(B) Cuvry-Brache bleibt Freifläche

R. Leb 31.08.2012 11:06 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe
Die Kreuzberger Cuvry-Brache wird seit gut 15 Jahren von AnwohnerInnen, Touristen und Aktivisten als Freifläche für Kultur und Erholung genutzt. Im Juli diesen Jahres wurde von Seiten einer Verwaltung in München mit Räumung gedroht, was aber durch Initiative vom Reäuberläb, LangzeitbewohnerInnen und zahlreich erschienenen UnterstützerInnen erfolgreich verhindert werden konnte. Das Reäuberläb stelt nun ein Nutzungskonzept für die Freifläche vor.
Reäuberläb Nutzungskonzeptfür die Freifläche an der Cuvrystraße in Kreuzberg1. EINFÜHRUNG IN DIE BEGLEITUMSTÄNDEDie Freifläche an der Schlesischen Straße Ecke Cuvrystraße ist seit gut 15 Jahren frei zugänglich.Wechselnde Investoren und Eigentümer störten immer wieder den auf dem rund 8400m2 großen Areal gut gedeihenden Kultur- und Chilldrang der Ansässigen und Neuankömmlinge in Kreuzberg.So vertrieben zum Beispiel eben diese Investoren das Yaam von dem Gelände, ohne in der Folge irgendetwas außer heiße Luft, Papierkrieg und Polizeieinsätze zu produzieren.Die Kreuzberger Freifläche ist ein Ort an dem inzwischen viele Menschen leben und Kultur machen. Es ist ein schützenswertes Biotop entstanden und das kleine Zeltdorf hat einen Garten angelegt. Hier gibt es einen freien Zugang zum Spreeufer für alle.Am 18.07 wurde wiedereinmal Papier produziert und die dort lebenden und schaffenden Menschen wurden aufgefordert zum 23.07 das Grundstück zu verlassen, mit der Drohung:„Ab Dienstag, den 24.07., werden wir das Grundstück frei räumen lassen und die Entfernung der Zelte veranlassen.Wir weisen vorsorglich darauf hin, dass Sie unbefugt das Grundstück nutzen und bei Verbleiben der Tatbestand des Hausfriedensbruchs besteht.Mit freundlichen GrüßenNieto GmbH & Co. Verwaltungs KG“_Daraufhin beschloss das Kollektiv, das das Reäuberläb aufbaut (einen dort seit dem 11.07. entstehenden Kulturraum), gemeinsam mit vielen der Langzeitbewohner der Brache die Räumung zu verhindern.Es gab ein Musikfestival vom 23.-24.07. Eine Räumung fand nicht statt. Stattdessen wurden früh Morgens zwei LKW-Fahrer, die Zaunteile anlieferten, mit denen das geräumte Gelände umzäunt werden sollte, wieder nach Hause geschickt.Auch wurden die zwei Polizeihubschrauber, die die Brache mehrfach beäugten, enthusiastisch begrüßt, ebenso wie die vereinzelten Wannen, die zügig in die Cuvrystraße bogen, um langsam zurücksetzend wieder zu verschwinden.Nun geht das Leben auf der Cuvry seinen gewohnten Lauf. Menschen kommen hinzu, ziehen weiter, es gibt Veranstaltungen und kleine Grillkreise. Zahlreiche Touristengruppen machen Fotos von den Graffitis und inzwischen auch den Tippis und dem Läb.Laut Berichten in den Medien hält die Polizei sich an die „Berliner Linie“, weil sie nicht räumt, solange kein Nutzungskonzept des Eigentümers vorliegt. Wir freuen und natürlich über diese relativ fortschrittliche Einstellung der Berliner Polizei gegenüber Eigentum. Trotzdem würde aber auch ein Nutzungskonzept von einem Investor nichts daran ändern, dass hier bereits Menschen leben, dass diese Freifläche 15 Jahre von allen genutzt werden konnte, dass all jene die die Cuvry genutzt haben und weiterhin nutzen wollen sich auch dem nächsten Räumungsversuch in den Weg stellen werden.Wir haben uns hier unser Recht auf Stadt selbst genommen und wir werden es uns nicht nehmen lassen, um Platz für noch mehr Luxuslofts, Townhouses oder ein Einkaufszentrum zu machen.2. WER HAT RECHT WORAUF?Am Beispiel Land.Land wurde von niemandem hergestellt. Land wird nicht produziert. Deswegen kann auch ein Besitztitel über Land von niemandem rechtmäßig erworben worden sein. Land ist keine Ware, da es nicht durch Arbeit erzeugt wird. Land ist da und es steht denen zu, die es (gegebenenfalls gemeinschaftlich) nutzen. Das Land unter den herrschenden kapitalistischen Verhältnissen trotzdem als Ware behandelt wird, ist ein Beispiel dafür, wie weit wir Menschen uns in unseren Beziehungen