Interview mit syrischem Aktivist aus Qamislo

Kris Mueller 18.12.2012 18:52 Themen: Medien Militarismus Weltweit
In der internationalen Berichterstattung überwiegt das Bild, in Syrien handele es sich allein um militärischen Konflikt zwischen dem Assad-Regime und der syrischen Opposition, namentlich der Freien Syrischen Armee (FSA) und dem Syrischen Nationalrat (SNC). Und wenn überhaupt über die kurdische Bewegung in Syrien geschrieben wird, dann sind es die großen kurdischen Parteien welche im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Aber an der kurdischen Basis gib es viele Organisationen welche versuchen den sozialen Wandel in Syrien weiter voranzutreiben.

Eine dieser Gruppen ist die „Tevgera Gele Kurd – Die Kurdische Bewegung“ aus der Stadt Qamislo. Ihr Sprecher Kasem Khalil berichtet über ihre Ziele, ihre tägliche Arbeit und ihr Verhältnis zu anderen Oppositionsparteien.
„Wir sind die Stimme der Sprachlosen“


Frage: Was sind die Ziele der Gruppe Tevgera Gele Kurd?

Unsere Organisation definiert sich als eine unabhängige Bewegung, unabhängig von anderen kurdischen Organisationen und Parteien. Grundlage unserer Arbeit sind dabei fünf Ziele. Unser erstes Ziel und damit unsere oberste Priorität, ist die Vereinigung aller Kurd_innen. Und das sowohl in einem politischen Verständnis, was die Arbeit von Parteien und Organisationen betrifft, als auch in einem gesamtgesellschaftlichen. Denn das es so viele verschiedene kurdische Parteien, mit eigenen Standpunkten und Agenden gibt, ist eins der großen Probleme. Diese Spaltung der Kurd_innen ist jedoch auch ein Resultat der Politik des syrischen Regimes, des Regimes von Baschar al-Assad. Unser zweites Ziel ist die Realisierung der kurdischen Rechte. Das dritte Ziel ist, die kurdische Gesellschaft weiter aufzubauen. Wir wollen Menschen dazu ermächtigen der kurdischen Gesellschaft zu dienen. Auch dies ist nicht nur politisch gedacht, sondern gesamtgesellschaftlich. Wir wollen Führungskräfte unterstützen, wie Ärzt_innen, Anwält_innen, Ingenieur_innen, als Mitglieder der Gesellschaft. Alle jene Personen die notwendig sind eine Gesellschaft aufzubauen und dazu sind mehr als einfach nur Politiker_innen notwendig. Das vierte Ziel ist, die Ziele des Kurdischen Nationalrats zu unterstützen. Nicht den Rat an sich, also die einzelnen Parteien und Personen, sondern seine Ziele, weil diese Ziele unseren nationalen Angelegenheiten dienen. Und das fünfte Ziel ist die syrische Revolution zu unterstützen, so weit es uns möglich ist.

Frage: Wann und warum habt ihr Tevgera Gele Kurd gegründet?

Gegründet haben wir die Gruppe im September 2011, kurz bevor im Oktober der Kurdische Nationalrat eingerichtet wurde. Tevgera Gele Kurd wurde von Kurd_innen ins leben gerufen, welche bereits die Universität abgeschlossen hatten. Aber heute kommen unsere Mitglieder aus allen erdenklichen Bereichen, Wissenschaftler_innen, Arbeiter_innen und so weiter. Unsere Analyse war, dass die kurdischen Organisationen und Parteien sich mehr und mehr zersplittern werden und dem wollten wir etwas entgegen halten. Eigentlich wollten wir keine neue Organisation aufbauen, weil es bereits so viele verschiedene Organisationen gab, aber wir sahen ein, dass wir ohne eine solche Organisation nicht arbeiten können. So haben wir Tevgera Gele Kurd gegründet.

Frage: Wie sieht euere alltägliche Arbeit aus?

