Berlin - Tag der Menschenrechte

Andrea Tams 11.12.2012 10:32 Themen: Antirassismus Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Gestern, am 10. Dezember war der "Tag der Menschenrechte". Von der UNO vor 64 ausgerufen soll er an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte erinnern. Trotzdem scheint das Papier für die unterzeichnenden Staaten keine große Bindung zu haben. Gestern Abend versammelten sich spontan einige Menschen auf dem Pariser Platz unweit der US Botschaft, um unabhängig an die Erklärung der Menschenrechte zu erinnern.
Gekommen waren wg. des kalten Wetters deutlich weniger als erwartet. Außer kurzfristigen Ankündigungen über "soziale" Netzwerke hatte es keine öffentliche Mobilisierung gegeben.

Ursprünglich war diese Kundgebung zur Unterstützung des Refugee Streiks auf dem Pariser Platz angedacht gewesen. Aber die Geflüchteten vom Pariser Platz haben ja inzwischen erst mal eine andere Protestfrom gegen Lager und Residenzpflicht gewählt: am vergangenen Wochenende wurde ein leerstehendes Haus in Kreuzberg besetzt.
 http://de.indymedia.org/2012/12/338904.shtml

Castor TV übertrug die Versammlung in das Internet und interviewte einige Teilnehmer*Innen.
 http://www.castortv.de/?event=tag-der-menschenrechte

In Flugblättern wiesen Unterstützer*Innen des noch immer inhaftierten Journalisten Mumia Abu-Jamal darauf hin, dass "Menschenrechte nie von oben einfach gewährt werden - sie wurden und sie werden noch immer von unten erkämpft". Sie forderten mit einem Transparent die globale Abschaffung der Todesstrafe, was auch gleich die Berliner Polizei auf den Plan rief. Zwar war die Versammlung inzwischen angemeldet worden, doch die Beamten hätten gerne das Transparent vor der US Botschaft entfernt.

58 Staaten praktizieren noch immer die Todesstrafe. Weltweit gesehen ist die sie ein "Auslaufmodell", da immer mehr Staaten sie abschaffen. In den letzten Jahren gab es nur drei Staaten, die sie wieder eingeführt haben - Uganda, Irak und Afghanistan. Die letzten beiden auf ausdrücklichen Wunsch der US-Regierung im sogenannten „Krieg gegen den Terrorrismus“. In beiden Ländern wollten die verfassungsgebenden Versammlungen das eigentlich aufgrund ihrer eigenen Geschichte nicht, mussten aber dem Druck der US Regierung nachgeben. Während die Bundeswehr am Hindukusch angeblich für Menschenrechte kämpft, schützte sie dabei von 2007 bis 2009 auch das Hinrichten von Frauen, die nach "Scharia-Law" z.B. als Eheberecherinnen zum Tode verurteilt auch tatsächlich hingerichtet wurden.
In Uganda sollte die Todesstrafe gegen Schwule und Lesben angewandt werden. Aufgrund massiver weltweiter Proteste hatte das Parlament dieses Vorhaben aber im April 2011 zunächst zurück genommen. Derzeit bemüht sich der Staat erneut, die Todesstrafe mit homophober Intention einzuführen.

Der Lissaboner EU-Vertrag, der seit dem 1. Dezember 2009 von allen Mitgliedsstaaten (meist ohne Zustimmung der jeweiligen Bevölkerung) ratifiziert ist, sieht indirekt die Wiedereinführung der Todesstrafe in Europa vor - und zwar im Kriegsrecht... Formal geschieht das über eine Auslassung: Entsprechende Ausschlussregelungen zur Nichtanwendung der Todesstrafe im Kriegszustand lassen sich nirgendwo im Lissaboner Vertrag finden

Weltweit konzentrieren sich Bemühungen zur Abschaffung der Todesstrafe derzeit auf die USA. Sie ist neben Japan das letzte Land mit einer gewählten Regierung, die diese Praxis noch immer anwendet. Ähnlich wie in Japan sind in den USA seit langem Tendenzen zu erkennen, die eine Abschaffung der Todesstrafe mittelfristig möglich erscheinen lassen. Sollte dieses gelingen, könnten auch Regierungen wie in Saudi-Arabinen, Jemen, Iran oder China nicht mehr auf diese angeblich „demokratisch legitimierte“ staatliche Machtausübung verweisen. Für die weltweite Abschaffung würde das langfristig eine Perspektive ergeben. Ob es allen der derzeit ca. 18.300 Todestrakt Gefangenen das Leben retten kann, hängt auch von der Entschlossenheit aller ab, jeglichen Staaten die Möglichkeit zu nehmen, ihre Bürger_innen „legal“ zu ermorden.
 http://www.freiheit-fuer-mumia.de/veranstaltungsreihelunte2012.htm
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Ergänzungen

