[ffm] Silvester zum Knast - Sonja muss raus!

rh ffm 23.12.2012 16:28 Themen: Repression Soziale Kämpfe

Wie in Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart und anderswo wollen wir auch in Frankfurt an Silvester gemeinsam an den Mauern des Gefängnisses demonstrieren, um denen drinnen zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Ob soziale oder politische Gefangene – sie bekommen im kapitalistischen Herrschaftssystem die ganze Härte des Staates zu spüren. Bereits in den 80er Jahren kam es vor der JVA Preungesheim zu Knastbeben, als regelmäßig und nicht nur zu Silvester linke Aktivist*innen und Sympathisant*innen das Gefängnis als Ort der Auseinandersetzung zur politischen Meinungsbildung nutzten – wir knüpfen an diese Kämpfe an!


 

Deshalb gehen wir an Silverster um 18 Uhr vor die JVA Preungesheim. Die kleine Demo ist für 2 Stunden angesetzt. Es gibt mittlerweile 2 Aufrufe, einmal von den südlichen Rote Hilfe Ortsgruppen und dem Solikomitee sowie einen Bündnissaufruf mit nicht nur lokalen Gruppen aus Frankfurt. Aber auch beim Prozess gegen Sonja und Christian passiert viel. Bleibt auf dem laufenden, aktuelle und vergangene Prozessberichte findet ihr immer auf der Seite des Solikomitees. Wenn ihr wollt kommt und besucht die Prozesstermine, denn im Gerichtssaal endet die politische Auseinandersetzung nicht. So gab es vor 2 Wochen einen Bus der Solidarität aus Berlin zum Prozess. Kommt alle, wir sehen uns vor dem Knast!

 

Aufruf der Rote Hilfe Ortsgruppen Süd & des Solikomitees für Sonja & Christian


Seit Ende September dieses Jahres läuft in Frankfurt am Main der Prozess gegen Sonja Suder und Christian Gauger, denen die Beteiligung an mehreren Anschlägen der Revolutionären Zellen (RZ) in den 1970er Jahren vorgeworfen wird. Sonja wird aufgrund einer Kronzeugenaussage außerdem beschuldigt, den Überfall auf die OPEC-Konferenz 1975 unterstützt zu haben. Das Vorgehen der staatlichen Repressionsorgane zeigt dabei wieder einmal, dass sich der deutsche Staat bei der nachträglichen Kriminalisierung und Verunglimpfung linker Geschichte von keinerlei rechtsstaatlichen Minimalstandards beschränken lässt.

 

Während die Gerichte in Frankreich, wo die beiden Angeklagten über 30 Jahre lang untergetaucht waren, die Vorwürfe als verjährt betrachteten und die Auslieferung zunächst ablehnten, setzte die BRD alles daran, der AktivistInnen habhaft zu werden. Über den Europäischen Haftbefehl erzwangen sie im Herbst 2011 die Überstellung der beiden GenossInnen. Sonja sitzt seither im Knast in Preungesheim, Christian musste wegenseines schlechten Gesundheitszustands entlassen werden.

 

Die Staatsanwaltschaft versucht seither recht erfolglos, eine tragfähige Beweislage zusammenzuschustern, denn die beiden Angeklagten verweigern konsequent jegliche Aussage oder sonstige Kooperation. Dabei ist den Justizbehörden kein Skandal zu gewagt: neben den Aussagen des gerichtlich als unglaubwürdig eingestuften Kronzeugen Hans-Joachim Klein sollen “Angaben” von Hermann Feiling als Hauptbeweismaterial dienen, die unter folterähnlichen Bedingungen zustande kamen. Der damalige RZ-Aktivist wurde – traumatisiert und unter schwersten Betäubungsmitteln stehend – von den Cops verhört, nachdem eine Bombe auf seinem Schoß explodiert war und er dadurch beide Beine sowie sein Augenlicht verloren hatte. Kurz darauf widerrief er diese „Aussagen“ vollständig, doch sie werden jetzt in dem Verfahren verwendet.

