„NW-Do“ verboten – „NW-B“: "Wir bitte auch!"

Antifa Berlin 28.08.2012 10:46 Themen: Antifa Freiräume
Was ist der Unterschied zwischen dem „Nationalen Widerstand Dortmund“ und dem „Nationalen Widerstand Berlin“? Richtig, lediglich die Stadt am Ende des Namens. Sowohl inhaltlich als auch organisatorisch passt sonst kein Blatt zwischen die beiden Organisationen.
Die Verbindungen
Seit fast zehn Jahren bestehen inzwischen enge Verknüpfungen zwischen der Dortmunder und der Berliner Struktur. Die Dortmunder Neonazis um Dennis Giemsch und die Berliner „Kameradschaft Tor“ um Björn Wild und Daniel Meinel diskutierten schon zu Anfang des neuen Jahrtausends im Internetforum „Freier Widerstand“ neue Formen der neonazistischen Organisierung. Es entstand das Konzept der „Autonomen Nationalisten“, verbunden mit einer Übernahme subkultureller Codes aus der Hardcore- und Hiphop-Szene und Aktions- und Ausdrucksformen der autonomen Antifa.
Während die Dortmunder Neonazis vor allem durch die Verwendung von Graffiti und Sprühschablonen auffielen, machten sich Berliner Neonazis Bekleidungscodes wie „Che Guevara“-Shirts, Palästinenser-Tücher und das Antifa-Symbol zu eigen. Die subkulturelle Öffnung der Neonazi-Szene, weg vom Bild des stumpfen Skinheads, wirkte attraktiv auf meist jüngere Neonazis und sorgte für eine Übernahme des Dortmunder/Berliner Konzepts in etlichen weiteren Städten und Regionen.
Es blieb nicht bei Internetdiskussionen. Auch nach dem Verbot der „Kameradschaft Tor“ (2005) und der Gründung der Nachfolgeorganisation „NW Berlin“ fuhren und fahren regelmäßig Dortmunder und Berliner Neonazis zu Aufmärschen in der jeweils anderen Stadt. Im September 2005 veranstalteten die Berliner Neonazis parallel zum jährlich stattfindenden „Antikriegstag“ in Dortmund einen eigenen Aufmarsch in Lichtenberg und Hellersdorf. Auch für den diesjährigen – inzwischen verbotenen - Aufmarsch in Dortmund ist mit Sebastian Schmidtke ein Aktivist des Netzwerks „NW-Berlin“ als Redner vorgesehen. Mit Schmidtke besetzt das Netzwerk inzwischen sogar den Posten des Berliner NPD-Vorsitzenden. Beide Strukturen zeichnet zudem aus, dass ein Kern älterer und erfahrener Neonazis mit jüngeren Neonazis zusammenarbeitet und diese über aktionistische Angebote für die Neonaziszene gewinnt.

Die Gemeinsamkeiten
Die Ähnlichkeit zwischen der Struktur in Dortmund und der in Berlin ist nicht zu übersehen. Zum einen ist der gesamten Außenwirkung der beiden Strukturen das bereits umrissene Konzept der „Autonomen Nationalisten“ zugrunde gelegt. Zum anderen versuchen beide Strukturen mit verschiedenen Mitteln eine Hegemonie in Stadtteilen zu erreichen. Während das in Dortmund vor allem Dorstfeld betrifft, sind in Berlin der Weitlingkiez und Oberschöneweide betroffen. Die Mittel der Durchsetzung sind dabei die gleichen. Es wird sowohl ungezielte Straßengewalt gegen Migrant_innen und Alternative eingesetzt, als auch gezielte Angriffe auf Wohnungen und Projekte von politischen Gegner_innen organisiert. Diese Angriffe werden ergänzt durch Brand- und Sprengstoffanschläge auf alternative Wohn- und Kulturprojekte und Wohnhäuser von Migrant_innen und linken Politiker_innen, die sich in regelmäßigen Wellen vollziehen.
Das Klima der Angst, was dadurch erzeugt werden soll, wird ergänzt durch eine Raumnahme, die mit der Anmietung von Räumlichkeiten einhergeht. So erfüllte das Haus in der Rheinischen Straße 135 in Dortmund-Dorstfeld die selbe Funktion wie das verbarrikadierte Ladengeschäft in der Lückstraße 58 in Berlin-Lichtenberg, aber auch die Lokalitäten „Zum Henker“ und „Hexogen“ in der Brückenstraße in Berlin-Schöneweide. Vor kurzem erst plakatierten Lichtenberger Neonazis ein Solidaritäts-Plakat für die räumungsbedrohte Lückstraße 58, nicht ohne eine Grußbotschaft für den Dorstfelder Nazistützpunkt mit auf das Plakat zu packen.
Desweiteren sind die Gebiete, die sowohl der „NW Dortmund“ als auch „NW-Berlin“ für sich beanspruchen wollen mit einer Vielzahl von Propagandaaktionen – Plakate, Aufkleber, Sprühereien – konfrontiert.

