Brutaler Überfall auf Wagenburg in Wrocław

Markus Maas 15.11.2012 11:46 Themen: Blogwire
Brutaler Überfall auf Wagenburg in Wrocław (Breslau) am Unabhängigkeitstag 11.11.2012
Brutaler Überfall auf Wagenburg in Wrocław (Breslau) am Unabhängigkeitstag 11.11.2012



Wroclaw, 15.11.2012, Markus Maas


Im Vorfeld

Am 11.11. fanden in Wroław (Breslau) und anderen Städten Polens mehrere Demonstrationen und Veranstaltungen aufgrund des sogenannten „Unabhängigkeitstag“ statt. Jedes Jahr wird die Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens im Jahre 1918 nach 123 Jahren Teilung durch Preußen, Österreich-Ungarn und Russland mit einen Nationalfeiertag gewürdigt. Die Wertlegung auf Unabhängigkeit und Souveränität spielt in Gesellschaft und Politik aufgrund der polnischen Geschichte eine große Rolle und beeinflusst viele wichtige Entscheidungen und manchmal auch die Machtverhältnisse auf hohem Niveau.

In den letzten zwei Jahren nahmen die Demonstrationen einen Teils dramatischen Verlauf.
Im Jahre 2011 artete in Warschau die von Nationalisten parallel zu den offiziellen Veranstaltungen organisierte Demonstration aus. Es kam in der Warschauer Innenstadt zu Straßenschlachten mit der Polizei. In diesem Jahr wurde dort erneut eine große Demonstration von der extremen Rechten organisiert. Auffallend ist dabei die sehr große Mobilisierungskraft mit 10 – 20000 teilnehmenden Personen.

Parallel zu den Warschauer Ereignissen fanden in den letzten zwei Jahren auch in Wrocław (Breslau) Demonstrationen sowie Feierlichkeiten aus Anlass des Unabhängigkeitstages statt. Dabei hatten auch hier die von Nationalisten organisierten Demos eine sehr hohe Anzugskraft. Es beteiligten sich in den beiden Jahren jeweils bis zu 3000 Leute, wobei sich auch gewöhnliche Leute dem Marsch der Rechten anschlossen. In den beiden Jahren zeichneten sich die Demonstrationen durch eine sehr hohe Aggression aus. So wäre im letzten Jahr eine kleine Gegenkundgebung von Antifaschisten mit Sicherheit brutal auseinandergenommen worden, wenn die Polizei nicht dazwischen gestanden hätte.


Der Angriff

In diesem Jahr kam es zu einem Ereignis bei dem die Polizei jedoch nicht mehr dazwischen stand. Nachdem die von der Organisation „Nationale Wiedergeburt Polens (NOP)“ initiierte Demonstration beendet worden war, machte sich ein Teil der Demo auf den Weg zur innenstadtnahen Wagenburg. Die äußerst aggressiv auftretenden 50 – 100 Personen drangen um ca. 19 Uhr auf das Gelände der einzigen Wagenburg Wrocławs ein. Nach kurzer Gegenwehr der Bewohner und ihrer Unterstützer (insgesamt 16 Personen), wurden die Angegriffenen überrannt und zwei Personen, die nicht flüchten konnten, auf brutalster Weise zusammengeschlagen. Bei dem Angriff kamen auch Steine, Schlagstöcke, Feuerwerkskörper und Flaschen zum Einsatz. Eine Person musste im kritischen Zustand mit schweren Kopfverletzungen, gebrochener Hand, Bein, Kiefer, Schlüsselbein und Rippe ins Krankenhaus gefahren werden. Ich selbst konnte mich nur dadurch retten, dass ich in den Fluss (Oder), an dem die Wagenburg liegt, sprang und wegschwamm (was bei den aktuellen Temperaturen nicht gerade angenehm war). Die Person, die im kritischen Zustand ins Krankenhaus kam, hat inzwischen einen stabilen Zustand.

Eine internationale Solidaritätsbekundung für die schwer verletzte Person sowie für die beschädigte Wagenburg (die Wagen und Bauten wurden demoliert) wäre zum jetzigen Zeitpunkt sehr hilfreich!

Die Entwicklung der letzten Jahre in Polen mit dem Erstarken der nationalistischen Bewegung nimmt inzwischen furchteinflößende Ausmaße an. Straftäter bleiben oft unbehelligt, wodurch weitere Taten möglich gemacht werden. Die Wahrheit verschwimmt in den Medien allzu oft.