Allgemein konzentriert sich unsere Arbeit eher auf die Menschen als auf politische Parteien und politische Agenden. Zum Beispiel gehen unsere Mitglieder auf Demonstrationen, veröffentlichen politische Schriften und zeigen den Menschen, wie sie ihre Rechte und die Idee des Föderalismus einfordern können. Wir unterstützen sie in der Idee, dass sie das Recht haben zum Beispiel auf Kurdisch zu studieren oder Kurdisch zu sprechen und ihre kurdische Kultur zu leben. Wir bewerben die Idee des Föderalismus als die Lösung für das Neue Syrien, weil wir sehen das dieses Konzept für die syrische Situation gut ist, insbesondere aber auch für die Kurd_innen in Syrien.
Wir haben bereits über unser Ziel gesprochen, die kurdische Bewegung zu vereinen. Das zählt für die großen kurdischen Parteien, die kurdische Bevölkerung und auch für die kurdische Guerilla. Dieses Ziel ist besonders wichtig, da die großen kurdischen Parteien in Syrien, welch die politischen Entscheidungen treffen, nicht gemeinsam arbeiten. Ich erinnere mich, es gab zwei verschiedene Demonstrationen von Kurd_innen in der gleichen Straße in Qamislo, aber aus zwei verschiedenen Anlässen und organisiert von unterschiedlichen Gruppen. Wir von Tevgera Gele Kurd haben dann entschieden diese beiden Proteste zu vereinen. Das taten wir durch eine Menschenkette über ca. 300 Meter von der einen Demonstration zur anderen, wobei uns viele Menschen geholfen haben.
Ein weiteres Projekt welches wir realisiert haben war die Eröffnung einer lokalen Schule, in welcher Lehrer_innen für die kurdische Sprache ausgebildet werden.
Im Moment bereiten wir uns darauf vor ein kurdisches Kulturzentrum in Qamislo aufzubauen. Ein Kulturzentrum zu eröffnen hört sich jetzt vielleicht wie eine normale Sache an, es ist doch nur Kultur. Aber unter dem Regime von Assad war es zum Teil noch nicht einmal möglich Kurdisch zu sprechen, Bücher auf kurdisch zu veröffentlichen, oder sich allgemein mit kurdischen Angelegenheiten zu beschäftigen. Bücher über Kurd_innen und die kurdische Sprache haben wir teilweise aus dem Internet und verbreiten sie im Internet weiter. So haben wir auch in unserer Facebook-Gruppe verschiedene Bücher um Kurdisch zu lernen, wie die Aussprache und die Grammatik. Nicht nur weil Kurd_innen auch in Syrien assimiliert wurden, sondern auch weil viele Menschen nicht wissen wie man schreibt. Oder weil viele Begriffe nicht mehr im kurdischen verwendet werden, sondern die entsprechenden arabischen Wörter. Aber jetzt wollen wir dieses Kulturzentrum eröffnen, welches sich mit unserer Kultur und unserer Geschichte beschäftigt und eine kleine Bücherei mitbeinhaltet. Das alles soll natürlich für die Menschen kostenlos sein. Vielleicht wird das Zentrum ja nicht nur ein Ort für die kurdische, sondern auch für andere Kulturen. In dem Zentrum soll es dann Theatergruppen und Gesangskurse geben.
Zudem denken wir darüber nach ein Mediencenter zu eröffnen, hoffentlich mit einer eigenen Zeitung. Das Projekt soll dazu dienen unsere eigenen Medien zu machen, unabhängig von anderen Interessen, und damit die Möglichkeit zu haben die Wahrheit zu sagen. Niemand hat bisher ein solches Projekt begonnen.
Wir haben auch eine Reihe von Recherchearbeiten über unsere Region durchgeführt. Zum Beispiel wie wir unsere Wirtschaft in einem zukünftigen föderalen Staat gestalten könnten. Welche Wasserressourcen wir haben, wie wir unsere Landwirtschaft organisieren und welche Öl-Vorkommen in unserer Region existieren. Aber wir haben auch zu unserer kulturellen Geschichte geforscht.

Frage: Wie seit ihr als Gruppe organisiert?

In Qamislo sind wir ungefähr 700 und in Efrin ca. 300 Aktivist_innen, welche generell nur bei Tevgera Gele Kurd aktiv sind. Aber natürlich suchen wir den Dialog mit anderen Gruppen in Qamislo und anderen Städten. Besonders mit anderen Jugendorganisationen, da wir als eine Jugendorganisation begonnen hatten. Aber dann sahen wir auch die Notwendigkeit nicht nur die Jugend zu vereinen, sondern auch die anderen Parteien aufzufordern zusammen zu arbeiten.
Wir ins in verschiedenen Komittes organisiert. So zum Beispiel das Komitee der Freien Frauen - Komma Jina Azad. Eigentlich ist die Gruppe Komma Jina Azad älter als wir. Es war eine Gruppe von Frauen welche unter dem Assad-Regime im Untergrund gearbeitet hatten. Als sie sich entschieden hatten ein Teil der Revolution zu werden, haben sie sich unserer Gruppe angeschlossen und sind nun ein Komitee von Tevgera Gele Kurd. Aber sie setzen sich nicht nur für die Rechte der kurdischen, sondern aller Frauen ein und glauben das auch Frauen eine Rolle in der Revolution spielen müssen. Besonders aktiv ist das Komitee in dem bereits genannten Schulprojekt und in unseren kurdischen Sprachprogrammen. Es gibt aber auch noch weitere Komitees, welches sich zum Beispiel um die Probleme der Jugend kümmert und die Aktivitäten der Jugendlichen vorbereit. Diese Jugendlichen übernehmen wichtige Aufgaben. So fungieren sie auf Demonstrationen zum Beispiel als Beobachter_innen um sicherzustellen das nichts passiert.

