Workshop in M:Theorie der Herrschaftsfreiheit

Thomas Morus 01.04.2013 22:27 Themen: Bildung Kultur

"Freie Menschen in freien Vereinbarungen" - unter diesem Titel lief am 16.3.2013 eine spannende Diskussionsveranstaltung mit dem Buchautor Jörg Bergstedt im Toberaum München. Schon am Nachmittag hatten gut 20 Menschen intensiv zur Kritik der Demokratie diskutiert - immer wieder auch zur Frage, welches die Alternativen wären. Das war dann das Thema des Abends, von dem jetzt Videomitschnitte im Internet gibt: Teil I ++ Teil II.

Die Fragestellung des Abends lautete: "Wie kann eine herrschaftsfreie Welt aussehen?" Diese Frage beschäftigt PhilosophInnen, manch zukunftsorientierten PolitikerInnen oder AktivistInnen, Roman- und Sachbuchschreiberlinge. Doch ein kritischer Blick zeigt meist: Zukunftsdebatten sind eher ein Abklatsch heutiger Bedingungen mit netteren Menschen in der Führung. Der theoretische Entwurf einer herrschaftsfreien Zukunft unter "Freie Menschen in freien Vereinbarungen" ist radikal anders: Mit scharfem, analytischen Blick wurden die Bedingungen seziert, unter denen Herrschaft entsteht, wie sie wirkt und was sich wie ändern muss, damit Menschen aus ihrem Streben nach einem besseren Leben (Eigennutz) sich nicht nur selbst entfalten, sondern genau dafür die Selbstentfaltung aller Anderen brauchen und deshalb mit herbeiführen. Aus Konkurrenz wird Kooperation, das Normale weicht der Autonomie.
Der Autor des im Frühjahr 2012 erschienenen Buches "Freie Menschen in freien Vereinbarungen" stellte nach einer Definition von Herrschaft der Frage den Formen, in denen Herrschaft auftritt. Danach umriss er in über 20 Thesen die Bausteine einer herrschaftsfreien Welt - nicht in Form konkreter Entwürfe, sondern als Art "Prinzipien", was gelten müsste. Die Thesen lauteten (jeweils nur die Eingangsthese, der Referent erläuterte diese dann, oft gab es auch kurze Diskussionen nach jedem Punkt):

 

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Ergänzungen

Die Thesen

s.oben 01.04.2013 - 22:41
  • Ein festes Zielbild zu benennen, wäre nicht nur anmaßend, sondern auch anti-emanzipatorisch!
  • Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners.
  • Alle Götter sind egal – und falls jemals vorhanden, sind sie tot.
  • Herrschaft bedeutet, von den Herrschenden ausgewählte oder abstrakte Ziele zu definieren und Vorhaben mit privilegierten Mitteln zu verwirklichen.
  • Herrschaft bedeutet zudem, bei der Verwirklichung von Zielen und Vorhaben entscheiden zu können, wem welche Folgen, d.h. Vor- oder Nachteile, zukommen.
  • Herrschaft löst Herrschaftsausübung aus. Der sogenannte Missbrauch von Herrschaft ist nichts als der Gebrauch seiner Mittel. Herrschaft kann deshalb nicht „gut“ sein!
  • Die Fähigkeit, Entscheidungen in kollektiven Identitäten treffen zu können, setzt herrschaftsförmige Regelungen voraus.
  • Die Masse der Menschen kann u-terschiedlich organisiert sein. Herrschaft setzt auf Einheitlichkeit und transzendierte Einheit. Herrschaftsfreiheit will Vielfalt und Kooperation der Unterschiedlichen.
  • Der Rahmen als Geflecht der Teile muss herrschaftsfrei organisiert sein!
  • Eine herrschaftsfreie Welt muss eine Welt sein, in der viele Welten Platz haben!
  • Es geschieht, was ausreichend viele für sinnvoll, d.h. gut oder notwendig halten.
  • Der Mensch (mit seinen freien Vereinbarungen) muss über kollektiven Identitäten stehen oder, besser, es ersetzen.
  • Die Abwesenheit von Sanktionen schafft eine Unklarheit, die fördert, attraktive soziale Prozesse der Klä-rung, des Streitens und des Umgangs miteinander herbeizuführen.
  • Nicht die Größe einer Kooperation, sondern die Qualität von Kommunikation und Vereinbarung entscheiden über den emanzipatorischen Charakter.
  • Der Widerspruch zwischen Eigennutz und (All-)Gemeinnutz muss aufgehoben werden!
  • Zweck aller sozialer Organisierung ist die Selbstentfaltung der Menschen und ihrer freien Zusammenschlüsse!
  • Leben und Gesellschaft sind ständige Evolution plus der Evolution der Evolutionsbedingungen. Emanzipation ist Prozess.
  • Der Mensch ist gedanklich losgelöst, d.h. nicht determiniert durch seine Natur. Er kann aus der Losgelöstheit fliehen oder sich in dieser selbst entfalten. Die herrschaftsfreie Gesellschaft legt die Selbstentfaltung nahe.
  • Es gibt keine Garantien (z.B. vor Ressourcenknappheit, Konflikten …), sondern der Mechanismus des Umgangs damit bzw. der Vorsorge ist ein anderer.
  • Dynamik, Offenheit und Unsicherheit sind der Alltag einer herrschaftsfreien Welt.
  • Es kommt nicht darauf an, wie der Mensch von Natur aus ist. Sondern in welcher Welt er lebt.

Und noch die Thesen zum Weg dorthin:

  • Reform und Revolution sind kein Gegensatz, wenn es beiden mindestens auch um Befreiung geht.
  • Revolution ist kein Einakter! Revolution beginnt sofort und endet nie!
  • Herrschaft niederringen bedeutet den Kampf im Handgemenge!
  • Selbstermächtigung ist der Schlüssel zur selbstbestimmten Emanzipation!
  • Dynamik, Offenheit und fehlende Sicherheit sind der Alltag einer herrschaftsfreien Welt!
  • Umweltbedingungen, Gedanken und Erfahrungen brennen sich im Körper ein.
  • Seid radikal! Klare Positionen sind überzeugender!
  • Praxis ohne Theorie fehlt der Tief-gang. Theorie ohne Praxis hingegen ist nicht nur langweilig, sondern auch eine schlechte Theorie. Denn die Praxis ist Impuls und Stoff für die Debatte.

schade

chif 01.04.2013 - 22:46
... daß die kamera die ganze zeit nur statisch auf eine person gerichtet war --- selbst in der diskussion wurde kein einzige(r) der anwesenden gezeigt - war das absicht?

also

... 01.04.2013 - 23:13
es gibt ja auch leute die bergstedt nicht so cool finden...

 https://linksunten.indymedia.org/de/node/80211

kamaraposition

teilnehmerin 01.04.2013 - 23:14
Weiß ich zwar nicht, aber war wohl eine ganz einfache Aufnahmetechnik - und auch sinnvoll, weil nicht alle gefilmt werden wollten. Aber stimmt schon, sieht so doof aus.

Morus war ein Profiteur der Sklaverei

noir 02.04.2013 - 08:56
Es ist schon ziemlich peinlich, wenn sich der Autor des Artikels des Pseudonyms "Thomas Morus" bedient. Morus, ein strenggläubiger katholischer Fanatiker, verdiente einen Teil seines Wohlstandes damit, dass er finanzielle Beteiligungen an Ländereien hielt, auf den Sklaven den Profit der Investoren erwirtschafteten.

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