Die Stadt Wrocław (Breslau), die mit dem Slogan „miasto spotakań” („Stadt der Begegnung“) für sich wirbt und dadurch versucht, Touristen und Investoren anzulocken, ist zumindest am jeweiligen Abend des „Unabhängigstags“, wenn sich die Nationalisten die Stadt zu eigen machen, eine „no go area“. Durch ihre Passivität gegenüber den Nationalisten, die sich jedes Jahr unbedrängt austoben können, macht sich die Stadtregierung unglaubwürdig.

Das eine große Gruppe von ca. 50-100 Personen nach der Demo zwei Kilometer durch die Stadt in eine ruhige Umgebung laufen kann, um anschließend im Dunkeln unbehelligt 16 missliebige Bürger in aller Ruhe anzugreifen und Diejenigen, die nicht flüchten konnten, halb totzuschlagen, ist unglaublich.
Vier Tatverdächtige wurden nach einem kurzen Verhör wieder freigelassen, ohne beschuldigt zu werden.

Autor

Der Autor ist Augenzeuge, der am Ort des Geschehens zu dem Zeitpunkt des Angriffes anwesend war. Er selbst wohnte mehrere Jahre in alternativen Projekten wie der Wagenburg und gemeinschaftlich verwalteten Häusern.

Weitere Informationen:
 http://www.tuwroclaw.com/wiadomosci,and-8222;to-porazka-organow-panstwaand-8221;-o-ataku-na-wroclawski-squat-dowie-sie-donald-tusk,wia5-3266-13781.html
 http://wroclaw.gazeta.pl/wroclaw/1,35771,12851320,Niedzielny_atak_na_Wagenburg_to_nie_jest_zwykla_chuliganka.html
 http://wroclaw.naszemiasto.pl/artykul/galeria/1610689,atak-na-wagenburg-przy-na-grobli-jedna-osoba-ranna-zdjecia,id,t.html
 http://www.fakt.pl/Nacjonalisci-zatakowali-squat-we-Wroclawiu-Jedna-osoba-ciezko-ranna,artykuly,187469,1.html
 http://wroclaw.gazeta.pl/wroclaw/1,35771,12851172,Wagenburg__Gdzie_jedni_bija__inni_powinni_czytac_wiersze.html
 http://nomada.info.pl/oswiadczenie-stowarzyszenia-nomada-w-zwiazku-z-atakiem-na-zielona-wyspe-wagenburg/
 http://nomada.info.pl/oswiadczenie-stowarzyszenia-nomada-w-zwiazku-z-atakiem-na-zielona-wyspe-wagenburg/
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Ergänzungen

Überblick zu Warschau am 11.11.2012

Dein Name 15.11.2012 - 15:15
Auch in Warschau gab es an dem Tag massive Nazi-Aktivitäten. In dem Text wird das ja kurz erwähnt. Einen Überblick dazu verschafft dieser Artikel:
 http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2012/11/15/nationalistisches-massenevent_10526

@Preußens Gloria

Kuba 16.11.2012 - 07:53
... und dass Warschau Warszawa heißt, hast Du noch vergessen.

Nee im Ernst, da drüben gehen die meisten eigentlich recht entspannt mit der Geschichte um, an der Wagenburg gibt's ein großes "Wagenburg Breslau"-Graffiti und pc ist fast genauso fürn Arsch wie Preußen. Vor allem, weil die meisten Deutschen, die einen auf pc machen, dann nicht in der Lage sind, polnische Namen (insbesondere "Wrocław") korrekt auszusprechen.

Was natürlich nicht den Hintergrund der Namensänderung verharmlosen soll, dass nämlich die deutschsprachige Bevölkerung ab 1945 Leuten v. a. aus damals ostpolnischen Dörfern Platz machen musste, die ihrerseits Platz machten für Leute aus der Ukraine, deren Dörfer von der Wehrmacht im Rahmen der "Strategie" der verbrannten Erde zerstört worden waren.

Solidarität ist eine Waffe

stimmt zwar ist aber nur ein Spruch 16.11.2012 - 22:01
Ich selbst lebe auch im Wagen in einer Wagenburg, habe aber zum Glück meinen Arsch im trockenen. Ich kann mir aber schon vorstellen wie es ist von so einer Meute überfallen zu werden und hoffe das niemals selbst erleben zu müssen.

Ich schüttel immer wieder und das seit Jahren ungläubig und hilflos mit dem Kopf wenn ich lese wie selbstverständlich und ultrabrutal osteuropäische Rechte vorgehen und unliebsame Menschen z.T. auch umbringen. Und dabei ohne in irgendeiner Weise gestört zu werden. Allerdings würde ich mich so einem Mob auch nicht in den Weg stellen.