zueinander, in unserer Beziehung zur Natur und von der kritischen Vernunft entfernt haben.3. WER HAT RECHT WORAUF?Ein bestimmtes Stückchen Erde.Nichtdestotrotz geht es uns, auch wenn dies ein bisschen theoretische Grundlage liefert, hier nicht um Land im Allgemeinen, sondern um ein ganz spezielles Stückchen Land in Kreuzberg: Die Cuvry-Brache. Wir setzen uns dafür ein, dass für diese Freifläche gelte, was für alles Land gelten sollte.Wir richten Forderungen an die sogenannten Eigentümer und die Eliten im politischen Betrieb. Diese sind in Teilen sehr konkret. Sie zielen darauf ab, mithilfe der Instrumente der staatlichen Bürokratie, die eigentlich alles andere als ideal sind für ein solches Anliegen, die verwalterische Autonomie der Cuvry zu wahren und weiteren Angriffen vorzubeugen.Cuvry bleibt! Und zwar so wie sie ist!4. FORDERUNGEN1.) AN DIE EIGENTÜMER in Vertretung durch die Nieto GmbH & Co. Verwaltungs KG1.2) Überlassung des Grundstücks für eine symbolische Pacht von 1 Euro.1.3) Ein nicht allzu dreistes Angebot an die Stadt zur Rekommunalisierung des Grundstücks.1.4) Maßnahmen zur Erleichterung der Instandhaltung des Geländes:Ein Zugang zu einem Strom- und Wasseranschluß. Mindestens zwei Toilettenhäuschen, die regelmäßig (mind. alle zwei Wochen)geleert werden. 2.) AN DIE GESETZGEBER2.2) Wir fordern eine Rekommunalisierung der Freifläche durch die Stadt Berlin.2.3) Wir fordern dass die Freifläche wie bisher Freifläche bleibt, ohne jegliche Form einer durch Investoren oder kommerzieller Sponsoren geförderter Bebauung oder Veranstaltungen.2.4) Wir fordern das die Cuvry, so wie wir es momentan aufrecht erhalten, ein Ort bleibt, an dem alle Menschen mit Rücksicht auf die anderen hier lebenden und schaffenden Gruppen, Gemeinschaften und Individuen in solidarischer und freier Assoziation leben und unkommerzielle Projekte verwirklichen können.2.5) Wir wollen hier keinen Park mit Öffnungszeiten, keinen Regularien unterworfenen Campingplatz, keinen neuen Musik-Club, kein verwaltendes Organ, Institution oder Verein. Wir wollen das tun worauf wir Lust haben - und der Rest der Welt ist herzlich dazu eingeladen mitzumachen.2.5) Bitte halten Sie die BSR dazu an, uns zur Müll-Entsorgung Tonnen bereit zu stellen und diese auch entsprechend zu entleeren.2.6) Übernahme der Kosten der bis zur Rekommunalisierung vom sogenannten Eigentümer finanzierten Maßnahmen zur Erleichterung der Instandhaltung des Geländes (1.4).2.7) Auf dem Gelände soll das Ordnungsamt keinen Zutritt haben.2.8) Die Polizei darf das Gelände nur betreten, nachdem sie ausdrücklich von dort lebenden Menschen dazu aufgefordert wurde.3.) An die AnderenWir fordern den Rest der Galaxis auf, mit uns über unsere Forderungen, unser daraus resultierendes Nutzungskonzept und eigene Ideen zu diskutieren – wann immer ihr möchtet.ODER AUCH AM Sonntag 02.09. 2012 um 18:30 Uhr IM REÄUBERLÄB5. NOCH WASWir sehen uns mit diesen Forderungen in einer Reihe mit vielen anderen Initiativen und Bewegungen, die momentan um ein Recht auf eine/ein menschliche/s und soziale/s Stadt/Leben in der Stadt Berlin und weltweit kämpfen.Wir sind ein Teil des Kampfes gegen die Bebauung des Spreeufers, wir wollen Media-Spree versenken!We want to Reclaim Your/Our City!Die Cuvry IST ein Guerilla Garden!Die Cuvry „occupied“ mit Zelten Berlin!Die Cuvry ist besetzt!...und die meisten von uns wollen Anonymous bleiben.Nicht zuletzt ist die Cuvry mit ihren Lebensformen, die mit bürgerlichen Vorstellungen brechen, und der dort stattfindenden lebenden Kunst, als Annäherung aneinander und an das andere, Teil eines ewig währenden Versuchs die Unterwerfung des Objekt durch das Subjekt zu durchbrechen und bewußt handelndes gesellschaftliches Objekt zu sein.Mit freundlichen Grüßen,Ihr Reäuberläb.Fortsetzung folgt…-OFFENES TREFFEN für ein Weiterbestehen der Cuvrybrache:Sonntag 02.09. 2012 um 18:30 Uhrim Reäuberläb: Cuvrystr./Schlesische Str. (Cuvrybrache)U-Bhf. Schlesisches Tor, Kreuzberg
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Ergänzungen

