Repressionen in Ostsachsen

Antifa Rechercheteam Ostsachsen (ART Osa) 03.03.2013 15:17 Themen: Antifa Repression
Rückblick 1.Mai: Unter dem Motto „Wir arbeiten – Brüssel kassiert“ hatte die sächsische NPD in Bautzen einen Aufmarsch geplant. Das Bündnis „Bautzen l(i)ebt bunt“, bestehend aus Gewerkschaften, Vereinen, Initiativen und Parteien, fand sich zusammen um entsprechende Gegenaktivitäten zu organisieren.
So wurden mehrere Kundgebungsplätze rings um den Bautzener Bahnhof, dem Auftaktort der NPD Demonstration, angemeldet. Der Aufzug wurde permanent durch lautstarke Proteste begleitet. Sitzblockaden in der Wallstraße erzwangen eine Umleitung der NPD Demonstration. Eine Zwischenkundgebung (wo?) sagten die Verantwortlichen der NPD kurzfristig ab (?). Nach knapp zwei Stunden beendeten die Nazis ihre Demonstration am Bahnhof. Erneut übertönten die Gegendemonstrant_innen die Abschlusskundgebung der Rechten. Dies war nicht schwer, da die Lautsprecheranlage nach wie vor den Dienst versagte.
Repressalien und Agieren der Justiz im Anschluss
1. Versuchte Repression
Die Kundgebung der Nazigegner_innen vor dem Hauptbahnhof gab den drei vor Ort anwesenden Beamten des Staatsschutzes keinen Anlass Straftaten festzustellen. Damit konnte die Statistik politisch motivierter „Kriminalität links“ nicht angefüllt werden.
Daraus resultiert wohl das provokante und überzogene Vorgehen –das Beschlagnahmen eines Transparentes.
Polizeibeamter KOK Verch beanstandete auf dem Transparent ein Keltenkreuz, welches auf der Kleidung eines Nazis zu sehen war. Diesem machte eine Frau klar, dass er unerwünscht ist. (Bild 1)
Obwohl es gerichtsfest ist, dass Bilder, die sich klar gegen Nazis und ihre Ideologie richten, straffrei sind, musste dies im Anschluss erst durch einen Staatsanwalt eingesehen werden.
Staatsschutzbeamter Kießling (PD Görlitz) kam anschließend gegen 6:30 Uhr zu dem Wohnsitz des Anmelders der Kundgebung und wollte das beschlagnahmte Transparent zurückgeben – auch dies wird als klare Einschüchterungsmaßnahme angesehen. Der Anmelder ging nicht darauf ein und verwies den Beamten des Grundstückes.

2. versuchte Repression/ Kriminalisierung
Der Versuch den Anmeldenden durch die ungerechtfertigte Beschlagnahmung des Transparentes zu kriminalisieren misslang. Daraufhin behauptete der Staatsschutzbeamte Silvio Nagel (KPI Bautzen) folgende Ansage des Anmelders gehört zu haben: „… dass dieser Zug unbedingt zu verhindern wäre und jedes Mittel recht wäre, auch das einer Bombendrohung und es gebe ja genügend Telefonzellen in der Stadt!“.
Seltsam nur, dass keine weiteren Polizeibeamten diese Aussage bestätigen konnten. Dies war auch nicht verwunderlich; sie war gar nicht getätigt worden. Trotzdem eröffnete Richter Nimphius am Amtsgericht Bautzen Ende Dezember 2012 das Hauptverfahren.
Vorher hatten mehr als zehn Zeugen, die permanent am Lautsprecherfahrzeug des Anmelders waren, bestätigt, dass eine solche Aussage nicht getätigt wurde.
Obwohl die Kundgebung seitens der Polizei gesetzeswidrig abgefilmt wurde, konnte kein entlastendes Videomaterial in den Polizeiarchiven gefunden werden.

Fazit: Ein Polizeibeamter stellt eine abenteuerliche Behauptung in dem Raum; mehr als zehn Zeugen haben dieser widersprochen. Ein Richter am Amtsgericht Bautzen glaubt eher einem Polizisten, als zehn Zeugen. Unschuldsvermutung, vor Gericht sind alle gleich? Fehlanzeige! Sächsische Demokratie!
Wie der Richter im Hauptverfahren geurteilt hätte? Bei den sächsischen Verhältnisse ist es sehr wahrscheinlich, dass es zu einer Verurteilung gekommen wäre.