 

Um den darin geschilderten Sachverhalten mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, wurde seine damalige Verlobte als Zeugin vorgeladen: Sie verweigert jedoch umfassend die Aussage, woraufhin das Gericht ein Ordnungsgeld verhängte und mit Beugehaft droht, um Aussagen von ihr zu erpressen.

Doch die Hoffnung der staatlichen Organe, ihren Repressionsfeldzug gegen die militante Geschichte der hiesigen Linken auf diese Weise mit verwendbarem Beweismaterial ausstatten zu können, wird nicht aufgehen.


Die Justiz steht vor einem Dilemma. Einerseits will sie dem wahnhaften Verfolgungswillen des Staates zur Durchsetzung verhelfen, andererseits muss sie einen minimalen Anschein von Rechtsstaatlichkeit wahren. Die Illusion der Verhältnismäßigkeit ist schon lange wie eine Seifenblase geplatzt; selbst bürgerliche Medien, die jeder Sympathie mit den RZ unverdächtig sind, zeigen sich irritiert über die seit einem Jahr andauernde Inhaftierung Sonjas und die kruden Konstruktionen von Staatsanwaltschaft und Gericht.

 

Wir werden diese Strategie des Staates, linke Geschichte mit menschenverachtenden Mitteln zu einem reinen Objekt der Justizbehörden zu machen, nicht länger hinnehmen. Wir werden es nicht dulden, dass GenossInnen dem bedingungslosen Verfolgungswahn der Repressionsbehörden preisgegeben sind. Wir setzen unsere Solidarität gegen ihre Repression und werden an Silvester mit einem massenhaften und lautstarken Besuch am Knast in Preungesheim zeigen, dass die Mauern uns nicht trennen können.

 

Denn betroffen sind einzelne, gemeint sind wir alle.
Solidarität ist mehr als nur ein Wort. Solidarität ist eine Waffe!


“Wenn du vorher ausgemacht hast: “Wenn einmal was passiert, dann kein Wort, keine Aussage”, dann hast du ein sehr sicheres Gefühl.” (Sonja Suder 2010 im WOZ-Interview)

 

 

                     Bündnisaufruf zur Silvester - Knastkundgebung
                     31.12.2012 // 18:00 Uhr
                     JVA Preungesheim // Frankfurt am Main


Wie in Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart und anderswo wollen wir auch in Frankfurt an Silvester
gemeinsam an den Mauern des Gefängnisses demonstrieren, um denen drinnen zu zeigen, dass sie
nicht allein sind. Ob soziale oder politische Gefangene – sie bekommen im kapitalistischen
Herrschaftssystem die ganze Härte des Staates zu spüren. Bereits in den 80er Jahren kam es vor der
JVA Preungesheim zu Knastbeben, als regelmäßig und nicht nur zu Silvester linke Aktivist*innen und
Sympathisant*innen das Gefängnis als Ort der Auseinandersetzung zur politischen Meinungsbildung
nutzten – wir knüpfen an diese Kämpfe an!


Warum gegen Knäste und deren System?
In der kapitalistischen Verwertungslogik werden all jene bestraft, ausgeschlossen und weggesperrt,
die marginalisiert sind und trotzdem an den Versprechen der Gesellschaft teilhaben wollen. Sie
handeln nach ihren Bedürfnissen, wenn sie den legalen Prinzipien im Kapitalismus und dem
staatlichen Gewaltmonopol entgegentreten. Zumeist sind es so genannte soziale Gefangene, die
wegen Gratisfahrens, Ladendiebstählen oder ihrer prekarisierten Lage in den Knästen sitzen.
Weggesperrt werden auch von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge und Asylsuchende.
Gesellschaftliche Isolation in Flüchtlingslagern oder Knästen lehnen wir nicht nur entschieden ab,
sondern kritisieren diese als Teil des staatlichen Rassismus, der viele Formen der Freiheitsberaubung
wie die Residenzpflicht umfasst. Ebenso bekämpfen wir den gefängnisindustriellen Komplex, der sich
in der angeblichen Resozialisierung durch Ausbeutung von Arbeitskräften in den Knästen als extreme
Form der alltäglichen Verwertung niederschlägt.


