keine dezentrale Unterbringung LK Wittenberg

einige antirasist_innen 21.12.2012 05:26 Themen: Antirassismus Repression Soziale Kämpfe
Landkreis Wittenberg verweigert dezentrale Unterbringung und will Flüchtlinge zwingen für weitere fünf Jahre (1) in Vockerode zu leben

Seit Anfang 2009 protestieren die Flüchtlinge, die vom Landkreis Wittenberg gezwungen werden, in einer ehemaligen sowjetischen Kaserne in Möhlau zu leben, für ihre dezentrale Unterbringung.
Mitte des Jahres "durften" die Familien nach Vockerode umziehen.
Vockerode ist ein noch kleineres Dorf als Möhlau 30 Kilometer von Wittenberg entfernt, ohne Bus (2), Schule und sonstige Infrastruktur. Anstatt die sogenannten „Alleineisenden“ (also Flüchtlinge ohne Familie) endlich dezentral in eigenen Wohnungen unterzubringen, sollen sie nun in Vockerode zu viert in 2-Zimmer-Wohnungen leben. In klar stigmatisierten Flüchtlingsblöcken, also de facto in einem neuen Lager.
Obendrein will ihnen der Landkreis Wittenberg das Einzige nehmen, was sie in dem herunterge­kommenen Lager in Möhlau hatten: einen eigenen Raum und eigene Möbel.
Bei dem "Umzug", der vom 27. bis 29. Dezember durchgeführt werden soll, wird den Flüchtlingen verboten eigene Teppiche, Sofas, Schränke und Regale mitzunehmen. Sie dürfen nur zwei Gepäck­stücke, also z.B. Kleidung und einen Fernseher mitnehmen (3), aller weiterer persönlicher Habe werden sie durch den Umzug beraubt.
Der Landkreis behandelt die Flüchtlinge weiter wie willenlose Marionetten, erkennt weder ihren Besitz an, noch ihre Menschenwürde, noch ihren seit Jahren klar erklärten Willen, dezentral zu leben.

Sie sollen zu zweit in 13 Quadratmeter großen Zimmern mit kleinen Spinden leben, in denen sich ihre wenige Habe befindet. Ohne Privatsphäre, ohne Perspektive, ohne Arbeitserlaubnis, ohne Bewegungsfreiheit, und das alles für die kommenden fünf Jahre.
Dass der Landkreis keinen Widerspruch duldet, hat er den Flüchtlingen auch schon klar gemacht. So hat Herr Keischke vom Sozialamt Wittenberg (Aussenstelle Gräfenhainchen) den Flüchtlingen mitgeteilt, dass am 1.1.2013 die Verträge auslaufen, dann gibt es keinen Strom, kein Wasser und keine Heizung mehr im Lager Möhlau.
Wer nicht auf 6,5 Quadratmeter im neuen Lager mit renoviertem Kasernenflair leben will, kann ja im Lager Möhlau erfrieren - das ist es was der Landkreis den Flüchtlingen zu bieten hat. Friss oder stirb!

Währenddessen wurde ein Deal zwischen dem Landkreis und der Gemeinde Vockerode geschlos­sen: Verbesserung der Infrastruktur des Dorfes für die einheimische Bevölkerung, mehr Geld für die Gemeinde, damit die Flüchtlinge ertragen werden. Flüchtlingsunterbringung als Wirtschaftsfaktor für die Einheimischen auf dem Rücken der Menschenwürde der Flüchtlinge. Bereits in Möhlau war der Deal derselbe, so war auch dort die erste Sorge der Möhlauer, dass die Grundschule geschlossen würde, wenn das Lager 1 Kilometer außerhalb des Dorfes geschlossen wird.

Wir protestieren entschieden gegen dieses unmenschliche Vorgehen des Landkreises Wittenberg. Wir fordern dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge in selbst gewählten Wohnungen mit eigenen Zimmern.

Und werden am 27. Dezember vor Ort anwesend sein – lassen wir sie ihre menschenverachtenden Geschäfte nicht ungestört machen!

Für die Absage des Zwangsumzugs nach Vockerode und die sofortige dezentrale Unterbringung in Wittenberg!

Solidarität mit den Flüchtlingen im Lager Möhlau!


Fußnoten:

(1)  http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1353577156831 (vorletzter Absatz)
(2) es gibt einen „Rufbus“
(3) Sozialamt Wittenberg (Aussenstelle Gräfenhainchen)

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"Wir wollen nicht nach Vockerode umziehen"
Unterschriftensammlung der Flüchtlinge im Lager Möhlau

Die Flüchtlingsinitiative Möhlau-Wittenberg fordert Politik und Verwaltung des Landkreises Wittenberg auf, dem erklärten Ziel der Dezentralisierung treu zu bleiben und dafür zu sorgen, dass Flüchtlinge künftig nicht wieder alle an einem Ort (wie geplant in einem Plattenbau oder mehreren in einer Reihe) leben müssen. Eine solche zentrale Unterbringung verursacht zahlreiche soziale Probleme und widerspricht dem Integrationsgedanken.
Wir weisen die zuständigen Stellen darauf hin, dass die Belegung von Zweizimmerwohnungen mit jeweils 4 Personen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Religion usw. zu einer Vielzahl von Konflikten und Problemen führen kann. Diebstahl in den Zimmern und körperliche Gewalt sind Beispiele für mögliche Folgen, die wir befürchten.

Folgendes bisher von mehr als 20 Bewohnern der Unterkunft in Möhlau unterzeichnete Schreiben haben wir bereits am 29.11.12 dem Sozialamt übergeben, wo man sich jedoch für nicht zuständig erklärte und uns eine Weiterleitung an den Landrat zusagte. Zusätzlich wollen wir unsere Forderungen direkt auf diesem Wege öffentlich machen.

Dramane Touré
Flüchtlingsinitiative Möhlau-Wittenberg


Wir, die Flüchtlingsinitiative Möhlau, haben schon seit Jahrzehnten die Lebensbedingungen in unserer Gemeinschaftsunterkunft in Möhlau scharf kritisiert, weil es hier keine Einkaufmöglichkeiten, keinen Bahnhof und auch keinen regelmäßigen Busverkehr gegeben hat.

Der uns bevorstehende Umzug nach Vockerode wird leider nicht zu Verbesserung, sonder eher zu einer Verschlechterung unserer Lebensbedingungen führen, denn es gibt auch hier keine Einkaufmöglichkeiten, es gibt keinen Bahnhof, ab 18:00 Uhr fahren auch keine Busse weder nach, noch von Vockerode mehr.

Deshalb lehnen wir einen Umzug nach Vockerode entschieden ab, bis unser Landkreis eine dezentrale Unterbringungsmöglichkeit gefunden hat, in der eine entsprechende Infrastruktur besteht.

Die Unterzeichner

--weitere infos--

 http://refugeeinitiativewittenberg.blogspot.de/
 http://ludwigstrasse37.de/nolager
 http://antiranetlsa.blogsport.de
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Ergänzungen