Inhaltliche Überschneidungen
Auch inhaltlich ist es schwer, eine Unterscheidung der beiden Zusammenhänge zu ziehen. Beide sind geprägt von einem offenen und positiven Bezug auf den Nationalsozialismus. Etliche Beiträge auf der Internetseite von „NW-Berlin“ wurden mit Zitaten Adolf Hitlers geschlossen, während eine beliebte Parole der Dortmunder Neonazis auf ihrem schwarz-weiss-rot-beflaggten „Antikriegstag“-Aufmarsch der Spruch „Nie wieder Krieg – Nach unserem Sieg.“ ist. Die der NS-Bezug wird nur mäßig verschleiert durch die Selbstbezeichnung als „Nationale Sozialisten“.
Alle damit einhergehenden Ideologiefragmente – Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Homophobie, Befürwortung einer Diktatur bis hin zu eugenischen Vorstellung der Bevölkerungsplanung – sind bei den Berliner und Dortmunder Neonazis zu finden (siehe dazu für Berlin: Broschüre „Motiv Rechts 3“). Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung wird von beiden Strukturen offen propagiert.

„NW Dortmund“ verboten – „NW-Berlin“ schreit „Wir bitte auch!“
Schon nach dem Auffliegen der Neonazi-Terrorzelle NSU wurden in Lichtenberg Aufkleber geklebt, die „Grüße aus dem Untergrund“ übermittelten. In Schöneweide liefen Neonazis mit selbstgebastelten „NSU“-Buttons herum.
Es ist nicht verwunderlich, dass „NW-Berlin“ auf das Verbot einer ihr nahe stehenden Kameradschaft in Dortmund reagiert. Relativ vorhersehbar war auch die Form der Reaktion. Mit mehreren abgestimmten Attacken auf SPD-Büros in Berlin waren sich die Neonazis der medialen Aufmerksamkeit sicher.
Sie produzierten damit jedoch nicht nur mehrere Presseberichte über Nazi-Anschläge in Berlin. „NW-Berlin“ zog so eine direkte Verbindung zwischen einer jüngst verbotenen Nazi-Kameradschaft in Dortmund und dem Nazi-Terror, den die Berliner Strukturen produzieren. Und vielleicht wächst auch bei der Einen oder dem Anderen die Einsicht, dass auch endlich unter das Kapitel „NW-Berlin“, Lückstraße 58, „Zum Henker“ und „Hexogen“ ein Schlussstrich gezogen werden müsste.

Antifa Berlin, August 2012
 http://www.antifa-berlin.info

Empfohlene Lektüre zum Weiterlesen:
Broschüre "Motiv Rechts 3"
zu bestellen unter antifah[at]web.de

Broschüre "Fight Back"
 http://www.antifa-berlin.info/fight-back

8. September - Aktionstag gegen Neonazistrukturen in Berlin:
13:00 - Kundgebung in Lichtenberg ( http://ah.antifa.de)
15:00 - Fahrradkorso in Schöneweide ( http://uffmucken-schoeneweide.de)
16:00 - Hiphop-Konzert in Rudow ( http://zeitzuhandeln.antifa.cc)