Frage: Wie steht ihr zur syrischen Revolution und dem Vorwurf, die Kurd_innen würden sich nicht beteiligen?

Als die Revolution begann, war die kurdische Bevölkerung bereit zu rebellieren, weil wir bereits im März 2004 den Aufstand versuchten. Und das war bevor die sunnitische Bevölkerung zu protestieren anfing. Nun hören wir immer wieder, dass die Partei der Demokratischen Einheit (PYD) Assads Regime helfen würde. Wie können sie so etwas angesichts der Repressionen gegen die PYD und der Morde in Amude [Kurdische Stadt in welcher es im Jahre 2004 zu schweren Auseinandersetzungen kam] an der kurdischen Bevölkerung sagen? Damals hat niemand der kurdischen Bevölkerung geholfen. Nach dem 2011 in Dar'a die Proteste begannen war Amude die zweite Stadt der Revolution und dann kam Qamislo. Wir können also sagen, dass die zweite Region in welcher die Revolution ausbrach, die kurdischen Gebiete in Syrien waren. Danach kamen erst Homs, Damaskus und Aleppo. Und natürlich sind auch die kurdischen Parteien Teil der syrischen Opposition.
Ich denke wir Kurd_innen hatten unsere Chance etwas für uns zu tun, haben diese aber nicht genutzt - bis jetzt. Dabei rede ich nicht über eine spezielle Organisation, sonder über die Kurd_innen in Syrien allgemein. Wir waren damit beschäftigt der syrischen Revolution und der Bevölkerung zu helfen. Viele arme Syrier_innen in Heleb [dt.: Allepo] Homs und Damaskus haben uns um Hilfe gebeten. Und wir haben ihnen geholfen, was richtig war.

Frage: Der Kurdische Nationalrat wird auch im Ausland als Dachorganisation der kurdischen Bewegung gesehen. Wie ist eure Verhältnis zum Rat?

Wie ich bereits gesagt hatte, wir unterstützen die Ziele des Kurdischen Nationalrats. Aber halt nur seine Ziele und nicht die einzelnen Politiker_innen. Wir wissen, dass dieser Rat nun die offizielle Organisation ist, welche die kurdische Bevölkerung repräsentiert und das auch auf internationaler Ebene. Um so wichtiger ist es, dass es das Ziel des Rates bleibt, die Rechte des kurdischen Volkes zu verteidigen.
Der Kurdische Nationalrat richtete Hilfsgruppen in den kurdischen Regionen ein, mit welchen wir auf lokaler Ebene auch zusammenarbeiten. Diese Gruppen bestehen aus verschiedenen Expert_innen, wie zum Beispiel Ärzt_innen. Wir stehen in einem engen Austausch mit den Gruppen des Nationalrats, aber finanziell und materiell erhalten wir keine Unterstützung vom ihm. Die Unabhängigkeit unserer Gruppe gegenüber dem Nationalrat trifft auch auf alle anderen Organisationen und Parteien zu. Wir akzeptieren keine Gelder von außen, welche unsere Agenda und Ziele beeinflussen könnten. Die einzige Agenda die wir haben ist die Agenda unserer Menschen. Daher bezeichnen wir uns auch selbst als die Stimme der Sprachlosen. Da ist etwas in ihren Herzen, was sie nicht zeigen können und wir versuchen dies sichtbar zu machen. Auch in unseren Veröffentlichungen sagen wir nicht nur das was wir als Gruppe denken, sondern das was die Menschen denken. Wir stellen Fragen an die Bevölkerung und uns selbst. Was sind die kurdischen Rechte? Wie können wir diese vor dem internationalen Recht einklagen? Welche Art von Föderalismus ist gut für uns? Wie sollten wir in einem zukünftigen föderalen Staat mit einer Zentralregierung verbunden sein? Wir wollen ein eigenes Parlament, unsere eigene Regierung und unser eigenes Recht. In diesem Sinne können wir unsere ökonomischen Fragen unserer Region selbst bestimmen.