„Vorzeigeknast“ Preungesheim?
Schon von außen wirkt die JVA Preungesheim durch ihre meterhohen Betonmauern und Natodraht
einschüchternd, selbst wenn sie mit dem verwinkelten Mutter-Kind-Haus zur Stadt hin eine soziale
Fassade vortäuscht. „Die sicherste Straße der Stadt“ (FR, 15.08.2011) trennt die Anwohner*innen von
den Frauen in der JVA und den U-Häftlingen jeden Geschlechts. In der U-Haft sind vor allem Frauen
ohne deutschen Pass inhaftiert, die zumeist aufgrund geringer Vergehen einsitzen. Für den
geschlossenen und „offenen“ Vollzug brüstet sich die JVA Preungesheim mit „sozialen Fortschritten“
wie dem Mutter-Kind-Haus oder der Möglichkeit einer Berufsausbildung. Solche können aber nicht
einmal ansatzweise emanzipatorisch gesehen werden, da es lediglich Ausbildungen in sogenannten
„Frauenberufen“ gibt. Wir stehen auch deshalb vorm Knast, weil die Frauen, die sich (un)bewusst und
oftmals auch gewaltsam gegen eine patriarchale Gesellschaft gewehrt haben, von dieser in
„Besserungsanstalten“ wieder in ihre Rolle als Mütter und Haushälter*innen gedrängt werden!


Zur Aktualität unserer Solidarität


...in Frankfurt am Main:
Seit dem 21. September 2012 läuft vor dem Landgericht in Frankfurt am Main der Prozess gegen
Sonja Suder (79) und Christian Gauger (71). Ihnen werden drei Sprengstoffanschläge der
Revolutionären Zellen (RZ) in den 70er Jahren vorgeworfen. Sonja wird zusätzlich beschuldigt, das
OPEC Attentat 1975 logistisch unterstützt zu haben. Die Anschuldigungen der deutschen
Staatsanwaltschaft stützen sich auf die Aussagen des schwer verletzten und nicht
vernehmungsfähigen Hermann Feiling sowie die des Kronzeugen Hans-Joachim Klein, der bereits von
einer anderen Kammer desselben Landgerichts als unglaubwürdig eingestuft wurde. Sonja sitzt seit
September 2011 in Preungesheim ein, Christian wurde aufgrund gesundheitlicher Probleme von der
U-Haft verschont. Im Oktober lud das Gericht unter Richterin Stock die ehemalige Verlobte von
Hermann Feiling als Zeugin vor. Da die Zeugin Sybille S. unter keinen Umständen die folterähnlichen
Bedingungen, unter denen die „Aussagen“ von Hermann Feiling zustande gekommen sind,
legitimieren will, verweigert sie konsequent die Aussage. Daraufhin verhängte das Gericht ein
Ordnungsgeld und droht ihr mit Beugehaft.


...mit linken politischen Gefangenen in Deutschland:
Im Herbst 2012 kam es zur Gerichtsverhandlung gegen den 19jährigen Antifaschisten Deniz. Während
die Nürnberger Behörden bei den NSU-Morden alle Hinweise auf die rechte Szene ignorierten,
zeigten sie beim Verfahren gegen Deniz beispiellosen Ermittlungseifer. Obwohl die Beweislage mehr
als dürftig war, wurde er vom Landgericht Nürnberg wegen seiner politischen Gesinnung völlig
überzogen und aufgrund mangelnder Beweise abgestraft: Der junge Aktivist wurde wegen versuchter
schwerer Körperverletzung und schwerem Landfriedensbruch zu 21⁄2 Jahren Gefängnis verurteilt!
Willkürlich und auf der Basis fragwürdiger Quellen sitzen auch mehrere linke türkische und kurdische
Migrant*innen in deutschen Gefängnissen ein. Gegen viele weitere laufen Ermittlungsverfahren nach
§ 129b StGB. Sie werden der Unterstützung von „terroristischen Vereinigungen“ bezichtigt. Informant
ist oftmals der repressive türkische Staat, als Beweismittel dienen in vielen Fällen in türkischen
Gefängnissen erfolterte „Aussagen“. 129er Verfahren laufen derzeit außerdem gegen 25
Antifaschist*innen wegen Aktionen gegen die Naziaufmärsche in Dresden.
Hier versucht der deutsche Staat linke Politik zu diskriminieren und zu delegitimieren – lassen wir uns
nicht (klein)kleinmachen! Wir sind alle 129!


