MV: Rechtes Gejammer

Kombinat Fortschritt 09.01.2013 20:00 Themen: Antifa
Gegen Ende des Jahres kam es einem Bericht der Schweriner Volkszeitung zufolge im kleinen Örtchen Pampow nahe der Landeshauptstadt zu einem Brand. Unbekannte sollen sich Zutritt verschafft und einen Brand gelegt haben. Das Hotelrestaurant ist in der Vergangenheit desöfteren durch neonazistische Veranstaltungen in die Presse gelangt. Der "Pampower Hof" gehört Endstation-Rechts zufolge in Mecklenburg-Vorpommern zur wohl einzigen Lokalität, die der NPD öffentlich ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Die NPD-Landtagsfraktion mietete sich regelmäßig dort ein. Auch das "Thinghaus" in Grevesmühlen soll nach Eigenangaben der Neonazis in den vergangenen Tagen einen ungebetenen Besuch erhalten haben. Unbekannte hinterließen dort laut Aussagen von Mupinfo einen Schriftzug gegen Nazis, den die Angesprochenen allerdings demnach schnell wieder entfernt haben.
Auf dem Propaganda-Portal der NPD-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern, Mupinfo, ist in den vergangenen Tagen richtig was los. In den freien Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr fanden die Kameraden nicht nur Zeit um im regennassen, dichten Nebel an der Ostsee entlang zu irren. Auch an den Schreibtischen ging der Kampf unerbittlich weiter. Da kamen die beiden nächtlichen Ereignisse im westlichen Mecklenburg gerade recht.

Im Westen was Neues

In der Nacht vom 27. zum 28. Dezember seien nach Angaben von Endstation-Rechts, die sich auf die Polizei beziehen, unbekannte Täter in das Restaurant des Hotels "Pampower Hof" eingedrungen und hätten dort diverses Mobiliar angezündet. Das Feuer sei ersten Erkenntnissen zufolge nach einiger Zeit von allein erloschen. Der oder die Täter sollen an dem Hotel zudem die Aufschrift "Nazis raus" hinterlassen haben.

Die Polizei geht nach einem Bericht der Scheriner Volkszeitung davon aus, dass durch den Brand ein Schaden von mehreren tausend Euro entstanden ist. "Außerdem muss das Restaurant neu gemalert werden. Alles ist verrußt." zitiert das Blatt die Inhaberin Petra Döhring. Diese äußerte, das Restaurant am 7. Januar nach den regulären Betriebsferien wieder öffnen zu wollen.

In einem wieder einmal in typischer Weise zwischen Stolz auf die eigenen Leistungen und bemühter Opferrolle changierenden Beitrag, gibt das NPD-Propagandaportal Mupinfo an, dass es am "Thinghaus" genannten Nazizentrum in Grevesmühlen vor einigen Tagen zu einer Sachbeschädigung gekommen sein soll. Lang und breit werden die Sicherheitsvorkehrungen gelobt, die die Neonazis am "Thinghaus" getroffen haben, bevor die entscheidende Nachricht kommt: "Und zwar wurde der Schriftzug "NO NAZIS" auf die zur Straßenseite gelegene Werbetafel gesprüht. Mehr nicht" - Natürlich ist der Propagandaabteilung von Mupinfo dies ebenfalls einmal mehr ein Beweis für die lebensgefährliche linke Gewalt die das Bundesland heimsuchen soll. Es könnte einem vor Schreck der Atem gefrieren.

Der Horizont des drohenden NPD-Verbotssverfahrens

Der Mupinfo-Betreiber David Petereit beschäftigt sich seit er im Herbst als Abgeordneter für die NPD in den Landtag gewählt wurde, intensiv mit dem Stricken an dieser Geschichte vom roten Terror. Der Trend zum Rumopfern zeigt sich in einer ganzen Reihe Kleiner und Großer Anfragen, die er der Landesregierung für seine Partei stellte. Die so gewonnen Zahlen über polizeilich bekannt gewordene Straftaten von Linken und/oder im Bundesland lebenden Ausländern fließen in die Schauergeschichte ein, in der das kleine gallische Dorf "Thinghaus", das kleine gallische Dorf Volksbücherei in Anklam, das kleine gallische Dorf Schweinestall Viereck, das kleine gallische Dorf Salchow, das kleine gallische Dorf Jamel und dergleichen mehr existentiell bedroht seien von volksfeindlichen Verbrecherbanden, wobei es der NPD zukommt, als einzig rechtschaffende Partei im Lande auf diese Umstände aufmerksam zu machen.

Vom derzeitigen Gejammer der Rechten und ihrer unfreiwilligen Stillhalte-Politik sollte man sich allerdings nicht täuschen lassen. Antifaschist_innen aus Rostock und MV dürften noch sehr genau aus eigenem Erleben in Erinnerung haben, wie sich die NPD-Führung und -Basis gemeinsam Hand in Hand aufführen, wenn sie in Überzahl und ohne Polizei und Presse auf Nazigegner_innen treffen, wie dies am letzten Prozesstag des sogenannten "Pölchow-Prozesses" geschah. Bei dieser Verhandlung am Rostocker Landgericht wurde bezeichnender Weise genau das verhandelt, was sich dann vor Beginn des letzten Termins wiederholte: ein aus der Masse heraus vorgenommener Angriff von Neonazis auf Linke und nicht-rechte Prozessbeobachter_innen.
Auch die demokratischen Parteien haben jede für sich, wenn auch in unterschiedlicher Schwere, ihre eigenen Erfahrungen mit der neonazistischen Friedfertigkeit machen können, als unter Anleitung und wohlwollender Kommentierung von Mupinfo eine bis dato beispiellose Welle von Angriffen auf Bürgerbüros das Bundesland überrollte.

Überdies darf natürlich auch nicht vergessen werden, warum es derzeit einen neuen Anlauf zu einem NPD-Verbot gibt: Seit November 2011 wurden Stück für Stück immer weitere Details über eine Serie rassistischer Mordtaten des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) bekannt. Die Unterstützer der Kerngruppe des NSU fanden sich dabei nicht nur im Spektrum der durch das Blood & Honour-Verbot in die Illegalität getriebenen Neonazis der freien Szene, sondern auch im Umfeld der NPD. Insbesondere bei der Landtagsfraktion der NPD in Mecklenburg-Vorpommern und ihren angestellten Mitarbeitern handelt es sich mehrheitlich um Personen, die aus genau diesem freien Kameradschaftsspektrum heraus gezielt in die NPD eingetreten sind. Je mehr über die lokalen Verstrickungen des NSU bekannt wird, desto mehr, so vermuten Szenekenner_innen, wird auch über die Aktivitäten von Neonazis bekannt werden, die heute als Abgeordnete oder Mitarbeiter im Schweriner Landtag zu Lohn und Brot gekommen sind.

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