Halle rechts oben - neue Rechte gegen Antifas

Solidarische Antifas aus dem Südwesten 22.02.2013 13:50 Themen: Antifa Repression
Am 25. Februar 2013 findet vor dem Amtsgericht Dresden eine Gerichtsverhandlung gegen 2 Antifaschisten aus Baden-Württemberg statt. Als Teilnehmer der Proteste gegen den Naziaufmarsch in Dresden im Februar 2011 sollen sie an einer Auseinandersetzung mit rechten Personen aus Halle beteiligt gewesen sein. Klingt nicht ungewöhnlich, anders ist lediglich, dass die angeblichen „Opfer“ sich selbst nicht als rechts bezeichnen würden...
„Du scheiß Araber“
Der 19. Februar 2011 in Dresden war ein voller Erfolg für die antifaschistische Bewegung. Zum zweiten Mal in Folge konnte der ehemals größte Naziaufmarsch Europas mit bis zu 7000 Faschisten komplett verhindert werden. Ein breites Bündnis verschiedenster antifaschistischer, linker und gewerkschaftlicher Organisationen hatte diesen Sieg möglich gemacht. Wer sich im Vorfeld nicht beteiligt hatte und nur durch unsachliche Kritik auffiel war die explizit „antideutsche“ Strömung, bzw. ihre konsequentesten Exponenten. Anwesend waren sie dennoch und das zum Teil mit fatalen Folgen:
So meinte ein kleineres Grüppchen ins neu-rechte Milieu Abgerutschter aus Halle am Dresdner Hauptbahnhof – wohlgemerkt weit von jedem Nazi entfernt – mit verschiedenen Fahnen imperialistischer Länder provozieren zu müssen. Dass es ihnen weniger um die Provokation der hier nicht sichtbaren Neonazis ging, sondern vielmehr um die der hier anwesenden AntifaschistInnen, zeigte sich im Folgenden. Auf die Tatsache angesprochen, dass es doch recht unpassend ist mit Fahnen von imperialistischen Staaten die momentan an Krieg und Besatzung in anderen Ländern beteiligt sind, gegen Neonazis zu demonstrieren, antworteten die Fahnenschwenker das doch „eins gegen eins“ klären zu wollen, wozu von den AntifaschistInnen sowieso „keiner die Eier“ habe. Außerdem bereiteten sich einzelne Exponenten der Gruppe mit sog. „Quarzsandhandschuhen“ auf die von ihnen gewünschte körperliche Auseinandersetzung vor. Als die Angesprochenen signalisierten, dass man auch auf dieser Ebene bereit sei, den entstandenen Konflikt zu beheben, kam es zu Schubsereien. Immer wieder versuchten Leute dennoch eine inhaltliche Diskussion herbeizuführen. Einer der Provozierenden bezeichnete daraufhin einen Antifaschisten, wohl aufgrund seiner Hautfarbe, als „scheiß Araber“, scheinbar mit dem Ziel diesem hierdurch die Legitimität über die us-amerikanische und israelische Außenpolitik urteilen zu dürfen abzusprechen.
Daraufhin kam es erneut zu Rangeleien, wobei die Provozierenden sich kleinere Blessuren zuzogen. Anschließend zogen sich die AntifaschistInnen zurück, da für sie die Sache erledigt war.
Mehrere Personen aus den Reihen der Provozierenden wendeten sich nun – ohne sich in irgendeiner Notsituation zu befinden – an die zum Schutz der Faschisten eingesetzten Polizisten. Mit offensichtlich falschen Aussagen erstatteten sie willkürlich Anzeige gegen Personen die sie irgendwie der Gruppe der AntifaschistInnen zuordneten.
Wenige Tage nach dem 19. Februar befolgten die aus Halle stammenden Personen brav die Vorladung auf´s Polizeirevier und gaben umfangreiche Aussagen zu Protokoll. Durch gezielte Unwahrheiten und falsche Behauptungen sollten die beschuldigten Antifaschisten möglichst schwer belastet werden.

