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Bundesweiter antirassistischer Widerstand

ATESH 24.07.2012 00:35 Themen: Antirassismus Soziale Kämpfe
Artikel vom 20.07.12: Der Widerstand gegen Abschiebungen, Lager und rassistische Gesetze weitet sich aus. In mittlerweile sechs deutschen Städten leisten Flüchtlinge mit einem Hungerstreik Widerstand gegen die rassistische deutsche Asylpolitik. In Würzburg, Osnabrück, Bamberg, Aub, Regensburg und Düsseldorf protestieren und streiken Geflüchtete und Unterstützer_innen in dauerhaften Camps.
Begonnen hat der Protest am 18.März im Würzburg. Bereits einen Tag später, am 19.März, traten die acht protestierenden Flüchtlinge aus dem Iran geschlossen in den Hungerstreik, um für ihr Recht auf Asyl und gegen die menschenunwürdigen Verhältnisse, welchen Asylbewerber_innen in Deutschland ausgesetzt sind, zu demonstrieren: „Der Selbstmord Mohammad Rashepars, welcher sich am 29.01.12 in Würzburg ereignete, ist nur ein Beispiel dafür, wozu einen solche Umstände treiben. Wenn ein deutscher Staat derlei menschenverachtende Lebenssituationen billigend in Kauf nimmt, werden wir es fortan bevorzugen, unseren Weg in den Tod in aller Öffentlichkeit zu gehen.“

Die Streikenden fordern u.a die Schließung aller Lager (Sammelunterkünfte), den sofortigen Stopp aller Abschiebungen und die Abschaffung der Residenzpflicht! Als am 04.06. zwei der iranischen Flüchtlinge sich den Mund zunähten, sorgten sie durch die Verschärfung ihrer Protestform für ein bundesweites mediales Echo und erhöhten den politischen Druck auf die deutschen Behörden. Ihr Protest ist so radikal wie die Wirklichkeit!

Durch den erhöhten Druck wurden abgelehnte Asylverfahren teilweise noch einmal aufgenommen und für einige Wohnungen angeboten. Doch die Streikenden wollen sich nicht kaufen oder spalten lassen: “Wir werden weiter machen, wir wollen nie wieder zurück in die Lager, nicht nur einige von uns, alle.”

Mittlerweile hat sich der Widerstand auf fünf weitere Städte ausgeweitet. Auch in Osnabrück, Bamberg, Aub, Regensburg und Düsseldorf haben Geflüchtete ihre Lager verlassen, die menschenverachtende Residenzpflicht ignoriert und tragen gemeinsam seitdem ihren antirassistischen Widerstand auf die Straße.

In Düsseldorf versuchen die deutschen Behörden den Protest für die Streikenden so unbequem wie möglich zu machen. Lediglich ein „symbolischer Protest“ wird seitens Polizei und Verwaltungsgericht gestattet. Die Streikenden und die zahlreichen Unterstützer_innen aus ganz NRW lassen sich davon aber nicht beeindrucken.

Bei unserem Besuch in Düsseldorf am 17.07. sind wir beeindruckt von dem solidarischen Verhalten mit-/untereinander. Wir fühlen uns sofort im Kreis der Demonstrant_innen aufgenommen und nehmen an einem Plenum teil. Die Streikenden, Unterstützer_innen und Freunde diskutieren und beraten sich in einem basisdemokratischen Plenum.

Am Mittwoch, den 18.07. machten wir ein Interview mit dem Genossen Arash Dosthossein, einem der hungerstreikenden Flüchtlinge in Düsseldorf:

ATESH:
Hallo Arash,
wir sind sehr beeindruckt von der Energie die ihr ausstrahlt und eurem Mut diesen Widerstand zu leisten. Seit Montag den 16.Juli befindet ihr euch gemeinsam mit anderen Geflüchteten in Deutschland im Hungerstreik. Was ist eure Einschätzung, wie läuft es und vielleicht könntest du auf eure Beweggründe eingehen?

Arash:
Hallo, hier in Düsseldorf haben wir mit dem Protest begonnen zur Unterstützung der anderen sich im Hungerstreik befindenden Flüchtlinge. Unsere Freunde in Aub haben gesagt, der Hungerstreik solle unterbrochen werden um genug Energie für die kommende Zeit zu haben. Wir haben den Vorschlag hier in Düsseldorf diskutiert und beschlossen für einen Tag den Hungerstreik zu unterbrechen, ab morgen werden wir und einige Unterstützer_innen den Hungerstreik wieder aufnehmen, dabei geht es primär darum die Forderung, bei den Behörden, nach einem festen Zelt auf dem unserem Protest-Camp durchzusetzen. Zur Zeit können wir hier nicht einmal schlafen, weil die Polizei kommt und uns weckt.

ATESH:
Was sind eure genaueren Forderungen?

