[Greifswald] Gedenken an Eckard Rütz

AH-HGW 25.11.2012 20:41
Am heutigen Sonntag gedachten etwa 80-100 Menschen Eckard Rütz, der vor 12 Jahren am Vorplatz der Mensa von Nazis erschlagen wurde.
In der Nacht vom 24. auf den 25. November 2000 wurde der stadtbekannte wohnungslose Eckard Rütz von drei jugendlichen Neonazis im Alter von 16 bis 21 Jahren erschlagen. Mit Baumstützpfählen schlugen sie auf ihr Opfer solange ein, bis er sich nicht mehr bewegte. In der späteren Gerichtsverhandlung nannte einer der Täter als Motiv, dass Eckard Rütz „dem deutschen Steuerzahler auf der Tasche gelegen“ hätte.
Das war im Jahr 2000 bereits der zweite von Nazis verübte Mord in Greifswald.
In der Nacht zum 24. Juni 2000 wird der ebenfalls Obdachlose Klaus-Dieter-Gerecke von vier jungen Leuten erschlagen. Zwei Frauen feuern die Täter mit „Da ist der Assi, klatscht ihn tot“ an.

Dieser erste Mord rüttelte die Greifswalder Bevölkerung kurz auf, der bundesweite "Antifa-Sommer" war u.a. auch eine Folge, und in Greifswald demonstrierten sogar 7000 Menschen gegen rechte Gewalt.
Doch als dann Eckard Rütz erschlagen wurde war die Grenze erreicht. Das war zuviel des Schlechten, das Greifswalder Image hatte nach Meinung der Stadtoberen genug gelitten und der Mord wurde versucht zu entpolitiseren und runtergespielt.

Erst im Jahr 2006 kam es zu einem Zusammenschluss von Antifaschist*innen, die in Zusammenarbeit mit der Domgemeinde auf den Mord aufmerksam machte und auch gegen den Widerstand der Stadt erstritt, dass ein Gedenkstein gelegt werden konnte.

Seitdem gibt es alljährlich eine Gedenkkundgebung, so auch in diesem Jahr.
Etwa 80-100 (gezählt ungefähr 90) Menschen sammelten sich am 25.11. um 16:00 am Gedenkstein an der Mensa.
Der Dompfarrer Mathias Gürtler hielt eine Rede, in der er eindrücklich auf die mörderische Ideologie der NPD und anderer Nazis hinwies und wies außerdem auf den Rassismus der sog 'Mitte der Gesellschaft' hin, der solche Taten befördern würde.
Ein weiterer Redebeitrag vom Bündnis "Schon vergessen?" und der Antifa-Gruppe 'defiant' setzte sich inhaltlich mit dem Zusammenhang von Ausgrenzung und Diskriminierung in der kapitalistischen Gesellschaft auseinander, bevor Kränze, Kerzen und Blumen am Gedenkstein niedergelegt wurde.

Störungen von Nazis oder durch die Polizei, die im Jahre 2010 noch die Organisator*inne versuchte abzufotografieren, gab es diesmal nicht.


Infos:
 http://schonvergessen.blogsport.de/
(etwas unaktuell)

Chronik der Morde durch Nazis an Wohnunglose:
"Abwertung und Gewalt gegen „Asoziale“"
 http://de.indymedia.org/2010/05/281729.shtml
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Ergänzungen