Info-Veranstaltung über Todesstrafe

heute in Berlin 11.12.2012 - 10:46
20 Uhr Lunte: "Todesstrafe - Staatsterror zur Einschüchterung der Bevölkerung"

Am 10. Dezember wird von der UNO jährlich der Tag der Menschenrechte begangen, während nicht wenige der assoziierten Regierungen sich noch immer das Recht herausnehmen, Gefangene zu ermorden. Der Todesstrafe kommen dabei immer "ordnungspolitische" Funktionen zu. Die USA dienen dabei vielen anderen Henkernationen als Entschuldigung bzw. Alibi. An diesem Beispiel möchte das Berliner Free Mumia Bündnis genauer auf die juristischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen der Todesstrafe eingehen, um den herrschaftsstabilisierenden Charakter zu verdeutlichen (Vortrag ca. 40 Minuten).

anschließend der Film "Die letzten Worte der Frances Newton - Chronik einer Hinrichtung" (BRD/USA 2006)

Lunte - Weisestr. 53 - 12049 Berlin Neukölln - U8-Boddinstr.
info:  http://www.mumia-hoerbuch.de und  http://www.dielunte.de

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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@semc

hass 11.12.2012 - 20:39
1. Danke.

2. Ich möchte ganz bestimmt nicht Antifaschisten lächerlich machen! In diesem Punkt irrst Du Dich in mir!

3. Was meinst Du damit, ich werde hofiert? - Ja es stimmt, meine Position in dieser Gesellschaft, innerhalb der politischen Struktur in diesem Land, ist in der Tat demütigend und entwürdigend und wird dem was ich bin, möchte und in meinem Leben (für andere) getan habe, nicht gerecht.

4. Stimmt, Deutschland ist seelisch wirklich das allerletzte.

5. Einen Kopfschuss, obwohl ich oft die Kraft weiterleben zu wollen verliere, möchte ich nicht haben.
Ich liebe das Leben und möchte denen die nicht wie ich die Wahl haben ob sie sterben oder leben,
gerecht werden mit meiner Lebenszeit etwas anzufangen. Auch wenn ich das nicht immer so gut schaffe,
wie ich es mir wünsche.

breite angriffsfläche

anonymous 14.12.2012 - 00:26
zu der Glorifizierung der "Wahrung der Menschenrechte" im Westen gibt es doch wirklich riesige nutzbare Angriffsflächen, die weit über die Todesstrafe hinausgehen.
Zumal die US-Botschaft ja nicht unweit des Bundestages ist, sollte eigentlich die ganze Stadt auf den Beinen stehen.

Wie wäre es nächstes Jahr mit einem radikalen Konsens, der auf nicht von der Hand zu weisende Fakten eingeht und sämtliche systematische menschenverachtende Problematiken thematisiert?

Nieder mit den Staaten! Freiheit muss thematisiert und erkämpft werden!

"Angriffsfläche"

macht mal! 14.12.2012 - 09:44
Die Todesstrafe mag zur Zeit in der EU niemanden betreffen, aber sie ist ein großes globales Problem, was an einem weltweiten Tag der Menschenrechte natürlich thematiesiert werden muss. Natürlich gibt es zu Menschenrechten, gerade in der EU viel mehr zu sagen. Nur leider tut es fast niemand.

Der Großteil der "Bewegten" denkt noch immer, Menschenrechte seien ein bürgerliches Thema und überlässt Hochglanz Flyer Organisationen wie Amnesty International eine der wichtigsten Auseinandersetzungen: was dürfen Regierungen uns "legal" antun.

In dem Artikel wird gesagt, dass "Menschenrechte nie von oben einfach gewährt werden - sie wurden und sie werden noch immer von unten erkämpft". Dem ist nichts hinzu zu fügen.