Arash:
Wir haben drei Grundforderungen. Erstens, die Abschaffung der Residenzpflicht, zweitens den sofortigen Abschiebestopp und drittens die Schließung aller Lager. Wir treten für die Änderung
aller rassistischen Gesetze in der BRD ein. Diese Gesetze verdeutlichen, dass Flüchtlinge in diesem Land als Menschen zweiter Klasse gelten.

ATESH:
Wie nehmt ihr die Resonanz in der Öffentlichkeit war?

Arash:
Wie bei allen politischen Aktionen, gibt es auch hier natürlich Befürworter und Gegner, aber die Befürworter sind mehr. Seid 120 Tagen sind wir auf der Straße und das immer mit vielen Unterstützerinnen und Unterstützern. Nur einmal kam es in Aub, aufgrund der geringen Größe, zur Bedrohung durch rechte FundamentalistInnen, ansonsten gab es keine. Das zeigt wie stark wir sind.

ATESH:
Wie sieht es mit der aktiven Solidarität aus?

Arash:
Wir dürfen bis jetzt kein Zelt haben und das bei Regen, Wind und Sturm. Trotzdem kommen jeden Tag zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer. Freundinnen und Freunde vom No Border Camp aus Köln kommen auch regelmäßig und bleiben beispielsweise wie gestern die ganze Nacht. Die erlebte Solidarität gibt eine Menge Kraft.

ATESH:
Das klingt doch ermutigend. Willst du abschließend noch etwas sagen?

Arash:
Sagt den Politikerinnen und Politikern sie können nicht mit uns spielen. Obwohl die Regierung uns nicht zuhört, kommen viele Menschen zu uns. Solange wir Schulter an Schulter gemeinsam gehen, werden wir schlussendlich gewinnen. Wir wollen nicht mehr und nicht weniger als die gewährleisteten Grund- und Menschenrechte für Alle.


ATESH:
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg euch weiterhin. In diesem Sinne: NO BORDER, NO NATION!

Weitere Informationen zu dem Hungerstreik unter:
Würzburg:  http://www.facebook.com/GUStreik
Bamberg:  http://www.fluechtlinge-bayerns.com
Aub:  http://www.facebook.com/AsylAub
Osnabrück:  http://www.lagerhesepe.blogsport.eu/
Regensburg:  http://www.strikeregensburg.wordpress.com/
Düsseldorf:  http://www.facebook.com/resistanceofrefugee

Während die Hungerstreikenden weiter kämpfen hat das Bundesverfassungsgericht diese Woche am Mittwoch, 18.Juli, erklärt, dass das seit 1993 in der BRD gültige Asylbewerberleistungsgesetz verfassungswidrig ist. Pressemittelung des BVerfG. Darüber hinaus setzt das BVerfG mit sofortiger Wirkung eine Übergangsregelung in Kraft, da „die fortdauernde Anwendung der verfassungswidrigen Normen […] angesichts der existenzsichernden Bedeutung der Grundleistungen nicht hinnehmbar“ ist. Die Sozialleistungen werden demnach für alleinstehende Flüchtlinge auf 336 Euro monatlich erhöht, von denen 130 Euro in bar ausbezahlt werden müssen. Diese Entscheidung entspricht einer Erhöhung von etwa einem Drittel.

Dieser für die Betroffenen spürbare Teilerfolg wird durch einen weiteren ergänzt: Langjährig kämpfende Flüchtlinge haben am 18.07. in Thüringen ihr Ziel durchgesetzt: Das Lager Zella-Mehlis wird geschlossen und alle Geflüchteten bekommen Wohnungen!

Dies macht Mut und der antirassistische Kampf geht weiter. Am 20.Juli würde in Düsseldorf das französische Konsulat besetzt um auf die rassistische Jagd der französischen Staatsmacht auf Migrant_innen in der Hafenstadt Calais, welche immer wieder Todesopfer fordert, aufmerksam zu machen. Zusätzlich findet derzeit das No Border Camp in Köln statt. Weitere Infos zum Camp unter: www.noborder.antira.info

Remembering means fighting…

Außerdem findet am 25.August anlässlich des 20.Jahrestages des Pogroms von Rostock/Lichtenhagen eine Gedenkdemo und –kundgebung statt. Hierzu findet im Rahmen der ATESH-Kneipe am 15.08. eine Veranstaltung statt:
“Das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen:
Seine Folgen, die Rolle der BRD und ihr institutionalisierter Rassismus von Lichtenhagen bis heute.”
Mittwoch 15.08.12 | 19:30 Uhr | Gängeviertel, Valentinskamp 39

Aus Hamburg wird es eine organisierte Zuganreise nach Rostock geben. Weitere Infos in Kürze.

Informationen zur Demonstration in Rostock unter:
www.lichtenhagen.blogsport.de /// www.rassismus-toetet.de // / www.lichtenhagen.net/
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Ergänzungen