...und in anderen Ländern:
Repression gegen Kommunist*innen, Anarchist*innen, Autonome und andere Linke findet überall da
statt, wo sich Menschen gegen Ausbeutung und Unterdrückung wehren. In Südeuropa nimmt die
Verfolgung seit der Wirtschaftskrise zu. Dabei kommt es insbesondere in Griechenland zu
massenhaften Festnahmen, rassistischen Kontrollen und Abschiebungen. In der Türkei sitzen
tausende kurdische Genoss*innen ein, darunter Kinder unter 10 Jahren. In den USA werden
Gesellschaftskritiker*innen seit Jahrzehnten weggesperrt, wie Mumia Abu-Jamal und Leonard Peltier.
Ob es sich dabei um indigene Freiheitsbewegungen wie in Mexiko, Kämpfe um Unabhängigkeit wie im
Baskenland oder andere emanzipatorische Kämpfe handelt - die Knäste sind voll!
Wir setzen dagegen unsere Solidarität. So kämpfen seit Jahren weltweit tausende Linke für die
Freiheit politischer Gefangener und die Abschaffung der Todesstrafe oder leisten kollektiven
Widerstand, wie sich zuletzt beim massenhaften Hungerstreik kurdischer Gefangener und
Sympathisant*innen gezeigt hat. Der Druck muss aber auch von außen auf die Straße und bis in die
Knäste getragen werden, hier und überall!


Power durch die Mauer!
Wir setzen uns für eine Gesellschaft ohne Knäste und Abschiebelager ein und bauen auf Solidarität,
auch jenseits unserer politischen Verschiedenheiten.
Es kann nicht sein, dass all jene, die für ein herrschaftsfreies und besseres Leben eintreten, vom
Staat verfolgt, kriminalisiert und weggesperrt werden.
Gegen Polizeigewalt, staatliche Repression und Gesinnungsjustiz!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!


u.a. unterstützt durch:
AIHD Antifaschistische Initiative Heidelberg, Aktionsgruppe zum Aufbau der 3. Reihe, Autonomes Antifaplenum
Aschaffenburg, Bunte Hilfe Darmstadt, Campus Antifa Frankfurt, Ermittlungsausschuss Frankfurt, LPSG -
Leonard Peltier Support Group Rhein Main, Libertad! Frankfurt, Lisa:2 [Marburg], Mumia Bündnis,
Rote Hilfe Ortsgruppen Aschaffenburg, Darmstadt, Frankfurt am Main, Heilbronn & Mainz,
Solikomitee Freiheit und Glück für Sonja und Christian, turnleft, YXK - Verband der Studierenden aus Kurdistan
                                                         www.verdammtlangquer.org
                                                                                    

 

 

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Hose

hosemourinho 24.12.2012 - 05:24
Hi, this is a very interesting article and I have enjoyed read­ing many of the arti­cles and posts con­tained on the web­site, keep up the good work and hope to read some more inter­est­ing con­tent in the future. I got a lot of useful and significant information. Thank you so much.

Freiheit für alle! Weg mit allen Knästen!

k.o.b.r.a.___antirepressionsplattform_______ 25.12.2012 - 00:49
Von wegen "knüpft an ...". Stattdessen werden die Positionen immer schlechter. Das Problem ist nicht, dass politische Gefangene im Knast sitzen (eigentlich, wenn die Autoritären aus Rote Hilfe & Co. ehrlich wären, meine sie auch nur linke politische Gefangene und auch da meist nicht alle), sondern das es Knäste gibt! Und die Strukturen, die Knäste als Inszenierung und Einschüchterung brauchen.
Es mag ja verständlich sein, konkrete Personen herauszuheben - aber gar nicht mehr zu nennen, dass alle frei kommen sollen, ist erbärmlich. Mit emanzipatorischer Politik hat das alles so wenig zu tun wie der meiste Rest linker Politarbeit auch.

Eine andere Politik ist möglich!
(so - und jetzt runter mit dem Kommentar unter "gehört nicht zum Thema")