Eröffnung: Flughafenknast Berlin-Schönefeld

^-^ 19.07.2012 17:38 Themen: Antirassismus Repression
Mittlerweile ist es offiziell: Das neu errichtete Internierungslager für ankommende Flüchtlinge auf dem Flughafen Schönefeld wird schon im August in Betrieb genommen. Das brandenburgische Innenministerium bestätigte auf Nachfrage, dass am 1.August die Schlüsselübergabe stattfindet und die monatliche Miete von 11.000 Euro an die Flughafenbetreibergesellschaft fällig wird ( http://www.taz.de/Baustelle-Schoenefeld-/!96642/). Man rechne mit wenigen Inhaftierten, da der Flugverkehr am alten Flughafen Schönefeld vergleichsweise gering sei. Das Gefängnis soll die Durchführung des extrem verkürzten Asylverfahren (kurz Flughafenverfahren) auf dem Flughafen Schönefeld möglich machen.
Wenn Flüchtlinge in dem neuen Knast „untergebracht“ werden, wird auch der private Sicherheitsdienstleister B.O.S.S. mit zwei Beschäftigten an dem Standort tätig. Die Büros der Mitarbeiter der Ausländerbehörde und der Einzelentscheider vom Bundesamt für Migration sind schon seit Juli im angrenzenden Altbau G005 bezogen.
Eigentlich war die Inbetriebnahme parallel zum Start des neuen internationalen Flughafens BER geplant. Obwohl sich diese bis mindestens März 2013 verschiebt, hält das Land Brandenburg an dem völlig überdimensionierten Knast auf dem Flughafengelände fest. Paradox, denn der Brandenburger Landtag hat sich schon im Februar mehrheitlich gegen das Flughafenasylverfahren ausgesprochen ( http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/626352/) und Anfang Juli vermeldete Brandenburg stolz eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung des Flughafenasylverfahrens zusammen mit dem Bundesland Rheinland-Pfalz ( http://www.rhein-zeitung.de/regionales_artikel,-Rheinland-Pfalz-will-Abschaffung-des-Asyl-Schnellverfahrens-_arid,451860.html). Einer Online-Petition ( http://openpetition.de/petition/online/keine-internierung-von-asylsuchenden-am-flughafen-willy-brandt), die sich gegen die vorzeitige Inbetriebnahme richtet, haben sich bisher 4.900 Personen angeschlossen (ACHTUNG die Petition läuft nur noch 2 Tage bis 21.07.). Die Petition bringt den Streit im und mit dem rot-rot geführten Bundesland nochmal auf den Punkt ( http://www.jungewelt.de/2012/07-12/056.php).
Denn das Verantwortungs-Ping-Pong, dass die politisch und praktisch verantwortlichen Stellen in Brandenburg und Berlin in den letzten Monaten abgezogen haben, spricht nicht nur für deren Desinteresse an der Situation der Flüchtlinge ( http://www.zitty.de/zwischenstopp-im-knast.html), sondern auch für ihre Unterwürfigkeit gegenüber dem offenbar allmächtigen Bundesinnenministerium ( http://keinasylknastbbi.blogsport.de/2012/07/01/verantwortungs-ping-pong-schaubild-zum-asylknast-schoenefeld/) bzw. dessen restritive EU-Flüchtlingspolitik ( http://de.indymedia.org/2012/06/330839.shtml). Dabei ist es nur eine Randnotiz, dass sich nun auch die Berliner SPD nach zähen Verhandlungen (und Appellen an das sozialdemokratische Bewußtsein über den Namensgeber des Flughafen Willy Brandt) gegen das Flughafenasylverfahren ausgesprochen hat ( http://www.epd.de/landesdienst/landesdienst-ost/schwerpunktartikel/berliner-spd-positioniert-sich-klar-gegen-flughafen), aber der CDU-Koalitionspartner keine Abschaffung des Verfahrens auf Bundesebene mittragen wird.

Nach anhaltenden Protesten gegen den Knast auf verschiedenen Ebenen soll nun auch die Eröffnung kritisch begleitet werden. Am Samstag, den 28.7. demonstrieren die "Friedensreiter" ( http://friedensritt.net) unter dem Motto "Fluchtwege freihalten - Asyl ist Menschenrecht!" gegen den Knast. Diese treffen sich mit Pferden, Fahrrädern und Fußgängern um 11 Uhr am Ortseingangsschild Schönefeld (Waltersdorfer Chaussee) und demonstrieren rund 1km bis zum Flughafen. Vor dem Terminal wird zwischen 12 und 14 Uhr dann eine Kundgebung abgehalten.

Bis zum Frühjahr war der Knast übrigens ein Phantom. Die Flughafengesellschaft wollte den genauen Standort nicht mitteilen ( http://daneben.blogsport.de/2011/12/29/auf-der-suche-nach-dem-asylknast-auf-dem-flughafen-schoenefeld-bbi/). Erst Ende Mai wurde der Rohbau im Bereich des alten Flughafens Schönefeld durch Zufall entdeckt ( http://de.indymedia.org/2012/05/330468.shtml). Die aktuellen Fotos zeigen, dass nun auch der Spielplatz angelegt ist. Dieser ist ebenso mit Zäunen umgeben und mit Kameras bewacht. Der langgestreckte Flachbau mit seinen 30 Haftplätzen und 500m2 Garten liegt am nord-westlichen Rand des Flughafens unweit des Towers am Ende der Kirchstraße. Da hier ein Tor die Sicht und den Zugang auf den Flughafen versperrt, muss ein Umweg über die frei zugängliche Einfahrt des Flughafengeländes genommen werden. Der Knast ist keine 10 Minuten zu Fuß vom Terminal des alten Flughafen Schönefeld bzw. vom S-Bahnhof entfernt.
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