Stellungnahme zur BKA-Aussage 1999

Inge Viett 12.03.2013 22:45 Themen: Repression
Mitte Januar 2013 wurde ich mit meiner Aussage beim BKA 1999 konfrontiert. Es handelte sich dabei um Aussagen im Zuge des Ermittlungsverfahrens gegen Hans-Joachim Klein. Als die Vorladung kam, habe ich mich mit meinem damaligen Rechtsanwalt beraten, der mir freistellte zur Vernehmung zu gehen oder nicht. Er machte aber klar, dass, wenn ich nicht zur Vorladung gehe, ich beim Prozess aussagen oder eben in Beugehaft gehen müsste.
Die Befragung drehte sich dann um die Angaben Kleins, die er in seinem Buch „Rückkehr in die Menschlichkeit“ und in seiner Aussage innerhalb seines Ermittlungsverfahrens gemacht hatte. Ich wurde auch zum Verhältnis Kleins zu Ingrid Siepmann und Gabriele Kröcher-Tiedemann befragt, die 1999 bereits verstorben waren. Außerdem wurde ich befragt wann und wo ich Klein damals getroffen habe. Die gemachten Aussagen haben juristisch nach meiner Einschätzung keine Tragweite, weil sie für niemanden eine Gefährdung bedeuten. Ich habe niemanden darin belastet.

Dass ich mich zu diesem Vorfall die ganzen Jahre nicht geäußert habe, war ein Fehler. Heute finde ich, dass die Aussagen – ungeachtet ihrer juristischen Seite – politisch/moralisch schwer wiegen und ein Fehler waren. Die Tatsache, dass ich mich überhaupt auf die Interessen der Bullen eingelassen habe, verletzt das Credo: „keine Aussagen“. Diese Grundregel ist die einzige Chance, jeglichem Manöver in Verhören standzuhalten. Letztlich trägt bei einer Einlassung der Gegner immer den Nutzen davon. Das Ergebnis der Vorladung hat gezeigt, dass ich mich selbst überschätzt hatte und letztlich der Lage nicht gewachsen war. Als ich jetzt nach 13 Jahren das Protokoll gelesen habe, war es mir unvorstellbar, dass ich mich derart eingelassen habe.

Mit dieser Stellungnahme zu dem aufgetauchtem Protokoll, ist mein damaliger Fehler zwar nicht aus der Welt zu schaffen, aber ich will damit auch noch mal bekräftigen, dass der Grat zwischen Einlassungen und Kollaboration mit dem Gegner immer sehr schmal ist und dass es eine Illusion ist, diesen selbstbestimmt bewältigen zu können. So oder so, die revolutionären Strukturen werden verunsichert und die revolutionäre Moral verletzt, die generelle, aber vor allem auch die eigene.

Es zeigt auch noch einmal, wie wichtig ein kollektiver Umgang bei der Konfrontation mit den Repressionsorganen ist. Hätte ich mich damals mit anderen Genoss-innen über den Umgang mit der Vorladung ausgetauscht, wäre es vermutlich nicht zu diesem Fehler gekommen.

Inge Viett
März 2013
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Ergänzungen

Stellungnahme von GenossInnen

GenossInnen von Inge 12.03.2013 - 22:49
Stellungnahme von GenossInnen, die seit Jahren intensiv mit Inge zusammenarbeiten

Inge ist eine Genossin, mit der wir seit Jahren eng zusammenarbeiten. Im Januar 2013 wurde uns das Protokoll einer Zeugenvernehmung mit ihr beim BKA 1999 in Berlin zugetragen. In der Zeugenvernehmung, die anlässlich des bevorstehenden Prozesses gegen Hans-Joachim Klein stattfand, machte Inge Aussagen zu Hans-Joachim Klein und seinen Aufenthalt in einem Ausbildungscamp im Südjemen 1976.

Die Zeugenaussage beim BKA war ein schwerer Fehler. Auch wenn der Inhalt der Aussagen keinen Schaden in Form weiterer Ermittlungen anrichten kann, bleibt der Grundsatz, dass es keine harmlosen Aussagen gibt richtig. Gerade deshalb halten wir es auch für notwendig diesen Vorfall öffentlich zu machen, auch wenn die Aussage 13 Jahre zurück liegt. Aussagen, Anquatschversuche und so weiter müssen zwingend öffentlich gemacht werden. Wir haben die gemachten Aussagen gemeinsam mit Inge aufgearbeitet und den Umgang damit besprochen.

Wir halten Inge trotz des gemachten Fehlers weiterhin für eine integere Person. Es gibt sicher auch Fehler, die eine weitere gemeinsame politische Arbeit unmöglich machen. Diese Aussage gehört unserer Meinung nach jedoch nicht in diese Kategorie. Wir werden unsere gemeinsame politische Arbeit mit Inge daher fortsetzen.

Stellungnahme zur BKA-Aussage von GenossInnen, die seit Jahren intensiv mit Inge zusammenarbeiten

Ein Hintergrundtext von indymedia linksunten

anonym 13.03.2013 - 19:51
Mich überrascht die ganze Angelegenheit, weil die aktuelle Sache nicht konsistent mit früheren Aussagen von Inge Viett ist (vgl.  https://linksunten.indymedia.org/de/node/33706). Aber, damit sich jede*r selbst ein Bild machen kann, hier zwei weitere Links:

Hier gibt es Kritik an der Kronzeugenaussage von Inge Viett:
 https://linksunten.indymedia.org/node/32703

Und noch weitere Kritik:
 https://linksunten.indymedia.org/de/node/37071

Fehler eingestehen, wenn sie öffentlich sind?

(A) 13.03.2013 - 19:55
Meine eigene Meinung ist: Fehler erst dann einzugestehen, wenn sie öffentlich geworden sind, finde ich peinlich. Wie viele Fehler hast du sonst noch gemacht, von denen wir noch nicht wissen? Ich finde das grundsätzlich nicht mehr integer.

Lügen - was ist daran "integer"?

Keine Aussagen! 14.03.2013 - 09:36
Es ist erschreckend, wie Aussagen solchen Ausmasses (über Traininingscamps, Gruppenstrukturen) sowohl in der Stellungnahme von Inge Vieth als auch im Kommentar der Freund/innen bagatellisiert werden.
Wie kann man jemandem vertrauen, der zuvor Aussagen strikt geleugnet hat und sie erst dann zugibt, wenn sie öffentlich sind? Und selbst im Moment des Zugebens sie im selben Atemzug relativiert ("habe niemanden geschädigt").
Offenkundig liegt ein rein taktisches Verhältnis zur "Wahrheit" vor. Personen, die mit Inge Vieth zusammenarbeiten, sollten sich das vor Augen führen. Redebeiträge auf Konferenzen oder Demonstrationen diskreditieren sich vor diesem Hintergrund von selbst und sollten in Zukunft unterbunden werden.

scheiße im hirn

linksradikale 15.03.2013 - 15:06
schrott wird nicht besser,wenn er sich gegen "weiße körper" richtet! zu diesem kruden,spinnerten zeugs gegen angeblich "weiße cop-frauen" wäre jeder weitere buchstabe verschwendung!
ansonsten ist es ja absolut richtig,die aussagen zu verweigern,aber ich denke,dies sollte trainiert werden,weil die wirklichen cops uns in solche situationen bringen und schon gebracht haben,daß es verdammt schwer ist,das maul zu halten!!

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Es gibt NICHT "keine Aussage" — Ro---land Bia---lke