Das ART Osa fragte den Betroffenen, warum er sich letztlich auf die angebotene Einstellung des Verfahrens gegen eine Zahlung einer Geldbuße eingelassen hat:
„Ich habe drei Anwälte befragt, ob ich mich darauf einlassen solle, oder nicht? Alle drei Anwälte waren der Ansicht, dass die sächsische Justiz wenig mit Gerechtigkeit, mehr mit Willkür zu tun hat. Daher wurde empfohlen, darauf einzugehen – oder die Sache bis zum Bundesgerichtshof zu treiben. Dies sei jedoch mit deutlich höheren Kosten und ebenfalls ungewissem Ausgang behaftet. Aus diesem Grund entschied ich mich, auf die Einstellung einzugehen.“

Wie hoch sind deine Kosten in dem Fall?
„Die Gesamtkosten sind mit etwa mit 1.400 Euro zu beziffern.“

Das ist viel. Wie kann dir geholfen werden? Lässt du dich davon abschrecken oder bist du weiterhin im Kampf gegen Faschisten tätig?
„Also klar ist, dass ich mich davon nicht abschrecken lasse. So werde ich immer dabei sein, wenn es um den im Kampf gegen Nazis geht. Und wie geholfen werden kann? Es haben mich einige, antifaschistisch eingestellte Menschen und Institutionen finanziell in der juristischen Auseinandersetzung unterstützt. Dafür danke ich sehr.“

Wird genauso akribisch gegen Polizeibeamte ermittelt, die ihre Kompetenzen überschreiten und gewalttätig, sogar gegen Landtagsabgeordnete vorgehen?
Hintergrund: Ein juristisches Nachspiel soll das Verhalten eines Polizisten haben, der laut MdL Giegengack (Grüne/ Bündnis 90) gewaltsam nach einem Wortgefecht zu Boden gerissen haben soll. Giegengack stellte Strafanzeige und unterstützt die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte. Der Beamte war nicht bereit „Name, Dienstnummer und Einheit zu nennen.“, so MdL Giegengack. (1)
Nach Informationen des „Antifaschistischen Rechercheteams Ostsachsen“ wurde bis zum 21. Februar 2013 zwar ermittelt, ein Ergebnis gibt es jedoch nicht.
Noch Fragen? Sächsische Justiz eben! Doch davon lassen sich die Akteur_Innen hoffentlich nicht einschüchtern.
Antifaschismus bleibt Handarbeit und darf nicht dem Staat überlassen werden!

Quellen:
(1)  http://www.gruene-bautzen.de/startseite/nachrichten-einzelansicht/artikel/274/gruenen-abgeordnete-bei-anti-nazi-demo-von-polizist-angegriffen/

weitere Informationen zum 1. Mai 2012 in Bautzen:
 http://de.indymedia.org/2012/05/329412.shtml
 http://www.faktuell.de/lokalnachrichten/1498-1-mai-in-bautzen-keine-ausschreitungen-keine-zwischenfaelle-nur-ober-und-unterhitze.html
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Ergänzungen

Prozesskosten solidarisch teilen

Rote Hilfe e.V. 04.03.2013 - 11:36
Die 1.400 Euro sind wahrlich viel Geld. Aber es gibt die Rote Hilfe e.V., die dir hilft, die Prozesskosten teilweise zu übernehmen. Informiere dich bei einer Ortsgruppe der Roten Hilfe e.V. in deiner Nähe (z.B. Dresden). Adressen und weitere Infos gibt es unter rote-hilfe.de

Name, Dienstnummer, Einheut

Paul Peters 04.03.2013 - 21:23
Ein sächsischer Polizist muß sich zwar gem. SächsPolG ausweisen, jedoch kann dies im Ausnahmefall auch unterbleiben bspw. dann, wenn es auf Grund der Einsatzlage nicht möglich ist und / oder die Polizisten klar als solche zu erkennen sind. Und dann sei es ein für allemal gesagt: in Sachsen hat KEIN Polizist eine DIENSTNUMMER, das ist nur im Fernsehen und Film so. Wenn das ein MdL nicht mal weiß, dann Gute Nacht. Aber gut es war einer von den Grünen. Was will man von denen auch erwarten?