Studierendenproteste Universität Siegen

Quesnok 07.11.2012 22:06 Themen: Bildung
Rektorat der Uni Siegen besetzt – Behinderung des studentischen Protests durch angedrohte Repression von Seiten der Hochschulleitung – Trotz Auflösung der Besetzung: Der Protest in Siegen geht weiter - Gegendarstellung zur Pressemitteilung der Universität Siegen vom 7.11.2012
Am Vormittag des 7.11.2012 fand im blauen Hörsaal an der Adolf-Reichwein-Straße eine Vollversammlung der Studierendenschaft statt. Der Rektor der Universität, Prof. Dr. Holger Burckhart wollte sich zu dieser Veranstaltung selbst einladen, obwohl er kein eingeschriebener Student der Universität Siegen ist und bezeichnet dies im Nachhinein als Signal seiner Diskussionsbereitschaft. Dieses wurde zunächst von der Studierendenschaft bewusst abgelehnt, damit der notwendige Raum für basisdemokratische Gespräche zwischen StudentInnen stattfinden konnte, ohne dass diese von vermutlich wiedermal leeren Verheißungen des Rektors unterbrochen oder gestört werden konnten.

Während sich circa 400 Studierende an einer regen Diskussion zu den Missständen des studentischen Lebens und deren Hintergründen beteiligten, ging um 11:10 Uhr eine Liveschaltung aus dem zu diesem Zeitpunkt von einem Teil der Protestgruppe bereits besetzten Rektorats im Herrengarten ein. Schnell wurden die bis dato nicht informierten Studierenden vom bereits auf dem Protestplenum vom 25.10. gegründeten „Arbeitskreis Koordination“ über die Hintergründe und Notwendigkeit des laufenden Protests aufgeklärt und dahingehend motiviert, den BesetzerInnen Unterstützung zu leisten.
Diese Mobilisierung war keine spontane Aktion, sondern eine im Voraus organisierte und kontrollierte Protestaktion, deren Erfolg (200 Studierende, die sich der Besetzung des Rektorats anschlossen) von besagter Notwendigkeit der gewählten Protestform zeugte.

Es ist nicht richtig, dass die nachziehenden Studierenden im Zuge ihres Versuchs, an einer Blockade seitens des Rektorats vorbeizukommen, um in das Gebäude zu gelangen, sich physischer Gewalt bedient hätten, wie auf der Universitätshomepage behauptet wird.
Ebenso müssen wir nach Gesprächen mit der anwesenden Polizei die Aussage, die Beamten der Polizeiwache Hindenburgstraße Siegen hätten aus Eigeninitiative das Gebäude hermetisch abgeriegelt, vehement dementieren; sie haben nach eigener Aussage auf Bitte der Hochschulleitung gehandelt, was bedeutet, dass das Hausrecht des Rektorats auf die Staatsgewalt übertragen wurde.
Diese repressive Haltung gegenüber kritisch aktiven Studierenden spiegelt nach unserem Empfinden das Nichtdulden des studentischen Protests durch die Hochschulleitung wieder (obwohl diese nach eigenen Angaben „kritische Studierende“ begrüße!).

Des Weiteren haben keine Studierenden das Gebäude verlassen, weil sie mit dem bisherigen Fortschritt unserer Diskussion unzufrieden seien, wie die Pressesprecherin der Universität behauptet; vielmehr sahen sich diese aufgrund persönlicher Verantwortlichkeiten wie dem Nachgehen von Lohnarbeit zum Gehen gezwungen. Im Gegenteil: Die Versammlung hat im Laufe des Nachmittags weiteren Zulauf erfahren. Wir sehen die über die Universitätshomepage veröffentlichten Falschmeldungen als bewussten Spaltungsversuch des anlaufenden Protests; wenn behauptet wird, dass es uns an Gesprächsbreitschaft mangele und es an konkreten Forderungen fehle, sollte erklärt werden, weshalb die vier Basisforderungen der besetzenden Studierenden vor Akzeptieren jeglicher Gespräche mit Rektor Burckhart und Konsorten während der Besetzung abgelehnt wurden. Diese Forderungen sollten uns die gezielte und diskursive Erarbeitung konkreter Kritik erst ermöglichen:
1) Abzug der das Gebäude umstellenden Polizei,
2) die Öffnung des hermetisch abgeriegelten Gebäudes, um Eingang für weitere sich anschließende Studierende zu gewährleisten,
3) der Einlass der Presse ins Gebäude, damit diese unseren Protest wahrheitsgemäß widerspiegeln könne
4) die Anlieferung des vom Leiter des Studentenwerks, Detlef Rujanski, bereitgestellten Essens, welche letztendlich vom Rektor persönlich verboten wurde.
Erst durch vehementen Druck von Seiten der Studierenden und den VerteterInnen der Presse konnten drei dieser Forderungen in die Tat umgesetzt werden.
Dennoch: Die Hochschulleitung drohte der versammelten Protestgruppe mit weiteren repressiven bis hin zu kriminalisierenden Maßnahmen; den versammelten Studierenden wurde mit „jungen, dynamischen und erfahrenen PolizistInnen“ (gemeint waren die Einsatzhundertschaften der Bereitschaftspolizei aus Köln, Dortmund und Bochum) gedroht, die sie zur Not gewaltsam, nach Aufnahme der Personalien aller Anwesenden und mit Folge einer Fülle von Strafanzeigen aus dem Gebäude entfernen würden. Am Ende wurde sich diesen Androhungen zwar gebeugt, doch werden wir uns in Zukunft dadurch nicht von weiteren Aktionen zur Verkündung unseres Unmuts und der Suche nach der Möglichkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit dem System „Universität“ abhalten lassen.
Wir werden uns weiter mobilisieren und sehen in der Auflösung unserer nach Antworten suchenden Versammlung nur die Aufforderung zur weiteren Schärfung unseres kritischen Geistes.
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Ergänzungen

auf englisch

mo 08.11.2012 - 20:50
die PM wurde auch auf englisch auf der homepage der ISM plattform veröffentlicht:  http://ism-global.net/occupation_siegen_nov7 - damit auch menschen informiert werden, die nicht deutsch verstehen.

außerdem steht der global education strike (14.-22.11.) an!
inhaltliche grundlage sind für diesen der weltweite aufruf:  http://ism-global.net/aufruf_GES
sowie diese gemeinsame internationale erklärung:  http://ism-global.net/gemeinsame_internationale_erklaerung

vielleicht möchten ja auch andere ihre aktivitäten in dem zeitraum mit dem GES verbinden. dann aber bitte nicht vergessen, das auch entsprechend zu kommunizieren, damit menschen weltweit davon auch mitbekommen.

einzelheiten dazu auch auf der hauptseite:  http://ism-global.net/global_education_strike

bereits am 18.10. fand ein Aktionstag statt, an dem über den GES weltweit informiert wurde:  http://ism-global.net/O18_reports

#1world1struggle