Zu Cuvry und dem Danke an die Bullen

egal 31.08.2012 - 12:49
Die Berliner Linie (seitens des damaligen Berliner Senats auch als „Berliner Linie der Vernunft“ bezeichnet) ist eine Verordnung, nach der besetzte Häuser in Berlin innerhalb von 24 Stunden nach Bekanntwerden der Besetzung zu räumen sind. Sie entstand 1981 und wird mittlerweile auch in anderen Städten ähnlich angewandt alles weitere Bei Wikipedia

ERGÄNZUNG bzw zusätzliche Infos

36erin 07.09.2012 - 12:28
Nur mal für die "Ortsfremden", die die tolle Brache und das superalternative politische Projekt nicht kennen, ein Auszug aus einem Bericht des "Tagesspiegel":

"An der Stelle, wo das umstrittene Denklabor BMW Guggenheim Lab ursprünglich seinen Platz finden sollte, steht jetzt ein Tipi. Davor sitzt ein hünenhafter Mann, der gerne „Flieger“ genannt werden will, auf einem Klappstuhl... Von Protest will Flieger nichts wissen. „Ich bin hier hergekommen, weil ich allein sein wollte, weil mich meine Wohnung erdrückt hat“, sagt er. Daraus wurde nichts. Etwa 40 Menschen haben sich ihm mittlerweile angeschlossen und zelten auf der Brache direkt an der Spree. Einige nennen ihn den Häuptling. Er sorgt für Ordnung und schickt Krawallmacher vom Platz. „Ich habe Verständnis für linke Aktivisten und Gentrifizierungsgegner, aber ich will sie hier nicht haben.“
(Der Tagesspiegel 14.06.2012

Gerne kann sich jede_r überlegen, ob derartiges wirklich unterstützenswert ist -
meiner Meinung nach jedenfalls nicht.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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??? — Elke

36erin... — yono