„Anna & Arthur, geht spielen!“
Inhaltlich unterfütterte der rechte Klüngel aus Halle sein Handeln dann etwas verspätet im März 2012: Die ortsansässige „ag no tears for krauts“ veröffentlichte unter dem Titel „Anna & Arthur, geht spielen!“ ein pathetisches Diskussionspapier. Der Text, im wesentlichen eine Kritik an einer lokalen Kampagne der Roten Hilfe, stellt letztlich eine Rechtfertigung für die Zusammenarbeit mit Polizeibehörden dar. So behaupten sie: „Die Kampagne „Anna & Arthur halten’s Maul“(...) hat damit einen entscheidenden Beitrag zum Zustandekommen jener Verhältnisse geleistet, die in den letzten Jahren innerhalb der Linken beobachtet werden konnten. Die autonomen und antiimperialistischen Schläger, die gelegentlich auf tatsächliche oder vermeintliche Antideutsche losgehen, israelsolidarische Veranstaltungen angreifen (Magdeburg, Hamburg, Berlin), mal einzelne Szeneangehörige, mal ein paar Straßenzüge tyrannisieren, konnten sich lange Zeit darauf verlassen, dass ihre Opfer aufgrund des linken Ehrenkodexes schweigen werden und sich weiter drangsalieren lassen.“ Wenn sie dann in ihrem Fazit „Anna und Arthur (…) auf den Spielplatz“ schicken möchten, meinen sie damit konkret, dass im Kampf gegen, ihrer Definition nach, „autonome und antiimperialistische Schläger“ eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei und dem Verfassungsschutz sinnvoll sei.

Hier geht es um links gegen rechts!
Um zu verstehen, warum sich Aktive der „ag no tears for krauts“ dennoch immer wieder auf linken Events blicken lassen, muss man einen kurzen Blick in die Entstehungsgeschichte der „antideutschen Strömung“ werfen. Seit Mitte der 90er Jahre gab es innerhalb der Linken intensive Diskussionen und Debatten die Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus und den Umgang der Linken mit diesen Phänomenen zum Inhalt hatten. Die von einer KB Abspaltung herausgegebene Zeitschrift „Bahamas“ entwickelte sich zu einer der zentralen Zeitschriften der aufkommenden „Antideutschen“.
Durch das offensive zur Schau tragen von Fahnen imperialistischer Staaten auf Demonstrationen ( Bevorzugt der USA, Großbritanniens oder der Fahne des Staates Israel) sollte eine Trennungsstrich zur „alten Linken“ gezogen werden, die zuvor jeden Bezug auf derartige Instanzen abgelehnt hatte. Diese Positionierung spitzte sich immer weiter zu bis nicht nur jede Kritik am Imperialismus und seinen Kriegen, sondern auch jeder über abstrakte Kritik hinausgehende Versuch antikapitalistischer Organisierung und Praxis abgelehnt wurde. Vielmehr begannen weite Teile dieser Strömung die politische Theorie der neuen Rechten zu übernehmen. Nicht mehr der mal offene, mal verdeckte Kampf der Klassen sollte der entscheidende, alle anderen Bereiche der Gesellschaft prägende Konflikt sein. An seine Stelle trat in der neu-rechten wie in der „antideutschen“ Theorie der angebliche „Kampf der Kulturen“, mit einem vermeintlich besonders gefährlichen Islam als Gegner jeder Zivilisation – welche natürlich ausschließlich im kapitalistischen Westen und hier insbesondere in den USA ausgemacht wurde. So übernahmen ehemalige Linke, zum Teil sich selbst noch als links begreifend, die politischen Inhalte des Gegners
Innerhalb des vergangenen Jahrzehnts fand bezüglich dieses „Identitätsproblems“ ein Klärungsprozess statt. Die Redaktion der Bahamas erklärte bereits 2002 ihre Sicht „Wer es mit der Forderung ‚Für den Kommunismus‘ ernst meint, der wird erkennen müssen, dass Befreiung und Emanzipation nur gegen diese Linke erkämpft werden kann, niemals mit ihr“. Folgerichtig verabschiedeten sich die „konsequenten Antideutschen“ aus der Linken und verbündeten sich auch offen mit deren Gegnern.
Nachdem, selbst in zuvor tendenziell wohlwollenden Kreisen, ab 2010 Veranstaltungen dieser Strömung abgelehnt wurden, erklärte die „ag no tears for krauts“ Halle an der Saale kurzerhand zum „einzigen Forum für Kritik in der gesamten Zone“. Für alles außerhalb von Halle deklariert die Gruppe im Januar 2011 die Losung „Zwietracht zu säen – nicht mehr und nicht weniger – ist das Ziel“.




