelefonieren, sichtlich empört über die Dreistigkeit der Antifaschist_innen, selbstbewusst die Brückenstraße mit Anti-Nazi-Slogans zu markieren.
Schmidtkes NW-Berlin Verteiler zieht nicht mehr
Als erste tauchte seine Lebensgefährtin Maria Fank (Foto [8]) auf. Kein Wunder, beide wohnen unweit des Ladens in der Brückenstraße 3. Erst nach über einer Dreiviertelstunde zeigte Schmidtkes Alarmmeldung über den NW-Berlin Verteiler Wirkung: NW-Aktivist David Gudra aus Lichtenberg (Foto [1], geb. 11.05.1987, whft: Egmontstr. 9a) und der Johannisthaler Dorfnazi Julian Beyer (Foto [2], geb. 19.04.1990, whft: Sterndamm 232) tauchten auf. Ein schwaches Zeichen für die Mobilisierungsfähigkeit der Berliner Neonaziszene, dass sich nach so langer Zeitspanne nur zwei Nazis einfinden und es nur jene sind, die aus den angrenzenden Ortsteilen anreisen müssen.
Unbeeindruckt wurde von den Antifaschist_innen die Aktion wie geplant fortgeführt, wurde doch mit Naziprovokationen gerechnet. Irgendwann trottete zu den beiden Nazis auch Gordon Bodo Dreisch, (Foto [4], geb. 17.08.1985, whft: Griechischen Allee 44) ehemaliger Aktivist des Frontbann 24 und „Liedermacher“ unter dem Pseudonym „Midgards Stimme“ sowie ein weiterer NW-Berlin Aktivist (Foto [3]).
Die Nazis versuchten gezielt die Aktivist_innen zu Straftaten zu provozieren, drohten und pöbelten am Rande. Julian Beyer versetzte sich dabei so in Rage, dass er sogar indirekt zugab, bei dem Berliner Vizevorsitzenden der Jusos den Briefkasten gesprengt zu haben. Aufgrund erfolgreicher antifaschistischer Aktionen im Nachbarkiez Johannisthal reagierte die Szene im letzten Jahr mit Anschlägen auf einzelne Engagierte. Julian Beyer wurde schon länger als Täter vermutet.
Polizei unterstützt Nazis in ihrem Treiben
Die sporadisch auftauchende Polizei des Abschnitts 65 hielt es nicht für nötig die Nazis an ihrem Treiben zu hindern, sondern schikanierte lediglich die Antifaschist_innen. Keine neue Erfahrung sondern symptomatisch für den Umgang der Polizei in Treptow-Köpenick mit Neonazis. Opfer werden kriminalisiert und die Täter mit Samthandschuhen angefasst. Ähnlich war es bei den Putzspaziergängen zur Entfernung von Nazipropaganda in Johannisthal, wo Kieznazi Julian Beyer erst durch antifaschistische Selbsthilfe vertrieben werden musste. Die ungefragt, anwesende Polizei monierte hingegen, dass die Spachtel den Untergrund beschädigen wurden und zeigte Aktive wegen Sachbeschädigung an. Oder beim alljährlichen „Fest für Demokratie“, auf dem im letzten Jahr Nazis (David Eichner, Stefan Jacobsohn) Standbetreiber anpöbelten und die erscheinende Polizei lieber einen Journalisten kontrollierte, weil er die Nazis bei ihrem Störversuch fotografiert haben soll.
So konnten gestern die Nazis, unter den Augen der Polizei, weiter versuchen (erfolglos) eine Drohkulisse zu errichten. Antifaschistische Platzverweise konnten unter diesen Umständen nicht erteilt werden, warteten die Nazis doch mit dem Streifenwagen im Rücken nur darauf, ihre Gegner_innen anzuzeigen, um an deren Daten für ihre Anti-Antifa Listen zu kommen. Allerdings blieb auch den Nazis nichts weiter übrig, als zuzuschauen. So konnte die geplante Aktion des Plakatierens erfolgreich bis zum Schluss durchgeführt werden.
Erst auf dem Rückweg kamen noch im Schlepptau von Schmidtke einpaar weitere Neonazis (Foto [6-9]) unter ihnen Philipp Badczong aus Oranienburg (Foto [6]) zu der kleinen Störergruppe. Vor dem „Hexogen“ fand es Schmidtke lustig, das von ihm vor seinem Laden angebrachte Plakat, dass er zwischenzeitlich heruntergerissen hatte, an die Plakatierergruppe zurückzugeben.
Fazit
Es zeigt, dass die Drohkulisse der Nazis auch in Schöneweide immer weiter bröckelt. Auf die zunehmende Präsenz von Antifaschist_innen haben die Nazis keine adäquate Antwort, sondern wirken hilflos und aufgescheucht. Mit dem beginnenden Wegbrechen der Nazi-Infrastruktur (der bekannten Nazikneipe „Zum Henker“ wurde jetzt endlich gekündigt), werden es die Nazis zusätzlich schwerer haben, überhaupt noch auf dem jetzt schon niedrigen Niveau handlungsfähig zu bleiben.
Dennoch stellen sie weiterhin eine reelle Gefahr dar, wie die Anschläge der letzten Zeit zeigen. Ihre politische Irrelevanz kompensieren sie mit nächtlichen Sachbeschädigungen. Gestern äußerten sie ihre offene Sympathie mit den Taten. Interessant dürfte die Rolle der Polizei am 30. April und 1. Mai werden. Ihr bisheriges Handeln lässt nichts Gutes erwarten.
Ausführliche Infos zur Berlin/Brandenburger Neonaziszene in der neuen Fight Back [Download]: http://www.antifa-berlin.info/recherche/230-antifa-verffentlicht-umfangreiche-recherche
Infos zur antifaschistischen Demonstration mit großem Abschluss Open-Air in Schöneweide am 30. April: http://www.gemeinsam-gegen-nazis.de/
Infos zu den Blockaden am 1. Mai in Berlin-Schöneweide: http://www.1mai-nazifrei.tk/
Fotos von der gestrigen Aktion: http://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/sets/72157633358574982/
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Ergänzungen
weiter so
ansonsten noch gutes gelingen.
frage
Ansonsten gute Aktion; interessante Erkenntniss, das die Nazis auch nach über einer Stunde in "ihrem" Kiez so wenig Schläger zusammenkriegen.
Die von euch geschilderten Verhaltensweisen der Polizei waren teilweise selbst mir als nicht gerade schlecht informierten Berliner nicht bekannt.
Die Öffentlichkeitsarbeit dazu ist schlicht unter aller Sau.
zu der Frage
In letzter Zeit vor allem die Ansprechbar:
http://gemeinsam-gegen-nazis.de/2013/04/22/pressemitteilung-anschlag-auf-ansprechbar/http://1mai-nazifrei.tk/node/48
Vorher gab es aber auch Anschläge auf Engagierte:
http://www.taz.de/!100154/
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
??? — Süd-Ostler
@Süd-Ostler den Pansen — Thorten Schneidar