Frage: Wie steht ihr zur Partei der Demokratischen Einheit (PYD) und welche Bedeutung hat die PYD für die kurdische Bewegung?

Wir sehen, dass die PYD viele wichtige Dinge für die kurdische Bevölkerung tut, wozu andere Parteien aufgrund ihrer Größe nicht in der Lage wären. Zum Beispiel organisiert die PYD die Versorgung mit Treibstoff, welcher immer knapper wird und verteilte ihn an die Menschen und nicht nur an eine kleine Elite. Auch die Organisierung der bewaffneten Volksverteidigungseinheiten (YPG) zählt zu diesen wichtigen Dingen. Sie garantieren in vielen kurdischen Teilen Syriens unsere Sicherheit. Aber auch im Fall der PYD gilt, wir unterstützen sie nicht direkt. Unseren Zielen folgend appellieren wir aber, dass sich die PYD und die anderen kurdischen Parteien zusammen tun. Und gerade sehen wir, dass die Möglichkeit dazu besteht. Wenn sie sich alle zusammenschließen würden sie uns auf dem richtigen Weg regieren.

Frage: Wie ich dich verstanden habe versucht ihr als Gruppe aber auch als Kurd_innen die soziale Revolution zu unterstützen und nicht in die bewaffneten Auseinandersetzungen verwickelt zu werden.

Das ist richtig. Bis jetzt haben wir uns nicht an den bewaffneten Auseinandersetzungen beteiligt und rufen zur sozialen Revolution auf. Aber es muss gesagt werden: Wenn eine Zeit kommt in welcher wir keine andere Möglichkeit mehr haben, sind wir auch bereit uns zu verteidigen. Und das haben wir auch unter Beweis gestellt. Diese Einstellung trifft auf alle Teile Kurdistans zu. Gestern sagte Barzani zum Beispiel, dass er gegen Krieg sei, aber wenn sie ihn Angreifen würden ist er bereit sich zu verteidigen. Vielleicht wird das notwendig, da sich die Situation auch im Irak gerade zuspitzt. Dabei ist wichtig zu berücksichtigen, dass es sich um einen Konflikt zwischen Malikis Milizen und den Peshmerga [bezeichnet die kurdischen Kämpfer_innen um Irak] handelt und nicht um einen Konflikt zwischen der gesamten irakischen Arme und den Peshmerga.

Frage: Wie ist eurer Verhältnis zum Syrischen Nationalrat und zur Freien Syrischen Arme?

Wir haben keine Beziehungen zum SNC und zur FSA. Und auch zu der neuen Organisation, bestehend aus dem SNC und anderen oppositionellen Gruppen, welche von Muas al-Chatib geführt wird, haben wir keine Beziehungen. Dafür haben wir auch klare Gründe, welche wir vor niemandem verheimlichen. Diese Gruppen und Politiker_innen verweigern uns unsere Rechte. Das wurde auch noch mal in der letzten Rede von al-Chatib deutlich, in welcher er meinte, dass wir über die kurdischen Rechte dann sprechen können wenn Assad weg ist. Darauf können wir nur antworten, dass sich Rechte nicht einfach irgendwann geben lassen, sondern das Rechte, Rechte sind. Wenn sie diese anerkennen würden, dann würden sie heute sagen, dass das Neue Syrien auch auf den Rechten der Kurd_innen errichtet wird. Und das beinhaltet unser Selbstbestimmungsrecht. Vielleicht wollen die Kurd_innen ein föderales System in Syrien? Aber die Oppositionsgruppen unter al-Chatib sind gegen ein solches System. Wobei dies auch auf viele Länder wie zum Beispiel die Türkei zutrifft.

Wir sind nicht gegen die arabische Opposition und die Rechte welche sie für sich einklagen. Wir sagen aber, dass genauso wie sie für ihre Rechte kämpfen, sollten sie für unsere Rechte kämpfen, denn wir kämpfen gemeinsam gegen Assad. Die Spannungen, welche jedoch zwischen der FSA und der kurdischen Opposition bestehen, werden immer deutlicher. So wurde die kurdische Stadt Sere Kaniye [ara.: Ra's al-'Ayn], welche an der Grenze gegenüber der türkischen Stadt Ceylanpinar liegt, von islamistischen Kämpfern der Al-Nusra-Front angegriffen, welche von der FSA unterstützt werden. Diese ermordeten Zivilist_innen, stahlen aus deren Läden und Häusern. Klar geworden ist dabei, dass die FSA und die Al-Nusra-Front nicht kamen um Frieden zubringen. Vielmehr ist deutlich geworden, sie verweigern uns nicht nur unsere Rechte, sondern nun kämpfen sie offen gegen uns. Trotz dieser Situation rufen wir nicht dazu auf die FSA anzugreifen, aber wir fordern von der FSA die kurdischen Gebiete zu verlassen.