„Spalten statt Versöhnen“
Im Januar 2012 veröffentlichte eine sächsische Antifagruppe einen Text zu innerlinker Gewalt dessen Fazit lautete: „Politische Debatten in linksradikalen Zusammenhängen sind aufreibend, nervtötend und provozierend. Das müssen wir jedoch aushalten, wenn die Auseinandersetzungen für eine politische Intervention außerhalb linksradikaler Kreise hilfreich sein sollen.“ Auf alle hier formulierten Prämissen trifft im vorliegenden Fall das exakte Gegenteil zu. Die Täter sehen sich explizit nicht als Teil der radikalen Linken und insbesondere lehnen sie eine gemeinsame Intervention linksradikaler Kreise nach außen ab. Wenn sie sich der Mobilisierung nach Dresden anschließen dann nicht etwa um mit AntifaschistInnen den Naziaufmarsch zu verhindern, sondern um unter den linken AkteurInnen „Zwietracht zu säen“.

Wie erfolgreich und einflussreich eine solche Position offenbar ist musste gerade in Dresden immer wieder erfahren werden. Während anderswo breite, strömungsübergreifende antifaschistische Bündnisse zur Normalität gehören, sah sich einer der größten regelmäßigen Naziaufmärsche Europas mit tausenden Teilnehmern über Jahre hinweg nur mit antideutschen Kleinprotesten konfrontiert.
Das regionale Überangebot an Gruppen die sich in linken Kontexten bewegen und völkische Standpunkte vertreten und verbreiten ist eindeutig dafür verantwortlich, dass breite antifaschistische Bündnisse hier so selten zustande kommen.

Unsere Solidarität ist eindeutig und unmissverständlich!
Am 25. Februar stehen nun 2 Antifaschisten vor Gericht, die willkürlich und kreativ von den angeblichen „Opfern“ beschuldigt werden. Das keine nennenswerten Verletzungen vorlagen und die Aussagenden unterschiedliche Tatabläufe schildern spielt für die Staatsanwaltschaft Dresden bei der Anklageerhebung natürlich keine Rolle. Im Gegensatz zu vielen Linken weiß diese berüchtigte Staatsanwaltschaft nämlich wen sie mit einer Anklage trifft, Akteure der breiten und solidarischen Mobilisierung gegen den ehemals größten Naziaufmarsch Europas, die sich nicht nur gegen die Faschisten, sondern auch gegen eine allmächtig erscheinende Polizei durchgesetzt und die Staatsräson zumindest ein wenig ins Wanken gebracht hatte!
Lassen also auch wir uns nicht von bewusst eingesetztem pseudo-linkem Gehabe der antideutschen Täter täuschen und unterstützen die Angeklagten!

Unsere Solidarität gegen Ihre Repression!

Solidarische Antifas aus dem Südwesten


Prozessbeginn: Montag, 25.2.2013 um 9.00 Uhr, Amtsgericht Dresden
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Ergänzungen

Magdeburg

Magdeburger 27.02.2013 - 11:36
Die Halle-Rechte macht nun einen Vortrag in Magdeburg gegen die Antifa:
 http://nokrauts.org/2013/02/das-magdeburg-syndrom-uber-anna-arthur-im-gangland/

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Mehrebenenproblem — verwundert

@löschen — komisch

verkehrte welt — abcdef

wichtig — keineahnung

kinderkacke! — ost gegen west

@verwundert — genau

Ergänzung — Ergänzer

@ost gegen west — danke....

. — Dabeigewesen

@ich/kommt mal runter — antifa oldschool

icke — icke

Scheiß Artikel! — (A)no border

schwaben raus aus dresden! — schwabenhunter

??? — ???