9. September - Tag der Mahnung und Erinnerung
 http://www.tag-der-mahnung.de
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Ergänzungen

Justizwunder Schmidtke

spatz vom dach 28.08.2012 - 13:11
der Staat hält ja schon länger seine schützende Hand über Schmiddie, im Gegenzug hat er dafür die Berliner NPD quasi zum Stillstand gebracht. Trotzdem ist es wohl nur noch eine Frage der Prioritäten, ob zuerst die Kinners vom WWTC ("Weiße Wölfe Terror Crew") in Hamburg oder eben die Clique um "NW-Berlin" ausgehoben wird. Wobei in letztem Fall wohl eher das Vorgehen gegen das "Aktionsbüro Mittelrhein" als kriminelle Vereinigung statt eines Verbotes wie in Dortmund als Blaupause dienen dürfte.

@ deine mutter

dein vater 28.08.2012 - 13:21
Vom Staat die Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten zu einzufordern und darauf hinzuweisen, wo das nicht geschieht, ist doch OK. Das hat doch mit "Zusammenarbeit" nichts zu tun. Der Artikel ist sachlich und gut recherchiert. Wenn Du eine Ergänzung oder Anregung hast, könntest Du es auch genau so sachlich formulieren. Aber naja, bist halt ein Schreihals. Ich wette, Du hast ausser Geschrei auch noch nicht so viel dazu getan, dem NW Berlin sein schmutziges Handwerk zu legen.

aus dem Bullenticker

egal 02.09.2012 - 18:57

Zu einer nicht angemeldeten Versammlung kam es in der vergangenen Nacht in Oberschöneweide. Kurz nach 1 Uhr traten etwa 20 Gäste aus einem Lokal in der Brückenstraße auf die Straße, wobei einige von ihnen ein Transparent entrollten. Bei der Aktion wurden zum Teil Kapuzen über den Kopf oder Schals über Mund und Nase gezogen. Andere Gäste des Lokals fotografierten das Geschehen. Nur wenige Minuten später begaben sich alle Personen wieder in das Lokal. Es wurde ein Strafermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet.Eingabe: 02.09.2012 - 16:30 Uhr
Mit Dönerspieß beschützt
Treptow-Köpenick

# 2832

Nachdem ein junger Mann heute früh Zuflucht in einem Bistro in Niederschöneweide gesucht hatte, stellten sich die Angestellten schützend vor ihn. Der 23-Jährige war gegen 3 Uhr 20 zu Fuß in der Michael-Brückner-Straße Ecke Brückenstraße unterwegs, als er von drei Männern aus einer Gruppe heraus bedrängt wurde. Das Trio nahm ihrem Opfer das Basecap weg, schubste, und schlug ihm ins Gesicht. Der 23-Jährige flüchtete in ein nahegelegenes Bistro in der Brückenstraße, während die Verfolger ihm nach liefen. Weitere Übergriffe konnten drei Mitarbeiter des Imbisses verhindern, zudem einer von ihnen einen Dönerspieß zur Verteidigung in die Hand genommen hatte. Zeitgleich hatte eine Zivilstreife das Geschehen bemerkt. Die Beamten gaben sich zu erkennen und hörten noch, wie einer der Delinquenten fremdenfeindliche Äußerungen gegenüber den Bistrobetreibern von sich gab. Die drei Tatverdächtigen wurden festgenommen. Zwei von ihnen im Alter von 18 und 23 Jahren machten freiwillig eine Atemalkoholkontrolle, die positiv ausfiel. Der dritte Tatverdächtige, ein 31-Jähriger, verweigerte diese. Nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung in einer Gefangenensammelstelle wurde das Trio auf freien Fuß gesetzt. Der Polizeiliche Staatsschutz des Landeskriminalamtes übernimmt die weiteren Ermittlungen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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@ficker — Ehemals Zeiti

@dein Vadder — Nie Wieder!

@ Nie Wieder — dein vater

Dortmund — egal

@Eichendiskussion — klauspeter

Ohaaaaa — baumschützer