RSB will von Nicht-MarxistInnen lernen!

Blick-über-den-Zaun 16.08.2012 19:18 Themen: Antirassismus Gender Soziale Kämpfe
Der Revolutionär Sozialistische Bund ( http://www.rsb4.de/content/view/32/91/) hat vor einigen Tagen einen Beschluss seiner jüngsten Bundesdelegiertenkonferenz zum sog. NAO-Prozess veröffentlicht. Der NAO-Prozess ist ein Diskussionsprozess von – bisher vor allem marxistischen sowie einigen feministischen und post-autonomen – politischen AktivistInnen über die eventuelle Schaffung einer gemeinsamen, pluralen, politischen Organisation von möglichst vielen Linken, die sich in einem revolutionären Anspruch und einigen weiteren grundlegenden Fragen einig sind. Die Kernsätze des RSB-Beschlusses lauten:
1. Offenheit vor Schnelligkeit!

„Der Prozess eines Aufbaus einer ‚Neuen Antikapitalistischen Organisation’ in Deutschland soll so lang wie nötig möglichst offen gehalten werden, um es eventuell dazu stoßenden Gruppen einfach zu machen, sich zu beteiligen.“

Es „klar, dass ein Anwachsen der Kräfte, die sich in die Diskussion um die Gründung einer Neuen Antikapitalistischen Organisation (NAO) in Deutschland einschalten, eine lange Zeit benötigen und viel Kraft kosten wird. [...] Es darf mittlerweile als sehr wahrscheinlich gelten, dass wir 2013 bereits eine NAO in der einen oder anderen Form in Deutschland (mit)gründen werden“.

2. Für einen sowohl politisch-praktischen als theoretisch-programmatischen Annäherungsprozess auf klar revolutionärer Grundlage

„unsere Aufgabe darin, im NAO-Prozess gemeinsame Aktionen vorzuschlagen, die die Beteiligten auf praktischer Ebene zusammenzubringen, sodass alle Beteiligten gemeinsame Erfahrungen machen und diese auswerten können.“

„Wir vertreten einen offenen, revolutionären Marxismus, wir sind unsektiererisch, treten für die Vereinigung der antikapitalistischen Linken auf einem klar revolutionären Programm ein und sind offen gegenüber aktuellen Fragen der Ökologie und der Frauenbefreiung.“

3. Von Nicht-MarxistInnen lernen!

„Wir haben in diesem Prozess an erster Stelle aber auch etwas zu lernen! Wir werden mit neuen Fragen und Ideen konfrontiert, die wir bisher nicht beachten brauchten oder gar nicht wahrgenommen haben. Zum Thema Rassismus oder Frauenunterdrückung haben sich außerhalb des Marxismus viel beachtete (weil die Realität treffend beschreibende) Theorien entwickelt, die sich lohnen, von einer revolutionären Organisation verarbeitet und aufgenommen zu werden. Nicht alle Unterdrückungsphänomene können mit marxistischer Theorie umfassend erklärt werden. Hier haben wir großen theoretischen Nachholbedarf“.
( http://www.rsb4.de/content/view/4671/88/)

Eine aktuelle Kontroverse im NAO-Prozess

Obwohl vermutlich schon vorher gefasst, kann dieser RSB-Beschluss damit wahrscheinlich auch als Stellungnahme zu einer Debatte gelesen werden, die zurzeit im Diskussions-blog zum NAO-Prozess ( http://www.nao-prozess.de/blog/) geführt wird: Mit der „marxistisch-leninistischen Weltanschauung“ alter Schule ist jedenfalls heute keine revolutionäre Praxis mehr zu entfalten; vielmehr ist ein wechselseitiger Lernprozess unterschiedlicher politischer und theoretischer revolutionärer Traditionslinien notwendig.

Ein Anlass für die Debatte war eine Antwort der Sozialistische Initiative Berlin (SIB) auf den (auch bei indymedia veröffentlichten) Text „Der Klassenkampf und die KommunistInnen. Ein Strategievorschlag“ der Bremer Basisgruppe Antifa.

Die SIB schloss sich in ihrem Papier der Auffassung der Basisgruppe Antifa, dass Klassenkämpfe keineswegs automatisch revolutionär bzw. antikapitalistisch, sondern häufig systemimmanent sind, an. (1) Der Autor der Berliner Onlinezeitung TREND, Karl-Heinz Schubert, sah darin einen Verrat an dem Essential der „Klassenorientierung“ und einen Abschied von der These, dass „das Proletariat das revolutionäre Subjekt ist“. (2)

Zweiter Debattenanlass ist demgemäß die Frage, wie das „Essential“ (damit sind die einzelnen Punkte eines möglichen NAO-Minimalkonsens gemeint) formuliert werden soll, das sich mit der Frage befasst, auf welche gesellschaftliche(n) gesellschaftliche(n) Gruppe(n) sich eine mögliche NAO (neue antikapitalistische Organisation der subjektiven RevolutionärInnen (3)) orientieren bzw. konzentrieren soll (4).

Dazu sind in den letzten Tagen sowohl bei der Onlinezeitung SCHARF-LINKS („emanzipatorisch – gegeninformativ – undogmatisch“) als auch im NAO-Blog (5) eine ganze Reihe von Diskussionspapieren erschienen.

Fortsetzung wird diese Diskussion demnächst bei einer so genannten NAO-Sommer-Debatte finden. Dies ist ein Workshop-Wochenende, das Ende August / Anfang September in Berlin stattfindet und auch für RevolutionärInnen offen ist, die bisher nicht am NAO-Prozess beteiligt sind; eine vorherige Anmeldung ist aber erforderlich:

 http://www.nao-prozess.de/blog/nao-sommerdebatte-in-berlin-vom-31-8-2-9-12/

Es gehört keine allzu große Prognosefähigkeit dazu, zu sagen: Wie diese Diskussion ausgehen wird, wird auch davon abhängen, welche politischen Kräfte sich in Zukunft an der Diskussion beteiligen und welche sich (weiterhin) zu fein sind, an einer spektren-übergreifenden Debatte zwischen RevolutionärInnen in der BRD teilzunehmen…

(1)  http://basisgruppe-antifa.org/2012/07/10/der-klassenkampf-und-die-kommunistinnen-ein-strategievorschlag/ und  http://www.nao-prozess.de/blog/sib-antwortet-basisgruppe-antifa-mit-lenin-ums-ganze-kaempfen/

(2)  http://www.trend.infopartisan.net/trd0812/160812.html

(3) Zu dem Ausdruck „subjektive RevolutionäreInnen“ siehe:  http://www.nao-prozess.de/blog/kurzstatement-zum-begriff-subjektive-revolutionaere/

(4)  http://www.nao-prozess.de/blog/e-4-parteilichkeit-antagonistische-orientierung-vormals-klassenorientierung/

(5)  http://scharf-links.de/265.0.html und  http://www.nao-prozess.de/blog/
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Ergänzungen

K O R R E K T U R

Blick-über-den-Zaun 16.08.2012 - 23:52

"Es darf mittlerweile als sehr wahrscheinlich gelten, dass wir 2013 bereits eine NAO in der einen oder anderen Form in Deutschland (mit)gründen werden"

muss vielmehr:

"Es darf mittlerweile als sehr UNwahrscheinlich gelten, dass wir 2013 bereits eine NAO in der einen oder anderen Form in Deutschland (mit)gründen werden"

heißen. - Eigentlich sollte das "un-" kursiv hervorgehoben werden - stattdessen wurde es ganz verschluckt.


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