Wie auch immer, ich solidarisier mich mit allen Opfern rechter Gewalt in Polen, Osteuropa oder sonstwo.
Und hoffe bald mal einen Bericht zu lesen in dem die Gewaltverhältnisse anders aussehen.

NAZIS AUFS MAUL!

kontakt

wem gehört die welt 19.11.2012 - 20:13
Wir würden gerne auf unserer Wagenburg eine Soliveranstaltung machen. Kann jemand einen Kontakt vermitteln, damit wir wissen, wohin wir den Erlös schicken können, bzw. wo wir mehr Infomaterial über die dortige Wagenburg und den besagten Abend bekommen?

spendengelder

undüberhaupt 22.11.2012 - 16:22
Wagenburg Breslau

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Beste Grüße von allen Beteiligten.

Straßenparade Wrocław für alle, ohne Hass!

Markus Maas 13.03.2013 - 13:54
Hiermit laden wir Euch alle herzlich zur Straßenparade ein!

Lasst uns zeigen, dass die Stadt Wrocław (Breslau)
ein offener, freier, fröhlicher und bunter Ort ist!

Wir treffen uns am 23. März
auf dem Platz pl. Wróblewskiego um 16:00 Uhr!
Geplant sind 4 mobile Musikbühnen (Trucks) mit:
Reggae, Hip Hop, Tekno, Samba, Elektro, Punk
Außerdem dabei: Straßentheater, Performences, Straßenzirkus, fire shows usw….–
also sehr viel Spaß!

Nach der Parade gibt es eine große Afterparty – bis zum nächsten Morgen!

Gerade für Personen, die gerne ein neues Land und nette Leute kennenlernen würden, könnte es durchaus interessant sein, nach Polen (Wrocław) zu kommen und eine wichtige Initiative zu unterstützen.


Seit einigen Jahren gibt es in Wrocław (Breslau)eine Zunahme radikalnationalistischer Aktivitäten. Rechte Organisationen nutzen die Jahrestage verschiedener historischer Ereignisse dazu, sich im öffentlichen Raum als ernstzunehmende Kraft zu etablieren. Grundlage ihrer
Einstellung sind Hass und Verachtung für Immigranten,
nicht-heteronormative Personen, Vertreter verschiedener Religionen und Kulturen
und für Politiker, die nicht ihrer Meinung sind.
Nicht selten versuchen sie ihr Weltbild auch mit Gewalt durchzusetzen:
So gab es in den letzten Jahren ein Vielzahl von Angriffen auf Andersdenkende oder auch nur Andersaussehende. Höhepunkte waren dabei die Auseinandersetzungen am Polnischen Nationalfeiertag am 11. September 2011 und 2012 und der anschließende pogromartige Angriff auf die Wagenburg in Wrocław (2012), bei dem eine Person nur knapp dem Tod entronnen ist (schwerer Schädelbruch).
Es gibt allein ein Wrocław kaum einen Tag ohne neue Schlagzeilen von nationalistischen (patriotischen!) Angriffen und fast schon monatlichen Demonstrationen mit einigen Hundert bis 1000 Teilnehmern. So wurde alein in den letzten zwei Wochen eine Ausstellung einer städtischen Kunstgalerie (BWA) zum Thema „Nationalistische Bewegungen in Europa“ abgesagt, weil am selben Tag eine Demo der Rechten stattfand. Außerdem wurde am letzten Wochenende Tag ein caritatives Punkkonzert überfallen.

Es ist an der Zeit dem etwas entgegenzusetzen!!!


Die Kosten für die große Parade sind sehr hoch. Sie ist eine von unabhängigen antifaschistischen Personen und Gruppen eigenständig organisierte Initiative. Um die Künstler, Musikbands, die Verpflegung der Teilnehmer, die Miete der Räumlichkeiten für die Afterparty, das Drucken und die Verteilung von Plakaten und Flugblättern, die medizinische Versorgung usw. ….zu gewährleisten, brauchen wir Eure aktive Unterstützung und finanzielle Hilfe:
Das Spendenkonto der Initiative ist:
Swift-WBKPPLPP . Iban- PL94109023980000000112983490
Norbert Dziubek
Mit dem Zusatz: „Parada Wroclaw Dla Wszystkich“ (Wroclaw für alle)
Weitere Informationen auf: facebook Wroclaw Dla Wszystkich (Wroclaw für alle)

Für weitere Informationen könnt ihr euch auch an direkt an mich (Markus Maas) wenden:  globkromera@poczta.onet.pl