Frage: Viele Kurd_innen in Syrien erhoffen sich Angesichts der schwierigen Situation Hilfe von der Kurdischen Regionalregierung (KRG) im Irak unter Präsident Massoud Barzani. Welche Bedeutung hat die KRG für euch und wie schätzt du die Politik Barzanis bezüglich des Konflikts in Syrien ein?

Ich glaube dass das irakische Kurdistan eine wichtige Erfahrung für die kurdischen Menschen ist und wir hoffen das wir diese Erfahrung auch in Syrien machen werden. Denn die Kurd_innen in irakischen Kurdistan haben bewiesen, dass sie in kurzer Zeit ein Land aufbauen und eine Nation entwickeln können. Massoud Barzani hat in vielen Interviews deutlich gemacht, dass er die Freiheit und Rechte der syrischen Kurd_innen unterstützt. Und dabei sagt er nicht, dass das Recht der Kurd_innen in Syrien ist, in einem föderales System zu leben, sondern das es das Recht der Kurd_innen ist, selbst über ihre Zukunft zu entscheiden. Mit verschiedenen Treffen zwischen den syrisch-kurdischen Parteien in Arbil [Hauptstadt der KRG], hat er eine wichtige Rolle in der Vereinigung der kurdischen Bewegung gespielt. Ich denke wir Kurd_innen in Syrien sollten Barzani für diese Arbeit danken.

Unser Problem ist nicht einfach nur ein neues föderales System zu erkämpfen, sondern die Herausforderung wird sein, es dann wirklich aufzubauen, zu realisieren. Auch in diesen Fragen erwarten wir Hilfe von Barzani und von Kurdistan. Aber wir erwarten nicht nur Unterstützung von Barzani, sondern auch von der PKK, von Dschalal Talabani, von der BDP [Türkische Partei für Frieden und Demokratie], von allen kurdischen Organisationen. Wir rufen ja auch nicht nur zur Vereinigung der syrischen Kurd_innen auf, sondern zur Vereinigung aller Kurd_innen. Wie ich bereits beschrieben habe sind unsere grundlegenden Ziele die Vereinigung, die Erkämpfung unserer Rechte und das friedliche Zusammenleben, auch mit allen anderen Nationen.

Frage: Die Ideen des föderalen Systems erinnern stark an die Überlegungen Öcalans. Nimmst du explizit auf seine Idee des Demokratischen Konföderalismus bezug? Oder sind diese Ideen unabhängig davon?

Mit dieser Idee eines föderalen Systems beziehe ich mich nicht auf die Idee einzelner Personen, wie Öcalan, Barzani oder Talabani. Ich beziehe mich einfach auf die Menschenrechte. Und da wir Kurd_innen ja als Menschen betrachten werden sollten, sollten wir auch unsere Rechte erhalten. Das ist alles. Aber diese Rechte wollen wir nicht blutig erkämpfen müssen, mit Gewalt und vielen Toten. Wir wollen diese Rechte für uns auf einem friedlichen Weg realisieren.

Frage: Du kennst die Kampagne „adopt a revolution“. Was hältst du von der Kampagne und wie könnte internationale Unterstützung aussehen?

Wir schätzen und respektieren alle die Organisationen, welche die syrische Bevölkerung unterstützen. Besonders die Organisationen welche auf ziviler Ebene arbeiten und nicht den bewaffneten Kampf unterstützen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten uns zu helfen. Einmal natürlich auf materieller Basis. Wir brauchen Gelder um all die beschriebenen Aktivitäten zu realisieren. Und wir brauchen technische Hilfe um zum Beispiel mit anderen Menschen in Kontakt zu beleiben, da immer wieder die Internetverbindungen unterbrochen werden. Aber die wichtigste Unterstützung für uns ist, dass die Menschen sich für unsere Sache in ihren Ländern einsetzen. Es ist wichtig die Situation in Syrien deutlich zu machen und die Regierungen aufzufordern die Kurd_innen in ihrem Kampf für ihre Rechte zu unterstützen.

Lang lebe die Freiheit – Lang lebe der Frieden – Lang leben die Kurd_innen und Kurdistan!
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Aktivist — Neuköllner

Fuck you selber — Neuköllner